Zehnmal, bald zwanzigmal Ammler Christkind

 oder

 Das Krippenwunder über dem Walensee (1)

 

Schneesicher ist Amden nicht. Das Sonnendorf, das im Zentrums einer  Streubesiedelung auf rund 900 m ü. M. liegt und manchmal um Schnee bangen muss, hat ein breites Tou- rismus- und Kulturleben entwickelt. Seit zehn Jahren ist es zum überregionalen Krippen- zentrum geworden, das sehr wohl erwähnenswert ist. Amden war lange abseits der Welt.

 

 Erst 1882 mit einer Strasse erschlossen, erhielt Amden im Sommer 1892 eine Postkut- schenverbindung ab Weesen. Das war der Start für die kommerzielle und touristische Ent- wicklung. Dabei ist Amden mit seinen 43 km 2 eine der grösseren St. Galler Gemeinden und reicht vom Seeufer des Walensees (420 m ü. M.) über den Leistkamm (2102 m ü. M.) und die Ammler Höhe bis ins Toggenburg . Amden hat 1600 ständige Einwohner, etwa 550 Arbeitsplätze und gehört zum Wahlkreis See-Gaster , der zwischenWalen- und Zürichsee liegt.

 

Amden ist sehr alt. Urkundlich ist st es erstmals 210 Jahre vor der Schlacht bei Näfels anno 1178 erwähnt. Der Papst nahm das Kloster Schänis unter seinen Schutz  und erwähnte dabei die Besitzungen in Amden.

 

Ursprünglich waren die Ammler Räter, zu denen später Alemannen vordrangen.Mehrmals wechselte Amdens Obrigkeit. Herzöge von Schwaben, Lenzburger, das Kloster Schänis, die Grafen von Kyburg, Monfort, Werdenberg und Habsburg lösten sich ab, 1438 bis 1798 war Amden unter der Fuchtel der Stände Schwyz und Glarus. Seither ist Amden eine St. Galler Gemeinde.

 

Geistig-religiöses Zentrum war und ist die Galluskirche. August Meinrad Bächtiger (1888 -1971) schuf die sehenswerten Deckengemälde aus der Vita des heiligen Gallus. Und in eben diesem Gotteshaus erfreut nicht nur die Ammler, sondern Krippenfreunde von nah und fern eine Krippenlandschaft, die den Chor der Kirche in der ganzen Breite beansprucht.

 

Der Pfarrer, der Kirchenpfleger und der Sakristan waren das verschworene Dreiergespann, das in glücklicher Kombination dieses Werk zu Stande gebracht hat. Die letzteren beiden sind während des Jahres unterwegs und sammeln  in den Ammler Bergen Moose, Sträu- cher, Baumstrünke, Steine,wetterzerfetzte Baumstämme, um den ganzen Altarraum der Kirche in eine Naturlandschaft zu verwandeln. Alte Schindeldächer, Gadenbretter, Balken, ausgediente Kreuzstöcke, Gadentüren, verwittertes Zaunholz und Barmenholz-  was immer geeignet scheint, wird hergeschleppt. Der Pfarrer gab Südtiroler Schnitzern in St. Ulrich seine ldeen und  Vorgaben, nach denen die etwa 90 cm hohen Krippenfiguren geschnitzt wurden. Handarbeit, Zirbelkieferholz und Fassung in Echtgold !

 

Man kann sie bestaunen: Die Heilige Familie, die Drei Könige, den Verkündigungsengel, Hirten, eine Hirtin mit einem Hirtenknaben, Ochs und Esel, Schafe, Ziegen und ein Gitzi. Der vergoldete Messing-Morgenstern stammt aus dem KunstschmiedeAtelier von Hubert Steurer im Bregenzerwald . Auf das grossflächige Gemälde der Ammler Künstlerin Heidi Kuhn-Böni mit Blick auf die Davidsstadt Bethlehem hat man heuer verzichtet . Ein Hirte  mit Hund ist zu den wohl über 20 Figur en dazugekommen.

 

Mit Sorgfalt, künstlerischen Einfällen und Liebe zur Sache gestalten die stillen «Krippen-macher» und ihre Helfer eine eindrucksvolle Naturlandschaft mit dem nachgestellten Ge- schehen der Geburt des Jesuskindes in Bethlehem. Ein gurgelndes Bächlein mit einem Steg gibt den Eindruck, man sei mitten in der Berglandschaft Amdens.

 

Die raffinierte, ausgeklügelte Beeuchtung und die leise Tonkulisse mit himmlischen Gesän- gen gibt dem Ganzen Weihnachtsstimmung.

 

Respektvoll und still erleben viele Menschen dieses kleine Wunder von Amden. Man kann sich in die Kirchenbänke setzen und in Musse die vielen Eindrücke auf sich wirken lassen, man kann auch vorbeischlendern, stehen bleiben und sich in die vielen Details vertiefen.

 

In dieser von Menschenhand geschaffenen, jährlich wieder etwas anders gestalteten Rie- senkrippenlandschaft kann das Weihnachtsgeheimnis in den Köpfen und Herzen zur Wirk- lichkeit werden.

 

Tatsächlich sieht man in den Gesichtern der Besucherinnen und Besuchern von nah und fern etwas vom Lichterschein des Sterns von Bethlehem und den Ausdruck von Über- raschung und Staunen.

 

Weihnachtskrippen haben eine bewegte Geschichte. Als Ursprung vermuten Historiker, die in Rom verwahrten Krippenreliquien, vor denen Päpste früher die Mitternachtsmette feier- ten.

 

Entgegen  früheren Vermutungen ist der heiige Franz von Assisi keineswegs der Urheber der Weihnachtskrippe. Seine Feier im Jahr 1223 in Greccio fand in einem wirklichen Stall

mit Ochs und Esel und einer strohgefüllten Krippe, ab er ohne die Heilige Familie statt.

Blütezeit der Krippen war im Barock. Die Jesuiten wollten nach der Reformation und be- stärkt durch das Konzil von Trient (1545-1563) die Bibelinhalte durch szenenhafte Dar- stellungen neu beleben. Ordensgründer Ignatius von Loyola forderte: «Der Gläubige muss sich vorstellen können, wie die Rüstung Goliaths scheppert, wenn der  Riese, von Davids Stein getroffen zu Boden stürzt.» Vor allem die Passion vor Ostern und die Geburt Christi wurden dargestellt.

 

Gewaltige Krippen kamen auf. Ihre 1562 in Prag aufgestellte Weihnachtsszene gilt heute als erste Nennung einer Krippe. Bald wollte jede Gemeinde eine eigene Krippe. Weltbe- rühmt wurden die Neapolitanischen Krippen. Ihrem Vorbild folgten viele Krippen in Öster- reich und Süddeutschland, besonders in Bayern, Schwaben und im Allgäu. Anfang des 19. Jahrhunderts kam es im Zuge der Säkularisation zum Verbot der Krippen. Kaiserin Maria Theresia und Joseph II. untersagten Krippen in öffentlichen Gebäuden, vor allem in den Kirchen. Dadurch zogen Krippen in private Häuser ein.

 

Die Vielfalt der Weihnachtskrippen ist grenzenlos. Jeder Krippenbauer stellt das Gesche- hen so dar, als läge Betlehem vor seiner Haustür (siehe Amden!). Die Hirten in bayerischen Krippen tragen Trachten. In Japan bringen Samurais statt Könige die Gaben. Bei den Eski-

mos liegt das Jesuskind auf einem Schlitten, in Afrika ist das Christkind schwarz. Die Ko- lumbianer lieben farbenfrohe Krippenfiguren. Die Andalusier flechten Graskrippen aus Palmwedeln. Für die Figuren wird Hanf verknotet. Bei den Krippen aus Neapel sind Stall und umgebende Gehöfte Ruinen. Die Krippenschnitzer der französischen Provence ver- wenden Baumrinde und Torfballen. Auf Korsika liegen in der Krippe getrocknete Meeres-

algen. Aus Thüringen stammt eine Glasbläser-Krippe. Auch gibt es Lego-Krippen. So ent- nimmt man dem «Lexikon Kirche und Religion».

 

Ältere Semester erinnern sich sicher noch der «Krippenkurse» in unserer Gegend. Knaben im Oberstufenalter bastelten unter Anleitung lokaler Künstler ihre eigenen Krippen. In der Vorweihnachtszeit konnte man diese «Kunstwerke» in Krippenausstellungen bewundern.

 

(Meine Krippe existiert immer noch, eine kleine Heuerhütte mit «uuftrööltä Balggä» und echtem Schindeldach, wie sie die Alpheuer früher im Oberseetal benutzten.)

 

Die bereits zehnte (heute bereits zwanzigste) Ammler Krippenlandschaft aber ist eine eingefangene, in unsere Landschaft transferierte biblische Geschichte, deren Besuch sich lohnt. Neu: die zwei gewaltigen Kamele rechts und etwas versteckt ein Pferd. Diese Neuschöpfungen stammten von Peter Bischof, Amden.

 

Bis bald! Ihr Pankraz F.

(1) Diese Kolumne erschien im "Fridolin", Nr. 2, 11. Januar 2007, Frontpage, Die Inhalte und statistischen Angaben beziehen such auf die damalige Zeit.  Eine Premiere  sind in diesem Jahr - die Krippe wird jedemals etwas ander gestaltet - die zwei übermächtigen Kamele. 2018 wird die zur Tradition gewordene Krippe bereits zum zwanzigsten Mal gestaltet werden.  (Fotos: Markus Hauser, Zug)


Kirchenlatein... einmal anders

oder

Vom Erhabenen zum Lächerlichen ist nur ein kleiner Sprung (1)

 

Nichts stört die fromme Andacht mehr, als eine plötzliche Welle schlechter Luft in den ge- drängten Reihen einer Kirchenbank. Diese Fragestellung ist eine durchaus ökumenische, das heisst interkonfessionell. Auch ein noch so frommer Kirchgänger kann nach dem Ge- nuss von Kabis, Röslikohl, Erbsen oder zu vielen Eiern gewissen Blähungen unterworfen sein. Bei unkontrollierten, raschen Bewegungen,  wenn sich zum Beispiel jemand abrupt erhebt oder hastig setzt oder unerwartet hustet, kann die Kontraktion der Muskeln dazu führen, dass dem Körper Luft entweicht. In der Regel ist dieses Entweichen mit einem knarrenden Geräusch verbunden, das man mit einem Fachbegriff beim Namen nennt, aber hier nicht schreibt.

 

Das Thema ist ohnehin sehr delikat. Es bedarf der behutsamen Wortwahl, damit das Ganze nicht zur peinlichen Geschmacklosigkeit ausartet. Immerhin ist der Täter - solange der ge- meinte Vorgang als Geräusch wahrgenommen wird, ganz klar zu orten. Die frommen Mit- landleute in seiner Umgebung werden mit steifen Hälsen ihren Kopf drehen und bohrende, vorwurfsvolle Blicken auf den Verursacher der im kirchlichem Kult verpönten akustischen Einlagen werfen. Dieser durch Unvorsicht, Missgeschick oder mangelnde Körperbeherr- schung unfreiwillig zum Zentrum der Aufmerksamkeit gewordene Gläubige wird, wenn er ein anständiger Christ ist, zu Recht rot anlaufen und sich gehörig schämen. Das Grinsen und belustigte Augenzwinkern der ihn umgebenden Glotzer ist aber gewissermassen wie- der die Versöhnung und Verzeihung der akustischen Entgleisung und geruchlichen Zu- mutung.

 

Viel schlimmer ist dagegen die Situation, wenn alle Gläubigen, erhobenen Hauptes und inbrünstig auf das Wort des Pfarrers konzentriert, strammstehen, keine Miene verziehen und  plötzlich eine Duftwelle übelster Konsistenz tonlos die Nasen der Anwesenden um- schleicht und diese als fürchterlicher Gestank beleidigt. Das Schlimme dabei ist aber, dass der Täter, dem diese Duftwolke entwichen ist, mit der gleichen Inbrunst und Konzentration nach vorn schaut, so tut, als ob nichts gewesen wäre und so nicht erkannt wird. Jeder ver- dächtigt jeden, und keiner ist es gewesen. Dennoch ist die üble Wolke unmittelbare, unaus- weichliche Realität. Kommt dazu, dass bei vorsichtigem Mustern mit leichtem Kopfdrehen und Augenrollen eine Welle der Verdächtigungen aufkommt.

 

Der Gemeinderat im neuen Veston und dem wackeren Genick, der sonst wie ein Parfüml- aden riecht, kann es nicht gewesen sein. Sein Nebenmann, der studierte Doktor der Recht- te, ein angesehener Anwalt im Dorfe, würde so etwas nicht machen. Der ehemalige Kir- chenpräsident kommt nicht in Frage, weil es von Amtes wegen unter seiner Würde wäre. Der  braungebrannte Landwirt, der schon naturgemäss eine gewisse ländliche Duftnote mitgebracht hat, würde wohl eine solche Tat geräuschvoll und ehrlich vollbringen. Da ist noch der Dorfarzt, der mit seinem schönen Tenor, die ganze Umgebung mitreisst, aber wohl schon aus hygienischen Gründen von solchem Gebaren Abstand nähme. Bleibt noch der hochbetagte Rentner, dem es zwar zuzutrauen wäre, weil er es selber nicht merkt. Dieses ist aber wieder zu verwerfen, weil er - seit vielen Jahren schwerhörig - nicht auf eine ton- lose Erleichterung, sondern wahrscheinlich auf eine mit kräftigem Knarren angewiesen wäre und dadurch nichts ahnend von der Umgebung klar identifiziert werden könnte. Dies ist im vorliegenden Fall nicht möglich. Also ist es niemand gewesen. Auch der Schreibende selber hätte niemals mit diesen Verdächtigungen begonnen, wäre er der Täter. Da sich mitt- lerweile die schlechte Luft wieder verflüchtigt hat, sind weitere Nachforschungen zweck los. Allerdings ist der Gedanke nicht weniger eklig, so viele Menschen würden die Umgebungs- luft einatmen, die Duftwolke in ihre Lungen aufnehmen, dort im Austausch in den Lungen- bläschen, sauerstoffarm und kohlestoffgetränkt wieder ausatmen und, dergestalt „neutra- lisiert“, wieder in die allgemeine Atemluft der Kirchen zurückgeben. Die Stickigkeit durch- nässter Mäntel und das Dazutun der Wiederholungstäter des Beschriebenen sorgen für eine Atmosphäre, die jegliche Frömmigkeit abtötet.

 

Während man in reformierten Kirchen seit der Reformation dieser Brauchluft ausgesetzt ist, pflegen die Katholiken mit der segensreichen Einrichtung von Weihrauchfässern das pro- bate, seit Jahrhunderten aus dem Orient übernommene Weihräuchern. Die würzig-aromati- schen Rauchwolken übertönen sämtliche anderen Gerüche oder versetzen die tief ein- atmenden Gläubigen in einen tranceartigen Zustand, in dem Gasentweichungen einzelner Anwesender wahrnehmungslos untergehen. Nicht umsonst hat ein Greenhorn von Christ bei einer Prozession das Weihrauchfass eines Ministranten für einen rauchenden „Bräämächessel“ gehalten, die man früher im Sommer den Pferden zur Bekämpfung der lästigen Biester an den Leib gehängt hatte.

 

So werden wir denn dieses leidige Kapitel luftverpestender Kirchgänger mit dem unbefriedi-genden Gefühl, ohne Antwort dazustehen, wieder verlassen müssen. Wir werden weiterhin der Heimtücke der Verstellungskünstler ausgesetzt sein, die mit der frömmsten Miene und der Unverfrorenheit umweltsunbewusster Rücksichtslosigkeit die erhabenen Gefühle verlet- zen und den frommen Ausrichtungen des Herzens und der Seele während der Predigt oder während des Kirchengesangs den Garaus machen.

 

Es gibt allerdings eine infame Methode der Selbstverteidigung solcher lautloser Kultraum- verpester, die gesetzlich verfolgt und geahndet werden müsste. Damit sie der Gefahr, be- rechtigter Verdächtigungen aus dem Weg gehen können, greifen sie mit Daumen und Zeig- finger zur eigenen Nase, drücken diese zu und geben mimisch ihrer Umgebung zu verste- hen, hier sei schlechte Luft. Darauf reagieren einfache Gemüter, indem sie automatisch die anderen anstarren und sie verdächtigen. Das kann soweit führen, dass unschuldige, harm- lose und für eine solche Tat unfähige Christen für mögliche Delinquenten gehalten, sehr entrüsteten, strafenden Blicken ausgesetzt werden und sich für etwas schämen, was sie nie begangen haben.

 

Was wunder, wenn ein anständiger Christ, geriete er in solchen Verdacht, innerlich erzürnt zum Racheakt ausgleichende Gerechtigkeit griffe und seinerseits einen gewaltigen Kracher fahren liesse. Genau so wie früher ein Steuersünder, der in der Gemeinderechnung wegen seiner Rückstände öffentlich angeprangert wurde, einsah: „Ich bin eh auf der Liste der Steuerschuldner. Mein Ruf ist dahin. Wieso soll ich noch künftig steuern zahlen?“, ganz im Sinne der altbekannten Volksweisheit: „Ist mein Ruf mal ruiniert, lebt es sich ganz unge- niert“.

 

Sie aber, verehrte Kirchgängerinnen und Kirchgänger, mögen sich Ihre Nachbarn beim nächsten Kirchgang ganz genau merken. Wer weiss, vielleicht gelingt es Ihnen doch noch einmal, einen in flagranti zu erwischen. Der Triumph wäre Ihnen zu gönnen.                                                                                                               Bis bald. Ihr Pankraz.


Donnerstag, 20. Dezember 2016

Werner Rauschers(1) erstmals veröffentlichte Weihnachtsgeschichte

 

 

  Werner Rauscher,

  geboren am 29. April 1933

  langjähriger Leiter Seniorenzentrum "Franziskus" in Bad Säckingen

  langjähriger Vorsitzender Münsterpfarrgemeinderat St. Fridolin

  Mann der ersten Stunde bei der Gründung der Partnerschaft

  "Näfels-Bad Säckingen" anno 1988.

  Er schreibt nach wie vor im "Der Trompeter", dem dreimal jährlich

  erscheinenden Zeitschrift des Altenpflege-Zentrums St. Franziskus.

 

  Die folgende Geschichte ist entnommen der  Nr. 23, Seiten 9 bis 11.

  Sie ist es wert, verbreitet zu werden, da sie in das Kriegsjahr 1944 und eine nachahmens-

  werte Episode zwischen Schweizer und Deutschen Soldaten an der Grenze erinnert:


Gerard von Honthorst (1592-1656):  Anbetung der Hirten, Wallraf-Richartz-Museum, Köln

Quelle: http://www.pallottinerinnen.info/index.php?id=1986

 

D WiÄnachstgschicht uff Glaarner-Tüütsch

 

Wo ds Jeses-Chindli uff d Wält chuu isch

 

 

 

Wänn Häiligä-n-Aabed isch, wiirt uf dr ganzä Wält di gliichlig Gschicht vrläsä.

Uufgschribä hätt-si dr Evangelischt Lukas im zwäitä Kapitel, vum eerschtä bis zum zwänzigschtä Värs.

 

Ebä duä, wo's nuch ä-n-uumäärs Röömer-Riich ggii hätt, isch dr Käiser Auguschtus äm Ruäder gsii. Deer hätt ämaal bifolä, all Lüüt, wo im röömischä Riich dähäimä siged, müäsed uff Rödel uufgschribä wäärdä.

 

Ä söttigi Volggs-Zellig häig's drvoor nuch gaar niä ggii. Iätwedä hätt müäsä i diä Schtadt guu, wo-n'r häär isch, gu dr Namä-n-aagii.

 

Im "Häiligä Land", we mä hütt säit, ds Naazärett, hätt ä Josef gläbt, wo vum König Tafi naachä gsii isch. Und der Tafi sig schiint's ds Beethläheem uf d Wält chuu. Dett härä, ebä-n-uff Beethläheem, hätt deer Josef müäsä räisä.

 

Hööch i dr Hoffnung isch au sini jung Frau Mariia bii-nem gsii. Ds Beethläheem hätt'r si dä zant dr Mariia iischriibä luu.

Nuch ds Beethlähemm hätt d Maria ires eerscht Chind, ä Buäb, üb'rchuu. Si hätt-nä i Windlä iigwigglet und i-n-es Fuäter-Chrippli inägläit, imä Gadä, will-si im Gaschthuus sust ä-kä Platz gkaa häiged.

 

Abr i dr gliichligä Nacht händ verussä uffem Fäld ä paar Hiirtä irnä Schääflänä gluäget. Plötzli chunnt ä-n-Ängel zuänä und isch vu ds Härgottä Liächt hell umschtraalet. De Hiirtä siged zeerscht eeländ zämägfarä und mäinäid erschroggä.

 

Chuum isch deer Ängel glandet, säit'r zu denä Hiirtä: "Hee, Ihr müänd kä-n-Angscht haa

Ich bring-ech di grööscht Freud für all Lüüt uff derä Wält: Hinecht isch ds Beethläheem, wo

schu dr König Tafi geborä-n-isch, dr Retter uff d Wält chuu. Ihr planged ja schu lang uffnä! Äs isch Chrischtus, dr Heer. Wänn'r gönd gu luägä, gfinded'r äs Chind, iigwigglet i Windlä, imänä Chrippli!"

 

Hööch vum Himel sind uff zmaal ä-n-uumäärä Huffä-n-Ängel daa gsii, wo dr Härgott gloobet

händ: "Äm Härgott im Himel gkört alli Ehr und dr Fridä chämm uf d Wält, für all Lütt, wo-bim Härgott i Gnaad sind."

 

Taaghell sig's gsii, bis de Ängelschaar dä wider i Himel ufä sig. Duä händ de Hiirtä zunänand gsäit: "Chänd, mer gönd wäidli uff Beethläheem. Mer wänd gu luägä, was dett gschii isch und vu waas, as ds Härgottä-n-Ängel gredt händ."

 

Einä um dr ander siged-si dä hantli uff das Beethläheem und häiged's nuch gag-glii fundä:

D Mariia und dr Josef und äs Chind i dr Chrippä. Wo si dä das Chind gseh händ, händ d Hiirtä-n-afu vrzellä, was-nä dr Ängel voranä gsäit hätt. Alls, wo irä Pricht kört hätt, hätt gschtuunet. D Mariia abr hätt-si jedes Woort gmerggt, immer wider drüber naachatänggt und hätt's irer Läbtig niä meh vrgässä.

 

Nachhäär händ dä d Hiirtä wider müäsä zu irnä Schaaf zrugg. Sie händ dr Härgott globet und händ-em tangget für daas, wo-si de Nacht gkört, gseh und erläbt händ. Und alles sig prezis äsoo gsii, we-ne's dr Ängel drvoor schu gsäit gkaa häig.

 

übertragen ins Glarnerdeutsch von Fridolin Hauser (Fridli Osterhazy)

 

 

 

 


 

 

Donnerstag, 15. Dezember 2016

Utopische Glosse (3) oder ein modernes Märchen

 

Adventskerze drei:

Wie die Glarner Pastete erfunden worden war (1)

Als der liebe Gott die Menschen erschaffen hatte, setzte er sich auf eine Wolke und schau- te mit Wohlgefallen auf die Erde. Er freute sich über das gelungene Werk, die wunderbare Erdkugel, die herrliche Natur mit Bergen, Wiesen und Wäldern, die vielfältigsten Tiere und als Krone der Schöpfung die Menschen als Mann und Frau.

 

Doch irgend etwas fehlte noch...

Da fiel es ihm ein! Er schnalzte zwei-dreimal mit Daumen und Mittelfinger, und flugs war aus der Engelküche ein himmlischer Zuckerbäcker da, verneigte sich und sprach: „Hier bin ich, Herr, warum hast du mich bestellt?“

 

Da sprach der liebe Gott: „Dem auserwählten Volk, den Juden, habe ich das Manna ge-

schickt! Doch die Glarnerinnen und Glarnern im tiefen Tal der Linth, mit den hohen Bergen

und Gletschern habe ich vergessen. Lasst uns auch ihnen etwas schaffen, was niemand sonst auf der ganzen Erde hat: eine Glarnerpastete!“

 

Da fragte der himmlische Zuckerbäcker zurück: „Herr, wie soll die Glarnerpastete beschaf- fen sein?“

 

Da antwortete der liebe Gott: „Sie soll aussehen wie die Berge und Hügel und weiss wie der ewige Schnee. Sie soll süss sein wie die Seligkeit des Himmels und sauer wie der Ernst des Lebens, und beides soll sich vertragen wie Ying und Yang. Und wer davon isst, soll in Verzückung geraten und nach dem Genuss dieser Leckerei frohlocken und lobsingen.“

 

Da begab sich der himmlische Zuckerbäcker wieder in die Engelsküche, nahm Mehl, Salz und Wasser und liess diese durch seine Backstubenengel wacker kneten bis ein mehr- lagiger Blätterteig bereit war. Dann liess er die Nudelhölzer holen, die aus dem gefällten Baum der Erkenntnis gedrechselt waren, da er ja im Garten Eden nicht mehr gebraucht wurde, seit Adam und Eva daraus vertrieben worden waren. Damit rollte er den mehr- lagigen Blätterteig solange, bis er eine ansehnliche Teigfläche erreicht hatte. Dann nahm er einen ausgedienten Heiligenschein und stach so den kreisrunden Pastetenboden aus. Inzwischen hatten einige Backstuben-Engelchen ein feines Zwetschgenmus angerührt, andere eine marzipanähnliche Mandelmischung, deren Rezept bis heute streng geheim geblieben ist. Allerdings mussten sie dabei ständig Psalmen singen, damit der himmlische Zuckerbäcker es hörte und sie nicht ständig von der leckeren Paste schmausten. Die

 

leckeren Füllungen gab er je zur Hälfte in die Mitte des Pastetenbodens. Darüber stülpte er mit dem restlichen Teig einen Deckel, der aber in der Mitte ausgeschnitten war und so die Sicht auf die dunkle, fast schwarz scheinende Zwetschenmasse und die helle Mandelfül- lung frei gab. Schwupp,schob er das Ganze in den himmlischen Backofen, der von der Ab-

 

wärme aus dem Fegerfeuer und derHölle geheizt war. Nach geraumer Zeit erfüllte ein wun- derbarer Duft die himmlische Backstube, der Blätterteig ging auf und im richtigen Mo ment wurde die Pastete wieder aus dem Ofen geholt. Schliesslich wurde diese mit schneeweis- sem Puderzuger bestäubt und sah aus wie die Glarner Berge beim ersten Schnee.

 

Aus dem Rest des Blätterteigs wurden mit Heiligenscheinen von Kindern die kleinen Pastetechen-Böden herausgestochen und mit dem übriggebliebenen Füllung auf nämliche Weise kleine Pastetchen hergestellt. Als der liebe Gott das Meisterstück himmlischer Zuckerbäckerei gekostet hatte, rief er aus: „Wow!“ und dadurch zuckte ein freudiger Blitz durch den Himmel mit anschliessendem Donnerrollen, das man bis in Glarnerland hörte. Und als die Glarnerinnen und Glarner verwundert zum Himmel blickten, sahen sie ein ganzes Geschwader von Engeln, die Pasteten und Pastetchen zur Erde flogen.

 

Die irdischen Zuckerbäcker waren so begeistert von dieser himmlischen Kreation, dass sie sie kopierten und damit weltberühmt wurden. Sie nannten sie „Glaarner Paschteetä“ und die kleinen „Paschtetä‐Beggäli“, und in Zeiten der Hungersnot ersetzten sie die Füllung mit Äpfeln, weshalb man sie gelegentlich auch „Öpfel‐Beggäli“ nennt.

 

Seither wurden Millionen und Abermillionen von Glarner Pasteten und Pastetchen produ- ziert und v erschmaust. Denn in der Tat, sind sie ein Meisterstück, das Saure (Zwetschgen) und das Süsse (Mandelfüllung) in einmaliger Harmonie zu verbinden und die Menschen in Friede und Freude an den Desserttischen zusammenzubringen.

 

Wer immer also an diesen Genüssen teilhaben möchte und ebenso in kulinarische Ver- zückung geraten möchte, wisse: In der Müllerschen Bachstube sorgen zwar keine Engel, aber vorzügliche  Pastetenbäckerinnen und   -bäcker dafür, dass alle Menschen die guten Willens und Appetites sind, immer und jederzeit am himmlischen Gebäck Anteil haben können.

 

Und wenn Sie uns besuchen wollen... unser Delikatessen-Patisseriegeschäft und unser Café Müller liegt zentral in Sichtweite des Freulerpalates mit dem Museums des Landes Glarus, nahe der herrlichen Barockkirche St. Hilarius, unweit des Schlachtdenkmals auf der Sendlenwiese und just neben der Post, von wo wir Pasteten auch versenden.

 

(1) Leicht überarbeitete Fassung vom April 2011, die ich den Inhabern der Konditorei un des Café Müller in einem Anflug von

pa(s)thetischer Verzückung und als langjähriger Besucher und Kunde als kleines Dankeschön  schrieb und vermachte.

Veröffentlicht auf der Homepage: http://www.cafe-mueller.ch/index.php/glarner-spezialitaeten/glarner-pastete, abgerufen am 11. Dezember 2016.  


 

Donnerstag, 8. Dezember 2016

Utopische Glosse (2)

 

Adventkerze zwei:

Glärnisch wird Wohnparadies (1)

Diesmal entglitt dem Engel, der mit einer eleganten Kurve auf dem Zaunplatz landen wollte, ein Buch. Dieses landete durch die Luft wirbelnd direkt auf dem Rathausdach, durchbrach klirrend  das Oberlicht und blieb auf der grossen Vitrine mit dem Relief im Treppenhaus lie- gen, dort, wo linkerhand der Landratssaal ist und rechterhand das Regierungsratszimmer.

 

Der schneidige Weibel Fritz rollte die Augen aufwärts, stellte den Schnauz und schüttelte den Kopf. Er avisierte den Dachdecker, räumte die Scherben weg und brachte das selt- same Buch flugs auf des Ratsschreibers Büro. Dieser brach gerade  zur Sitzung der Regie- rung auf. Er legte es kurzerhand zu oberst auf die Aktenstösse  und eilte behände in den oberen Stock. „Tatsächlich, äs ziäht!“ meinte er mit einem kurzen Blick zum Dachfenster, kurvte um die Ecke zum Regierungsratszimmer.

 

Der Rat hatte schon Platz genommen und studierte in den neuesten verteilten Akten.

Der vorläufig noch  „achte“ Regierungsrat stürmte hinein: „Guätä Morgä allersiits!“ –„Salü“, „Hoi“, „Gutä Taag“, „Guätä Morgä“ kams siebenfach zurück. „Händer‘s schu gseeh, das Buäch, wo da z flüügä chuu isch?“ Noch ehe der Landammann die Sitzung eröffnete, be- trachtete er den seltsamen Fund in Goldschnitt und mit goldenem Titel „Glaronium“ – „Skizze und Leitbild der Umgestaltung des Vorderglärnisch in Wohn-, Freizeit- und Arbeits-raum“. „Ich ha etz kä Ziit für dernigs. Ich gib-es ämaal ummä, dä chänder ja dä ächlä drii- luägä...“ und eröffnete die Sitzung nach Traktandenliste.

 

Das Buch ging zum Finanzminister. Dieser blätterte zwei drei Seiten um, doch beim Titel „Finanzaufwand 999 Millionen“ gab er das Buch weiter: „Kä Gält! Mer händ etz anderi Soorgä!“. Gabs dem Militärdirektor, der nach einem kurzen Blick darauf meinte: „Ga’ mi nüüt aa. Isch nüüt Militäärisches, und p Polizii chaa ä kä nüüi Uufgaabä übernih.“ Reichte es weiter an den Gesundheits- und Fürsorgedirektor. „Hätt mit Schpitaal und Reha nüüt ztuä, p Füürsoorg choschtet sust schu gnuäg, Asilantähäim hämmer...“ streckte es sofort dem Landwirtschaftsvorsteher entgegen: „Alpä! Daas  bisch duu!“. Doch dieser, der sich gerade voll auf die Frage des Leinenzwangs bei Hunden konzentriert hatte, übergab das Buch unangesehen an die Wirtschaftsministerin: „Daas wäär öppis für diich, zum Biischpiil dr „Lidl“ i Bäärg inä! Mini Puurä wääred ä-n-eeländi frööni!“. „Warum nicht? Wenn wir so eine nachhaltige Wirtschaftspolitik betreiben könnten..., doch müsste erst abgeklärt werden, ob das baulich überhaupt realisierbar wäre..“. Das Buch landete in den Händen des Bau- direktors. Dieser senkte den Kopf, drückte seine Kinn gegen den Hals und sprach: „Ich luäges ämaal aa!“. Doch fügte er hinzu: „Müässt-mä nüd zeerscht wüssä, öb das ä-n-Um- wältsvrträgglichkäitsschtudiä bruuchi? Und was säit dä dr Foorscht?“ Gab es dem Land- wirtschafts- und Forstdirektor wieder zurück, der es ablehnte: „Nää, luäg du zeerscht, öb dr Heimätschutz nüüt drgägä hätt.“ Der Bauvorsteher:  „Jää, iich ha im Momänt währli anders ztuä und chumä gaar nüd derzuä, daas überhaupt duräzläsä“. Sprachs und übergab es wieder an den Ratsschreiber. - So landete  die himmlische Botschaft wieder beim Kanzler, der es  auf sein Büro zurücknahm.

 

Der Ratsschreiber zog sich für ein paar Tage auf die Bahamas zurück, um die pendenten Ferien einzuziehen. Er nahm das besagte Buch ins Reisegepäck.

 

Als er sich mit einer Riesensonnenbrille, in der sich Strand, blauer Himmel und weisse Wol- ken spiegelten, in einer Hängematte des Palmenhains baumeln liess, und mit einem Röhr- chen eine „Bloody Mary“ sürpfelte, begann er zu lesen... : „Glaronium.“  Aha, das himm li- sche Projekt, das höllisch viel kostete! Sämtliche Häuser des Kantons Glarus, mit Ausnah- me der denkmalpflegerisch geschützten historischen Bauten wie Gerichtshaus, Freulerpa- last, Kirchen, u.a.m.,  sind darin verschwunden, weggeräumt. Eine paradiesische Land- schaft bietet sich dar mit kleinen Baumgruppen, blühenden Wiesen und romantischen Auen. Vogelgezwitscher erfüllt die Luft, und in einem wahren Garten Eden weiden Rehe und Gemsen schöner noch als auf den kitschigen Schlafzimmerbildern ob dem Doppelbett der Ehegatten, mit den röhrenden Hirschen.

 

Die ganze Bevölkerung des Landes Glarus und praktisch alle Industriebetriebe, Läden, Büros, was immer Sie wollen, haben ihre Wohn-, Freizeit- und Arbeitssitze in den Vorder- glärnisch verlegt. Ja! In den Vorderglärnsch!

 

Prachtvoll sieht der Vorderglärnisch nachts aus. Wow! Tausende von erleuchteten Fenstern strahlen ins Dunkel hinaus, als ob ein Riesen-Luxusdamper vor tinten- blauem Himmel und tiefschwarzem, glänzendem Meer vorbeifahre. Die 18265 privaten Glarnerischen Haushalte finden problemlos Platz. Sämtliche Industrie-betriebe, Gewerbebetriebe, Schulen, Arztpra- xen, Verkaufsläden, Restaurants, Turnhallen, Wellnessräume aller Art, Freizeiträume für Vereine, Jodelklubs, Männerchöre, Cäcilienchöre und Harmoniemusiken. Kegelbahnen, gar Bäder mit aufgeheiztem Glärnischgletscherwasser, alles ist da.

 

Zuunterst ist ein gewaltiger Bahnhof, die „Porta Glarona“, die nach allen Himmelsrichtun- gen in die Welt hinausführt. Autos im Tal sind praktisch verschwunden, weil es sie nicht mehr braucht. Wohnen, Arbeiten und Freizeit sind unter dem gleichen „Dach“. Wer in Zürich arbeitet, steigt im „Parterre“ in den Schnellzug ein.  Ein raffiniertes System von Lifts und horizontalen Rollbahnen wie auf grossen Flughäfen sichern die Verbindung zwischen den Etagen in der Vertikalen und Horizontalen.  Auf den steilen Felsbändern und –zinnen führen Fusswege mit herrlicher Aussicht durch. Balkone dienen als Unterstände. Für Biker ist ein Einbahn-Rundkurs um den Glärnisch erbaut, der in Schwändi durch  den Berg tunnelartig zum Klöntal führt und so den Kreis wieder schliesst.  Diskussionen um Gemeindefusionen sind Vergangenheit. Zu zuoberst auf dem Kulm residiert die einzige Regierung und auf mehreren Stöcken die Staatsverwaltung  Es gibt Etagen, auf denen nur englisch gespro- chen wird, auf anderen französisch, italienisch, spanisch, russisch, gar chinesisch. Die Fä- den der ganzen Welt laufen hier kommerziell zusammen; denn die Glarner Kantonalbank hat ihr einst florierendes Glärnisch-Hypothekargeschäft an die Regionalbanken abgetreten und ist als „Global Bank of Glaris“ zum weltweiten Bankzentrum geworden. Sie plant ins- geheim im Tödi. ein gewaltiges Bankzentrum und eine Börse zehnmal so gross wie die New York Stock Exchance. Strom bezieht man solar, da alle Balkonverkleidungen aus Panels bestehen, die zudem wie Spiegel den Himmel, die Wolken und das Grün der gegen- überliegenden Talseite widerspiegeln. Stauseestrom wird teuer exportiert. Im Felseninnern entsorgt man durch zentrale Schächte den Kehricht, sogar Sperrgut, in die unterirdische Kehrichtverbrennungsanlage. Diese erzeugt daraus Gratis-Heizwärme, Gratis-Strom  und Rohstoffe zum Wiederverkauf. Alles ist da: Kinos, Theaterbühnen, Konzertsäle, Medita- tionsräume, gar abgeriegelte Gefängniszellen und eine interkantonale Strafanstalt auf der Nordwestseite, jäh über dem Abgrund zum Klöntalersee.

 

Der Feriengast auf den Bahamas war fasziniert vom „Glaronium“. Leider musste er auf der Rückreise wegen eines Triebwerkdefekts notwassern. Dabei entfiel ihm das Buch mit der himmlischen Botschaft, die sich langsam bis zum Meeresgrund senkte und  - verreggtä-chäib! - gar vom Weissen Hai verschluckt worden sein könnte.

Bis bald! Ihr Pankraz.

 (1) Leicht überarbeitete Kolumne im "Fridolin" , Schwanden, Dezember 2005.

Bild:https://neueerde.wordpress.com/2010/12/20/die-letzten-wochen-des-jahres-eine-lichtvolle-zeit/kerzen/   


 

 

       Donnerstag, 1. Dezember 2016

       Utopische Glosse (1)

 

      Adventskerze eins:

 

      Glarus am See!

 

 

 Adventskerzen sind kleine Lichter, die die Ankunft eines grossen Ereignisses ankündigen. Sie sind die Hoffnungschimmer auf etwas Neues. Fiktionen. Realutopien, von der Gegen- wart in die Zukunft gerichtet. Die erste Kerze geht an die kleinste Hauptstadt der Schweiz, die in der Fiktion durch einen See bereichert wird.

 

Ein Engel flog vom Himmel und bescherte die Stadtglarner Einwohner und ihre Nachbarn von Ennenda mit einem See. Ja, mit einem See. Justament ennet dem Bahnhof Glarus und ennet der Linth,  herwärts des Ennendaner Dorfbaches.

 

Der See war etwa 300 Meter lang und bis zu etwa 150 Meter breit. Eine Art Oval, eine Art Arena, ein stilles Wasser; denn stille Wasser gründeln tief. Ein Symbol der Besinnung und des Nachdenkens. Ganz im Gegensatz zu den vielen fliessenden Gewässern im Glarner- land – der Linth, des Sernf, des Löntsch.. oder des ständigen Verkehrsflusses, die vorbei-rauschen und nie zur Ruhe kommen. Sie sind Symbole der Unrast der heutigen Zeit, in der kein Gedanke wirklich zu Ende gedacht wird. Wie gut war da eine Wasserfläche, in der sich der Glärnisch spiegeln und betrachten konnte. Selbstkritisch.

 

So. Das ist der Wurf. Nun kommt die „Möblierung“.

 

Die bestehenden Ennendaner-Einfamilienhäuser wurden aufgewertet. Sie hatten nun (fast) Seeanstoss, konnten höher bauen und ihre prächtige Wohnlage ausnutzen. Natürlich wur- de der Aushub nicht abtransportiert, sondern zu Uferwällen gestaltet, die dem See etwas Arenahaftes gaben. Des Sommers tummelten sich die Menschen an diesen sanft abfallen- den Böschungen zum Sönneln, des Winters, um dem Eislaufbetrieb auf dem zugefrorenen See zuzuschauen.

 

Die Leute von der Fischbrutanstalt Netstal setzten sorgfältig 10000 junge Forellen und Egli aus. Fischer bekamen ihre Kurve und ihren Uferanteil, wo sie seither auf Petris Heil frönten. Motorboote wurden keine gestattet, hingegen Paddelboote, Ruderboote, eine begrenzte Zahl von Pedalos. Sogar eine Kneipp-Ecke mit Sommer- und Winterwasserstampfen wurde eröffnet, ein kleines Uferweglein für den täglichen Spaziergang gebaut. In der Mitte wurde das „Graaggänäscht“(2) zu neuem Leben erweckt und gestattete einen wunderbaren Rund- blick. Doch im südlichen Bereich des Sees wurde mit Holz vom letzten Windwurf aus ein- heimischen Wäldern eine elegant geschwungene Passarelle über die Linth und die Eisen- bahnlinie hinweg direkt zum Kunsthaus gezogen und verband Kunst und Natur sinnvoll. Abgesehen von der symbolhaften Überwindung von Grenzen, Linth und Technik bot sich neuerdings eine herrliche Rundsicht. Der Glarner Stadtpräsident hielt von dort aus seine Erstaugustrede. Im Anschluss daran fanden auf dem See nautische Spiele statt, die den „Trojanischen Krieg“ oder „Die Seeschlacht am Trafalgar“ aufführten. Des Winters kam  „Holiday on Ice“ zur Aufführung, Turniere der Glarner Curler wurden selbstverständlich und in der übrigen Zeit war die ganze Stadtglarner Prominenz zu bestaunen, wie sie auf Schlittschuhen mit beschwingter Eleganz die Eisfläche belebte.

 

In Verbindung mit dem „Glarnerhof“ tischte man während der "Chinesischen Wochen" auf Dschunken mit roten Laternen feinste fernöstliche Speisen auf. Die Ufer schützten Landolt-Fliesen vor Erosion. Ein Teil des Ufergestades blieb der Ansaat von Zigerklee vorbehalten, die sogenannte Trümpywies, und welteinzig war für die vorhanden Schrebergärten der See- anstoss. Vereinzelte Birken gaben dem ganzen ein eigenes Gepräge. Für besondere An- lässe leuchtete als Pendant zum Springbrunnen im Volksgarten eine Fontäne in Kombina- tion von Farbe und Musik in die Nacht. Die Zugänge erfolgten von fünf Seiten, analog den Regierungsratsitzen und waren nach den jeweiligen Amtsinhabern oder -inhaberinnen be- nannt. Beispielsweise gab es ein Jakobstor, ein Willy-Gate, einen Pankrazbogen, ein Robertsportal, einen Mariannenflügel, einen Rolfskorridor und einen Franzrollladen (3). Je nach Wahlergebnissen konnten zwei Tafeln entfernt und durch die Namen des jährlich wechselnden Landratspräsidenten oder -präsidentin und der jeweiligen Obergerichtspräs-identin oder -präsident ersetzt werden.

 

Gespeist wurde der See ausschliesslich durch den Dorfbach. Die Linth behielt ihre Autono- mie, der See konnte aber bei Hochwasser durch Schleusen eine Entlastungsfunktion über- nehmen und dadurch eine Sicherheitsfunktion erfüllen. Bei Föhn und Bise konnten Wind- räder ausgefahren werden als wertvolle Energiespender, gesponsert von den Linth-Limmern-Werken.

 

Dieser See, ein Unikat glarnerischer Eigenart,  wurde bald in aller Welt bekannt und wurde entsprechend touristisch erschlossen. Die SBB bot Hand und  gestaltete das Bahnhofareal entsprechend um. Der Güterschuppen erstahlte als Unterhaltungs- und Kongresszentrum zu neuem Glanz. Über den Vordächern des Perrons luden Liegestühle und Pritschen zum Genuss der Morgen- und Mittagssonne ein. Geeignet für eine  Helikopterlandesplatz war das Glärnisch-Zenter, das sich so am der ganzen Anlage andockte und als Pendent einen Akzent zum "Molliser Glaruspark" (4) setzte. Auch die Schweizerhof-Überbauung profitierte von der herrlichen Seesicht gegen Sonnenaufgang.

 

Im gleichen Abwasch liess sich auch der geplante Volieren-Nachfolger-Pavillon mit einbe- ziehen. Eine kleine Verbindung von der Holzpasserelle beim Kunsthaus zu diesem Treff- punkt der Glarnerischen Avantgarde war als Ersatz für die exotischen Vögel alleenhaft um- rahmt und walhallamässig gestaltet, geschmückt mit Säulen und Köpfen der glarnerischen Geistesgrössen von Aegidius Tschudi bis Fritz Zwicky, wobei jeweils an kleinen Ketten de- ren bedeutendste Werk auf wettersicherem Papier greifbar war, zudem waren per Knopf- druck die Stimmen der Verblichenen hörbar oder mindestens durch Schauspieler von „theater glarus“ imitiert. Die Galerie von Stadtpräsidenten von Aebli bis Tschudi fehlten nicht, daneben auch nicht ein Hundefriedhof jener lieben Tiere, die den Park zu ihren Leb- zeiten für hinterlistige Zwecke benutzt hatten.

 

Kurzum – des Klagens und Motzens über die architektonischen Fehlleistungen oder die abendliche Öde des ausgestorbenen Kleinstädtchens war eine Ende. Der Pioniergeist konnte wieder ausbrechen und  die Fantasie fliegen wie die Schwalben im Sommer. Le- benslust und Lebensfreude... Kreativität und Kommerz... Musse und Betriebsamkeit... bra- chen just vor der Haustüre aus und entwickelten eine Eigendymanik, die Wasser auf die trägen Walzen des „Das gaht doch nüüd!“-Denkens und Bedenkens waren.

 

Je enger das Tal ist, desto höher können Höhenflüge steigen. Man sagt, vor vielen Jahr- zehnten hätte ein etwas eigenwilliger Polizeikandidat auf der Traktandenliste der Regierung zur Wahl gestanden. Er wurde nicht gewählt: „Der chämmer nüd weehlä – der hätt Ideeä!“ Si non e vero...

Bis bald! Ihr Pankraz F.

 

Bild: http://medienwerkstatt-online.de/lws_wissen/vorlagen/showcard.php?id=22110&edit=0

(1) Leicht überarbeitete Glosse publiziert im "Fridolin"  24. November 2005.

(2) "Graaggänäscht" genannt wurde die originelle Holzkonstruktion mit einem Restaurant in luftiger Höhe am Rande des Rathausplatzes während des Jubiläumsjahres 2002 "Glarus 650 Jahre im Bund der Eidgenossen".

(3) Nach den damaligen Regierungsräten: Landammann Jakob Kamm, Landesstatthalter Willy Kamm+, Pankraz Freitag+, Robert Marti, Marianne Dürst Benedetti, Rolf Widmer und Franz Schiesser+.

(4) Der "Glarus Park" gegen Weesen geplant, wurde allerdings nicht realisiert, da ihm der  sogenannte "Fachmarkt Krumm" in Näfels den Rang ablief.


Dienstag, 8. November 2016

 Br. Antonio Gehr OFM

 Franziskanerkloster Mariaburg, Näfels, gestorben

(1939-2016)

Todesanzeige "Südostschweiz-Glarus" Nr. 306, 8. November 2016

 

Das Kloster auf dem Burghügel in Näfels, 1675-1988 Kapuzinerkloster, ab 1988 Franziska-nerkloster, verliert einen der Pioniere der Ära der Franziskaner in Näfels:

 

Br. Antonio Gehr OFM

 

Br. Antonio Gehr war der erste Näfelser Franziskaner, der am 8. September 1988 ins Kloster einzog und den Einzug der Franziskaner in Näfels vorbereitete.  Es wurde am 4. Oktober 1988 von Provizial Br. Karl Feusi übernommen und mit Br. Gottfried Egger als erstem Guardian im franziskanischen Geist weitergeführt.

Als  "Allrounder" und "Küche" auf der Homepage der Franziskaner vorgestellt (1), wirkte Br. Antonio als umtriebiger Geist im Hintergrund am Aufbau und "Betrieb" des Ordenslebens der Franziskaner auf dem Burgstock. In der Todesanzeige als "Faktotum unserer Gemein-schaft" bezeichnet, war Br. Antonio wirklich ein "Mädchen für alles" im Alltag der Sozietät der Minderen Brüder. Als gelernter Elektromonteur setzte er seine Kenntnisse in der Klo-steranalge vielseitig ein. Als "guter Geist" in der Küche und als leidenschaftlicher Gärtner

mit einem "grünen Daumen" trug er zur kulinarischen Versorgung seiner Mitbrüder und der Gäste bei.  Wegen seines handwerklichen Geschicks war er vielen Leuten aus dem Dorf für Reparaturen von Uhren, Elektrogeräten etc. behilflich. Lange Zeit wirbelte er mit seinen Leserbriefen in der Presse die Öffentlichkeit auf und löste damit auch manchen Wider-spruch aus.(2) Im Umgang war Br. Antonio ein sehr hilfsbereiter und liebenswürdiger Ver-treter der Klosters. Man kannte ihn  im Dorf von seinen täglichen Gängen zur Post oder zu den Einkäufen in den Dorfläden. Oft begegnete man ihm auf er Kehrrichtdeponie auf dem Burgareal, wenn er mit einem Veloanhänger und in blauem Arbeitsmantel für den Kloster-haushalt entsorgte, was da an Überflüssigem anfiel.  Nach einer schweren Herzoperation hielt er sich fit mit täglichen Velorundfahrten durchs Dorf und versuchte alles, körperlich im Schwung zu bleiben. Doch allmählich bewegte sich Br. Antonio immer langsamer, seine Kniebeugen wurden mühsamer und blieben schliesslich aus, wenn er sich vom Brüderchor zu den Gottesdiensten in die ersten Bänke der Klosterkirche bewegte. Nach der Ernte im Klostergarten verschenkte er jeweils nach dem Sonntagsgottesdienst Gemüse und Früchte beim Klostereingang. Mit grosser Hartnäckigkeit versuchte er der aufkommende Schwäche und den Schwierigkeiten mit seinem Herzen zu trotzen und zwang sich, nach wie vor ohne Schonung seine Aufgaben zu erfüllen. Als langjähriges, eifriges Mitglied des Cäcilienchores Näfels soll er an Allerheiligen dieses Jahres, vier Tage vor seinem Tod,  in der Hilariuskir-che bei der Gedenkfeier für die Verstorbenen noch mitgesungen haben.

Nun ist er eigentlich abrupt aus dem Leben gerissen worden und wie in der Todesanzeige formuliert "zum guten Hirten" heimgekehrt.

Br. Antonio Gehr war im Dorfleben bekannt und wird nun im Rautidorf fehlen. Wir werden ihn in lieber Erinnerung behalten.

Mit stillem Gruss Pankraz F.

 

(1) Hompage: www.franziskaner.ch

(2) Beispiel eines seiner Leserbriefe: 

"Sünde als Tabuthema

Wer spricht schon gern von der Sünde? Vielleicht weil wir ständig im „Sündenmeer“ schwimmen und so tun, als ob es sie nicht mehr gäbe. Im Zeitgeist der Relativierung und der Liberalisierung wird die Sünde kaum mehr wahrgenommen – oder einfach verdrängt. Für Gottferne oder Gottlose gibt es wohl kaum mehr die Sünde,sondern nur noch ein Richtig oder Falsch und alles, was dazwischen liegt.

Die Wahrheit wird oft zerredet, Sinn und Unsinn vermischt und beliebig ausgelegt, so dass fast jede Meinung Zustimmung erhält. Freiheit und Toleranz regieren je länger je mehr, so dass selten mehr ein Gewissen sich bilden kann und „anklopft“. Eine immer grösser werdende staatliche Gesetzesmaschinerie drängt sich dafür auf, um einigermassen Ordnung zu bekommen. Gesetze und Vorschriften setzen also die gelobte Freiheit wieder in Schranken.
Zurück zur Sünde: Im christlichen Sinn und nach Got­tes Geboten sind homosexuelle Handlungen nach wie vor der Unzucht, wenn nicht dem Gräuel, also der Sünde zugeschrieben. Von Zucht als Erziehung wird aber auch kaum mehr gesprochen, gefördert wird sie schon gar nicht. Sie wird kurzerhand als konservativ abgestempelt und zum Schweigen gebracht. Heimlich, man merkt es kaum, hat sich die Sünde mit allen Mitteln verteidigt, ja verharmlost, als ob nichts dabei wäre. Die Sünde hat heute sozusagen Beine und Sprache bekommen, sie schleicht“ sich in die Menschen ein, organisiert sich fast wie eine Partei. Aber man sollte es wissen: Sünde ist schädlich und sie hat „Gift“ in sich, führt zu gesellschaftlichem Ruin. "                                      
Br. Antonio Gehr OFM, 8752 Näfels

   Leidzirkular, versandt vom Franziskanerkloster Näfels am 8. November 2016j

Abdankungsfeier und Bestattung am 11. November 2016

Br. Antonio Gehr diente unter Br. Gottfried Egger, dem ersten Guardian im Franziskaner-kloster Näfels, und diente wieder unter dessen gegenwärtiger zweiter Amtszeit. Freund-licherweise überliess uns Br. Gottfried Egger die Predigt, die er an der Abdankungsfeier gehalten hat. Br. Fidelis Schorer, ebenfalls Guardian in Näfels, trug den kurze Lebenslauf vor. Angefügt sind auch die Fürbitten. 

 

 

 

 

 

 

 

Predigt

von Br. Gottfried Egger,

Guardian, OFM   

Liebe Trauergemeinde, liebe Mitchristen

Als der hochgeschätzte Rabbi Sussja zum Sterben kam, fragten ihn seine Freunde und Verehrer: „Hast du denn keine Angst vor dem Sterben?“

Rabbi Sussja gab zur Antwort: „Wenn ich an all die Grossen und Heiligen denke, an Mose und Abraham, Jeremia, David, Salomon, dann wird mir schon Angst ums Herz. Aber ich bin gewiss: Gott wird mich an der Schwelle der Ewigkeit nicht fragen: Warum bist du nicht Moses gewesen; sondern warum bist du nicht Sussja, dich selbst geworden?“

 

Diese chassidische Legende möchte uns zur Einsicht führen, die im wahrsten Sinn des Wortes lebensbestimmend sein kann. Offensichtlich will Gott vom einzelnen Menschen nichts anderes als dies: „Werde, der du bist!“ lautet der Auftrag des Schöpfers. Versuche nicht vor dir zu fliehen, sondern versuche dein Leben als Leben zu leben, denn ein anderes Leben gibt es für dich nicht. Was scheinbar das Einfachste in unserem Leben zu sein scheint – das sich Selbst zu sein, macht den meisten Menschen grosse Mühe.

 

Der christliche Glaube lehrt uns, dass jeder Mensch ein Original ist, ein Origi- nal aus Gottes guter Hand. Um Gott zu gefallen, braucht er niemand anders zu sein als eben sich selbst. Denn Gott hat ihn so gemeint. Gott hat mit jedem Menschen etwas Einmaliges vor. Gott arbeitet nicht mit Kopien sondern Origi-nalen. Die Absicht Gottes ist nicht einfach alle Menschen in Einheitsmuster zu formen. Denn mit jedem Menschen kommt etwas in die Welt, was es noch nicht gegeben. Er ist erstmalig, einmalig und unwiederholbar. Das macht die Würde des Menschen aus: einmalig zu sein und diese Einmaligkeit im Leben ausprägen zu dürfen. Und nicht zuletzt ist es der Tod, der uns Menschen be- stätigt, dass das Leben nur einmal stattfindet, das jeder nur einmal leben kann.

 

Br. Antonio, den wir heute zu Grabe tragen, war wirklich ein ganz origineller Mitbruder. Da gehen Sie mit mir bestimmt einig. Er war ein glücklicher Franzis- kaner und hat versucht aus dem Geist des hl. Ordensgründers heraus zu le- ben. Sein Leben war Dienst am Nächsten. Dienen ist mehr als verdienen, war seine Devise. Das durften nicht nur wir als seine Mitbrüder täglich feststellen, sondern die verschiedensten Menschen, die zu uns an die Pforte kamen, de- nen er im Dorf begegnete, für die er arbeitete, Zeit, ein Lächeln und ein gutes Wort schenkte oder einen Salatkopf, Früchte oder Beeren vom Klostergarten weitergab. Wie vielen Menschen hat er damals in Zürich nach seinem Noviziat im Auftrag der Caritas gezügelt, von einem Stadtteil in den andern, er hat be- hinderte Rollstuhlfahrer nach Lourdes begleitet, und das über Jahre. Als tech- nischer Alleskönner hat mit handwerklichem Geschick die verschiedensten Motoren, Uhren, Maschinen, Elektrogeräte etc. für unsere Gemeinschaft und darüber hinaus repariert. Nicht umsonst wurde er sogar ohne Doktorat  "Uhrendoktor" genannt.

 

Vor ein paar Jahren hat einer unserer Mitbrüder zu seinem Geburtstag in einer Schnitzelbank folgendes festgehalten:

 

„Ach, sind wir von Herzen froh

 haben wir Br. Antonio.

 Er ist die gute Fee im Haus

 und kennt sich immer bestens aus.

 

 Will etwas gar nicht funktionieren,

 er kann es reparieren.

 Und sieht er eine Arbeit, macht er sie

 und spart da keine Energie.

 

 Und schlafen andere schon ganz tief,

 schreibt er noch einen Leserbrief.

 Ja, eines könnte er verwünschen:

 die Zinsen und  die Zinseszinsen.

 

  In 100 Jahren wird man sagen:

  Seht, in Näfels lebte ein Prophet.

  Geschähe dies, wir freuten uns gar sehr,

  doch für uns Antonio, bist du mehr.

 

  Wir schätzen dich, o denk daran,

  weil man auf dich zählen kann.

  Wir gönnen dir, dass Gott dich einst in den Himmel setzt,

  aber noch nicht jetzt.

  Denn wir sind von Herzen froh,

  haben wir dich hier Br. Antonio“

 

Br. Antonio war ein Mann des Gebetes. Er hat darüber zwar nicht viel gespro- chen, er hat es in grosser Treue getan. Gerne ging er auf Wallfahrten, beson- ders zur Mutter Gottes nach Lourdes, nach Einsiedeln  und ins Hl. Land. Die Kraft des Gebetes hat ihn bis in die letzten Stunden des Lebens begleitet.

 

Wenn wir tiefer in das Lebensgeheimnis des lieben Verstorbenen hineinfühlen, so wird uns bewusst, dass das Beten mehr ist als einfach ein blosses Reden mit Gott. Vor allem ist es ein unerschütterliches Vertrauen zu IHM, das es Tag für Tag zu erneuern gilt. Der hl. Papst Johannes XXIII. hat es so umschrieben: „Der Mensch ist nie so gross, als wenn er betet.“

 

Mit dem Hinscheiden unseres Mitbruders geht nun ein Stück Leben zu Ende, das wirklich ein originelles Leben war, sozial und religiös.

 

Br. Antonio war ein geselliger Mensch, er war Mitglied des Kolping, lange Jah-re auch Sänger in verschiedensten Kirchenchören, in Zürich, Eschenz, Fribourg und Näfels. Er war auch als echter Kaltbrunner ein Fastnächtler. So heisst es in der Hauschronik von 1998 über ihn: „An der Fastnacht verwan- delte sich Br. Antonio kurzerhand in Till Eulenspiegel, oder Schacherseppli oder andere Clowngestalten.“

 

Er hat in unserer Gemeinschaft als Faktotum gedient, besonders als Koch und Elektriker. Trotz seiner grossen Sparsamkeit kann man nur staunen, welche guten Menüs er hinzauberte. Ging irgendwo das Licht aus, er konnte den Schaden gleich beheben, es wurde wieder hell.

Es ist sicher nicht übertrieben wenn ich sage: Br. Antonio war wohl der be- kannteste  Franziskaner hier in Näfels und darüber hinaus. Man kannte ihn im Dorf von seinen täglichen Gängen zur Post oder zu Einkäufen.

 

Nach einer schweren Herzoperation vor gut zehn Jahren versuchte er sich weiterhin mit Velofahrten und täglichen Turnübungen fit zu halten. Man höre und staune. Der Kopfstand vor seinem Bett in seiner Zelle gehörte zu seinem täglichen Morgenritual. Bis vor einem guten halben Jahr tat er das. Allmählich bewegte er sich immer langsamer, seine Kniebeugen wurden mühsamer und blieben schliesslich ganz aus. Als im Mai, Juni dieses Jahres seine Kräfte sichtlich abnahmen, haben wir um einen Koch oder eine Köchin Ausschau gehalten, da hat er mit nicht ganz leichtem Herzen zugestimmt.

 

Gerade in den letzten Wochen lastete die Krankheit auf ihm, der Atem wurde kürzer, der Appetit kleiner. Dennoch hat er sich bis zum letzten Tag für unsere Gemeinschaft vorbildlich eingesetzt. Am vergangenen Samstag ist er in der Frühe beim Aufstehen gefallen, so dass er ins Spital gebracht werden musste. Er sagte noch den Sanitätern, dass er sterben möchte und sie deshalb auf Sirene und Blaulicht verzichten sollen. Das war eben das Original Br. Antonio.


Jesus sagt im heutigen Evangelium dem lieben Verstorbenen und uns allen: „Euer Herz lasse sich nicht verwirren. Glaubt an Gott und Glaubt an mich. Im Haus meines Vaters sind viele Wohnungen.“

 

Ja, dort ist das Ziel, das Br. Antonio nun erreicht hat. Dort ist unsere endgülti-

ge Heimat, bei Jesus Christus dem guten Hirten. Wenn das Neue Testament vom  ewigen Leben spricht, dann betont es immer die persönliche Verbunden-

heit mit Gott in Jesus Christus. Aus dem Glauben heraus gelang es unserem Mitbruder durch die Jahre hindurch eine tiefe Freundschaft mit JESUS CHRI-STUS, mit Maria, seiner Mutter, mit unseren Ordensheiligen, ja mit allen Heilligen aufzubauen.

 

So wurde der letzte Samstagabend für ihn zum Transitus, zum Hinübergang, auf den hin er lebte, zum Tag der Heimkehr zu Gott. Dorthin ging letztlich all seine Sehnsucht. Zur Freundschaft, die Jesus jedem Menschen anbietet, hat Br. Antonio JA gesagt. Sie kommt jetzt zur endgültigen Erfüllung.

 

Nicht nur wir nehmen heute Abschied von Br. Antonio, auch er nimmt Ab-

schied von uns. Wenn ein Mensch gestorben ist, dann spricht er nicht mehr mit seiner Stimme, sondern mit seinem Werk seines Lebens, und dies ist viel eindringlicher.

 

Lieber Br. Antonio, wir danken Gott für dein Leben. Er hat dich unserer Ge-

meinschaft als origineller Bruder geschenkt. Wir danken dir für alles, was du uns Brüdern und so vielen Menschen Gutes getan hast. Wir bitten Gott um sein Erbarmen für deine menschlichen Schwächen, die du auch gehabt hast. Wir danken für Deine Originalität, für dein Beispiel als treuer Sohn des heiligen

Franziskus.

 

Ach wir sind so froh, hatten wir dich bei uns lieber Br. Antonio!

Amen.  

_________________________________________________________________________ 

Kurzer Lebenslauf von Br. Antonio Gehr, OFM

vorgetragen von Br. Fidelis Schorer, OFM, ehem. Gardian in Näfels

 

Br. Antonio ist durch den Kontakt mit P. Otmar Egloff, der Präses des Kolping Lugano war, mit den Franziskanern in Kontakt gekommen, so dass er sich ent-schloss in diesen Orden einzutreten.

 

So kam er im Sommer 1978 nach Zürich als Kandidat. Am Franziskusfest des gleichen Jahres wurde er auf der Insel Werd in Eschenz eingekleidet. Er ab- solvierte dort das einjährige Noviziat. Nach seiner einfachen Profess kam er nach Zürich.

 

Am 8. September 1986 kam er als erster Franziskaner nach Näfels.

 

Nach gut 14 Jahren wurde er wieder nach Eschenz versetzt und von dort aus kam er  2003 nach Fribourg, wo er bis zur Schliessung  des Hauses, 2006, blieb. Ab diesem Datum finden wir ihn wieder in Näfels, das ihm  bis zu sei- nem Tod am 5. Nov. 2016 zur letzten Heimat als Minderbruder wurde.

 

Herr gib ihm die ewige Ruhe und das ewige Licht leuchte ihm. Herr, lass ihn ruhen in Frieden. 

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Fürbitten

Lasset uns beten zu Gott, von dem wir alle das Leben haben und zu dem wir ein Leben lang unterwegs sind:

 

·      Für alle, die der Tod von Br. Antonio mit Schmerz und Trauer erfüllt, dass die Hoffnung auf die Auferstehung ihnen Trost und Kraft schenken möge.

 

·      Für alle unseren lieben Verstorbenen, die in unserer Erinnerung fortleben, dass Gott ihnen ihre menschlichen Schwächen und Sünden verzeihe und ihnen das ewige Leben schenken möge.

 

·      Für die Toten unserer Tage, auf den Kriegsschauplätzen der Welt, in den Hungergebieten und im Strassenverkehr, dass der barmherzige Gott sie aufnehmen möge in sein Reich.

 

·      Für alle, die heute an der Schwelle des Todes stehen und sterben: Stehe du ihnen zur Seite. Sei ihnen in ihrer Todesstunde Kraft und Stärke.

 

·      Für unsren lieben Mitbruder Antonio, dass du ihm all das Gute vergelten mö-gest, was er in seinem Leben getan hat. Schenke ihm nun den Frieden und die Freude bei dir und all den Heiligen.

 

Guter Vater, wir stehen vor dir in der Gewissheit, dass unser Leben vergänglich ist uns unsere Tage gezählt sind. Bleibe bei uns und zeige uns den Weg deines Sohnes, der unser Leben ist und mit dir lebt in alle Ewigkeit.  

Abschiedsgottesdienst - Br. Gottfried Egger OFM - Abschiedspredigt am offenen Sarg
Abschiedsgottesdienst - Br. Gottfried Egger OFM - Abschiedspredigt am offenen Sarg

Das letzte Geleit: Alle die gekommen waren, begleiten Br. Antonio auf seinem letzten Gang zum Grab auf dem Kloster-friedhof. Letzter Gruss: Besprengen mit Weihwasser. Bild links unten: Die Leichenträger der Gemeinde versenken den Sarg zur letzten Ruhe, links Custos Br. Raphael Fässler OFM, der den Abschiedsgottesdienst leitete. Erde deckt den Sarg mit dem Verstorbenen für immer zu. (Fotos: Jean Pierre Hauser)


Allerseelen / In memoriam

 

Meine Lehrerschaft zwischen 1946 und 1954

(Kindergarten, Primarschule, Klosterschule Mariaburg Näfels)

Ihre Namen siehe unten v.l.n.r.


      Die Vorläufer Christi mit Heiligen und Märtyrern. (Fra Angelico 1423/24.)

      Fra Angelico  (*zwischen 1300 und 1400, +1455 in Rom)

      (Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Allerheiligen)    

Allerheiligen / Totengedenktag

oder

Totenkult in der Konsumgesellschaft (1)

 

Seit 1973 ist „Allerheiligen“ im mehrheitlich evangelischen Kanton Glarus ein gesetzlicher Feiertag, ein Unikum im Festtagskalender für Reformierte, eine Legalisierung des katho-lischen Feiertags, der in den katholischen Kantonen seit Urgedenken gefeiert wird. Die Katholiken musste damals Haare lassen, als der „Fridlistag“, der nun von den Katholiken gefeiert wurde, 1973 aufgehoben wurde( auf Antrag der CVP, abgesegnet von den katho-lischen Geistlichen). Es war oft ein Ärgernis für die reformierten Arbeiter in den reformierten Gemeinden, wenn sie zur Arbeit in die Fabrik mussten und ihrn katholischen Kollegen, die frei hatten, (meistens Italiener) in der Sonntagskluft begegneten. Die Landsgemeinde beschloss, das katholische Allerheiligenfest mit dem reformierten Totengedenktag zusammenzulegen.

 

Nach dem „Gesetz über die öffentlichen Ruhetage“ vom 6. Mai 1973 ruht im Kanton Glarus die Arbeit jeweils an den Sonntagen, an Neujahr, an der Fahrt, am Karfreitag, am Oster-montag, an der Auffahrt, am Pfingstmontag, am 1.November, an Weihnachten und am Stephanstag. Fallen die neun Ruhetage nicht auf einen Sonntag, gibt es also bis 61 Feiertage im Jahr. Dazu kam ab 1994 der Bundesfeiertag (1. August), den das Volk am 26. September 1993 beschlossen hatte. Allerheiligen ist gesetzlicher Feiertag in Österreich, Liechtenstein, Luxemburg, Italien, Frankreich, Schweden, Spanien, Portugal, Polen, Ungarn, Kroatien, Slowenien, Litauen und in den fünf deutschen Bundesländern Baden-Württemberg, Bayern, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und im Saarland. GL, UR, SZ, NW, OW, LU, ZG, VS, SG und TI sind „Allerheiligenkantone“, die den Tag den Sonntagen gleichstellen. AI und JU anerkennen ihn als Kantonalfeiertag. Nur in einzelnen Gemeinden wird gefeiert in den Kantonen AG, FR, GR und SO. BL anerkennt Allerheiligen nicht als Feiertag, er wird trotzdem in einzelnen Gemeinden eingehalten. Neun Kantone kennen „Allerheiligen“ nicht: AR, BE, BS, GR, NE, SH, TG, VD und ZH.

 

Die Katholiken gedenken ihrer Heiligen, nicht nur der offiziell Heiliggesprochenen, sondern auch jener, „um deren Heiligkeit niemand weiss ausser Gott“. Am Tag, an „Allerseelen“, geht man „über die Gräber“. Allerheiligen wurde anno 837 von Papst Gregor IV. vom keltischen Fest in einen christlichen Feiertag umgewandelt, um die Beziehung zu den Toten aufrechtzuerhalten. Die Kelten feierten Jahreswechsel, das Samhain-Fest, am 1. Novem-ber. Sie glaubten, in dieser Zeit des Übergangs seien die Geister der Verstorbenen des ab-gelaufenen Jahres unterwegs ins Jenseits und mischten sich auch unter die Lebenden. Heute noch kehren Auswärtsglarner an Allerheiligen in ihre Heimatgemeinde zurück, um ihrer Toten zu gedenken.

 

Vielerorts werden in vollen Kirchen die Namen derer verlesen, die während des Jahres ins grosse Heer abberufen worden sind. Für jeden wird eine Kerze entfacht und zum Geden-ken gebetet, besonders mit der „Allerheiligenlitanei“. Üblich ist die Predigt des Pfarrers. In meiner Kinderzeit wurde erzählt, am Allerheiligentag versammelten sich die Seelen der in der Gemeinde Verstorbenen aller Zeiten in der Kirche, um mit den Gläubigen zusammen zu sein. Nach dem Gottesdienst strömt das Volk durch Haupt- und Seitengänge auf dem Friedhof, um die Gräber der Familienangehörigen zu besuchen. Im ganzen Jahr sind sonst nie so viele Menschen auf dem Gottesacker versammelt. Die Geistlichen, begleitet von den Ministranten ziehen mit Kreuz und Fahne über den Friedhof, halten an bestimmten Orten inne und beten. Früher wurde diese Zeremonie auch am Tag danach, an "Allerseelen" wiederholt. Nach Gottesdienst und Gräberbesuch ist ein grosses Geraune und heiteres Getue vor der Kirche, wenn man sich begrüsst und die Wiedersehensfreude hohe Wellen schlägt. Danach gibt es Familientreffen und Pflege der Verbundenheit mit den im Dorf gebliebenen und lebenden Angehörigen entweder in den Privathäusern oder in den Restaurants.

 

Der Totenkult in unserer heutigen Gesellschaft ist aber stark zurückgedrängt worden.

Während des Jahres wird werden die Gräber durch eine Gärtnerei gegen Entgelt gepflegt. Es gibt aber immer noch Familien, die die Gräber ihre Angehörigen selber bepflanzen.

Stirbt ein Mensch, läuft eine bestens funktionierende Kette von Abläufen ab. Die Leiche wird von Fachleuten abgeholt, gewaschen und schön hergerichtet und eingekleidet und in den Sarg gebettet. Sehr bald wird der Sarg in die Friedhofkapelle überführt, dort aufgestellt, dass Angehörige und Bekannte in den Tagen bis zur Bestattung Abschied nehmen können. Rund um den Sarg können Kränze mit Schleifen mit Abschiedsworten und den Namen der Spender angebracht werden, Blumenschalen, Blumenstöcke oder –sträusse aufgestellt werden. Ein Sammelbehälter ist bereit für Trauerkarten.

 

Früher wurden Verstorbene im Wohnhaus aufgebahrt. Die Angehörigen, Verwandten, Be-kannten und Nachbarn kamen auf Kondolenzbesuche und beteten am Sarg. Eine „Ummä-sägeri“ verkündete von Haus zu Haus, wer gestorben sei und wann er beerdigt werde. Am Morgen der Beerdigung kamen die Leichenträger, um den Sarg zu schliessen und hinauszutragen. Wer weiter entfernt wohnte, musste sich mit dem Sarg an bestimmen Stellen im Dorf einfinden. Dort versammelte sich die Trauergemeinde. Der Pfarrer mit Sigrist und Ministranten erschienen. Dann zog der Leichenzug betend und nach genauer Ordnung zur Kirche. Die Leichenträger versenkten den Sarg nach üblichem Ritus mit Stricken in das ausgehobene Grab, was heute nur noch auf besonderen Wunsch erfolgt. Für viele war das knarrende Geräusch beim Versenken des Sarges, wenn dieser an den Wänden kratzte, und das Geräusch der Stricke beim Zurückziehen unerträglich. Seither wird der Sarg sichtbar aufgestellt. Die Trauergemeinde zieht zum Abschied in langer Einerreihe vorbei.

 

Katholiken (2) besprengen den Sarg mit Weihwasser, Reformierte pflegen oft ein Blume auf den Sarg zu legen. Immer häufiger wird der Erdbestattung eine Kremation vorgezogen. Die Asche des Verstorbenen wird dann in einer Urne in ein kleines Grab gelegt oder findet in Urnen-Nischen ihre letzte Ruhestätte. Danach ist in der Regel ein Leidmahl in einem Restaurant. Leider ist damit heute der Abschied abgeschlossen. Zwar gibt es noch den „Dreis-sigsten“ bei den Katholiken, einen Totengottesdienst nach etwa Monatsfrist und das „Jahrzet“, ein jährlich wiederkehrender Gedenkgottesdienst, den man auf 25 oder 50 Jahre im Voraus festlegt und eine einmaligen, festgelegten Betrag entrichten muss.

 

Weitgehend verschwunden sind die „Totenhelgeli“, kleine Kärtchen mit dem Bild und den Lebensdaten des Verstorbenen, die man ins Gebetbuch legte, um dort immer wieder erinnert zu werden.

 

Der Tod wird immer mehr aus dem Leben verdrängt. Wir verlernen den Umgang mit ihm und den Umständen bei einem Todesfall. In letzter Zeit häufen sich die Medienmeldungen von Sterbehilfen, Einrichtungen, die sich anbieten, Todeswilligen zum Tode zu verhelfen oder ihn dahin zu begleiten, ein schwieriges Problem, je nach ethischer oder religiöser Auffassung. Der Tod als ein Teil des Lebens wird immer mehr zur privatesten Sache.

 

Allerheiligen ist ein Anlass, die Gemeinschaft immer wieder daran zu erinnern.  

Bis bald! Ihr Pankraz F.

 

(1) Überarbeitete Fassung meiner Kolumne im "Fridolin"  Ende Oktober /anfangs November 2007

(2) Seit 1963 ist auch für Katholiken die Feuerbestattung erlaubt.  Dieser Tage ist mit der Instruktion Ad resurgendum cum Christo (25.1o.2016) das Verstreuen der Asche unterssagt.

Daraus zitiert: "...Die Aufbewahrung der Asche an einem heiligen Ort kann dazu beitragen, dass die Gefahr verringert wird, die Verstorbenen dem Gebet und dem Gedenken der Verwandten und der christlichen Gemeinschaft zu entziehen. Auf diese Weise wird auch vermieden, dass man sie möglicherweise vergisst oder es an Ehrfurcht fehlen lässt, vor allem, wenn die erste Generation nicht mehr lebt, oder dass es zu unangemessenen oder abergläubischen Praktiken kommt.


6. Aus den oben angeführten Gründen ist die Aufbewahrung der Asche im Wohnraum nicht gestattet. Nur im Fall von schwerwiegenden und außergewöhnlichen Umständen, die von kulturellen Bedingungen lokaler Natur abhängen, kann der Ordinarius im Einvernehmen mit der Bischofskonferenz oder der Bischofssynode der katholischen Ostkirchen die Erlaubnis für die Aufbewahrung der Asche im Wohnraum gewähren. Die Asche darf aber nicht unter verschiedenen Familien aufgeteilt werden, und in jedem Fall müssen Ehrfurcht und angemessene Bedingungen der Aufbewahrung gewährleistet sein.

7. Um jegliche Zweideutigkeit pantheistischer, naturalistischer oder nihilistischer Färbung zu vermeiden, ist es nicht gestattet, die Asche in der Luft, auf dem Land oder im Wasser oder auf andere Weise auszustreuen oder sie in Erinnerungsgegenständen, Schmuckstücken oder anderen Objekten aufzubewahren. Denn für diese Vorgangsweisen können nicht die hygienischen, sozialen oder ökonomischen Gründe angeführt werden, die der Wahl der Feuerbestattung zugrunde liegen können.

8. Falls sich der Verstorbene offenkundig aus Gründen, die der christlichen Glaubenslehre widersprechen, für die Feuerbestattung und das Ausstreuen der Asche in der Natur entschieden hat, ist das kirchliche Begräbnis nach Maßgabe des Rechts zu verweigern..."

(Beschlossen am 15. August 2016, publiziert im Hinblick auf Allerheiligen am 25. Oktober 2016)     

        Gräberbesuch an Allerheiligen. Die Verstorbenen des vergangenen Jahres werden

        im Allerheiligengottesdient genannt und jedem eine Kerze angezündet. Anschliessend

        ist Gräberbesuch.

           (Bild: www.suedkurier.de/region/schwarzwald-baar-heuberg/furtwangen/Traditioneller-Graeberbesuch-an-Allerheiligen;

            art372517,6419131, abgerufen am 26. Oktober 2016)


 

Ds Guggerziitli

oder

Ein über 75-jähriger "Ohrenwurm"

Erstmals wurde "ds Guggerziitli" am 11. September 1940 gespielt, und zwar im Parterre-restaurant des Hotels "Rose" in Zürich. Der Text wurden von Sigi Meyer, genannt "Bumm" am Vormittag geschrieben, die Melodie von Paul Weber, genannt "Schrumm" am Nachmit-tag komponiert. Am 6. Dezember 1940 wurde es im Studio Basel für "Elite Record" aufgenommen. (1)

 

s’ Guggerzytli (2)

 

 

Gohn i zum Grosi übers' Land, / so chunnt mer immer z' Sinn,

das Guggerzytli a de Wand, / wo's hätt im Stübli drin,

los Büebli hätt s’Grosmüeti gseit,/ het zittered mit de Hand,

das Guggerzytli hanged scho / viel Johr a dere Wand,

 

Guggu....

 

Am Morge brüeled d’Kue muh, muh, / dä Bäri bällt wau, wau,

und denn ganz liis guggu guggu, / chunnt's Guggerzytli au,

es hätt mer künnt viel Freud und Leid, / viel Schtunde schön und bang.

Drum heb em sorg dass nid verheit, / i läbti nümme lang.

 

Guggu....

 

Nöd Gold und Silber mues i ha, / um chönne glücklich d’si,

wenn i mis Guggerzytli ha / und non es Gläsli Wii,

und chunt mis letschti Stündli dra, /nso hani nu die Bitt,

o gemer doch i d'Ewigkeit /  mis Guggerzytli mit.

 

Guggu...

 

 

 

(1) https://www.youtube.com/watch?v=n6dDYe2Br44

(2) http://urnaesch-ar.ch/MR/LIED/s'Guggerzytli.pdf

Titelblatt des Hablaton-Verlages Musik W. Ammann, Basel 5. Notenblatt Nr. 607 E Fr. 1.20

Paul Weber (Schrumm), Handorgel, *10. November 1915 in Diemitz (D) + 2. Dezember 1986 in Affoltern am Albis 

Siegfried (Sigi) Meyer (Bumm), Gitarre, *1. Màrz 1896 in Luzern, + 22. September 1977 ?

Bild:http://www.bio-discographie.ch/Bumm_Schrumm.html, abgerufen am 17. Oktober 2016.

"Steckbriefe" von Schrumm und Bumm

 

Paul Weber, Schrumm,  Akkordeonist.

Geboren in Diemitz in Sachsen (D). Vater ist Deutscher, Mutter Schweizerin.

Der Vater fällt im Ersten Weltkrieg. Die Mutter kehrt 1920 in die Schweiz zurück und erhält für sich und ihre Kinder das Bürgerrecht von Neuheim ZG zurück.

Paul lebt im Kanton Zug bei lieben Pflegeeltern auf einem Bauernhof in Finstersee.

Als Neunjähriger bekommt er ein achtbässiges Schwyzerörgeli in die Hände.

Mit 13 Jahren kehrt er zu seiner Mutter und zu seinen Geschwistern nach Zug, die später nach Neuägeri übersiedeln.

Hier lernt er Jost Ribary kennen, der mit Musikerkollegen öfters in Lokalen der Region auf-spielt. Auch er bildet mit einem Kollegen, der Handorgel spielte, ein Duett, und tritt eben-falls gelegentlich in Restaurants auf.

Eine Berufslehre bleibt ihm nach der Schulzeit verwehrt, er arbeitet aber zeitweilig in einer Fabrik in Neuägeri. Aus dem Ersparten ersteht er sich eine chromatische "Rogledi"-Hand- orgel. Nach der Rekrutenschule zieht er nach Luzern und schlägt sich mit Gelegenheits-

arbeiten durch. Er findet Kontakt zu Musikern der Region. Die Ländlerkapelle “Zytglogge” mit Werner Kaufmann, Klarinette/Saxophon, Siegfried Meyer, Klavier/Gitarre, und Rudolf Minder, Bassgeige, nehmen ihn  auf. Mit ihr musizierte er täglich in Luzern “Gotthardloch", Genf und Lausanne.  Zukunftsweisend ist der Kontakt mit Siegfried “Sigi” Meyer, genannt “Bumm”, der von 1936 bis 1951 als Berufsmusiker, Humorist und  als Autor volkstümlicher Schlager wirkt. 1937 bilden die beiden das Musik- und Gesangsduo “Alphüttli” mit  Jakob Strickler, Klarinette/Saxophon, und Hans Roth, Klavier/Trompete. Bei einem späteren Auf-tritt in Neuenburg lernt Paul Weber seine zukünftige Lebenspartnerin Emma Grädel ken-nen. Sie heiraten 1938. Paul widmet ihr den Walzer: "Mondschein über dem Neuenburger-

see".

Auch  Hans Roth unterstützt ihn vom Gehörspieler zum ausgebildeten Musiker zu werden. In einfühlsamer Weise vertont er (Schrumm) zahlreiche von Sigi Meyer (Bumm) verfasste Liedertexte. So entsteht auch das Polka-Lied "'s Guggerzytli", Uraufführung 11. September 1940, Hotel “Rose”, Zürich. Es wird zu einem der grössten Dauererfolge der Schweizer Volksmusik. Am ersten Sonntag im November führen sie im Radiostudio Basel eine wei-tere Premiere ihres Liedes durch. In rascher Folge erscheinen Schallplatten und Noten in Verlagen wie “Hablaton”, “Bumm” usw. weitere ähnliche volkstümliche Schlager aus seiner Feder. Paul schafft alles in allem an die 170 Eigenkompositionen.
Obwohl das "Guggerzytli" bis heute von ganz verschiedenen Formationen, etliche Male auf Tonträger eingespielt wird, haben die Beiden nichts davon, denn sie haben ihre Rechte für 100 Franken dem Musikverleger verkauft. 
Als Berufsmusiker ist Päuli bis 1950 beschäftigt, mit der Kapelle “Alphüttli” unter zeitwei-liger Mitwirkung von Fredy Lischer u.a. oft im “Schweizerhof”, Zermatt, im “Metropole”, Lausanne usw. 
Die Kapelle Alphüttli wird 1952 aufgelöst. Paul beendet seine Karriere als Berufsmusiker. Er lässt sich in Hedingen (ZH) nieder und ist dort für eine Versicherungsfirma tätig. In seinen Mussestunden spielt er öfters in einer vom Klarinettisten/Saxophonisten Hans Leuthold geleiteten Tanzkapelle. Lüthold ist zudem auch der Leiter der Blaskapelle Rigi-

spatzen, Küssnacht SZ. In dieser Zeit lernt Paul Weber den Musiker Ernst Lehmann ken-nen, der zu den Gründungsmitglieder der "Rigispatzen" gehört. Die beiden werden enge Freunde. Paul Weber tritt in dieser Zeit auch mit einem Bassisten im Duett auf. Als sein Partner jedoch eines Tages ausfällt, springt Ernst Lehmann in die Lücke. Damit ist ein neues Team geboren, welches sich in der Folge als humoristisches Duo "Aschi & Paul" einen Namen macht. Paul Weber versteht es mit grossem Geschick, originelle Figuren zu schnitzen. Oft verschenkt er diese an das Brautpaar, wenn das Duo bei Hochzeiten auf-spielt.
1979 zieht sich Paul Weber vom Duo zurück. Kurz nach seinem 71. Geburtstag stirbt er an einer schweren Krankheit  im Kreisspital Affoltern am 2. Dezember 1986.
 (Entnommen aus dem ausführlichen Text im Lexikon der Schweizer Volksmusikanten. Mit freundlicher Genehmigung von Ernst Roth. Mit Ergänzungen aus der Schweizer Musiker Revue 1/1987,  1/1992 + 12/1996) 

Sigi Meyer, Bumm

Sohn des Stallmeisters der Bierbrauerei "Eichhof" in Luzern. Schon in der Schule macht er seine Verslein und ist ein wissbegieriges Bürschlein. Um Geld zu verdienen, ist ihm keine Arbeit zu viel. Weil er wissen will wie es auf der Rigi aussieht, wird er Ausläufer bei einem Schneider und spart sich das Geld fürs Schiff und die Rigibahn. Die Fahrkosten auf den Pilatus verdient er mit Retortenwaschen und zum Geld auf den Bürgenstock kommt er durch Rasenmähen bei einem Arzt. Eine Gitarre verdient er sich, indem er das Holz für einen Bäcker sägt und spaltet. Da seine Eltern das erforderliche hohe Lehrgeld nicht auf-bringen können, kann er keine Berufslehre absolvieren. Weil er neugierig ist wie es im Be-nediktinerkloster aussehe, meldet er sich dort als Hausbursche. Vom Kloster wechselt er auf ein Dampfschiff. Im Winter wird er Gehilfe in der Backstube jenes Bäckers, dem er seine Gitarre verdankt hat. Im Sommer versucht er sich als Aushilfskellner in einer Luzer-ner Gartenwirtschaft.  Bei Einbruch der Kälte wird er Verkäufer bei einem Teppichhändler. Nach drei Jahren Luzern zieht nach Altdorf in einen Gasthof, später in eine Hotel in Nizza, danach in eine Cafeteria in Genua und später in das Casino in Monte Carlo. Dabei erwirbt er sich gute Sprachkenntnisse, die ihm  später von grossem Nutzen sein werden. Er macht sich Verse und eigene Couples, die er selber singt und mit der Gitarre begleitet. In Monte Carlo wäre er länger geblieben, hätte ihn nicht das Vaterland gerufen. Erster Weltkrieg. Sigi wird zur Rekrutenschule aufgeboten. Er wird Tambour und Tambourgefreiter. Mit seinen Scherzliedern heitert er seine Kameraden auf und kommt so zu Freibier. Nach einigen Mo-naten Luzern erhält er Arbeit auf einem französichen Schiff, das nach Kanada dampft. Dort arbeitet er auf einer Farm, bei einem Schnapsbrenner, wird Holzfäller und Goldgräber und lernte englisch und das Land kennen. Das Geld für die Rückfahrt verdient er als Kellner in einem Offizierskasino. 

Mitte der zwanziger Jahre arbeitet er in einer Schuhfabrik in Dottikon (AG). Er schliesst sich der örtlichen Tanzkapelle "Stierli-Musik" an. Um diese Zeit lernt er auch seine zukünftige Ehefrau Frieda Blättler aus Hergiswil (NW) kennen. Sie heirten 1926.  In den folgenden Jahren arbeitet er in einer Luzerner Autofirma. Zu deren Programm gehören ein- oder mehrtägige Ausflüge durch die Schweiz oder ins benachbarte Ausland. Sigi Meier wird Privatchauffeur. Dank seinen Sprachkenntnissen ist er der ideale Reiseführer dazu. Neben-bei spielt er öfters mit lokalen Unterhaltungsorchestern, etwa mit der "Luna-Band" und der Kapelle "Zytglogge", als Klavierspieler. Hier lernt er seinen späteren Partner Paul Weber kennen, mit dem er das bekannte Duo "Bumm und Schrumm" gründet, später die Kapelle "Alphüttli" . Er schrieb den Text für einige Dutzend Liedli.
Als Ende Januar 1945 "Grock" in Basel gastiert und von der Stadtbehörde zum Bankett ein-geladen ist,  wird Sigi Meyer als Unterhaltungskünstler zugezogen. Er hat die Ehre bei der Tafelrunde neben "Grock" zu sitzen. Dieser ist von  "Bumms" schauspielerischen Leistun-gen  beeindruckt.

Ende 1947 verlässt Sigi Meyer die Kapelle "Alphüttli" und bildet eine eigene Formation, die er "Bumm" tauft. Sigi Meyer bleibt mit seiner neu gegründeten Gruppe weiterhin auf Erfolgs-kurs. Neue Musiker werden engagiert, unter anderem Fritz Fischli am Klavier, die Hand-orgelspieler Emil Leuthard und Very Steffen und der Bassist Gustav Hägler. Es wer-den neue Bühnenprogramme zusammengestellt, in denen Sigi stets  die Hauptrolle spielt. Zum Repertoire der Gruppe gehören eine Matrosenschau, eine Tessiner-/Italienerschau, eine Tiroler-/Bayernschau und eine Schau mit Wienermusik bei Kerzenschein. Die Kapelle Bumm existiert bis etwa 1951. 
Ungefähr ein Jahr später kehrt Sigi Meyer nach Luzern zurück. Eine Zeit lang arbeitet er wieder in Auto-/Reiseunternehmen, ist Chauffeur für ausgedehnte Reisen mit Touristen. Mit Erreichung des AHV-Alters gibt er auch seine Tätigkeit als Reiseführer auf. Es macht ihm aber grosse Freude, im kleineren Kreise weiterhin als Unterhaltungskünstler aufzutreten. Der Name "Bumm" ist nach wie vor  ein Begriff und wird in den kommenden Jahren unzäh-lige Male zu Familienanlässen, Kirchenbazaren, Altersnachmittagen und Firmenveranstal-tungen zugezogen.  Unermüdlich produziert er neue Versen und Kompositionen. Als grosse Stütze erweist sich dabei der Klavierspieler Fritz Fischli, mit welchem er erneut zusammen-trifft. Fischli setzt für ihn die Neuschöpfungen in Schrift und Noten um. Gelegentlich treten die beiden gemeinsam auf. Ein Querschnitt durch "Bumms" Werke ist 1992 als Broschüre im Verlag Emil Lustenberger, Emmenbrücke, erschienen.
Sigi Meyer bleibt bis ins hohe Alter in bewundernswerter Kondition. Die letzten Jahre seines Lebens verbringt er mit seiner Frau in einem Altersheim. 
 (Nach einer Zusammenfassung von  Dieter Blattmann. Quellenmaterial aus der Schweizer Musiker Revue Ausgaben 1/1992 und 12/1996)

Quelle: http://www.bio-discographie.ch/Bumm_Schrumm.html

 

PS: Fritz Fischli, ist Näfelser Bürger, in Näfels aufgewachsen und Berufsmusiker im Kanton Solothurn.

In eigener Sache: Er hat alle "Sulzbodäliädli & Tänzli" aus dem "Ghülpätä Bott/Sulzbodäziitig" entnommen und mit seinem Computer neu gesetzt. Fritz Fischli lebt heute mit seiner Frau Käthi in Trimbach SO.


 

 Ein Leben als Kapuziner

Zur Erstjahrzeit von P. Gedeon Hauser OFMCap

1925-2015

 

Diese

Einladung

löste

den

Impuls

aus,

ein 

paar

Eindrücke

aus 

dem Leben

des

Näfelser

Kapuziners

festzuhalten.

 

 

Am Donnerstag, 13. Oktober 2016, gestaltete P. Josef Haselbach, OFMCap, Guardian des Kapuzinerklosters in Wil SG, einen schlichten, aber feierlichen und verinnerlichten Jahrzeit-Gottesdienst für P. Gedeon Hauser, im Beisein, seiner Angehörigen, Verwandten und Freunde und einer stattlichen Anzahl Gottesdienstbesucher aus Wil und Umgebung.

 

Nach dem Gräberbesuch war er vorzüglicher Gastgeber bei feinstem Gebäck und Kaffee im Refektorium des Klosters.

 

Als Erinnerung an den ursprünglichen Näfelser Kapuziner seien sein eigener Lebenslauf und ein paar Bilder aus seinem Leben hier festgehalten.

(Porträt: P. Josef Haselbach www. kapuzinerwil.ch)

 

Versuch einer Abdankung

 

„In te, domine, speravi“

 

(Br. Gedeon Hauser hat selber für seine Beerdigung einen Lebenslauf geschrieben. Im Ver-such einer Abdankung schildert er ehrlich und offen die Freuden und Leiden, die er im Verlaufe seines Lebens erfuhr.)

 

 

Ich glaube, dass Gott mein Vater ist.

Ich hoffe, dass er alle Fügungen meines Lebens in seiner sorgenden Hand behält.

 

Als ich als erstes von drei Kindern am 28. Februar 1925 in eine arme Arbeiterfamilie in Näfels Kt. Glarus hineingeboren wurde, brach in mir etwas auf, das mich durch mein gan-zes Leben begleiten sollte, die Hoffnung auf einen tragenden Halt in meinem Leben.

 

Die Arbeitslosigkeit meiner Eltern in den Dreissigerjahren, die Unsicherheit auf das tägliche Brot prägte meine Primarschulzeit. Der Verzicht auf vieles, was andern Kindern selbstver-ständlich zufiel, die Hoffnung auf ein besseres Leben mit reichlich Brot, begleitete mein Wachsen.

 

Doch der innerste Kern meines Lebens war die Hoffnung auf Gott, zu dem mich meine Mut-ter einfach, kindlich und schlicht beten lehrte. Die Pfarrkirche mit ihrem abendlichen Rosen-

kranz, das nahe Kapuzinerkloster mit seiner täglichen Frühmesse und seiner vom Kirchen-chor begleiteten Messe am Herz-Jesu-Freitag, verbunden mit einem treuen Glauben an die Gegenwart Gottes im Tabernakel, stützte meine Hoffnung. Gott konnte mich nicht verlas-sen. Und er verliess mich nicht.

 

Er rief mich: "Komm, folge mir!" Gegen den Willen meines Vaters, der fürchtete, auch das kleine Schulgeld nicht bezahlen zu können, wurde ich Klosterschüler. P. Raymund Stocker nahm mich in seine Obhut und half mir in meinen jugendlichen Nöten und Schwierigkeiten, in meinem oft kränklichen Wachsen, die Hoffnung nicht zu verlieren. Unter seiner Führung wuchs meine Sehnsucht, Kapuziner und Priester zu werden. Die beinahe tägliche Begeg-nung mit Jesus in der Eucharistie wurde meine Leben. Rückschauend auf meine Jugend-

zeit darf ich sagen: auf Gott habe ich gehofft, und er hat mich nie verlassen. Er wurde der Halt meines Lebens. Armut, unbewältigte Sexualität und Minderwertigkeits-Gefühle stellten sich hindernd vor mein Berufsziel.

 

Doch verständnisvolle und auch materielle Hilfe, vermittelt durch P. Raymund, führten mich trotz allem ins Kollegium St. Antonius in Appenzell. Schulische und gesundheitliche Schwä-chen und Berufskrisen konnten die oft leise Hoffnung, Kapuziner und Priester zu werden, nie ganz brechen. Die Rekrutenschule und ein harter Aktivdienst in Kälte, Schnee und Re-gen im Jahre 1944 brachten die endgültige Entscheidung. Trotz langer Abwesenheit von der Schule, bestand ich die Matura und trat im September 1945 nach einem Besuch bei der Muttergottes in Einsiedeln ins Noviziat der Kapuziner im Kloster Wesemlin ein.

 

Ich glaube, dass Gott mich gerufen hat.

Ich hoffe, dass er mich in liebender Treue weiterführt.

 

Doch Krisen blieben nicht aus. Die ersten Tage vor der Einkleidung waren schrecklich. Ich war nirgends zuhause: in der "Welt" nicht, im Kloster nicht, alle Hoffnungen schienen zu zerbrechen, ich wollte fort. Doch mit der Kutte kam die Erlösung. Die Hoffnung war wieder da und gab neue Kraft, Noviziat und Studienjahre durchzustehen, die Philosophie unter P. Clodoald Hubatka, der mein Primizprediger wurde, die Theologie in Solothurn bis zur Prie-sterweihe am 2. Juli 1950 und zur Primiz am folgenden Sonntag in meiner Heimatgemein-de. Damit war eine erste Hoffnung, der Ruf Gottes erfüllt. In liebender Gnade hat er mich bis hierher geleitet. Ich glaube an Gottes Gegenwart in meinem Leben. Ich hoffe, dass er mich stets in seinen warmen Händen hält.

 

Ein lebenslanger Prozess begann. Immer mehr sollte die Eucharistie zum Kern meines Le-bens werden. Immer tiefer sollte ich in das Geheimnis des in der Eucharistie gegenwärtigen

Erlösers hinein wachsen. Ein tiefes Bedürfnis, mich ganz auf Gott zu verlassen, in einer le-bendigen Gotteserfahrung zu leben, begann mich zu erfüllen, zusammen mit dem Wunsch, diese Gotteserfahrung in priesterlicher Tätigkeit weiter zu schenken. Gott rief weiter. Er rief mich durch den Willen meiner Obern in das Kollegium St. Antonius in Appenzell. Damit be-gann mein Lehrerberuf. Der Wunsch nach einer akademischen Vorbereitung auf die Schule zerschlug sich. Die Klosterzelle wurde meine Universität.

 

So wanderte ich als Lehrer in 47 Schuljahren durch mehr als ein Dutzend Schulfächer, da-runter Latein in der 2. Gymnas, Geometrie- und Freihandzeichnen und durch verschiedene Handfertigkeitskurse und war Mitglied des Schülerorchesters.

 

Als Aushilfspater blieb ich der Seelsorge nah. Als Externen- und Internen-Präfekt, als Öko-nom des Kollegiums begleitete ich die Schüler. Die Arbeit mit und an der Jugend wurde mir zur Freude trotz fehlender Vorbildung, vieler Enttäuschungen und Unzulänglichkeiten. Ich fühlte mich oft nur "halb" in meiner Aufgabe, junge Menschen zu ganzen Christen, zu Prie-ter- und Ordenskandidaten und zu Akademikern heranzubilden. Trotzdem hielt mich Gottes Gnade aufrecht und - wie ich hoffe - ergänzte, was ich nicht fertig brachte. Immer aber hoff-te ich, trotz aller Halbheit jungen Menschen zum Segen zu werden.

 

Als Zivilschutzinstruktor und Mitglied der kantonalen Denkmalschutzkommission suchte ich der Öffentlichikeit zu dienen. Während mehr als dreissig Jahren führte ich in der Pfarrei Appenzell eine Bibelgruppe in die Geheimnisse der Gestalt Jesu im Evangelium ein.

 

Ein guter Teil meines Lebens gehörte dem Frauenkloster "Leiden Christi" im Jakobsbad. Ich versuchte, die Klosterfamilie in behutsamen Schritten in den Geist des Konzils hineinzufüh-ren. Die Doppeltätigkeit als Lehrer und als Spiritual hemmte oft meine Arbeit als Begleiter der Klostergemeinschaft. Die Verehrung des Kostbaren Blutes Jesu im heiligsten Altarssak-

rament war dem Kloster durch die Gründerin Sr. Johanna Rosa Bättig mitgegeben. Diese zentrale Anliegen des Klosters mit einem vertieften franziskanischen Leben zu verbinden, war mein Ziel.

 

Ich glaube, dass Jesus mein Heiland ist. 

Ich hoffe, dass er alle meine Wunden heilt.

 

Krankheiten begleiteten mich durch mein Leben, u.a. Polyarthritis, Ischias, auch Alkohol-

probleme. Mit ärztlicher HIlfe und vielen Medikamenten überlebte ich. Die Mutation ins Klo-ter Wil löste mich vor meinen Bindungen an Appenzell. Der mitbrüderliche Geist der Wiler Klostergemeinschaft half mir, eine neue Heimat zu finden. Doch Appenzell hatte mich in mehr als fünfzig Jahren geprägt und blieb unvergessen.

 

Ich glaube, dass Jesus meine Erlöser ist und mir mein Fehlen und Versagen in meinem Leben vergibt und hoffe auf ein ewiges Ostern in Christus.

In te, domine, speravi!

 

Bildlegenden von oben und von links nach rechts:

Erste Reihe:

Josefli als Baby. Die beiden Brüder Max und Josef. Pfadigottesdienst vor der Sennhütte Obersee-Staafel mit P. Silvius Wyss, Präses der Pfadi "Rauti".

Zweite Reihe:

Eingekleidet unter Brüdern, P. Gedeon ganz links. P. Gedeon ganz rechts.

Dritte Reihe:

Primiztag. Der geistliche Vater P. Raymund Stocker, Präfekt Klosterschule Näfels überreicht dem Primizianten das Kreuz. Primiziant P. Gedeon hat das Kreuz angenommen für sein ganzes Leben als Ordensmann.

Vierte Reihe:

Familienbild. Erika, Vater, Mutter, P. Gedeon, Käthi und Max Hauser-Zindel. Unvergessliches Bild des jungen Kapuziners, der aufbricht zu einem Leben ganz im Dienste des Herrn.

Fünfte Reihe:

Geometrisches Zeichnen am Kollegi Appenzell. Gedeon als Schminker für's Kollegi-Theater.

Sechste Reihe:

P. Gedeon professoral im Gespräch mit Studenten.

Siebte Reihe:

P. Gedeon nicht auf dem See Genesareth, sondern auf Urlaub in heimischen Gauen auf dem Obersee ob Näfels. "Hadschi Halef Omar" oder so P. Gedeon an der Fasnacht.

Achte Reihe:

P. Gedeon im vollen Einsatz als Zivilschutzinstruktor. P. Gedeon zivil. Kirche in Näfels beim Primizgottesdienst. Näfelser erkennen viele Näfelser von damals.

Neunte Reihe:

Eines seiner letzten Porträts im hohen Alters.

Zehnte Reihe:

Primizeinzug mit den Ortsgeistlichen Pfarrer Paul Kuster, Kaplan Johannes Baur und Arbeiterseelsorger Vikar Ernst Ackermann sowie Kapuzinerpatres. Ministranten: v.l.n.r.:

Fritz Feldmann, Villäggen, Martin Hauser, Schneider Hausers, Fridolin Hauser (Osterhazy), verdeckt Willi Schwitter, Sigersten, Helmuth Gallati, Rauti (+), Ferdi Fleisch, Rösslistrasse, ?,  Karl Gallati, Elektrikers (+), verdeckt Harald Gallati, Rauti, Josef Tschudi, Kaminfegers (+), Heiri Lorenz, Central, Albert Landolt, „schreeg Albärtli“(+).

Elfte Reihe:

Primizeinzug, bei der Gerbi. Prominenz: v.l.n.r Kirchenrat Josef Feldmann, Zieglers, Landrat Fritz Müller, Plattäkari, (beide mit Zylinder), Waisenrat Josef Müller, Sattler, Gemeinderat Josef Hardegger, Milchzentrale, Gemeindepräsident Emil Feldmann. Im Hintergrund Hilarius Landolt, Loch, Pius Landolt, Bärelers/Nachbar, auf der Treppe Mutter Magdalena Landolt-Müller, Bärelers/Nachbarn.  


 

Mein Name ist «Uro-Lithy»

oder

Wollte ich einem schlechten Menschen etwas wünschen,

wüsste ich was . . . (1)

 

Ich bin «Uro-Lithy», andere nennen mich salopp «Harny». Ich bin der hinterhältigste, ge-meinste Halunke. Ich geniesse es, Menschen, die ich mir auswähle, Höllenqualen zu ver-schaffen und sie auf Tod und Teufel zu peinigen. Alle Menschen, bei denen ich zu Gast war, reden nur in den verwerflichsten Tönen über mich.

 

Mein himmeltrauriger Bruder heisst «Nephro-Lithy» oder «Niery» und ist genauso ein Sau-kerl wie ich. Eigentlich hätte sich der liebe Gott des Alten Testamentes seine ägyptischen Plagen sparen und nur uns auf die Menschheit loslassen können. Das wäre weniger auf-wändig gewesen als die Heuschreckenplage und andere schreckliche Katastrophen.

 

Eigentlich bin ich ja nur das Produkt eines Kristallisationsprozesses. Der Nobelpreis für den, der genau sagen kann, wie ich überhaupt entstehe, wäre noch zu haben. Die Wissen-schaft tappt noch weitgehend im Dunkeln. Die meisten meiner Brüder, die «Nierys», sind kalziumhaltig. (Fachleute reden von Kalziumoxalat oder -phosphat.)

 

Letztere machen den Hauptharst der Übeltäter aus. Ich jedoch bestehe als «Harny» aus Harnsäure. Wir «Harnys» sind eine Minderheit, prozentual etwa wie Ausländer in der Schweiz. Es gäbe auch noch den «Chole-Lithy» oder «Gally», doch davon ein ander Mal.

 

Meine Stammlande sind die Nieren. Ich bin ein ausgesprochener Nomade und wandere nach Lust und Laune harnleiterabwärts. Am liebsten bin ich bei Menschen, die sich gerne aufregen. Da bin ich im Element und werde immer dicker. Lustig wird es, wenn ich mich verklemme oder in der Harnleiterwand einhake. Es macht mir Spass, den Urin zu stauen, und jede Infektion bringt mich in Ekstase  vor Freude und den gastgebenden Menschen ausser sich vor Schmerz. Hei, da sollten Sie mal sehen wie sich die Leute dann wälzen und stöhnen, es geht ihnen grässlich. Diesen Zustand des Leidens nennen die Menschen «Kolik». Viele müssen darob gar erbrechen.

 

Bin ich gut gelaunt, ziehe ich Leine und haue ab über die Harnleiter in die Blase, eine prächtige Halle, in der es sich herrlich im warmen Urin baden lässt. Wenn  ich aber nicht höllisch aufpasse, werde ich weggeschwemmt und gelange über die dazu eingerichteten Organe ins Freie . . . und dann ist Feierabend! Ich bin dann der gemeindlichen Kanalisati-on  ausgeliefert, gelange in die nächste Kläranlage und gehe später die traurigen Wege allen Klärschlammes.

 

Die fiesesten von uns verstecken sich so gut, dass es erheblichen  ärztlichen Aufwand er-fordert, uns überhaupt zu orten. Gemeinerweise strahlen sie Schmerzen ab, meist in den Rücken. Wenn wir uns in den unteren Etagen befinden, dröhnt es in den Bauch, in die Bla-se, Genitalien oder in die Darmgegend. Wie die Fanfaren von den Zinnen Jerichos schmet-tern die Peinen anhaltend oder wellenweise im Leibe.

 

Nachdem der Arzt die oberen und unteren Ausgänge besichtigt und die nötigen Check-fragen gestellt, Blut und Urin untersucht, Zucker, Blutdruck, Puls und Temperatur gemes-sen hat, schmiert er den Bauch mit einer farblosen, gelatineartigen Sülze ein, um danach mit Ultraschall die Innereien am Bildschirm zu betrachten und nach mir zu suchen. Mich findet er nur schwer, aber er stellt Veränderungen der Niere oder verdächtige Symptome im Gedärme oder Harnleiter fest. Schreit der Patient bei einem sanften Nierenhaken auf und ist die Summe aller Erkenntnisse ausreichend, folgt der Entscheid. Vielleicht braucht‘s

noch ein Röntgenbild . . . dann heisst es: «Ab ins Spital!».

 

Dort spielt ein eingespieltes Team die ganze Klaviatur des sorgfältigen Eintrittsprozederes durch. In der Regel kommt der Patient im wahrsten Sinne des Wortes an die Flasche, wo vor  allem Schmerzmittel träufeln, bis das Leben wieder einigermassen erträglich wird. Wahrscheinlich wird noch eine CT (Computertomographie) angeordnet. Herrschaft! Der entgehen wir nicht! Dort sieht man fast alles! Als «Uro-Lithy» hast du keine Chance, wenn der Patient durch den Torbogen mit dem Röntgenblick gefahren wird.

 

Der Urologe ist mein Todfeind. Der schleicht dich an wie «Columbo» und wenn er dich hat, lässt er dich nicht mehr los! Es ist einfach grässlich! In einer Operation mit Narkose führt er ein «Zystoskop» ins menschliche Wasserkanalisationsstystem. Er schiebt eine so genann-te «Zeiss-Schlinge» oder moderner ein «Dormiakörbchen» vor (befragen Sie Ihren Haus-arzt über Details) und versucht dich einzufangen. Hat er dich mal am Schlawittchen, wehe, dann wirst du abgeführt wie ein Verbrecher. Geht alles gut, ist mich der Patient los, es sei denn, ein weiterer Kollege versteckt sich in der Niere oder im Harnleiter.

 

Noch schlimmer ist für unsereins die Stosswellen-Behandlung. Findige Köpfe haben dazu eine Apparatur erfunden, mit der man mich zertrümmert. Ich zerplatze in kleine Teile, die auf üblichem Wege ausgeschwemmt werden.

 

Natürlich sind die Ärzte aller Waffengattungen so findig, dass sie alles tun, auch meinen Nachkommen das Leben im wahrsten Sinne des Wortes zu «versauern». Die Sprüche kennt man ja: Viel trinken, Diät, Bewegung, keine tierischen Eiweisse usw. usw. . . . Es gibt Ärzte, die dir empfehlen, dich auf einen Berg hochfahren zu lassen und dann zu Fuss zu Tale zu hüpfen. Dadurch könnte ein vorhandener Stein «kommen». Andere raten zu pau-senlosem Treppenhinauf und -hinuntersteigen. Seilspringen, vom Stuhl runterhüpfen, was immer . . . der Stein muss weg. Viele Menschen tragen Steine in sich, die sich «ruhig» ver-halten. So lange sie keine Koliken auslösen, mag das gehen. Wehe, wenn sie mit scharfkantigen Kristallen gegen die Harnleiterwand kratzen oder stechen . . .

 

Wussten Sie eigentlich, dass die Nieren die physikalisch-chemische Fabrik unseres Kör-pers, die Blutreinigung, sind? Sie regeln den Wasserhaushalt, den Salzgehalt des Blutes

und scheiden die Abbauprodukte des Eiweissstoffwechsels (Harnstoff und Harnsäure) und Giftstoffe aus. Sie sind 120 bis 160 Gramm schwer und werden intensiv durchblutet. Der Blutdurchfluss beträgt 1500 Liter im Tag!

 

In der Bibel sind Herz und Niere oft genannt. Sie sind «Sitz und Zentrum des Lebens», an-derswo «Sitz des Gewissens». Die Nieren sind ferner «Symbol des Schmerzes der Seele». «Da es mir wehe tat im Herzen und mich stach in meinen Nieren» (Psalm 73, 21) oder «Ja, in den Nächten erziehen mich meine Nieren» und «. . . auf Herz und Nieren prüfen» (Psalm 7,10). Träfe zu, was die Statistik sagt, hätten etwa 5 Prozent der Bevölkerung das Pech, Steine in sich zu haben.

 

Der Gedanke, dass im Glarnerland gegen 2000 Menschen Steine im Bauch (statt am Hals oder an den Fingern) hätten, könnte ganz schön «an die Nieren gehen». Eigentlich wäre schon Zahnstein überflüssig, oder nicht? Nur ist der etwas leichter zu entfernen . . .                                                                                                                  Bis bald! Ihr Pankraz F.

 

 

(1) Leicht überarbeitete Fassung meine Kolumne im „Fridolin“, Nr. 34, 24. August 2006, Frontpage. Mittlerweile sind zehn Jahre verstrichen. Die Nierensteine sind die gleichen geblieben. Forftschritte machte die Medizin, die mit Lasergeräten und noch grösseren Ultraschall-Zertrümmerungsanlagen, zu grosse, nicht "holbare" Nierensteine zerkleinert. Sind diese nicht wirksam genug, müssen Nierensteine nach wie vor operativ, das heisst durch Öffnen des menschlichen Körpers, entfernt werden.


 Der ehemalige Arbeiterseelsorger von Näfels ist verstorben

 

Pfarr-Resignat Bernhard Kramm

8. April 1925 - 30. August 2016

 

 

 

Bernhard Kramm, Pfarrer i. R. wurde am 8. April 1925 in Zürich geboren und am 1. Juli 1951 in Chur zum Priester geweiht.  Nach seiner Priesterweihe wirkte er zunächst 14 Jahre lang als Arbeiterseeolsorger im Kanton Glarus. Im Jahr 1966 wurde er dann zum Pfarrer von Adliswil (ZH) ernannt. Dort amtete er bis zum Jahr 1976, als ihm die Verantwortung für die Pfarrei Hl. Mauritius in Engstringen übertragen wurde. Nach 28 Jahren im Dienst trat er im Jahr 2004 in den Ruhestand, den er in Unterengstringen verbrachte. Er verstarb am 30. August 2016 im Spital Limmattal in Schlieren. Auf seinen Wunsch hin wurde er auf dem Friedhof  Rehalp in Zürich bestattet. Der Trauergottesdienst fand am 7. September 2016 in der Pfarrkirche Hl. Mauritius in Oberengstringen statt.

 

(Mitteilung im infoblatt des Bistums Chur, Oktober 2016, Seite 5)

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Todesanzeige

Vater, in deine Hände

lege ich mienen Geist.

Lk 23,46

 

 

 

 

In Dankbarkeit empfehlen wir Gott, dem Allnächtigen, den Priester

 

Bernhard Kramm Pfarr-Resignat

8. April 1925 – 30. August 2016

 

 

                                  8. April 1925                    geboren in Zürich

                                  1. Juli 1951                      Priesterweihe in Chur

                                  1952 – 1966                    Arbeiterseelsorger im Kanton Glarus

                                  1966 – 1976                    Pfarrer in Adliswil ZH

                                  1976 – 2004                    Pfarrer in Engstringen

                                   seit 2004                         im Ruhestand in Unterengstringen

                                   30. August 2016             gestorben im Spital Limmattal in Schlieren

 

Chur, 2. September 2016

                                     

                                               Dr. Vitus Huonder, Bischof von Chur

                                               Dr. Josef Annen, Regionaler Generalvikar für Zürich/Glarus

                                               Dekanat Albis

 

Bestattung und Gottesdienst:

Dienstag, 6. September 2016, 14.00 Uhr, Erdbestattung auf dem Friedhof Rehalp, Forchstrasse 384, Zürich.

Trauergottesdienst:

Mittwoch, 7. September 2016, 10.00 Uhr Pfarrkirche Hl. Mauritius in Oberengstringen

Dreissigster:

Sonntag, 9. Oktober 2016, um 10.00 Uhr, in der Pfarrkirche Hl. Mauritius in Oberengstringen.

 

Traueradresse: Herr Dekan Pfr. Peter Camenzind, Kath. Pfarramt, Etzelstrasse 3, 8820 Wädenswil.

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Eine Nachbemerkung:

Vikar Bernhard Kramm, Arbeiterseelsorger im Kanton Glarus, wohnte im Altersheim Letz und zelebrierte täglich die hl. Messe in der damaligen Altersheimkapelle.

1959-61 unterrichten wir gemeinsam die Abschlussklasse im Schulhaus "Schnegg" Näfels. Ich war Klassen-

lehrer, er Religionslehrer. Er war ein gestrenger Geistlicher und genoss die Autorität der Oberstufenschüler.

Er begleitete uns auf die Schulreise. Ein unvergessliche Episode ereignete sich, als wir die Schulreise wegen Schlechtwetter auf den Freitag verschieben mussten. Vorbestellt waren in Beinwil ein Menu: "Schniposa" (Schnitzel, Pommes frites und Salat). Da damals jeweils am Freitag auf Fleisch verzichtet wurde, waren wir nicht sicher, wie unser geistlicher Begleiter auf das leckere Schnitzel reagieren würde. Vorsichtshalber beauf-tragten wird die Kellnerin, den geistlichen Herrn als ersten zu bedienen. Als sie mit dem dampfenden Teller aufrückte und diesen vor Vikar Kramm auftischte, meinte ich provozieren: "Aber, aber, Herr Vikaar, hütt isch ja Friitig, fleischloos!! Was mache-mer iätz?" Er packte Messer und Gabel, schnalzte vergnügt und meinte: "Ässä, ich ha Hunger. Ä guätä!"

Der Arbeiterseelsorger war ein wortgewaltiger Prediger und verstand es von der Kanzel gegen die Benach-teiligung der Arbeiter zu wettern. Als eines Sonntags im ersten Gottesdienst alle Register zog und den Unter-nehmern ins gewissen redete, marschierte ein frommer und angesehener Fabrikant nach der Messe zur Sakristei und verlas dem Prediger die Leviten. Man sagt, der eifrige Vikar, hätte im Hauptgottesdienst nicht mehr predigen dürfen...

Später gab es ein frohe Wiedersehen in Einsiedeln. Wir trafen uns zufällig im "Bären". Er brauchte einen ganzen Tisch für sich in der Breite, am oberen Ende ass seine Pfarrköchin. Ein herrliches Bild - der in Würde residierende Pfarrherr, feinem Essen und Trinken wohl gewogen, und in gehöriger Distanz die Köchin.

Diese Reminiszenzen behalte ich in besonderer Erinnerung. Aber auch: die erfreuliche, gegenseitige Zusammenarbeit, seine wohltuende, lebensfreudige Persönlichkeit. Der grossgewachsene, imposante Mann verkörperte noch ein Pfarrerbild der damaligen Zeit und scheute sich auch nicht in ausserordentlichen Fällen, wenn seine Rhetorik nicht auszureichen schien, sich mit einer "Singälä" Nachachtung zu verschaffen. Bislang haben ich von damaligen Schülern noch nie gehört, dass man ihm dies nachgetragen hätte.

Nun ruhe er im Frieden. Näfels darf ihm über den Tod hinaus für seine Tätigkeit im Dienste der Jugend, der Pfarrei und der Arbeiterseelsorge dankbar sein.

 


 

 

 

                 Eidgenössischer 

               Dank-,

               Buss- 

               und

               Bettag

 

Als die Behörden noch Bettage anordneten...

oder

Seit wann gibt es den Eidgenössischen Dank-, Buss- und Bettag? (1)

 

Der für Brauchtum und Volkskunde aufgeschlossene Glarner Pfarrer Ernst Buss schrieb 1900 zum „Bettag“: „Der Bettag wurde 1649 nach Beendigung des Dreissigjährigen Krieges zum Dank für die Bewahrung während desselben wie für die endlich erlangte Anerkennung der nationalen Unabhängigkeit der Schweiz von der Tagsatzung beschlossen und 1650 zum ersten Mal gefeiert, jedoch unter Fernhaltung der Katholiken. 1795 und 96, als die Eid-genossenschaft von Krieg bedroht war, vereinigten sich sämtliche Kantone zu gemeinsa-mer Bettagsfeier, und von 1803 an wurde ohne Unterbrechung alljährlich ein Bettag ge-feiert, aber von den Katholischen an einem Sonntag, von den Reformierten am zweiten Donnerstag im September. Um diesem Zwiespalt eine Ende zu machen, wurde der Bettag 1832 durch die Tagsatzung in Luzern auf Antrag  der aargauischen Abgeordneten zum allgemeinen Dank-, Buss- und Bettag erhoben und auf den dritten Sonntag im September angesetzt. Im Kanton Glarus war er nicht in erster Linie als Busstag,  sondern als patrioti-scher Dank- und Freudentag mit grossen Gottesdiensten vor- und nachmittags begangen, doch ohne Nachfeiertag, wie die übrigen hohen Feste ihn haben, auch ohne vorbereitendes Abendmahl. Die Regierung erlässt darauf hin ein Mandat, das am Sonntag vorher von allen Kanzeln beider Konfessionen verlesen wird. Die Feststeuer des Tages wird reformierter-seits dem protestantisch-kirchlichen Hülfsverein, resp. den Protestanten in der Diaspora zugewendet.“

 

Jakob Winteler hat in seiner „Geschichte des Landes Glarus“ (1954) festgehalten, „der Bet-tag“ sei „... 1639 durch einen Beschluss der evangelischen Orte eingeführt und nach einem ebensolchen der gemeinen Tagsatzung 1796  zu einem allgemeinen eidgenössischen Bet-tag erweitert“ worden. „... Auch die katholischen Orte  ordneten seit 1643 jeweils Bettage an, die evangelischerseits vereinzelt schon von 1572 an gefeiert wurden...“

 

Der Kirchenhistoriker Victor Conzemius hat beide zitierten Autoren überholt und im histori-schen „Historischen Lexikon der Schweiz“ aktualisiert. Danach hätten Buss- und Bettage ihren Ursprung im alten Judentum. In Notzeiten des Spätmittelalters hätte die Tagsatzung Buss- und Danktage angeordnet. Die Tradition des „Grossen Gebets der Eidgenossen“ sei erstmals 1517 schriftlich überliefert. Pioniere waren die reformierten eidgenössischen Orte. Sie  legten bei Pest oder Teuerung wöchentlich oder monatlich Buss- und Bettage fest, so Basel 1541, Zürich 1571, Bern 1577.  Später kamen Fastenübungen und Bettagskollekten für notleidende Glaubensgenossen hinzu wie etwa 1655 zu Gunsten der Waldenser.

 

Der erste gemeinsame Dank- und Bettag der reformierten Kantone fand 1619 statt, nach-dem die Synode von Dordrecht für die Einheit der Reformierten erfolgreich ausgegangen war.  Weil die Schweiz vom Dreissigjährigen Krieg verschont geblieben war, beschloss die evangelische Tagsatzung 1639 einen jährlich wiederkehrenden Bettag. Vier Jahre später, 1643, zogen die katholischen Kantone nach, behielten sich aber das Datum vor des Betta-ges vor.

 

Im Juli 1796 folgte die gemeineidgenössische Tagsatzung (beide Konfessionen) dem An-trag der Berner, wegen der drohenden Revolution, den Bettag am 8. September 1796 erst-mals als allgemeine eidgenössische Festfeier durchzuführen (andere Quellen datierten dies auf den 17. September 1797).

 

Der Bettag überdauerte die Helvetik, Mediation und Restauration. Auf Antrag der Aargauer beschloss die Tagsatzung am 1. August 1832, den Bettag in allen Kantonen jeweils am drit-ten Sonntag im September einzuhalten. Die Graubündner hielten sich nicht daran und feier-ten bis 1848 jeweils am zweiten Donnerstag im November. Die Genfer feiern bis heute ihren Bettag als arbeitsfreien Feiertag jeweils am Donnerstag nach dem zweiten Novem-bersonntag. Bis 2000 waren in Zürich Schützenanlässe, Sport- und Tanzveranstaltungen verboten, Museen und Kinos geschlossen.

 

Auch im neuen Bundesstaates 1848 war der Bettag Sache der Kantone, d.h. der  evangeli-schen Obrigkeit oder der katholischen Bistümer. Das Bundesgesetz berücksichtigte früher einzig im „Geschäftsverkehrsgesetz“ den Beginn der Herbstsession am Bettag. (Doch diese Regelung scheint auch Vergangenheit, denn dieses Jahr  begann die Session bereits letz-ten Montag.)

 

Die Politnähe des Bettages zeigt sich in den Bettagsmandaten, erstmals in Bern 1832. Sol-che wurden jeweils von den Kantonsregierungen erlassen. Sie gingen aus  religiöser Sicht auf aktuelle geistige, sittliche, aber auch politische, wirtschaftliche und soziale Themen ein, Bekannt sind die Bettagsmandate von Gottfried Keller. Er verfasste sie als Zürcher Staats-schreiber von 1863-72. Ausgangs des 19. Jahrhunderts wurden diese Mandate nach und nach durch kirchliche Texte ersetzt. Der Kanton Glarus liess früher, wie bei Pfarrer Buss erwähnt, das regierungsrätliche Bettagsmandat in den Kirchen verlesen. Heute wird es im Amtsblatt publiziert. Es ist zwar vom Landammann, heuer erstmals von einer Frau Land-ammann, und vom Ratsschreiber unterzeichnet, wird aber jeweils von beigezogenen Geist-lichen beider Konfessionen erstellt. Nach Walter Heim „Volksbrauch im Kirchenjahr“ erlas-sen „nur noch die Regierungen von Baselland, Glarus, Graubünden und Waadt solche Mandate“. In den übrigen Ständen sei es Sache der Kirchen geworden.

 

1886 erliessen die katholischen Schweizer Bischöfe eine Bettagsordnung als Hirtenbrief.  Sie lassen ihr eigenes Mandat jeweils auf den Kanzeln verlesen. Seit dem Zweiten Vatika-nischen Konzil wird der Bettag als ökumenisches Fest gefeiert, mit besonderem Engage-ment der Arbeitsgemeinschaft christlicher Kirchen. Da und dort finden interreligiöse Feiern statt. Traditionell wurde eine „Bettagskollekte“ der Kirchen für meist soziale Zwecke.

 

Die seit den fünfziger Jahren des letzten Jahrhunderts immer wieder entfachte Diskussion, um einen „Autofreien Bettag“ wurde 1979 vom Nationalrat beschlossen, aber vom Stände-rat gebodigt. Wieder diskutiert wurde der autofreie Bettag als Alternative zur Initiative  vier autofreie Sonntage, letztere ging aber am 17. Mai 2003 mit 63 % Neinstimmen Bach ab.

 

Der politische Bettag ist immer mehr den Kirchen überlassen worden. Eine vor einem Jahr eingereichte Motion von 43 Parlamentariern zur Erneuerung des Bettags, fand im Berner Grossrat keine Gnade. Sie wurde im Sinn des Regierungsrates abgelehnt mit der Begrün-dung,  „es sei an den Landeskirchen, sich um die inhaltliche Gestaltung des Feiertages zu kümmern. Der Staat habe sich im Licht der Glaubens- und Gewissensfreiheit zurückzu-halten.“ - Neueres Brauchtum ist der Bettagsritt in Einsiedeln. Jeweils um 10 Uhr findet sich eine Hundertschaft von Pferden auf dem Klosterplatz  ein.                                                     Bis bald! Ihr Pankraz F..

 

 

 (1) Überarbeitete Fassung meiner Kolumne im "Fridolin" vom 18. September 2008

 

       https://krj.ch/events/oekumenischer-gottesdienst-zum-eidg-dank-buss-und-bettag/

 


P. Othmar Lusternberger OSB

Kloster Einsiedeln

Wallfahrtspater und Informationsbeauftragter

1932-2016

 

 

Persönlich habe ich Pater Othmar, unter Freunden "POL" genannt (Abkürzung von Pater Othmar Lustenberger), seit meinen Einsiedler Jahren in bester Erinnerung. Er war als Wall-fahrtspater das Aushängeschild des Klosters Einsiedeln und bleibt akustisch wegen seiner metallenen Stimme, meist verstärkt durch das Mikrophon auf dem Klosterplatz vor grossen Menschenmengen, unverwechselbar präsent.

 

2006 war er Festprediger am traditionellen "Schnäggä-Ässä" am Hochfest Maria Empfängnis im Franziskanerkloster Näfels. (Festprediger in Näfels waren auch seine Konfratres  P. Remigius Lacher (1998), und  P. Maurus Burkard (2003).

 

Unvergesslich bleibt die Zusammenarbeit mit P. Othmar Lustenberger anlässlich der Welt-theatersaison 1981. Damals erklärte ich kühn den 4. Juni zum "Glarner Welttheatertag"

und brachte 360 Glarnerinnen und Glarner mit einem Extrazug ins Klosterdorf. Dank der wohlwollenden Unterstützung von "POL" durften die Glarner Tambouren, damals unter Lei-tung von Josef Hauser-Klein, vor Beginn der Welttheateraufführung auf der grossen Bühne auf dem Klosterplatz bei herrlichstem Sommerabendwetter auftreten. Durch die Vermittlung von "POL" fand nach der Aufführung im "Hotel St. Georg" beim Schlummertrunk eine Begegnung mit den Schauspielern statt.

 

In Aktion trat "POL" auch bei den jährlichen Glarner Landeswallfahrten und bleibt in dieser Rolle vielen Glarnerinnen und Glarnern in Erinnerung.

In lieber Freundschaft und Dankbarkeit sei ihm hier ein spezielles "Dies+Das" gewidmet.

Mit freundlicher Erlaubnis sind im Folgenden aus dem Abschiedsgottesdienst der Lebenslauf und die Predigt festgehalten.

 

 

Lebenslauf

vorgetragen von

P. Cyrill Bürgi, OSB,

Stiftsdekan, Kloster Einsiedeln

Hauptzelebrant des Abschiedsgottesdienstes

am 15. September 2016

 

Liebe Verwandten und Bekannten von P. Othmar

liebe Mitbrüder

liebe Mitglieder des Sakristanenverbandes und der Sakristanenschule, des Einsiedler Tourismus und der Welttheater-Gesellschaft

liebe Medienschaffende

liebe Schülerinnen und Schüler der Stiftsschule

liebe Trauergemeinde

 

Zum Beerdigungsgottesdienst von P. Othmar Lustenberger heisse ich Sie alle herzlich willkommen. Wir danken Ihnen für Ihr Mitbeten und für alle Zeichen der Anteilnahme und sprechen unsererseits den Angehörigen von P. Othmar unser echtes Beileid aus.

 

Mit dieser Begrüssung kommt schon das grosse Wirkungsfeld unseres lieben Verstorbenen zum Ausdruck. Doch gehen wir an den Anfang zurück.

 

Am Mittwoch in der Osterwoche, am 29. März 1932, wurde P. Othmar den Eltern Anton Lustenberger und Anna Meier geboren und zwei Tage später in der Pfarrkirche zu Grosswangen mit dem Namen Josef Eduard getauft. Er war das vierte von sechs Kindern. Nach dem Besuch der Primar- und Sekundarschule in Grosswangen hatte er das Glück, die Stiftsschule Einsiedeln zu besuchen und dort die Maturaprüfung abzulegen. Es wird erzählt, dass er als Stiftsschüler ein sportlicher Mann und ein ausserordentlich schneller Läufer war. Im Herbst 1953 begann er das Studium an der Theologischen Fakultät in Luzern und wohnte im Priesterseminar St. Beat. Doch schon nach einem Jahr zog es Josef zurück ins Kloster Einsiedeln und er begann 1954 das Noviziat. Als junger Frater fuhr er mit dem Studium an der eigenen Theologischen Hausschule fort. An Allerheiligen 1955 legte er mit dem Namen Othmar seine Einfache Profess ab und bekräftigte diese drei Jahre später mit der Feierlichen Profess. Abt Benno schickte ihn gleich anschliessend zum Philo-sophiestudium nach Sant’Anselmo in Rom und nach dem Lizentiat nach Salzburg. Nach seiner Rückkehr dozierte er elf Jahre Philosophie an unserer Theologischen Hausschule und unterrichtete dazu auch Latein und Geschichte in den unteren Klassen der Stiftsschule.

 

Das Lehrersein an der Stiftsschule tauschte er nach vier Schuljahren mit einer Aufgabe, die ihn bis ins neue Jahrtausend beschäftigen sollte. Er übernahm die Leitung des Wall-fahrtsbüros. 36 Jahre prägte er das Bild unseres Wallfahrtsortes. Er bemühte sich um den aktiven Einbezug der Gastbetriebe im Dorf und den persönlichen Austausch mit den Pil-gern. Eine Einrichtung, die auf ihn zurückgeht und die wir heute noch weiterführen, ist die tägiche eucharistische Anbetung in der Unterkirche.

 

Im Zusammenhang mit der Wallfahrt stellte er sich dem Verkehrsverein Einsiedeln als Vorstandsmitglied und einige Jahre auch als Vizepräsident zur Verfügung. Von 1975 an nahm er 20 Jahre lang Einsitz in die Kommission der Schweizerischen Bischofskonferenz für „Kirche im Tourismus“. Am 9. September 1977 – seinem späteren Todesdatum – wurde er in den Vorstand der Welttheater-Gesellschaft berufen. In fünf Spielperioden und unter vier Präsidenten war er der Verbindungsmann zwischen Kloster und dem Welttheater. 2008 durfte er diese Aufgabe an seinen Nachfolger weitergeben. Für seine 31jährige Tätigkeit wurde er zum Ehrenmitglied der Welttheater Gesellschaft Einsiedeln ernannt.

 

Im selben September 1977 wurde P. Othmar vom Zentralvorstand des Sakristanen-verbandes zum Leiter der Schweizerischen Sakristanenschule gewählt. In dieser Funktion übernahm er auch die Redaktion der Verbandszeitschrift „Der Sakristan“. Damals wurde die Sakristanenschule von der Schwägalp nach Einsiedeln verlegt, zuerst ins Hotel Kolping, dann ins Hotel Schiff. Die ersten Kurse unter der Leitung von P. Othmar fanden dann 1978 statt, die letzten im Wintersemester 1999/2000. Anfang der Neunziger Jahre war er auch Mitglied der Prüfungskommission für Hauswarte. Diese Tätigkeit machte ihn unter den Sakristaninnen und Sakristanen in der ganzen Schweiz bis heute recht bekannt.

 

Das Jahr 1977 schien es in sich zu haben. Denn in diesem Jahr übernahm er noch eine dritte Aufgabe, die er für Jahre hinaus erfüllte. Ab Georg ernannte ihn damals zum Infor-mationsbeauftragten des Klosters Einsiedeln. In seine Zeit fiel der Besuch heiligen Papstes Johannes Paul II. Dieser Juni 1984 war für ihn ein Highlight, von dem er später gerne er-zählte.

 

Sein Tätigkeitsfeld in der Wallfahrt weckte ihm ein grosses Interesse an der Geschichte und Verbreitung des Gnadenbildes Unserer Lieben Frau von Einsiedeln. Er unternahm hierfür viele Reisen und legte ein grosses schriftliches Inventar über die Verbreitung der Statue der Schwarzen Madonna an. Die letzten Jahre seines geistigen Schaffens widmete er der Erarbeitung eines Buches über dieses Thema. Leider konnte er diese Arbeit nicht mehr zu Ende führen. Sein Geist verdunkelte sich mehr und mehr, so dass er in seinen letzten Le-bensjahren unter zunehmender Altersdemenz litt. Auch wenn ihm diese geistige Umne-belung zu Beginn sehr zu schaffen machte, erleichterte ihm die gute und liebevolle Pflege durch unsere Krankenschwestern dieses Schicksal. Dafür sei ihnen herzlich gedankt.

 

P. Othmar war charakterlich nicht immer ein einfacher Mann. Doch wir vertrauen darauf, dass ihn die Muttergottes, für die er am Wallfahrtsort in Einsiedeln so viel Gutes getan hat, an der Hand nimmt und zu Jesus führt. Sein Leben wollen wir nun der Barmherzigkeit Gottes anempfehlen, dass er ihn in seiner Liebe vollende.

Im Kyrie-Gesang des Chores rufen wir auch das Erbarmen für uns herab.

 

 

 

 

 

 

Predigt

im Abschiedsgottesdienst vom 15. September 2016

gehalten von

P. Dr. Lorenz Moser

 

 

 

Liebe Trauergemeinde

 

Es gibt nur wenige Gelegenheiten, da wir uns das Leben eines Mitmenschen so umfassend vor Augen stellen, wie wenn er gestorben ist und wir von ihm Abschied nehmen.

 

So sind uns im Lebenslauf zu Beginn dieses Gottesdienstes die äusseren Stationen des Lebens von P. Othmar in Erinnerung gerufen worden, und wir alle haben dieses Gerüst mit unseren persönlichen Erinnerungen ausgefüllt: die Verwandten auf Ihre Weise, anders jene, die ihn im Zusammenhang mit der Wallfahrt, der Sakristanenausbildung oder dem Welt-theater gekannt haben, wieder anders wir Mitbrüder, die das Leben mit ihm innerhalb der Klostermauern geteilt haben. Sehr individuelle Bilder, die wir hier nicht alle zur Sprache bringen können, aber P. Othmar steht in Gedanken vor unseren Augen.

 

Abschied am Grab: da blicken wir nicht nur zurück, da beschäftigt uns auch in besonderer Weise jene andere Frage: was wird nachher sein?

 

Wenn wir die hl. Schrift befragen, erhalten wir sehr verschiedene Antworten, trostvoll die einen, bedrohlich und beängstigend die andern, alles Hinweise darauf, wie es einmal sein könnte, aber es bleibt dabei: niemand weiss so genau, was nach dem Tod auf ihn zu-kommt.

 

Für uns als gläubige Christen ist eines klar: wir werden mit ihm , Christus, auferstehen, wir sind zum ewigen Leben berufen;  "ich glaube an die Auferstehung der Toten und das ewige Leben", beten wir jeweils im christlichen Glaubensbekenntnis.

 

Um es etwas konkreter werden zu lassen, möchte ich kurz auf die beiden gehörten Lesungen eingehen:(1)

 

Im Lukasevangelium sagt Jesus: "bei Euch sind sogar die Haare auf dem Kopf alle ge-zählt". Ein wunderbares, eindrückliches Bild dafür, dass alle Einzelheiten unseres Lebens vor Gott ihr Gewicht und ihre Bedeutung haben, da ist nichts verloren. Also auch die dunk-len Seiten nicht? Ja, auch diese Seiten können wir vor Gott nicht verbergen, wir können unsere Schuld nicht ungeschehen machen, auch sie ist und bleibt ein Bestandteil unseres Lebens; wir stehen wirklich mit allen Fasern unseres Lebens vor Gott, dem Richter, der offenbar die Schafe von den Böcken trennt und die einen in die ewige Herrlichkeit einladen und die andern in das ewige Feuer verbannen wird. Das ist eine jener beängstigenden Stel-len, doch auch diese Erzählung will nicht drohen, sondern in erster Linie zeigen, dass Gott uns in allem ernst nimmt.

 

Doch zurück zum Evangelium; da heisst es weiter: „ich sage euch: Wer sich vor den Men-schen zu mir bekennt, zu dem wird sich auch der Menschensohn vor den Engeln Gottes bekennen“. 

 

Als Priester und Ordensmann hat sich P. Othmar zu Christus bekannt, und das gleiche gilt für uns alle als Christen: da brauchen wir keine Angst zu haben: der Menschen-sohn wird sich vor den Engeln zu uns bekennen.

 

 

Das ist die grundsätzliche, tröstende Aussage des Evangeliums: wenn er sich schon um die Spatzen sorgt, wie viel mehr dann um uns, da wir ja viel mehr wert sind als ein Spatz.

 

Während das Evangelium gleichsam die persönliche, individuelle Seite des ewigen Lebens zur Sprache bringt und hier Hoffnung und Zuversicht schenkt, öffnet die Lesung aus der Offenbarung einen ganz anderen Blick auf unsere Vollendung: „ich sah - heisst es da - eine grosse Schar aus allen Nationen und Stämmen, Völkern und Sprachen; niemand konnte sie zählen“. Und weiter: „sie warfen sich vor dem Thron nieder, beteten Gott an und sprachen: Amen, Lob und Herrlichkeit, Weisheit und Dank, Ehre und Macht und Stärke unserem Gott in alle Ewigkeit“. Mir kommt diese Stelle vor wie die ideale, vollendete Form unseres Chorgebetes, wo es ja auch um das Gotteslob geht.

 

In dieser grossen Schar ist keiner mehr als einzelner zu erkennen, hier sind alle Unter-schiede verschwunden, verschwunden sind auch Neid, Missgunst, Frustration; Sympathie und Antipathie spielen keine Rolle mehr; auch keine Spannung mehr zwischen verschiede-nen Rassen und Nationen - das Ausländerproblem ist ein für alle Mal gelöst. Da wird Gott alles in allem sein.

 

So also könnte unsere Zukunft nach dem Tode aussehen: Von Gott bejaht und bis ins Letz-te ernst genommen und befreit von allen zwischenmenschlichen Spannungen; im wahrsten Sinne des Wortes: „wunschlos glücklich!“

Amen.

P. Lorenz Moser 

 

(1) Anhang

 

Lesung aus der Offenbarung des Johannes (Offb 7,9-14)

Danach sah ich: eine große Schar aus allen Nationen und Stämmen, Völkern und Sprachen; niemand konnte sie zählen. Sie standen in weißen Gewändern vor dem Thron und vor dem Lamm und trugen Palmzweige in den Händen.

Sie riefen mit lauter Stimme: Die Rettung kommt von unserem Gott, der auf dem Thron sitzt, und von dem Lamm.

Und alle Engel standen rings um den Thron, um die Ältesten und die vier Lebewesen. Sie warfen sich vor dem Thron nieder, beteten Gott an und sprachen: Amen, Lob und Herrlichkeit, Weisheit und Dank, Ehre und Macht und Stärke unserem Gott in alle Ewigkeit. Amen.

Da fragte mich einer der Ältesten: Wer sind diese, die weiße Gewänder tragen, und woher sind sie gekommen?

Ich erwiderte ihm: Mein Herr, das musst du wissen. Und er sagte zu mir: Es sind die, die aus der großen Bedrängnis kommen; sie haben ihre Gewänder gewaschen und im Blut des Lammes weiß gemacht.

Deshalb stehen sie vor dem Thron Gottes und dienen ihm bei Tag und Nacht in seinem Tempel; und der, der auf dem Thron sitzt, wird sein Zelt über ihnen aufschlagen.

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Evangelium, (Lk 12,4-8)

Aus dem hl. Evangelium nach Lukas

In jener Zeit sprach Jesus: Euch aber, meinen Freunden, sage ich: Fürchtet euch nicht vor denen, die den Leibe töten, euch aber sonst nichts tun können. Ich will euch zeigen, wen ihr fürchten sollt: Fürchtet euch vor dem, der nicht nur töten kann, sondern die Macht hat, euch auch noch in die Hölle zu werfen. Ja, das sage ich euch: Ihn sollt ihr fürchten. Verkauft man nicht fünf Spatzen für ein paar Pfennig? Und doch vergisst Gott nicht einen von ihnen. Bei euch aber sind sogar die Haare auf dem Kopf gezählt. Fürchtet euch nicht! Ihr seid mehr wert als viele Spatzen.

Ich sage euch: Wer sich vor den Menschen zu mir bekennt, zu dem wird sich auch der Menschensohn vor den Engeln Gottes bekennen.

 


"Sei ein Freund der Schwachen und liebe die Gerechtigkeit"

Friedrich Schiller "Lebensregeln"

Dr. Peter Balmer

Verwaltungsgerichtspräsident des Kantons Glarus

*22. Oktob er 1946  +14. August 2016

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ln memoriam

 

Dr. Peter Balmer

Verwaltungsgerichtspräsident 1987-2011

 

Die meisten Mitlandleute waren bestürzt über die unerwartete Kunde vom Tod des langjäh-

rigen Präsidenten des ersten Glarnerischen Verwaltungsgerichts. Dabei waren Peter Balmer und seine Familie schon seit Ostern 2016 mit der Diagnose seiner unheilbaren Krankheit konfrontiert. Er durchlitt die schmerzvolle Zeit bis zu seinem Tod mit Tapferkeit und Langmut und nutzte sie, seinen Abschied bis ins letzte Detail selber zu regeln.

 

Am 14. August 2016 wurde ihm der Tod zum Freund und Erlöser.

 

Die Abdankungsfeier im Krematorium Rüti ZH mit vielen angereisten Glarnerinnen und Glarnern gestaltete Pfarrerin Claudia Rüegg sehr einfühlsam und verinnerlicht. Sohn Roberto trug den von Peter Balmer selber verfassten schlichten Lebenslauf vor, Tochter Susanne ergänzte mit persönlichen Erinnerungen. Sein Jugendfreund und Studienkollege Dr. med. Franz Furrer erinnerte an gemeinsame schöne Jugendjahre. Die umrahmenden Orgelstücke des Engadiner Komponisten Otto Barblan (1860-1943) hatte der Verstorbene noch selber angeordnet. Sie wurden meisterhaft gespielt vom bekannten Richterswiler Organisten Andreas Zwingli.

 

Peter Balmer war am 22. Oktober 1946 als älterer von zwei Söhnen von Adolf und Ros-

marie Balmer-Beglinger in Bern geboren. Als der Vater in Luzern ein eigenes Unternehmen

aufbauen konnte, zog die Familie nach. Nach dem Besuch der Volks- und Kantonsschule, der Rekruten- und Unteroffiziersschule studierte er an der Universität Bern Jurisprudenz und legte 1973 das Lizenziats-Examen ab. 1976 doktorierte er mit der Dissertation

„Die Richtpläne nach dem bernischen Baugesetz vom 7.Juni 1970“. Ein Jahr später folgte das Rechtsanwalts-Examen vor dem Luzerner Obergericht.

 

ln Mariangela Tenchio aus Chur, die am Kantonsspital Luzern als Krankenschwester tätig war, lernte er seine zukünftige Ehefrau kennen und lieben. Sie heirateten am 15. April 1978 in Werthenstein und erlebten eine traumhafte Hochzeitfeier im Hotel Schweizerhof in Luzern.

 

1979 und 1982, bereits in Glarus, wurden Roberto und Susanne geboren. Denn Peter Balmer hatte 1978 eine selbständige Tätigkeit als Anwalt und Urkundsperson in Glarus aufgenommen und war im Advokaturbüro seines Onkels Waldemar Kubli tätig.

 

Die Landgemeinde 1987 wählte ihn als inoffiziellen „wilden“ Kandidaten für das Präsidium des neu geschaffenen kantonalen Verwaltungsgerichts aus fünf Kandidaten. Er übte das Amt als erster Präsident des Glarner Verwaltungsgerichts von 1987 bis zur Pensionierung Ende 2011 mit Herzblut und viel Engagement aus. „Die Richtertätigkeit hat mich mit viel Freude und Befriedigung erfüllt, auch wenn es immer wieder gegen Widerstände anzukämpfen galt.“ So schrieb er im Lebenslauf. Wegen seines mutigen Kampfes für die Unabhängigkeit der Judikative und seines hohen Gerechtigkeitssinnes war Peter Balmer bei Land und Volk hochgeachtet. Bei seinem Rücktritt attestierte ihm die Regierung: „Peter Balmer war in der glarnerischen Verwaltungsgerichtsbarkeit der Mann der ersten Stunde: Er wurde 1987 als erster Verwaltungsgerichtspräsident überhaupt gewählt und war mass-geblich am Aufbau dieser für den Kanton und seiner Bürger wichtigen, verwaltungsunab-hängigen Beschwerdeinstanz beteiligt. Seither amtete er ununterbrochen als gründlicher und sachkundiger Präsident des Verwaltungsgerichtes. Er setzte sich immer für eine unab-hängige Verwaltungsrechtssprechung ein und engagierte sich für die Fortentwicklung des kantonalen Verwaltungsrechts...“.

 

Ab 1991 lebte er mit seiner Familie im Eigenheim in Luchsingen. „Es sollten über 26 Jahre werden, die längste Zeit, die ich je an einem Ort verbrachte. Wir haben glückliche Zeiten und viel Schönes erlebt; es gab aber auch schlechtere und belastende Ereignisse, die uns zu schaffen machten.“

 

Die Kinder wurden grösser, Sohn Roberto studierte in Lausanne, London und Rom Volks.

wirt schaft und schloss mit dem "PhD" (Doktor in seinem Fachbereich) ab. Tochter

Susanne absolvierte nach der Malerlehre und nach über einjährigem Sozialeinsatz in Peru und Brasilien berufsbegleitend eine Zweitausbildung als Kinderbetreuerin. Verheiratet mit Stefan Spörri gebar sie Tochter Gianna und die Söhne Dario und Numa. Diese waren für die Grosseltern stets und vor allem im Pensionsalter immer eine besondere Freude.

 

Wegen seines feinen Umgangs und seiner lantlichen Art war Peter Balmer wohlgelitten und gefragt. Er wurde bereits 1981 in den TCS-Glarus-Vorstand berufen und war dessen Mitglied bis 1999, einige Jahre auch als Rechtskonsulent. 1993 war er Mitbegründer und mehrere Jahre Vorstandsmitglied der überparteilichen Glarnerischen Staatsbürgerlichen Gesellschaft. 1995 wurde er als Vizepräsident in den Feuerbestattungsverein Glarus ge-wählt, ab 1991-2011 war er Präsident, als Beisitzer blieb er bis zu seinem Tod. Viele Jahre diente er auch als Stiftungsrat des Krematoriums Rüti ZH und war massgeblich an der umfassenden lnnenrenovation und dem Erwerb einer neuen Orgel beteiligt. Geselligkeit und Kameradschaft pflegte er bis 2014 im Montags-Kegelclub im „National“ Näfels. Er war auch Mitglied der renommierten Casino Gesellschaft des Hauptortes.

 

Peter Balmer überzeugte durch seine Redlichkeit, Gradlinigkeit und ausgesprochene Höf-

lichkeit. Beruflich war er gründlich, präzis und nachhaltig. Seine Unbestechlichkeit und Standhaftigkeit gegenüber Druckversuchen aus Politik und Wirtschaft waren unverkennbar und forderten ihn bis auf die Substanz. Ausgleich gaben ihm seine fröhliche Natur und seine Gemütlichkeit im Kreise der Familie, von Freunden und Kameraden. lnnere Stärke und wohlfeiler Anstand gestatteten ihm, bescheiden, zurückhaltend und schlicht aufzu-treten.

 

Eigentlich fasst der Sinnspruch in der Todesanzeige sein Leben und Lebenswerk trefflich zusammen: „Sei ein Freund der Schwachen und liebe die Gerechtigkeit.“

 

Sein tapferer Weg bis zum Tod ist Vorbild. Seine Botschaft an die Nachwelt ist der Wunsch, Gerechtigkeit zu pflegen und weiterzutragen. Wie ein letzter Gruss war der Sonnenstrahl in der Kapelle, der direkt auf die Urne traf.                                                        Fridli Osterhazy

 

 

 


 

Donnerstag, 14. September 2016

 

Limmern- und Muttseewasser – Energiepotential der Zukunft

oder

Jahrhundertbauwerk am 9.9.2016 eingeweiht

 

Normalsterbliche haben von ferne in den letzten zehn Jahren wahrgenommen, dass da etwas Grosses im Tun sei. 2,1 Milliarden (lies: 2100‘000‘000 Franken) wurden investiert. (Das entspricht meiner AHV-Rente für 74469 Jahre und 31 Tage. Oder 1050 Jahressaläre für einen Glarner Gemeindepräsidenten, das heisst ab heute bis ins Jahr 3066.)

 

Die AXPO, ursprünglich die NOK (Nordostschweizerische Kraftwerke AG, Baden, die 1914 gründet worden waren, heissen seit 2001 Axpo Holding AG, auch in Baden. Ab 2009 verschwindet der Name NOK.

Heutige Zusammensetzung:

 

AXPO Holding AG                                   in %                in Mio Franken

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Kanton Zürich                                              18,342            67,0

Elektrizitätswerke Kanton Zürich                 18,410            68,1

Kanton Aargau                                             13,975            51,7

AEW Energie AG                                         14,026            51,0

St. Gallisch-Appenzellische Kraftwerk AG   12,501            46.3

Elektritzätswerke Kanton Thurgau AG         12,251            45,3

Kanton Schaffhauser                                    7,875              29,1

Kanton Glarus                                              1,747              6,5

Kanton Zug                                                   0.873              3,2

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Total                                                             100                 370,0     

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Aus den Medien wurde man immer wieder über das Vorhaben, die Entscheide und den Bauverlauf informiert. Informativ waren die in alle Haushalte verteilte Informationsblätter der AXPO selber. Hautnah sah man die gewaltigen Laster mit Polizeibegleitung und mächtigen Bauteilen durch unsere Strassen taleinwärts zwängen. Gelegentlich hörte man von inter-essanten Führungen auf der Baustelle durch ehemalige EW-Leiter oder Elektro-Fachlehrer. Aber sonst war für die meisten Menschen der „Jahrhundertbau“ weit vom Schuss.

 

(Siehe Grafik am Ende des Textes)

 

Eine Grafik, die erklärt, was da abseits entstehen sollte, ist die folgende:

 

Mit der Verbindung von  Limmernsee und Muttsee sollten die Wasser unserer Berge besser genutzt werden, durch ein sogenanntes Pumpspeicherwerk, weshalb sich die Abkürzung PSW Limmer bereits eingebürgert hat. Quelle: www.raonline.ch/pages/edu/nw/power01a4a107.html

 

"Linthal 2015" , so der Kurzname des Mammutvorhabends, ist ein unterirdisch angelegtes

Pumpspeicherwerk. Dabei wird Wasser aus dem Limmernsee in den gut 600 Meter höher gelegenen Muttwee hoch gepumpt und bei Bedarf wieder zur Stromproduktion genutzt. Das neue Werk soll eine Pump- und Turbinenleistung von je 1000m MW aufweisen. Damit wird sich die Leistung der Kraftwerke Linth-Limmern von bisher rund 480 MW auf 1480 MW er-höhen. Für die Realisierung wurde mit einer Bauzeit von etwa sieben Jahren gerechnet.

Während der Bauzeit werden bis zu 500 Personen auf den verschiedenen Bauplätzen tätig sein.

Das Vorhaben bedingte eine vorzeitige Neu-Konzessionierung der Kraftwerke. Im Sep-tember 2009 haben die zuständigen Organe die Ausführung von "Linthal 2015" beschlossen. 

 

Am 9. September 2016 wurde die Gewalts-Staumauer von 1054 Metern Länge, die längste der Schweiz, feierlich eingeweiht, bei prächtigem Wetter und im Beisein von 130  Politik-vertretern und am Bau Beteiligten.  Es ist  die höchstgelegene Staumauer Europas nd der höchst gelegene Stausee.

 

Bereits Ende August 2016 wurde der Sicherheitsnachweis für die "Schwergewichtsstau-mauer" des neuen Pumpspeicherwerks auf der Muttenalp erbracht. Zum erstem Mal aufgestaut worden ist der (neue) Muttsee im Juli 2016.

 

Zur Vorgeschichte: Mit der Konzessionserteilung im Jahre 1957 wurde mit dem Bau der Bogenstaumauer Limmeren begonnen, die 1963 fertiggestellt wurde und den 92 Mio. m³ fassenden Limmernsee aufstaut. 

 

Der Limmernboden ist ein verkehrsmässig schwer zugänglich. Mit einer Strasse erschlos-sen ist im Tal das Tierfehd. Von dort aus wurde eine Seilbahn zum Transport der Bauma-terialien Zement, Eisen etc., Maschinen, Fahrzeuge u.a.m. gebaut. Sie hatte eine Tragkraft von 18 Tonnen. Eine dieser drei Transport-Luftseilbahnen besteht heute noch und führt Kraftwerksbesucher zur Staumauer. Oberhalb des Limmerensees wurde der 9 Mio. m³ fassende  Muttsee durch die Aufschüttung eines Erddamms errichtet. Genutzt wird das Wasser der 1968 vollständig fertiggestellten Anlagen im Kavernenkraftwerk Muttsee (zwischen Muttsee und Limmerensee), dem Kavernenkraftwerk Tierfehd (zwischen Limmerensee und Ausgleichsbecken Tierfehd) und dem Kraftwerk Linthal (zwischen Tierfehd und Ausgleichsbecken Linthal).

 

Die Kraftwerke Linth-Limmern AG ist eine Kraftwerkgesellschaft in Linthal .Einer der wichtigsten Wirtschaftszweige von Linthal ist neben dem Tourismus die Elektrizitätsproduktion aus Wasserkraft. Die dazu gegründete und am 25. Juni 1957 im Glarner Handelsregister eingetragene Kraftwerke Linth-Limmern AG (KLL) hat ihren Sitz und ihre Werksanlagen in Linthal. An der KLL beteiligt sind zu 85 % die AXPO AG und zu 15 % der Kanton Glarus.

 

Ausbauvorhaben in der Rückschau:

Für den Muttsee ist eine neue Schwergewichtsstaumauer geplant. Die 1 km lange Stau-mauer ermöglicht das Speichervolumen des Muttsees von einst 9 Mio. auf 23 Mio. m3 zu vergrössern. Die natürliche Seehöhe von 2'446 m ü. M. wird auf eine Stauhöhe von  2'474 m ü. M. erhöht. Das letzte Segment der Staumauer war im Oktober 2014 betoniert worden. Während 2015 erfolgte der Endausbau und die Flutung der Stollen. Im Sommer 2016 erfolgte der Erstaufstau und die Abnahme durch das Bundesamt für Energie. Ob sich das Pumpspeicherwerk aufgrund des veränderten Energiemarktes rentieren wird, ist unklar.

 

Das Pumpspeicherwerk Limmern (Kavernenzentrale): Am Fuss der Limmernstaumauer, auf etwa. 1'700 m ü. M., wird rund 600 m im Berginnern eine neue Kavernenzentrale

(50 Meter hoch, 150 lang!) für die vier Maschinengruppen entstehen. Zwei parallel geführte Druckleitungen werden den Muttsee mit der Zentrale und zwei rund 500 m lange Unter-wasserstollen die Zentrale mit dem Limmernsee verbinden. Der Zugang zur Kaverne wird vom Tierfehd aus über einen neuen, etwa 4 km langen Zugangsstollen sichergestellt, der mit einer Standseilbahn ausgerüstet wird.

  

Das Ausgleichsbecken Tierfehd: Das bestehende Ausgleichsbecken wird durch ein weiteres Becken nördlich des Betriebsgebäudes ergänzt. Die Speicherkapazität kann so um 350'000 auf ungefähr 560'000 m3 Wasser erweitert werden.

 

Der Netzanschluss: Die Leistungserhöhung, die mit dem Projekt «Linthal 2015» verbunden ist, bedingt den Anschluss der Anlagen an das schweizerische Höchstspannungsnetz. Es besteht eine 220-kV-Freileitung von Tierfehd in die Grynau bei Uznach. Für «Linthal 2015» wurde parallel zu dieser Leitung eine neue 380-kV-Freileitung von Tierfehd bis in den Raum Schwanden/Sool erstellt. Hier wurde sie an die bestehende 380-kV-Leitung vom Vorab angeschlossen. 

 

Die Energieverteilung: Die Axpo AG transportiert den KLL-Strom seit Jahrzehnten mit einer 220-kV-Leitung in ihre  Verteilstation Grynau bei Uznach.  Die deutlich erhöhte Stromproduktion ab 2015 bedingte den Anschluss ans Schweizer Höchstspan-nungsnetz. Die neue vorgenannte 380-kV-Leitung enthält 2 Wechselstromkreise - nach Tavanasa und Nürensdorf.

 

Zur Wasserkraft überhaupt: Die Schweiz ist das Wasserschloss Europas und nutzt diese natürliche Ressource intensiv zur Erzeugung von Strom. Wasserkraftwerke wandeln die potentielle Energie des Wassers in Strom um. Wasserkraft ist neben der Kernkraft die wichtigste Stromquelle der Schweiz. Axpo ist die grösste Schweizer Produzentin. Die Anlagen und Beteiligungen verteilen sich über die ganze Nordostschweiz und bis ins Wallis und die Südschweiz.

 

Durchschnittlich liefert die Wasserkraft mit rund 36 Terawattstunden pro Jahr mehr als die Hälfte des hierzulande produzierten Stroms. Ihre Vorteile sprechen für sich: Wasserkraft ist erneuerbar und im Betrieb CO2-frei. Sie ist günstig und die Technik ausgereift. Die Anlagen erreichen einen herausragend hohen Wirkungsgrad von bis zu 90 Prozent.Die Produktion erfolgt einerseits in Grosswasserkraftwerken, die durch ihre eindrücklichen Staudämme auffallen. Andererseits wird die Kraft des Wassers auch in Kleinwasserkraftwerken genutzt.

Der Betrieb der Wasserkraftwerke ist unterschiedlich: Man unterscheidet Laufwasserkraft-werke (Flusskraftwerke), Speicherwasserkraftwerke (Stauseen) und Pumpspeicherkraft-werke. Während die kleinen und grossen Laufwasserkraftwerke Bandenergie erzeugen, werden Speicherwasserkraftwerke und Pumpspeicherkraftwerke zugeschaltet, um Nachfragespitzen abzudecken. Im Gegensatz zu reinen Speicherkraftwerken können Pumpspeicherwerke nicht nur Spitzenenergie erzeugen, sondern auch Stromüberschüsse, die während Schwachlastzeiten anfallen, in wertvolle Spitzenenergie umwandeln. Sie pumpen zu diesem Zweck Wasser in den höher gelegenen Stausee zurück und nutzen es zu einem späteren Zeitpunkt erneut zur Stromproduktion. Die Pumpspeicherung ist eine bewährte Methode, um Angebot und Nachfrage in einem Stromnetz auf umweltfreundliche und wirtschaftliche Art auszugleichen.

 

Der Sinn von Pumpspeicherwerken ist wie folgt umschrieben:

Die Glarner Anlage werde künftig einen wichtigen Beitrag zur Netzstabilität und damit zur Versorgungssicherheit der Schweiz und Europas leisten, so die Axpo. Denn das Pump-speicherwerk könne wie eine Batterie innerhalb weniger Minuten sowohl grosse Mengen an Strom produzieren als auch allfällige Stromüberschüsse aufnehmen und für eine spätere Nutzung speichern. Solche Regelenergie sei durch die stark schwankende Produktion aus Wind- und Solarenergie vermehrt gefragt.

 

Die über einen Kilometer lange Staumauer steht auf 2500 Metern über Meer, wie die Bau-herrin, das Energieunternehmen Axpo, mitteilte. Die Muttsee-Staumauer ist ein zentrales Element des neuen Pumpspeicherkraftwerkes.

 

Axpo habe zusammen mit dem Kanton Glarus 2, 1 Milliarden Franken in die Anlage inves-tiert. Insgesamt waren weit über 3000 Arbeiter fünf Jahre lang im Hochgebirge draussen und im Untertagbau sowie im Tal in Tierfehd beschäftigt gewesen.

 

So wurden die vier je 330 Tonnen schweren Turbinenrotoren in der Maschinen-kaverne von der Herstellerin Alstom direkt in der Maschinenkaverne im Hochgebirge gefertigt. Mit ihrem Gewicht hätten sie nicht in die Höhe transportiert werden können.

 

Das unterirdisch angelegte Pumpspeicherwerk pumpt Wasser aus dem Limmernsee in den gut 600 Meter höher gelegenen Muttsee hoch. Bei Bedarf wird das Wasser wieder abgelassen und zur Stromproduktion genutzt. Die Anlage soll mit einer Pump- und Turbinenleistung von 1000 Megawatt einen wichtigen Beitrag zur Versorgungssicherheit in der Schweiz leisten, schreibt Axpo.

 

An der Einweihungsfeier im Hochgebirge auf der Muttenalp zeigte sich Axpo-Chef Andrew Walo stolz über die termin- und budgetgerechte Realisierung des Projekts. Das PSW Limmern sei für Axpo ein Jahrhundertbauwerk.

 

Allerdings fiel der Baubeschluss 2009 in einer Zeit, als der Strompreis hoch und die Ertragsaussichten für solche Kraftwerke gut waren. Mittlerweile sind die Marktbe-dingungen aber ganz anders und der Strompreis ist erodiert. In den nächsten Jahren werde es daher schwierig sein, die Vollkosten der Anlage zu decken, schreibt die Axpo, die 85 Prozent am Kraftwerk hält. von der Stromerzeugung auf das Hochpumpen von Wasser umgestellt werden. Diese steuerbare Leistung (Regelenergie) werde in Europa an Wert gewinnen, da die starke Zunahme der unbeständigen Energieproduktion mit Wind und Sonne zu Instabilitäten im Netz führe.

 

 

Auf lange Sicht werde das Energieunternehmen mit dem PSW Limmern aber einen Trumpf in der Hand haben. Die «hochflexible Anlage» könne innert Minuten mit zwei Maschinen- gruppen Strom produzieren. Die zwei weiteren Maschinengruppen sollen Mitte 2017 in Betrieb gehen.

 

Auf einem anderen Blatt steht die Diskussion um die Rentablität des gewaltigen Werks.

 

Hervorragende illustrative Kurzfilme der Axpo geben einen Einblick in das imposante Jahrhundertwerk, für uns Glarner ein kleines Weltwunder!

 

Nachdem ich die diversen Kurzfilme gesehen habe, bin ich überwältigt und nehme mir eine geführtem Besichtung an Ort und Stelle vor.

Bis bald! Ihr Pankraz F.

 

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Quellen:

Südostschweiz Glarus vom 10.9.2016

www.axpo.com/axpo/ch/de/about-us/production-facilities/hydro-energy/linthal.html

https://de.wikipedia.org/wiki/Kraftwerke_Linth-Limmern

http://www.axpo.com/axpo/ch/de/home.html

http://www.tageswoche.ch/de/2016_33/schweiz/726945/

 

Videos:

https://www.youtube.com/watch?v=qAFDT4NxBSQ, Dauer: 7‘56“

https://www.youtube.com/watch?v=HaRaHJqiTOU, Dauer: 7‘14“

https://www.youtube.com/watch?v=ML9KU0zW8QE, Dauer: 6‘44“

www.youtube.com/watch?v=kYL3xnWtFxA&list=PLE14ipIttXHVjtDVO6I1h7rd952FAVRHb, Dauer: 3‘34“

https://www.youtube.com/watch?v=FRg_BLjK9Mw&index=6&list=PLE14ipIttXHVjtDVO6I1h7rd952FAVRHb, Dauer: 5‘52“

 

 

 

 

 

aus dem neuesten

Newsletter der axpo

 

"Energiedialog aktuell"

 (info@axpo.com)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Mit der Verbindung von Limmernsee und Muttsee sollten die Wasser unserer Berge besser genutzt werden, durch ein sogenanntes Pumpspeicherwerk, weshalb sich die Abkürzung "PSW Limmern" bereits eingebürgert hat.

Quelle: www.raonline.ch/pages/edu/nw/power01a4a107.html


 

Wie die Glarner Pastete erfunden worden war…

...eine Geschichte

von

Fridolin Hauser  alias Fridli Osterhazy

 

Als der liebe Gott die Menschen erschaffen hatte, setzte er sich auf eine Wolke und schaute mit Wohlgefallen auf die Erde. Er freute sich über das gelungene Werk, die wun-derbare Erdkugel, die herrliche Natur mit Bergen, Wiesen und Wäldern, die vielfältigsten Tiere und als Krone der Schöpfung die Menschen als Mann und Frau.

 

Doch irgend etwas fehlte noch… Da fiel es ihm ein! Er schnalzte zwei-dreimal mit dem Daumen und Mittelfinger und flugs war aus der Engelküche eine himmlischer Zuckerbäcker da, verneigte sich und sprach: „Hier bin ich, Herr, warum hast du mich bestellt?“ Da sprach der liebe Gott: „Dem auserwählten Volk, den Juden, habe ich das Manna geschickt! Doch die Glarnerinnen und Glarnern im tiefen Tal der Linth, mit den hohen Bergen und Glet-schern habe ich vergessen. Lasst uns auch ihnen etwas schaffen, was niemand sonst auf der ganzen Erde hat: eine Glarnerpastete!“

 

Da fragte der himmlische Zuckerbäcker zurück: „Herr, wie soll die Glarnerpastete be-schaffen sein?“ Da antwortete der liebe Gott: „Sie soll aussehen wie die Berge und Hügel und weiss wie der ewige Schnee. Sie soll süss sein wie die Seligkeit des Himmels und sauer wie der Ernst des Lebens, und beides soll sich vertragen wie Ying und Yang. Und wer davon isst, soll in Verzückung geraten und nach dem Genuss dieser Leckerei froh-locken und lobsingen.“

 

Da begab sich der himmlische Zuckerbäcker wieder in die Engelsküche, nahm Mehl, Salz und Wasser und liess diese durch seine Backstubenengel wacker kneten bis ein mehr-lagiger Blätterteig bereit war. Dann liess er die Nudelhölzer holen, die aus dem gefällten Baum der Erkenntnis gedrechselt waren, da er ja im Garten Eden nicht mehr gebraucht wurde, seit Adam und Eva daraus vertrieben worden waren. Damit rollte er den mehr-lagigen Blätterteig solange, bis er eine ansehnliche Teigfläche erreicht hatte. Dann nahm er einen ausgedienten Heiligenschein und stach so den kreisrunden Pastetenboden aus.

 

Inzwischen hatten einige Backstuben-Engelchen ein feines Zwetschgenmus angerührt, an-dere eine marzipanähnliche Mandelmischung, deren Rezept bis heute streng geheim ge-blieben ist. Allerdings mussten sie dabei ständig Psalmen singen, damit der himmlische Zuckerbäcker es hörte und sie nicht ständig von der leckeren Paste schmausten. Die feinen Füllungen gab er je zur Hälfte in die Mitte des Pastetenbodens. Darüber stülpte er mit dem restlichen Teig einen Deckel, der aber in der Mitte ausgeschnitten war und so die Sicht auf die dunkle, fast schwarz scheinende Zwetschenmasse und die helle Mandelfüllung freigab. Schwupp, schob er das Ganze in den himmlischen Backofen, der von der Abwärme aus dem Fegerfeuer und der Hölle geheizt war.

 

Nach geraumer Zeit erfüllte ein wunderbarer Duft die himmlische Backstube, der Blätterteig ging auf und im richtigen Moment wurde die Pastete wieder aus dem Ofen geholt. Schliess-lich wurde diese mit schneeweissem Puderzucker bestäubt und sah aus wie die Glarner Berge beim ersten Schnee. Aus dem Rest des Blätterteigs wurden mit Heiligenscheinen von Kindern die kleineren Pastetchen-Böden herausgestochen und mit der übriggeblie-benen Füllung auf nämliche Weise kleine Pastetchen hergestellt.

 

Als der liebe Gott das Meisterstück himmlischer Zuckerbäckerei gekostet hatte, rief er aus: „Wow!“, und dadurch zuckte ein freudiger Blitz durch den Himmel mit anschliessendem Donnerrollen, das man bis in Glarnerland hörte. Und als die Glarnerinnen und Glarner ver-wundert zum Himmel blickten, sahen sie ein ganzes Geschwader von Engeln, die Pasteten und Pastetchen zur Erde flogen.

 

Die irdischen Zuckerbäcker waren so begeistert von dieser himmlischen Kreation, dass sie sie kopierten und damit weltberühmt wurden. Sie nannten sie „Glaarner Paschteetä“ und die kleinen „Paschteetä-Beggäli“, und in Zeiten der Hungersnot ersetzten sie die Füllung mit Äpfeln, weshalb man sie gelegentlich auch „Öpfel-Beggäli“ nennt. Seither wurden Millionen und Abermillionen von Glarner Pasteten und Pastetchen produziert und aufge-gessen. Denn in der Tat, sind sie ein Meisterstück, das Saure (Zwetschgen) und das Süsse (Mandelfüllung) in einmaliger Harmonie zu verbinden und die Menschen in Friede und Freude an den Desserttischen zusammenzubringen.

 

Wer immer also an diesen Genüssen teilhaben möchte und ebenso in kulinarische Ver-zückung geraten möchte, wisse: In der Müllerschen Bachstube sorgen zwar keine Engel, aber vorzügliche Pastetenbäckerinnen und –bäcker dafür, dass alle Menschen die guten Willens und Appetites sind, immer und jederzeit am himmlischen Gebäck Anteil haben können.

 

 

…Und wenn Sie uns besuchen wollen – unser Delikatessen-Patisseriegeschäft und unser Café Müller liegt zentral in Sichtweite des Freulerpalastes mit dem Museum des Landes Glarus, nahe der herrlichen Barockkirche Sankt Hilarius, unweit des Schlachtdenkmals auf der Sendlenwiese und just neben der Post, von wo wir Pasteten auch versenden.

 

Bilder:

Oben: https://www.bettybossi.ch/de/Rezept/ShowRezept/bb_chch090801_0284a-80-de

Unten: www.lid.ch/medien/mediendienst/detail/info/artikel/die-suesse-glarner-blume/


 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

"Den Göttern

Weihrauch, den Menschen Lob."

(Pythagoras 570 v. Chr. - etwa 510 v. Chr.)

Kirchenlatein... einmal anders

oder

Vom Erhabenen zum Lächerlichen ist nur ein kleiner Sprung (1)

 

Nichts stört die fromme Andacht mehr, als eine plötzliche Welle schlechter Luft in den gedrängten Reihen einer Kirchenbank. Diese Fragestellung ist eine durchaus ökumenische, das heisst interkonfessionell. Auch ein noch so frommer Kirchgänger kann nach dem Genuss von Kabis, Röslikohl, Erbsen oder zu vielen Eiern gewissen Blähungen unterworfen sein. Bei unkontrollierten, raschen Bewegungen,  wenn sich zum Beispiel jemand abrupt erhebt oder hastig setzt oder unerwartet hustet, kann die Kontraktion der Muskeln dazu führen, dass dem Körper Luft entweicht. In der Regel ist dieses Entweichen mit einem knarrenden Geräusch verbunden, das man mit einem Fachbegriff beim Namen nennt, aber hier nicht schreibt.

 

Das Thema ist ohnehin sehr delikat. Es bedarf der behutsamen Wortwahl, damit das Ganze nicht zur peinlichen Geschmacklosigkeit ausartet. Immerhin ist der Täter - solange der gemeinte Vorgang als Geräusch wahrgenommen wird, ganz klar zu orten. Die frommen Mitlandleute in seiner Umgebung werden mit steifen Hälsen ihren Kopf drehen und bohrende, vorwurfsvolle Blicken auf den Verursacher der im kirchlichem Kult verpönten akustischen Einlagen werfen. Dieser durch Unvorsicht, Missgeschick oder mangelnde Körperbeherrschung unfreiwillig zum Zentrum der Aufmerksamkeit gewordene Gläubige wird, wenn er ein anständiger Christ ist, zu Recht rot anlaufen und sich gehörig schämen. Das Grinsen und belustigte Augenzwinkern der ihn umgebenden Glotzer ist aber gewissermassen wieder die Versöhnung und Verzeihung der akustischen Entgleisung und geruchlichen Zumutung.

 

Viel schlimmer ist dagegen die Situation, wenn alle Gläubigen, erhobenen Hauptes und inbrünstig auf das Wort des Pfarrers konzentriert, strammstehen, keine Miene verziehen und  plötzlich eine Duftwelle übelster Konsistenz tonlos die Nasen der Anwesenden umschleicht und diese als fürchterlicher Gestank beleidigt. Das Schlimme dabei ist aber, dass der Täter, dem diese Duftwolke entwichen ist, mit der gleichen Inbrunst und Konzentration nach vorn schaut, so tut, als ob nichts gewesen wäre und so nicht erkannt wird. Jeder verdächtigt jeden, und keiner ist es gewesen. Dennoch ist die üble Wolke unmittelbare, unausweichliche Realität. Kommt dazu, dass bei vorsichtigem Mustern mit leichtem Kopfdrehen und Augenrollen eine Welle der Verdächtigungen aufkommt.

Der Gemeinderat im neuen Veston und dem wackeren Genick, der sonst wie ein Parfümladen riecht, kann es nicht gewesen sein. Sein Nebenmann, der studierte Doktor der Rechte, ein angesehener Anwalt im Dorfe, würde so etwas nicht machen.

 

Der ehemalige Kirchenpräsident kommt nicht in Frage, weil es von Amtes wegen unter seiner Würde wäre. Der  braungebrannte Landwirt, der schon naturgemäss eine gewisse ländliche Duftnote mitgebracht hat, würde wohl eine solche Tat geräuschvoll und ehrlich vollbringen. Da ist noch der Dorfarzt, der mit seinem schönen Tenor, die ganze Umgebung mitreisst, aber wohl schon aus hygienischen Gründen von solchem Gebaren Abstand nähme. Bleibt noch der hochbetagte Rentner, dem es zwar zuzutrauen wäre, weil er es selber nicht merkt. Dieses ist aber wieder zu verwerfen, weil er - seit vielen Jahren schwer-hörig - nicht auf eine tonlose Erleichterung, sondern wahrscheinlich auf eine mit kräftigem Knarren angewiesen wäre und dadurch nichts ahnend von der Umgebung klar identifiziert werden könnte. Dies ist im vorliegenden Fall nicht möglich. Also ist es niemand gewesen. Auch der Schreibende selber hätte niemals mit diesen Verdächtigungen begonnen, wäre er der Täter. Da sich mittlerweile die schlechte Luft wieder verflüchtigt hat, sind weitere Nach-forschungen zwecklos. Allerdings ist der Gedanke nicht weniger eklig, so viele Menschen würden die Umgebungsluft einatmen, die Duftwolke in ihre Lungen aufnehmen, dort im Austausch in den Lungenbläschen, sauerstoffarm und kohlestoffgetränkt wieder ausatmen und, dergestalt „neutralisiert“, wieder in die allgemeine Atemluft der Kirchen zurückgeben. Die Stickigkeit durchnässter Mäntel und das Dazutun der Wiederholungstäter des Be-schriebenen sorgen für eine Atmosphäre, die jegliche Frömmigkeit abtötet.

 

Während man in reformierten Kirchen seit der Reformation dieser Brauchluft ausgesetzt ist, pflegen die Katholiken mit der segensreichen Einrichtung von Weihrauchfässern das pro-bate, seit Jahrhunderten aus dem Orient übernommene Weihräuchern. Die würzig-aromat-ischen Rauchwolken übertönen sämtliche anderen Gerüche oder versetzen die tief ein-atmenden Gläubigen in einen tranceartigen Zustand, in dem Gasentweichungen einzelner Anwesender wahrnehmungslos untergehen. Nicht umsonst hat ein Greenhorn von Christ bei einer Prozession das Weihrauchfass eines Ministranten für einen rauchenden „Bräämächessel“ gehalten, die man früher im Sommer den Pferden zur Bekämpfung der lästigen Biester an den Leib gehängt hatte.

 

So werden wir denn dieses leidige Kapitel luftverpestender Kirchgänger mit dem unbefriedigenden Gefühl, ohne Antwort dazustehen, wieder verlassen müssen. Wir werden weiterhin der Heimtücke der Verstellungskünstler ausgesetzt sein, die mit der frömmsten Miene und der Unverfrorenheit umweltsunbewusster Rücksichtslosigkeit die erhabenen Gefühle verletzen und den frommen Ausrichtungen des Herzens und der Seele während der Predigt oder während des Kirchengesangs den Garaus machen.

 

Es gibt allerdings eine infame Methode der Selbstverteidigung solcher lautloser Kultraumverpester, die gesetzlich verfolgt und geahndet werden müsste. Damit sie der Gefahr, berechtigter Verdächtigungen aus dem Weg gehen können, greifen sie mit Daumen und Zeigfinger zur eigenen Nase, drücken diese zu und geben mimisch ihrer Umgebung zu verstehen, hier sei schlechte Luft. Darauf reagieren einfache Gemüter, indem sie automatisch die anderen anstarren und sie verdächtigen. Das kann soweit führen, dass unschuldige, harmlose und für eine solche Tat unfähige Christen für mögliche Delinquenten gehalten, sehr entrüsteten, strafenden Blicken ausgesetzt werden und sich für etwas schämen, was sie nie begangen haben.

 

Was wunder, wenn ein anständiger Christ, geriete er in solchen Verdacht, innerlich erzürnt zum Racheakt ausgleichende Gerechtigkeit griffe und seinerseits einen gewaltigen Kracher fahren liesse. Genau so wie früher ein Steuersünder, der in der Gemeinderechnung wegen seiner Rückstände öffentlich angeprangert wurde, einsah: „Ich bin eh auf der Liste der Steuerschuldner. Mein Ruf ist dahin. Wieso soll ich noch künftig steuern zahlen?“, ganz im Sinne der altbekannten Volksweisheit: „Ist mein Ruf mal ruiniert, lebt es sich ganz ungeniert“.

 

Sie aber, verehrte Kirchgängerinnen und Kirchgänger, mögen sich Ihre Nachbarn beim nächsten Kirchgang ganz genau merken. Wer weiss, vielleicht gelingt es Ihnen doch noch einmal, einen in flagranti zu erwischen. Der Triumph wäre Ihnen zu gönnen.    

 

Bis bald. Ihr  Pankraz F.

(1) Überarbeitete Fassung meiner Kolumen "Dies + Das" im "Fridolin", Schwanden, Nr. 46, 13. November 2008.

 

Bild: 

http://kirchensite.de/aktuelles/kirche-heute/kirche-heute-news/datum/2015/09/17/britisches-drogengesetz-koennte-weihrauch-verbieten/


  

We gaht’s?

oder

Von Abgehen bis Zusammengehen ist ein weiter und verzweigter Weg (1)

 

Die häufigste Redewendung nach einem „Grüezi“ ist „We gaht’s?“. Die kurze Formel mit dem einfachen Verb „gehen“ ist der Versuch, echtes oder nur formelles Interesse am Befin-den des Gesprächspartner zu zeigen. Der Antwortmöglichkeiten sind viele.

 

Die  trockenste: „Tanggä,  äs gaht!“ manchmal „Äs gaht äso!“, was heissen will „soso-lala“. Die vorsichtige: „Oordäli!“, was relativ unverbindlich, aber eher als Zufriedenheit gedeutet werden kann. Die saloppe: „Durzogä!“ oder „Mä chunnt drvuu!“ Die imponierende: „Glänzend! Fantastisch! Super!“, die ausweichende: „Gärä guät!“, eine Art Konditionalis, die quasi verschweigt, wie es einem wirklich geht, aber andeutet, man zöge es vor, wenn es gut ginge… die Deutungen liessen sich noch erweitern.  „Gehen“ hat aber hier wohl die Bedeutung eines Sammelbegriffs für „Befinden, Zustand, Wohlfühlen, Stimmung etc.“

 

Gehen ist jedoch noch vielseitiger als die grosse, mit kleinen Spiegelchen übersäte Kugel auf dem Tanzrad oder in Dancings, die im Drehen tausendmal funkelnd und blitzend das Scheinwerferlicht reflektiert. Ich habe eine ganze Batterie von „gehen“ mit Vor- und Nach-silben, als Substantive, als Adjektive oder Adverbien von Anwendungen gefunden. Von Abgehen bis Zusammengehen lässt sich mancherlei Abgang und Zugang finden.

 

Eigentlich geht das uns ja nichts an. Aber es kann für eine aufgeweckte Leserschaft nicht angehen, über diese Vielfalt hinwegzugehen. Manchem geht zwar die Fähigkeit ab, andern geht ein Licht auf, wenn einem die Worte fehlen oder der Wortschatz ausgeht. Viele Men-schen gehen aus, auch wenn ihnen das Geld ausgeht. Wenn jemand zu viel Risiko eingeht, kann der Schuss nach hinten losgehen. Geht ein Wagnis negativ aus, so dass man nicht aufgeht wie eine Blume, die letztlich eingeht, entgeht einem Vieles. Doch unser Mitbürger Thomas Legler, liess ja beim Zurückgehen von der Front und beim Nachhausegehen, die Sonne wieder aufgehen, worauf man schon hoffen kann, wenn sie abends untergeht. Hin-gegen bleibt ein Schiff, das kaputt geht und deshalb nicht mehr geht und wahrscheinlich untergeht, so dass künftig keiner mehr an Bord gehen will und die Nachfragen nach Schiff-fahrten zurückgeht, bis es wieder besser geht und irgendwie weiter geht. Es gibt Firmen, die auseinander gehen, während andere zusammengehen. Letzteres nennt man Fusion, bis man merkt, dass die eine von zweien eingeht. Vieles kann dabei  schief gehen, was jene bestätigen können, denen es so ergangen ist. Wesentlich ist dabei wie man vorgeht, dass man niemanden übergeht,  im Gegenteil, auf einander zugeht und eingeht, Faktum um Faktum durchgeht und nicht drüber hinweggeht, den Ursachen nachgeht,  sich nicht in langen Reden ergeht, dabei auch nicht hochgeht, sondern einen gangbaren Weg sucht. Nur so geht’s! Sonst werden Stimmen laut, die sagen schon lange gewusst zu haben, dass es so geht. Wenn die Uhren vor- oder nachgehen, kann einem manches im Leben, was man gerne gewollt hätte, abgehen  oder in die Hosen gehen. Manches, was man nicht durchgehen lässt, kann Leute davon abhalten, auf die Reise, nicht mehr in die Ferien oder in Urlaub zu gehen, weil, wer so mit Touristen umgeht, diesen mit der Zeit auf den Wecker geht. Wo es so zu- und hergeht, geht die Post ab, weil jenen die Lust vergeht.  Aber das Leben geht weiter.

 

In der Kosmetikindustrie wird alles daran gesetzt, dass bei Abmagerungskuren die Pfunde abgehen, bis einem die Kleider nicht mehr gehen, es sei denn dass diese beim Waschen wieder eingehen, das aber nur, wenn die Gewichtsverlustigen nicht wieder auseinander-gehen, da sie Sünden begehen, indem sie wieder zum Genuss von Süssigkeiten zurückgehen, was ja dann schlecht ausgeht, zumal sie dann wieder beim Ausgehen vermehrt zu Alkohol und üppigen Mahlzeiten übergeben, statt sie zu übergehen.  So geht das im Leben auf und ab.

 

Gemeinderäte führen Alpbegehungen durch, Christen begehen Sünden, Jäger gehen auf die Jagd , Fischer gehen fischen, Lästige gehen einem auf den Geist, Professoren gehen im Hörsaal auf und ab, Misserfolgreiche gehen baden, einige von ihnen  gehen sogar ins Wasser, in deren Nachruf heisst es dann „die Dahingegangenen“. Unmögliches geht nicht, Unverbesserliche halten sich an die Parole: „Es muss gehen“; denn geht nicht, gibt’s nicht! Auf Bahnhöfen ist ein ständiges Kommen und Gehen, Klassenkameraden seufzen an der Klassenzusammekunft: „Ach, wie doch die Zeit vergeht!“, das ist dann „Vergangenheit“. Gewerkschaften lassen es nicht durchgehen, dass Läden durchgehend geöffnet sind, wogen Kaufhausbesitzer lieber darüber hinweg gehen würden. Etwas völlig anderes ist ein Durchgang, häufiger zu lesen als Kein Durchgang“. Ringrichter müssen bisweilen dazwischen gehen, wenn die Boxer zu weit gehen. Dennoch muss der Kampf weitergehen. Ombudsmänner müssen umgehend  einer reklamierten Sache nachgehen. Untreue gehen fremd und erhalten vom andern Partner den Vorwurf „So, geht das nicht!“ oder "So kann es nicht weitergehen!"  Die Angelegenheit geht dann meistens so aus, dass die beiden auseinander gehen oder für immer fortgehen, weil sie sich hintergangen fühlen.

 

Die Flurnamen gehen zurück, auf nicht mehr gängige Sprachen. Politiker treten oft nach einem Skandal zurück, weil sie gehen mussten. In renommierten Firmen bekommen Manager, die gehen, eine Abgangsentschädigung.  Den „Ganä“ nennt man „Gehstock“, obwohl er selber nicht geht. Pfiffige Schüler probieren aus, was beim Lehrerstellvertreter „geht“ und „nicht geht“. Modelle, die über den Laufsteg gehen, haben oft ein seltsames Gangwerk. Vergehen sind keine Verbrechen, auch wenn sie verbrecherisch gehalten werden. Verjährte Untaten, werden nicht mehr geahndet, wenn genug Jahre vergangen sind. Lawinen können niedergehen, Erdschlipfe auch, doch vom Niedergang spricht man, wenn eine Kultur oder ein Volk ausstirbt, untergeht. Im Religionsunterricht oder an der Sennenchilbi, wenn sich viele gehen lassen, kann es zu und hergehen wie in einem hölzigen Himmel.

 

Sterben heisst hinübergehen. Bei Tieren kann dies heissen, sie seien draufgegangen. Der Gang zu Urne, meint aber nicht eine Urnenbestattung, obwohl oft Vorlagen beerdigt werden und nicht durchgehen. Ebenso wenig ist der Stuhlgang, ein Stuhl, der geht, auch wenn er abgeht. Manchmal kann es lange gehen, bis sich Gerechtigkeit einstellt oder Behörden antworten. Auf Behördebriefen ist der Vermerk „geht an:..“, obwohl ein Schreiben nicht geht, sondern verschickt wird. Ein Kerzenlicht kann ausgehen, ohne dass das Wachs ausgegangen ist.

 

 

Sintemal sei das bekannte Wortspiel angewandt: Wenn alle Leute vor der Kirchen hineingingen, gingen nicht alle hinein. Gingen aber nur jene hinein, die hineingingen, hätten nicht alle Platz. Bekanntlich geht ein in Kamel eher durch ein Nadelöhr, als ein Reicher in den Himmel, weil der liebe Gott nicht alles durchgehen lässt, was auf der Erde geht, obwohl es eigentlich nicht ginge. Pensionierte Herren, die im Auftrag ihrer Frau einkaufen gehen, sind im Gang-gu-Klub. - „So! Gaht’s nuch!“, entrüstete sich einer und ging. Dann gehe ich auch.                                    

Bis bald! Ihr Pankraz F. 

 

(1) Überarbeitete Fassung meines Texte im "Fridolin", Schwanden, vom 7. Oktober 2010.


 

Schweizer Film  „Das alte Haus“

oder

Herbert Leisers Jugendbildnis

 

 

 

Es kommt gewiss selten vor, dass man einen Schweizer Film im Sonntagabendprogramm des SRF 1 sieht, in dem ein ehemaliger Mitschüler des eigenen Dorfes die Hauptrolle spielt. So geschehen am 24. Juli 2012, zwar als Wiederholung, aber dennoch ein beson-ders Filmerlebnis.

 

Präsenz Film (1) publizierten folgte Inhaltsbeschreibung:

 

„Im Quartier, in dem der pensionierte Fotograf Joseph Ernst (Herbert Leiser) sein ganzes Leben verbracht hat, müssen alte Häuser modernen Neubauten weichen; überall entsteht Wohnraum für Besserverdienende – für Leute wie Joseph unbezahl-bar. Auch „sein“ Haus wird verkauft, den Mietern - sogar der frisch verwitweten Bäckerin (Karin Pfammatter) - gekündigt. Fachleute sprechen von «Gentrifizierung» - Leute wie Joseph vom Weltuntergang. Dann steht sie plötzlich vor ihm: Tür an Tür mit Joseph aufgewachsen, bevor es sie in die Welt hinauszog, ist Lilly (Heidi Maria Glössner) an den Ort ihrer Kindheit zurückgekehrt; und staunt, wie wenig sich verändert hat. Beflügelt von den gemeinsamen, im Haus und auf seinen Fotos gespeicherten Erinnerungen, will Joseph nun erst recht gegen den drohenden Abriss.“

 

Swissfilms (2) fassen sich kürzer: „Der verwitwete Fotograf Joseph Ernst kämpft gegen den Abriss des Hauses, in dem er sein ganzes Leben verbracht hat. Obwohl er ihn nicht verhindern kann, gelingt es dem alten Mann, der Liebe zu einer Frau und einer neuen Zukunft wieder eine Tür zu öffnen.“

 

Mit ironischem Unterton, wenn nicht etwas belächend, würdigen den Film nach dessen Erscheinen: In der NZZ (3) (Fernsehkritik. Bitte renovieren! von Claudia Schwartz 3.5.2013) und im Tagsanzeiger (4) (TV-Kritik: Bünzlige Rentner und nette Ausländer. Tagesanzeiger.ch/Newsnet. Erstellt: 06.05.2013).  

 

Tant pis! Jeder Fernsehzuschauer schaut einen Film anders, erlebt anders und wertet individuell. Wenn da plötzlich ein Schauspieler auftaucht, dem ich öfters in meinem Dorf begegne, den ich von Kindsbeinen auf kenne, mit dessen Schwester ich in der gleichen Schulklasse war, der Familie mir in bester Erinnerung sind, bekommt der Film eine ganz andere Qualität. Und wenn in diesem Film gar echte Jugendbilder des Schauspielers und seiner kleinere Schwester auftauchen, gehen völlige andere Bilder durch meinem Kopf als für andere Fernsehzuschauer.

 

Herbert Leiser, übrigens Glarner Kulturpreisträger 2013, ist in Näfels aufgewachsen und wohnt nach längerem Auslandaufenthalt wieder im Kanton in Obstalden. Das Verblüffende: Herbert als „Fotograf und Hauswart Joseph Ernst“ spielt wie er ist. Wer ihn kennt, erlebt ihn in seiner Sprache, Mimik und Gestik praktisch gleich wie im "Zivilleben". Übrigens wirken auch die anderen Protagonisten sehr lebensecht. Mögen die erwähnten Zeitungskritiken von „Klisches“ reden und dabei nicht unrecht haben, die ganze Story wirkt gar nicht so un-realistisch. Dass der wohlbekannten Konflikt, dass gewohnt-einfachen Wohnhäuser, viel teureren Neubauten weichen müssen, ist wohl keine unbekannte Zeiterscheinung. Die aber etwas soft opera-ähnliche Auflösung mit einem Happy End ist etwas gar schön und erinnert etwas an die in der Mitte des 20. Jahrhunderts sehr populären, gemütlichen Schweizer Filme.

 

Bleibt da noch die Frage, was solche Filme bezwecken. Auch wenn Dokumentarisches vorkommt und gesellschaftskritische Aspekte aufgezeigt werden, ist es kein Dokumentar-film.  Will es auch nicht sein. Ein Spielfilm wohl, der den Zuschauer nicht verkampft, ge-stresst und als Nervenbündel entlässt wie Filmdramen oder Krimis, sondern ein Gefühl der Zufriedenheit auslöst, weil ja schliesslich alles gut herauskommt. Auch wenn das mietgün-stige alte Haus schliesslich dennoch einem modernen Neubau weichen muss, für alle Be-wohner wird eigentlich eine zufriedenstellende Lösung gefunden. So gesehen: gute Unter-haltung. Regie, Kameraführung, Ton und Schauplätze verdienen hohes Lob wie auch die Protagonisten, denen es gelingt lebensecht zu wirken.

 

Der Film hat noch andere Glarner Bezüge. In einer Nebenrolle tritt auch Gilles Tschudi, ein Exilglarner, in vielen FiImen als Bösewicht, hier als bauwütiger und moderner Architekt auf.

Bis bald! Ihr Pankraz F.   27. Juli 2016 

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Kleiner Steckbrief von Herbert Leiser (5)

 

*17. Juni 1941 in Näfels

Aufgewachsen in zwölfköpfiger Familie in der Alten Kaplanei neben der Kirche.

Berufslehre als Buchdrucker in Rapperswil

Wanderjahre, u.a. Sozialhelfer in Paris

 

1965 bis 1968 die Schauspielschule in Stuttgart.

Bühnenengagements in Stuttgart, Tübingen, Schleswig, Achen, Köln, Bonn

Bühnenengagements in Zürich (Neumarkt/ Schauspielhaus), Luzern

Seit den 1990er Fernsehrollen

 

Radio Erzähler und Sprecher bei Hörspielen.

Zahlreiche Kino- und Fernsehfilme (siehe Filmografie untern)

 

2013 Kulturpreis des Kantons Glarus

2013 Schweizer Fernsehfilmpreis für die beste Nebenrolle

 

Wohnt in Obstalden, Unter Bitzi 24.

 

 

Filmografie(6)

  • 1976: Der Gehülfe
  • 1980: Fabian
  • 1985: Der schwarze Tanner
  • 1990: Reise der Hoffnung
  • 1992: Kinder der Landstrasse
  • 1993: Ludwig 1881
  • 1995: Mekong
  • 1998: Tatort - Am Ende der Welt
  • 1998: Alarm für Cobra 11 - Die Autobahnpolizei
  • 2000: Tatort - Direkt ins Herz
  • 2001: Heidi
  • 2001: Stille Liebe
  • 2003: Alles wird gut
  • 2004: Piff Paff Puff
  • 2005: Steinschlag
  • 2005: Anjas Engel
  • 2006: Sonjas Rückkehr
  • 2006: Tod eines Keilers
  • 2007: Tell
  • 2007: Hello Goodbye
  • 2008: Kommissar Süden und das Geheimnis der Königin
  • 2009: Tag und Nacht
  • 2009: Verstrickt und Zugenäht
  • 2009: Die Käserei in Goldingen
  • 2009: Die Standesbeamtin
  • 2010: Sommervögel
  • 2010: Sennentuntschi
  • 2010: Sonntagsvierer
  • 2010: Charly's Comeback
  • 2011: One Way Trip
  • 2011: Korpus
  • 2012: Der Teufel von Mailand
  • 2012: Clara und das Geheimniss der Bären
  • 2012: An meiner Seite
  • 2013: Das alte Haus
  • 2015: Schellenurslii

[1] http://shop.praesens.com/schauspieler/film.cfm?dvd=7948&genre=73

[4]  http://www.tagesanzeiger.ch/kultur/fernsehen/TVKritik-Buenzlige-Rentner-und-nette-Auslaender/story/29877434

(5) https://de.wikipedia.org/wiki/Herbert_Leiser

(6)  https://de.wikipedia.org/wiki/Herbert_Leiser

 

Bild unten:  https://www.art-tv.ch/10316-0-Kulturpreis-Glarus-Herbert-Leiser.html

 

 

 

                                           Herbert Leiser


 

Wagen Sie ein Original zu sein!

oder

Wider die Anpassung an das Gewöhnliche (1)

 

Das  Telefon schellt: „Da ist Radio Zürisee! Grüezi...“ Ein sympathische Frauenstimme: “Wir möchten mit Ihnen eine kurzes Gespräch führen...“ „Soso? Wiir-p-mer ä sii!?“ . Man – in solche Fällen heisst es immer „man“! – habe mich empfohlen... „Hoo-soo? – Und um waas gaht’s“ – Wir machen eine Sendung mit Dorforiginalen. „Wiä händ-Si gsäit?! Doorf-originaal?“ Ob ich denn ein so schräger Typ sei. Ich könne mir nur schwer vorstellen, was an mir so originell sei, dass es die ganze Region wissen müsse.

 

Im Gespräch schwingt etwas mit, das sie von professionellen Radiomenschen unter-scheidet: Die ungekünstelte Ehrlichkeit und das unverbrauchte Vertrauen, „Original“ nicht von einer lächerlichen oder unernst genommenen Seite zu betrachten, sondern das Interessante, eben das Originelle zu suchen. Die Stimme am Telefon unterscheidet sich von den verrauchten Stimmen oberflächlicher Profis. Ich entscheide mich nach kurzem Zögern mit zwei Absichten: erstens störe ich mich daran, dass „Dorforiginale“ im Volksmund als Leute gelten, die eine „Macke“ haben und meistens aus sozial-niedrigen Schichten kommen. Es sind Menschen, die im Allgemeinen nicht ernst genommen und im Speziellen als „Sündenböcke“ oder „Witzfiguren“ verspottet werden. An ihnen kann sich die Dummheit der angeblich Gescheiten ausleben und die Schadenfreude der Frustrierten ergötzen. Dorforiginale werden als Abweichung von der Norm und mit hintergründiger Anrüchigkeit des Abnormalen behaftet...

 

Zweitens ist in mir ein sozial-engagierter Trotz stärker als die Schiss,  mich vor so vielen Ohren zu exponieren. Ich kneife mich ins Hinterteil meines Selbstbewusstseins und gehe hin. Eigentlich interessiert mich die fertige Sendung weniger, als der Prozess zuvor. (In der Tat habe ich gar keine Zeit, die Ausstrahlung zu hören und kann Ihnen nicht sagen, was die Medienprofis für ein akkustisches Patchwork daraus zusammengeschnipselt haben.)

 

Treffpunkt Autobahnraststätte Marché. Von weitem sehe ich den Stationswagen von „Radio Zürisee“ auf dem Parkplatz einbiegen. Eine grossgewachsene, junge Frau mit halblangen, wehenden Haaren entsteigt dem Gefährt, räkelt sich in eine Jacke hinein und hängt sich eine Reportertasche über die hochgezogene Schulter. Sie grüsst mit einem sportlichen, aber keineswegs unfraulichen Händedruck und lacht ansteckend, aber von wohltuender Distanz. Bei einem Espresso an der Kaffeebar werden die Details besprochen. Da in der Geräuschkulisse des Autobahnrestaurants gute Aufnahmen unmöglich sind, stellt uns die tüchtige, junge  Managerin M. ihr Büro zur Verfügung. Wir tappen durch die metallene Grossküche und richten uns im Kabäuschen, durch deren Fenster die  Spätnachmittagssonne blinzelt, ein. Im Gespräch stellt sich heraus, dass sowohl Frau M. vom Marché, als auch die Reporterin  Frau B. die Stiftsschule in Einsiedeln besucht hatten, und die erstere meine blitzgescheite, aufgeweckte Schülerin in der Medienkunde gewesen war...so wird man zusammengeführt und an gemeinsame Vergangenheit erinnert.

 

Das Interview ist so angelegt, dass die Fragende wie eine fleissige Biene soviel Nektar wie möglich sammelt, die Leute im Studio nehmen dann das Geeignete aus dem Körbchen und hängen es als Sendebeitrag wie ein  „Bildchen“ zwischen den Musikteppich. Offensichtlich ist Radio heute eine riesige tagundnachtlange Musiktapete, vor die man News (lies Nach-richten), Servicemeldungen (lies Wetter, Strassenbericht, Börsenbericht o.ä) und Porträts hängt, zwischendurch mit Zuhörern talkt und telefoniert. Der Mix von Unterhaltung und Information wird vom Leitbild des Senders geprägt.

 

Nach einer guten halben Stunde ist das Rohmaterial im „Kasten“, der in Wirklichkeit aus einem winzigen Gerätchen und einem  teuren Mikrofon besteht.

 

Ich - ein Original? Ich weiss beim besten Willen nicht, was Dritte an mir originell finden könnten. Ich glaube nicht, es sei meine Lebensbestimmung, von anderen als originell ein-gestuft zu werden. Vielmehr meine ich, das Leben sei voller origineller Möglichkeiten, die man packt oder verpasst. Im Grunde rennen die Leute weiss Gott wohin und merken nicht, dass sie eigentlich nur werden können, was sie schon sind. Man entkommt sich selber nicht. Der tierische Ernst, vor dem keiner gefeit ist, vom Hilfsarbeiter bis zum Konzern-manager, vom Rekruten bis zum Korpskommandanten, vom Ministranten bis zum Kardinal, vom Totengräber bis zum Chefarzt (oder umgekehrt), ist der Vater der Brutalität und die Mutter zweckgebundener Fantasielosigkeit. Wer steht heute wirklich noch zu sich selbst? So wie er ist  – mit Talenten und Schwächen? So wie er aussieht – mit Ranzen und Glatze, mit Falten und Doppelkinn?  Viele Menschen sind doch reduziert auf den Augenblick wie das flüchtige Interview, über das die Musikwellen schwappen...dann ist alles vorbei und gewesen. Es ist weiss Gott notwendig, Pflöcke einzuschlagen. Aber es ist weit schwieriger zu sagen,  „Von dort komme ich. Hier stehe ich. Dorthin gehe ich.“, als „Ich bin wichtig. Was bekomme ich? Wie viel habe ich, damit ich „jemand“ bin“?“. Schaue ich in den abendlichen Sternenhimmel... wie klein bin ich da! Blicke ich auf „meine“ Menschen, die ich gern haben darf, dir mir anvertraut sind oder mit denen ich zu tun habe... wie schön ist es, leben zu dürfen! Gäbe es dies nicht, wäre die Welt mit ihrem ganzen Getümmel und dem vielen Leid nicht zu ertragen. Ich müsste verzweifeln...könnte ich mich nicht darauf besinnen, was meine Originalität ist, nämlich das, was ich mit Denken erkenne, was ich mit Sehnsucht erträume, mit Freude und Liebe durchwirke und in Freiheit tue. Lasse ich mich aber durch das dauernde „Was säged au d Lüüt!“ einschüchtern, gehöre ich zur Monokultur der Angepassten, die sich gegenseitig in Kleidung, Aussehen, Auto, Ferien, Verhalten kaum mehr unterscheiden. Wenn ich es hingegen ertrage, dass irgend ein Anonymer mich als „Dorforignal“ „anzeigt“ und auf die Radiorolle schiebt, dann danke ich herzlich dafür.

 

Ich bin zwei liebenswürdigen Menschen begegnet, von deren Tüchtigkeit ich beeindruckt bin. Das Interview  hjnterlässt weit über die Minuten Sendezeit hinaus die  Fragen „Woher komme ich? Wer bin ich? Wohin gehe ich?“  Es ist gewiss nicht Arroganz, wenn es mir eigentlich egal ist, was aus dieser Sendung geworden ist. Ich lasse es die Sendung derer sein, die sie machen, meine ist es nicht. Möge sie Freude machen! Für mein Leben ist sie unbedeutend. Wichtig ist aber die Nachhaltigkeit des Erlebens und das Bewusstwerden, dass es eine Auszeichnung sein kann, ein Original zu sein und dass die Kopien daneben verblassen.

 

Packen Sie deshalb Ihre Seele am Schlawittchen und leisten Sie es sich, ein Dorforiginal zu sein. Der Eintrittspreis ist viel Mut, Treue zu sich und das Bewusstsein, dass das Original das Eigentliche ist. Das Klonen an den Toren des 3. Jahrtausends ist nichts anderes als der Versuch zum Original zurückzukehren! Alle Menschen sind in ihrer Einmaligkeit Originale, hoffentlich haben sie das nicht vergessen. Viele schämen sich eines zu sein.                                                                           Bis bald! Ihr Pankraz F.

 

 

 (1) Überarbeiteter Text meine Kolumne im "Fridolin" vom 22. Februar 2002.

 

 und noch ein ZItat zum Thema:

 "Unsere ganze Originalität verdanken wir fast ausschliesslich dem Stempel , den die Zeit

   unseren Empfindungen aufdrückt."    Charles Baudelaire (1821-67) in: "Romantische Kunst".


Tragödie vor vierzig Jahren

oder

Der schwarze Sonntag am Biferten (1)

 

Am 24. Juli 1966 kamen am heiterhellen Tage unter der Biferten-Lücke am Tödimassiv drei Menschen zu Tode. Das kleine Piper Flugzeug PA-18 HB-OLB zerschellte an einer Felswand zwischen Bifertenstock und Bündner Tödi in 3036 Metern über Meer. Ums Leben kamen der Pilot, ein junger Bildhauer und ein Schreinerlehrling, die alle ihre freiwilligen Dienste beim Um- und Erweiterungsbau der Planurahütte (2997-3005 m ü M) leisten wollten.

 

Der damalige Kassier des SAC Sektion Tödi E. F. hat mir Einblick in die gesammelten Akten gewährt. Mit Erschütterung sei an dieses traurige Ereignis erinnert, nach dem in wenigen Sekunden für drei hoffnungsvolle Idealisten, deren Angehörige und den ganzen Kanton die Welt nicht mehr war wie vorher.

 

Dem Unfallschlussbericht ist zu entnehmen, dass am besagten Sonntag die „Gletscherpiloten H.C., Obmann der Fluggruppe Mollis und R.F. Kilchberg, Material- und Personentransporte von Mollis nach der Planurahütte auf den Hüfifirn (2947 m. ü. M.)“ durchführten. „Die Passagiere, alle Mitglieder der Sektion Tödi des SAC, sollten während der folgenden Woche in Frondienst beim Erweiterungsbau der Hütte mitwirken.“ – Der Pilot  „R.F. hatte sich anerboten, als persönliche Dienstleistung zu Gunsten des Hüttenbaus mit seinem eigenen Flugzeug unentgeltliche Überflüge durchzuführen“.

 

Besagter Pilot war von Zürich herkommend kurz nach Mittag in Mollis gelandet und um 12 Uhr 50 mit seinem ersten Fluggast H. F. und etwas Material zum Hüfifirn gestartet. Nach 50 Minuten traf er dort ein. Auf dem Rückflug nahm er einen ausländischen Touristen mit, der wegen schlechten Wetter eine Woche in der Hütte blockiert gewesen war und landete um 14 Uhr 10 in Mollis.  Schon 14 Uhr 15 startete er wieder – zum letzten Mal in seinem Leben.

 

Die letzten Farbfotografien wurden auf dem Flugplatz Mollis gemacht, als der Pilot und seine zwei Passagiere Anstalten machten, ins Flugzeug einzusteigen. Ein zweites Bild  zeigt das weisse Flugzeug mit einem roten Streifen, der Aufschrift HB-OLB und den Namenszug „Super-Cub“ und den typischen Skiflächen bei den Rädern beim Start. Der Pilot konzentriert sich auf seine Armaturen, durchs Fenster lächelt der junge Schreiner Lehrling „Seppli“ Sch. (2) und leicht verdeckt ist auch sein „Götti“, der junge Bildhauer Manfred Sch. (3) zu sehen. Im Hintergrund sind die jäh aufsteigenden Felswände des Wiggis zu sehen.

 

Etwa 25 Minuten später erkundigte sich der Pilot R.F seinem Kameraden H.C., der eben auf dem Hüfifirn zum Rückflug gestartet war und sich südlich des Sandpasses befand, nach den Witterungsverhältnissen. H.C. antwortete, zwischen Clariden und Sandalp ziehe Bewölkung auf. Nur etwa drei Minuten später suchte Pilot R.F. wieder Funkkontakt und meldete „Ich fliege über die Fridolinshütte – Vorderrheintal – Val Russein“. Er hatte also verzichtet im Direktanlfug über die Sandalp zum Hüfifirn zu fliegen, sondern – so berichtete H.C. später -  „der vorsichtige R.F. zog es vor, den Tödi östlich zu umfliegen“. Wenige Minuten danach misslang das Überfliegen der Bifertenlücke bei günstigem Wetter.  Leider – so vermutete man später – war er offenbar über der 600 Meter hohen senkrechten Wand in einen Abwind geraten und konnte aus dieser Position  wegen einer 50 Meter vorspringenden Felswand nicht mehr abdrehen. Es kam zum tödlichen Crash.

Mit der Schlagzeile „Drei Meter am Leben vorbei!“ brachte die Boulevardzeitung „Blick“ die bebilderte Todeskunde am Freitag nach dem Unglück. „...Am Sonntag um 14 Uhr 45 hatte Pilot R.F., einer der erfahrendsten Gletscherpiloten der Schweiz, seinen letzten Funkspruch durchgegeben. „...im vorderen Rheintal ist gutes Wetter“, waren seine letzten Worte. – Fünf Minuten später raste sein Piper gegen die steil abfallende Felswand knapp unterhalb der Passhöhe. Im freien Fall stürzte die Maschine 300 m in die Tiefe und schlug dann auf einem Felsvorsprung auf. Die Wucht des Aufpralls löste eine kleine Schneelawine aus, welche die Trümmer weitere 300 m herunterriss. Auf einem schmalen Eisband oberhalb des Bifertengletschers zerschellten dann die Trümmer in tausend Stücke.“

 

Augenzeugen gabe es keine. Als der Hüttenwart etwa um 15 Uhr 45 an H.C. meldete, das Flugzeug sei bei der Planuarhütte nicht eingetroffen, nahm man an, R. F. habe sich entschieden, wegen der aufkommenden Bewölkung auf eine Landung zu verzichten und fliege durch das Vorderrheintal hinunter, um so nach Mollis zurückzugelangen. Als aber um 17 Uhr immer noch keine Kunde über den Verbleib des Flugzeuges vorlag, erkundigte sich H.C. telefonisch, ob die Piper in Ragaz gelandet sei.  Sofort nach seiner eigenen Landung alarmierte  H.C. die Flugsicherung in Kloten.

 

In der Folge fanden aufwendige Suchaktionen statt, die aber durch schlechtes Wetter sehr erschwert waren.  Einsatzleiter war Direktor A.B., ihm zur Seite der eingangs erwähnte E.F . Im Bericht heisst es weiter: „Die Unfallstelle konnte erst nach zweitägigem Suchen entdeckt werden, da das Flugzeug in kleinsten Stücken am Fuss einer hohen Wand unter einem Schneerutsch lag. Bergführer Emil Reiser, Netstal, als Beobachter im Armee-Helikopter Alouett III V-204 des Adj. Uof. Amsler sichtete hoch in der Wand einen kleinen Schneerutsch, den er als unnatürlich bezeichnete. Der Fuss der Wand wurde aber erst am Dienstagabend frei, und die Überreste konnten erst aus einer Distanz von zehn Metern beobachtet werden.“  Mehrere Helikopter, Flugzeuge und eine elfköpfige Suchpatrouille zu Fuss, diese in vier Gruppen,  waren im Einsatz. Ein umfangreiches Dossier, mit Untersuchungsergebnissen, aber auch den administrativen Umtrieben mit den Versicherungen und Ämtern, sind Zeugen des traurigen Ereignisses am Biferten.

 

Der Pilot Rolf F. hinterliess Ehefrau und drei Kinder, der junge Bildhauer Manfred Sch. seine Ehefrau und einen zweijährigen Sohn, der Schreinerlehrling Josef Sch., Sohn eines Skilehrers und Bergführers war erst 15-jährig.  Ziemlich genau acht Jahre davor, am 29. Juli 1958, war ebenfalls am Biferten dessen Cousin Urban Sch. (4) mit seinem Studienkollegen beim Bergsteigen tödlich verunfallt.

 

Vierzig Jahre sind vergangen. Noch heute ist der Schreckenstag im Gedächtnis des älteren Generation präsent. Geblieben ist das Leid der Betroffenen.

Droben steht die Planuarahütte auf 2947 m, die höchstgelegene Klubhütte der Ostschweiz. Zu Ihrer Geschichte gehört das tragische Schicksal der drei, die für ihren Um- und Ausbau Fronarbeit leisten wollten.

 

Auf 2111 m am Fusse des Tödi steht die Fridolinshütte.  Ein Stunde von dieser entfernt auf 2448 m die nicht mehr bewartete, schon 1863 erbaute älteste SAC-Hütte der Schweiz die Grünhornhütte.

Auf 1990 m befindet sich unweit des Vrenelisgärtli die Glärnischhütte. Im Freiberg Kärpf auf 2273 m die Leglerhütte, die nächstes Jahr für 1,5 Mio Franken umgebaut wird.

Zu erwähnen sind weiter: die Martinsmaadhütte 2002 m im Sernftal, die Muttseehütte 2501 oberhalb LInthal, und Claridenhütte 2453 südostlich des Gemsfairenstocks der SAC-Sektionen Randen, Winterthur und Bachtel. 2006 ist das Jahr der Hütten

Alle haben ihre Geschichte und Geschichten in der eigenen Welt der Berge.

Bis bald! Ihr Pankraz F.

 

(1) Überarbeitete Fassung meiner Kolumen "Dies und Das" im  "Fridolin" Nr. 29, 20. Juli 2006, Frontpage.

(2) Schwitter Josef Fridolin, Schreinerlehrling, *9. Januar 1961, +24. Juli 1966.

(3) Schwitter Manfred, Steinmetz, *21. November 1935, +24. Juli 1966

(4) Schwitter Urban Kaspar, Student, *18. November 1939, +29. Juli 1958.

 

PS: Hinweis. Lesenswerter Beitrag. 

Kuhn-Baer Madeleine: "Vor 50 Jahren: Tragischer Flugunfall im Tödigebiet", in: Glarner Woche, Nr.28, 13. Juli 2016, Seite 1-3.

(nach Erinnerungen von Wildhüter Hans Fischli, Mitglied der Rettungskolonne)

 

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                 Peter Camille Borer

               Hongkong

 

 

                 Einst Näfelser Kindergärtler auf Zeit -

                 heute Chef von rund 9000 Mitarbeitern  

                 in der Luxushotellerie weltweit

In der Ausgabe vom 20. Juni 2016,  Seiten 30-35, des "Migrosmagazin" unter der Rubrik "Ausgefallene Hotels in aller Welt" ist ein ausführliches Interview mit Peter C. Borer veröffentlicht. Unter dem Titel "Erpressen lassen wir uns nicht" gewährt Peter C. Borer Einblick in sein Imperium der Luxushotellerie auf der ganzen Welt. Peter C. Borer war 2008 auf "Heimurlaub" im "Schwert" Näfels, wo er aufgewachsen ist. Unvergessen ist die "Borer-Ära" mit Gerold und Ruth Borer, mit schweizweit bekannter Qualitätsküche vom Feinsten.  Damals ist der folgende Kolumnebeitrag entstanden. Peter C. Borer telefonierte nach dem Tod seines Vaters Gerold mindestens einmal pro Woche mit seiner Mutter Ruth und hat seine rührende Verbindung bis zu ihrem Tod gepflegt.

   Peter Borer auf "Heimurlaub". Er berichtet vor staunendem  Publikum im  Schwertsaal in

   Näfels in Wort und Bild.

 

Hoher Besuch bei der JCI Glarus (Junior Chamber International Glarus) am letzten Donnerstag, 22. Mai 2008. Peter C. Borer, COO der Peninsula Hotels entzückt die Zuhörer im Hotel Schwert in Näfels mit seinem packenden und interessanten Referat über seine Leidenschaft. Der Interclub-Anlass der JCI Glarus vom 22. Mai durfte viele Gäste anderer Service-Clubs zu einem interessanten Referat begrüssen. (Text und Foto: www.glarus24.ch)

COO = Chief Operating Officer (Der COO leitet das operative Geschäft des Unternehmens und ist verantwortlich für die Qualität und die Wettbewerbsfähigkeit der Dienstleistungen, die das Unternehmen am Markt anbietet. Er  koordiniert die Etablierung am Markt, wobei auch die operativen Teilbereiche des Marketings und Vertriebs in seinen Aufgabenbereich fallen können. Hierbei muss der COO jedoch keine strategischen Entscheidungen über die Ausrichtung und Positionierung treffen, sondern dafür Sorge tragen, dass alle Abläufe einwandfrei koordiniert werden und das Alltagsgeschäft reibungslos funktioniert.)

aus: (http://www.gruenderszene.de/lexikon/begriffe/chief-operation-officer-coo)

 

Eingangspartie Hotel Peninsula Hongkong

(Foto: http://www.tracygallagher.com/tag/peninsula-hotel)

 

Luxus, Komfort, Service vom Feinsten

oder

Peter C. Borer - vom „Schwert“ Näfels ins „Peninsula“ Hongkong (1)

 

Wirkliche Promis kommen mit dem Hubschrauber, landen auf dem Dach und schweben mit dem Lift in die Tiefe zu ihrer Luxus-Suite; wer sich nicht herfliegen lässt, entsteigt einem der 14 Rolls Royces und betritt eine der schönsten Hotelhallen in Fernost - die Lobby des „Peninsula“ in Hongkong. Schneeweiss gekleidete Pagen mit ebenso weisser „Pillenbox“ auf dem Kopf öffnen die Glastüren des Glanz- und Glamour-Hauses am Platz, das die Stammgäste nur „The Pen“ nennen. Das Nobelhaus ist eines der besten Luxushotels der Welt. Dabei wurde diese „Grand old Lady of Hong Kong“ in diesem Jahr achtzig Jahre alt. Zu ihrem 66. Lebensjahr erhielt sie für 120 Millionen US-Dollar einen 30 Etagen hohen Turmaufbau mit Suiten, die ein fantastische Aussicht auf das Lichtermeer der Skyline freigeben. Sie gehören zu den spektakulärsten in Hongkong und den luxuriösesten weltweit.

 

Mit 300 Räumen! 246 Zimmern und 54 Suiten verschiedenster Kategorien vom 50 m2- Zim- mer bis zum Prunkstück, der Peninsula Suite, auf dem 25. und 26. Stock, mit 370 Quadrat-metern auf zwei Etagen, eigener Küche und Fitnessstudio, nicht protzig, sondern „mit luxuriösem Understatement und perfektem Komfort“. Das will sagen, in allen Zimmern gibt es ausgefeilte Technik. Vorhänge lassen sich per Knopfdruck vom Bett aus bewegen und enthüllen zur Hafenseite einen der „grandiosesten Ausblicke dieser Erde“, so „Der Spiegel“, „.. auf Kreuzfahrtschiffe und die altertümlichen Doppeldeckerfähren der „Star-Ferry“ im grünen Wasser von Victoria Harbour“ vor „dem engen Granitfelsen von Hongkong Island mit einer ganzen Versammlung glitzernder Wolkenkratzer“. Per Knopf und Fernbedienungs-Elektronik steuert der Gast fast alles, Licht, Temperatur, Service, TV, Telefon, Fax....sogar, das von ausserhalb des Raums zugängliche Schuhfach, ruft durch Gewichtssonden den Schuhputzservice herbei. (Einzelzimmer kosten derzeit je nach Ausstattung 429-1618 Franken für zwei Nächte ohne Frühstück.)

 

Über diese unvergleichliche Luxus- und Komfort-Welt wacht Peter Camille Borer, 55-jährig, als jüngstes Kind aufgewachsen im „Schwert“ Näfels mit Schwester Rosmarie und Bruder Geri, der unvergesslichen Hoteliersfamilie Gerold und Ruth Borer.

 

Angefangen hat es mir der Verweigerung, den Kindergarten zu besuchen. Nach dem ersten Tag fand der kleine Peter, das sei nicht sein Ding und beauftragte, die Magd: „Luisli, hol mer d Tigerfinggli wider zrugg. Ich guh nümmä.“ Entscheidungsfähigkeit und klare Dienstanweisung zeigte Peterli also schon im Vorschulalter. Anderseits arbeitete er mit dem Personal mit, putzte, staubsaugerte, half mit beim Mise en place. Dabei beanstandete er einmal, als dreissig Bünderfleischplatten aufgetragen wurden: „Härrschaft, wo isch pPfäffermüli?“. Beobachtungsgabe und Sinn für Perfektion schienen ihm schon damals eigen. Dass er sich von Autoritäten nicht ins Boxhorn jagen lässt, bewies er beim Besuch des Samichlaus. Dieser beanstandete, wenn so kleine Buben schon staubsaugern wollen, so sollen sie es gefälligst unterlassen, auch noch auf frisch gewaschenen Böden Wasser zu saugern. So gingen Staubsauger kaputt! Einen hätte er bereit geschlissen! Der Schmutzli scharrte und zeigte Sack und Fitze. Peterli antwortet nach kurzer Überlegung: „Aber, gäll, Samichlaus, fluumärä törff i nuuch!“. Der kleine Tausendsassa war schon  Menschenken- ner, suchte in jeder Situation eine Alternative und hatte bereits damals einen Blick für das Leid. Als er eine arme Frau in der benachbarten Metzgerei, nur das Einfachste einkaufen sah, liess er nicht locker, bis ihr seine Eltern diskret einen Einkaufsgutschein zusteckten.

 

Die Primarschule durchlief er im Rautidorf, die Klosterschule bei den Kapuzinern ebenda. Er stach nicht als Eliteschüler hervor. Schule war für ihn Pflichtübung, auch die Geigen-stunde besuchte er nur, weil er musste. Dagegen zeigte er im Hotelbetrieb immer grösstes Interesse und wollte mitarbeiten.

 

Lerneifer und Lernfreude entwickelte er im Gymnasium Dr. Buchmann in Zürich, wo man es verstand seinen Ehrgeiz anzustacheln und ihn zu motivieren. Er absolvierte die Hotelfach-schule in Lausanne mit Bravour, später auch die Hotel School of Administration an der Cornell Universität in New York, und holte sich in Stages und Stellen im „Eden au Lac, Zürich, Victoria Jungfrau, Interlaken, Tschuggen, Arosa, in Frankfurt am Main und im „Pöschtli“, Davos, wertvolle Erfahrungen. - 1981 trat er in das „Peninsula Hongkong“ ein, wurde dort 1994 Generaldirektor, und wuchs in die ganze Peninsula-Group hinein. Seit 2004 trägt er als Chief Operating Offizer (COO) von Hongkong aus die Gesamtverantwor- tung für 7000 (heute rund 9000) volluniformierte Angestellte aus 60 Nationen und für die acht Luxushotels, nämlich Hong Kong, New York, Chicago, Beverly Hills, Bangkok, Peking, Manila, Tokio, Shanghai, das 2009 den Betrieb aufnimmt, und weitere Unternehmen.

 

Seine Karriere vom Kindergartenverweigerer bis zum Vordenker, Stratege und Gesamt-verantwortlichen hat die sich schon in der Kindheit zeigenden Charaktereigenschaften nicht verändert, sondern zur Ausgestaltung gebracht. Peter Camille Borer ist unkompliziert, tritt schlicht auf und präsentiert Superlative mit coolem Understatement auf höchstem Niveau. Er beobachtet lieber, als im Rampenlicht zu stehen. Er scheint Sachverhalte unerbittlich zu durchdringen, bis ins winzigste Detail zu analysieren, Entscheidungen zu treffen und mit Konsequenz durchzuführen. Natürlich ist er von seinem Metier nicht nur fasziniert, sondern angefressen bis ins Mark. Er nennt das Leidenschaft (Passion).

    

Charity gehört zur Peninsula-Philosophie und drückt sich in 40 Wohltätigkeits-Projekten in Asien aus. Die sehr beachtlichen Kosten will man aber diskret halten. Der ehemalige Knirps, der für die arme Frau zu Essen besorgte, sammelte persönlich für die Geschädigten der jüngsten Naturkatastrophe in Fernost.

 

Zum Peninsula-„brand“ (unverwechselbaren Markenzeichen mit bestimmten Qualitäten) gehören Wellness-Oasen, Gesundheits-, Schönheits- und Fitness-Center (1600 m2) genau- so wie die Umsetzung von Tai Chi (Meditation), Feng Shui (Baukunst) oder die Peninsula-Akademie mit kulturellen, kulinarischen und touristischen Angeboten, etwa chinesische Kalligraphie, traditionelle Medizin oder Einkaufs- oder Sightseeing-Trips in Hongkong. Mehrere Restaurants, Bars, eine Batterie von Einkaufsläden, runden die Peninsulawelt ab. „Die ersten sechzig Sekunden sind bei der Ankunft des Gastes die wichtigsten“, so Borer, „Was wir beim Gast hier verpassen, muss man sehr aufwändig wieder einholen und das ist sehr teuer.“- „Wichtig sind aber auch die letzten 60 Sekunden!!!“

 

Die Peninsula Gruppe gehört zur „The Hongkong and Shanghai Hotels Ltd.“

 

Das Ergebnis aus dem ganzheitlichen „Peninsula-Spirit“ sind 4,5 Milliarden Hongkong Dollars Umsatz im letzten Jahr und rund 1 Milliarde Gewinn. „Wir schämen uns nicht, auch Geld zu verdienen, denn wir bieten dem Gast einen ganz besonderen Gegenwert. Alle Mit- arbeiter sind darauf getrimmt, dem Gast jeden Wunsch von den Augen abzulesen.“ Überspitzt gesagt: Die „Peninsulaner“ kennen die Bedürfnisse ihres Gastes so gut, dass sie seine Wünsche erfüllen, eher er sie überhaupt ausgesprochen hat.                                                                                                                                             Bis bald! Ihr Pankraz F.

 

PS.: Wer den Jahresbericht 2007 als Video mit den Porträts u.a. auch von Peter. C Borer sehen möchte, tippe ein: www.hshgroup.com und klicke auf der rechte Bildseite auf View webcast.

 

(1) Überarbeiteter Text meiner Kolumne "Dies + Das+ im "Fridolin", Schwanden, Nr. 22, 29. Mai 2008, Frontpage.

      Beachten Sie auch die Hommage bei Peter C. Borers Besuch in Näfels 2008, die ich im Auftrag seiner Mutter Ruth Borer

      geschrieben  und am Anlass im "Schwert" vorgetragen haben unter der Wochenrubrik "Frisch vum Fridli".

The Peninsula Hongkong - Luxus vom Feinsten

Foto: http://www.lightbluetravel.co.uk/hotel/peninsula-hong-kong-hotel-hong-kong.html

 


Aus aktuellem Anlass habe ich zwei Kolumnentexte ausgegraben und hier eingerückt:  "Sant Antoni, hilf mer suächä! Legenden und Wirklichkeiten - rund um einen Volksheiligen" Montag, 13. Juni 2016 Franziskanerkloster.

 

1. Der verlorene Schal oder Sankt Antonius als Fahnder ?

2. Antonius und meine Lesebrille

 

 

Der verlorene Schal

oder

Sankt Antonius als Fahnder? (1)

 

Freitagabend, 23. November 2012, Pfarreiheim Lachen SZ, etwa halb acht Uhr.

 

Der „Verein für Familien- und Personenforschung March und Nachbarregionen“ tagt im Pfarreiheimsaal. Ich habe die grosse Ehre, Gastreferent zu sein. Soweit der Rahmen.

 

Im Foyer befindet sich eine Garderoebe aus Aluminium, viel zu klein für die über 60 An- wesenden und von Mänteln überladen. Ich finde am Rand noch einen Haken und hänge meinen Mantel daran. Dann begebe ich mich in den Saal, bemerke aber, dass ich meinen Schal noch umgehängt habe und gehe deshalb nochmals zur Garderobe zurück und schiebe – was man nicht machen soll – den zusammengelegten Schal in das eine Ärmelloch.

 

Zeitsprung. Nach dem Vortrag darf ich ein Dutzend Teilnehmerinnen und Teilnehmer zu einem unweit entfernten Thai-Restaurant zu einem kleinen Imbiss begleiten. Nach fröhli- cher Runde und herzlicher Verabschiedung suche ich mein Auto auf, lege meinen Mantel auf den Hintersitz und… vermisse meinen Schal. Herrschaft, wo habe ich den liegen lassen?! Nun beginnt die eigentliche Geschichte.

 

Zuerst fahre ich zum Thai-Restaurant zurück: nichts. Dann stelle ich mein Auto ab und gehe zu Fuss durch die verwinkelten, stockdunklen Strässchen und Gassen und finde nach einigem Suchen das Kirchgemeindehaus wieder. Die Türe ist sogar noch offen, auch bei der Garderobe: nichts. Ich mustere den Weg zurück zum Thai-Restaurant: nichts. Dann irre ich in der Dunkelheit umher, mein Auto zu finden. Erst nachdem ich einer Gruppe ausgelas- sener Spätheimkehrer folge und ständig auf dem Druckknopf des Autoschlüssel drücke, blinken die Lampen an meinen Auto.

 

Anderntags telefoniere ich dem Thai-Restaurateur, dem Präsidenten des Vereins, dem Kirchenverwalter und einer Teilnehmerin… alle drücken ihr grosses Bedauern aus und haben gut Tipps. Ich kann meine nochmalige Hinfahrt mit einer andern Besorgung verbin- den und suche das besagte Haus erneut auf: Garderobe: leer, Weg zum Thairestaurant: nix, das Thai-Restaurant ist geschlossen.

 

Da fällt mir meine liebe Mutter selig ein, die oft geschworen hat, alles Verlorene dank Sankt Antonius wieder gefunden zu haben. Na gut: „Lieber Sankt Antonius, hilf mir den verlorenen Schal suchen.“  Eine Bekannte, der ich die Geschichte erzähle, mahnt mich zur Geduld: „Hee,  gib dem Antonius etwas Zeit!  Wart’s mal ab!“

 

Mit Erstaunen stelle ich fest wie viele Menschen ebenfalls den heiligen Antonius bitten, Verlorenes zu „suchen“. Offensichtlich sind Hilferufe an ihn sehr erfolgreich und er scheint ein gefragter Mann.  Wohl deshalb befinden sich in vielen Kirchen nach wie vor Opferstöcke mit der Inschrift: „Für St. Antonius!“

 

Mittlerweile hat der Kirchenverwalter auch die Pfarramtssekretärin eingeweiht.

Doch der Schal bleibt verschwunden. Der Grund meines Suchens, ist  nicht einfach der Schal, ich hätte mir ja  im nächsten Fachgeschäft leicht einen neuen erstehen können, nein, der Schal ist ein Geschenk und mit Werten verbunden, die man nicht einfach kaufen kann.

 

Ein paar Tage danach treffe ich zufällig auf zwei Personen, mit denen ich schon seit Jahren freundschaftlich verbunden bin. Wir kehren für einen kurzen Schwatz ein. Dabei erzähle ich vom verschwundenen Schal und vom heiligen Antonius, der sich immer noch nicht gemeldet hätte.  Auch sie ermuntern mich zur Geduld. Zwei Tage später läutet der Gepäcksbote und überrascht mich mit einem kleinen Paket. Ist das nun die Antwort des Antonius?  Zwei nigelnagelneue Schals und ein lieber Brief kommen zum Vorschein! Absender: meine Freunde vom Kaffeeschwatz!  Mittlerweile habe ich mir selber auch einen gekauft. 

 

Unglaublich – am selben Nachmittag fliegt mir eine E-Mail ins Haus, abgeschickt um 16:11 Uhr mit folgenden Text: „Alleluja, ich glaube Dein Anliegen wurde erhöht. Vor 20 Minuten telefonierte mir die Sekretärin des Pfarreiheims, dass heute ein Schal gefunden wurde. Allerdings etwas mit Laubblättern versehen. Im Aussenbereich hat ihn wohl der Finder auf eine Gartenhecke gelegt und das Objekt hat folgende Masse: ca. 240 cm lang x 15 cm breit, ca. 200 gr leicht mit dunkler Grundfarbe und roten, braunen und grauen Streifen und dürfte Deinen Beschreibungen entsprechen. Er befindet sich nun bei mir zuhause. Ich wollte Dich soeben telefonisch über dieses schöne Ereignis informieren, konnte Dich jedoch nicht erreichen. Da es nächste Woche sehr kalt wird, könnte ich Dir diesen auch per Post zustellen. Inzwischen herzliche Grüsse…“ Es ist der Kirchenverwalter.

 

Sarabitzgi! Postwendend rufe ich zurück, ich würde den Schal am übernächsten Tag bei ihm abholen. Lachend meint er noch, den Schal horte er einstweilen in seinem Kassenschrank, damit er nicht nochmals verschwinde… Bei meiner Abholaktion überreiche ich dem getreuen Kirchenverwalter eine Glarnerpastete mit einer Zeichnung und folgenden Worten; „Die Story, ach, ist sehr fatal, / begann halt just im Kirchg’mäindsaal, / im löblichen Ort in Lachen unden, / wo, ach, mein Schal so jäh verschwunden.“ und fügte noch dazu: „Ich danke dir viel tausend Mal,  für den gefund’nen Wunderschal, / der Sekretärin nuch ä Chuss / vum häiligä-n-Antonius!/ Dies ausgerechnet, sappermänt, am ersten Sonntag im Apfänt!!!“

 

Natürlich könnte man jetzt nach Kausalitäten und logischen Folgen von Ursachen und Wirkungen fragen. Sie werden mir aber zugeben müssen, dass am überzeugten Bekenntnis meiner lieben Mutter, alles Verlorene dank Sankt Antonius wiedergefunden zu haben, etwas dran sein muss. Wie Figura zeigt, scheint es beim verschwundenen Schal von Lachen zu klappen.

 

Freudig folge ich dem Kirchenverwalter in dessen gemütliche Wohnung zu einem Apéro und zur Übergabe des gefundenen Schals. Juhee, der verlorene Schal würde nun den einst Beschenkten wieder finden und ihm so zum zweiten Mal geschenkt! Antonius sei Dank… und allen, die mitgewirkt haben!

 

Denkste! Halten Sie sich fest! Als mir der Schal übergeben wird, muss ich zur Enttäuschung des Kirchenverwalters feststellen: „Nein, das ist nicht mein Schal!“ Der Apéro mundet trotzdem. Der Schal lässt noch auf sich warten, aber seinetwegen habe ich neue freundschaftliche Menschen gefunden.

 

Nur, liebe Mutter, bestimmt wird sich Antonius noch bemerkbar machen, Unmögliches erledigt er sofort, kleine Wunder dauern etwas länger…

 

Bis bald! Mit warmen Hals und ohne „schalen“ Nachgeschmack.     Ihr Pankraz F.

 

(1) Überarbeiteter Text meines Beitrag im "Fridolin", Nr. 48, 13. Dezember 2013

 


Antonius und meine Lesebrille

 

Am Samstag nach Antoniustag 2013, hatten die Franziskaner, die 1986 das  Kapuziner- kloster auf dem Burghügel zu Näfels übernommen hatten, eine schlichte Antonius-Andacht angesagt, aus Anlass „750 Jahre Antonius mit intakter Zunge“ besonders gefeiert und im Anschluss auf der herrlichen Dachterrasse Antonius-Klostersuppe angesagt.

 

Traumhaft schönes Wetter, eine leckere Suppe mit Käse und Getränken und viel Volk machten ein gutes Bild. Meine Wenigkeit liess sich das nicht entgegen. Herzhaft löffelte ich von der vorzüglichen Klostersuppe im Kreise fröhlicher Tischgenossinnen und -genossen.

 

Als ich mich wieder verzogen hatte, um noch ein paar Lebensmitteleinkäufe für das Wochenende zu tätigen, bemerkte ich zu Hause, dass meine Lesebrille, die ich an einem Schnürchen auf der Brust trage, fehlte.

 

Ich kehrte zurück zum Einkaufs-Center, fragte an der Kasse, inspizierte die Parkplätze: Nichts! Dann konnte ich sie nur bei der Klostersuppe verloren haben. Flugs rannte ich die 77 Stufen zum Kloster nochmals hoch, suchte die Kirchenbank ab, in der ich gesessen hatte ab: Nichts. Dann begab mich durch die immer noch offene Türe zum Klostergarten auf die Terrasse. Dort war bereits aufgeräumt. Aber P. Gottfried Egger OFM, ein vorzüg-licher Antoniuskenner und Autor eines Antoniusbuches, das damals noch im Druck war, unterhielt sich mit den letzten Gästen. Ich klagte ihm mein Leid. Gemeinsam reckten wir die Hälse und kauerten zu Boden, um nach der vermissten Brille Ausschau zu halten: Nichts!

 

Resignierend meinte ich: „Jänu, dann werde ich mir halt eine neue Brille besorgen“.

 

Doch als wir auf dem schmalen Kiesweglein dem Ausgang zustrebten, riet man mir: „Du musst dem heiligen Antonius etwas versprechen! Der hilft und findet alles!“ Ich raunzte zurück: "Jaja, der ist auch mehr so kostengünstig wie früher! Der will immer nur Geld!" - Schmunzeln in der Runde.

 

Dann entfuhr mir eine Aufschrei: „Heee, beinahe wäre ich auf meine Brille getreten!“ Sie lag im Kies direkt vor meinen Füssen. P. Gottfried neben mir wurde zum Augenzeugen. Ver- blüfftes Gelächter!

 

Natürlich musste ich dann schandenhalber im Kloster nach der Antoniusopferbüchse fragen, die ausgerechnet Br. Antonius Fehr verwaltete! Ich erzählte ihm die ganze Geschichte und schob dann zu dessen Freude ein Nötli in den Schlitz der Büchse.

 

Zu Br. Gottfried meinte ich dann: "Bei der nächsten Predigt über den heiligen Antonius kannst du ja einflechten, ein ehemaliger Gemeindepräsident hätte sich bei dir beschwert, Antonius arbeite auch nicht mehr so kostengünstig wie früher, sondern wolle dauernd nur Geld! Und in selben Moment sei die gesuchte Lesebrille vor dessen Füssen im Kiesweg des Klostergartens zum Vorschein gekommen!" P. Gottfried lachte: „Ist gut, ich werde das morgen in meine Predigt einbauen…“

 

Fazit: Meine Mutter selig hat halt immer noch recht: Wenn immer du etwas vermisst, Antonius wird es finden! Für diesmal stimmte es…


Martin Böni - eine Generation lang Sigrist in Näfels

oder

Profi im Dienste der Pfarrei Näfels

 

Sakristan, Messmer, Küster oder Sigrist, wie wir hierzulande zu sagen pflegen,  ist ein aus- sergewöhnlicher Beruf. Er ist gewissermassen der Hausmeister der Kirche und kirchlicher Anlagen, verantwortlich für die Wartung, Reinigung, die Veranlassung von Reparaturen, be- hilflich für Veranstaltungen z.B. Kirchenkonzerten, Bestuhlung, Elektroanschlüssen, Betreu- ung der Lautsprecheranlage und Beheizung.

 

Grosse Sorgfalt verrichtet er bei der Schmückung der Kirche mit Blumen, der Wartung und das Anzünden und Auslöschen der Kerzen. In der Sakristei verstaut er Messgewänder, Tuniken, Ministrantenkleider, pflegt und versorgt die Gerätschaften für den Kult, ist oft auch Wächter des Kirchenschatzes mit Monstranzen, Reliquien, Weihrauchfässern. Er verwaltet den Messwein. Oft ist er Telefonist zum Pfarrhaus, zur Orgelempore oder Kirchenmann, der nach aussen kontaktiert.

 

Für das Kirchenvolk ist er sichtbar als Mitwirkender beim Kult, etwa Lektor, Messdiener, Kreuz- und Fahnenträger, er bringt und holt die Opferkörbe bei Kollekten. Er tritt dienend auf bei Taufen, Hochzeiten und Beerdigungen, natürlich auch am Weissen Sonntag für die Erstkommunikanten oder bei Firmungen.

 

Eine ganz besondere Aufgabe ist die Bedienung des Kirchengeläutes nach vorgeschrie- bener Läutordnung. Aktiv ist er als Vorbeter bei Rosenkranzandachten. Dazu kommen auch zusammenhängende Administativaufgaben wie Bestellen und Besorgen von Materialien, Meldungen an Pfarramt und Kirchenrat. Mitunter wird er auch eingesetzt für die Instruktion, für Einsatzpläne und Betreuung der Ministranten.

 

In der Regel verlangen die Kirchenbehörden bei Anstellungen eine Handwerksausbildung und abgeschlossene Lehre. Eingeführt werden angehende Sakristane durch Ausbildungs- kurse des Schweizerischen Sakristanenverbandes, der immer wieder Weiterbildungstage anbietet und ein vielseitiges Kurswesen pflegt.

 

Solche Aufgaben führte Martin Böni-Mahler während rund dreissig Jahren aus. Er trat seine Stelle als Sigrist am 1. Februar 1987 an und wird am 7. Juni 2016 in den Ruhestand treten. Seine Sakristanenausbildung erhielt er in Einsiedeln unter Leitung von P. Othmar Lusten-berger OSB.

 

Er diente unter den Pfarrherren Jacques Stäger, Martin Mätzler, Pius C. Bosak und Harald Eichhorn, zwischenzeitlich dem Pfarradministrator P. Ljubo Leko, OFM, Pfarrer von Netstal. Ferner: Kaplan Jakob Fäh und den Vikaren Andreas Rellstab, P. Joseph Mbuyl und P. Dr. Sebastian Thayyil.

 

Während seiner Anstellung waren im Bistum Chur im Amt: Die Bischöfe Dr. Johannes Vonderach, Wolfgang Haas, P. Amédée Grab OSB und Dr. Vitus Huonder. Dem Kirchenrat standen vor Kurt Scherrer und Daniela Gallati.

 

Zu den Highlights seiner Dienstzeit zählt Martin Böni die unvergessliche Primiz von Br. Leonhard Wetterin, OFM, Kloster Näfels, an der im Chor der Kirche rund 50 Priester an- wesend waren. Einmalig dürfte 2000 der Besuch des Bischofs von Poitiers, Albert Rouet, dem letzten direkten Nachfolger des Heiligen Hilarius, sein, zu dem sich auch Bischof Amédée Grab OSB, Chur,  gesellte. Zwei Bischöfe gleichzeitig in der Hilariuskirche Näfels war wohl ein Jahrhundertereignis. Martin Böni war auch dabei, als eine Vierzigschaft im Jahr darauf zu einem Gegenbesuch nach Poitiers reiste.

 

Vor seiner Anstellung hatte Martin Böni beim Elektrizitätswerk Näfels von 1968-72 die Lehre absolviert, war dort zunächst in der Installationsabteilung und später in der EW- Zentrale Risi tätig.

 

Martin Böni war 1991-2006 Präsident der Sakristanenvereinigung Glarus und Ausser-schwyz und von 2006-15 Zentralpräsident des Schweizerischen Sakristanenverbandes mit 20 Sektionen und rund 1400 Mitgliedern.

 

Martin Böni-Mahler war das dritte Kind von Alfred und Bertha Böni-Gallati, selber Sigrist von 1964-77. Sein ältester Bruder ist Pfarrer in der St. Gallus-Pfarrei in Zürich.

 

Verheiratet mit Beatrice Böni-Mahler erfreut er sich zweier erwachsener Kinder und dreier Enkel.

 

Alter Tradition gemäss wünsche ich dem Sigristen Martin Böni zum Beginn des Ruhestandes ein herzhaftes "Ad multos annos!"

Bis bald! Ihr Pankraz F.                                                            2. Juni 2016 /  6

 

 

Die letzten vier Näfelser Sigristen waren:

 

Willi Schwitter-Landolt (1932-64),

Alfred Böni-Gallati (1964-77)

Fritz Müller-Fischli  (1977-86) und

Martin Böni-Mahler (1987-2016)

 


An hohen Festtagen,

an Wallfahrten und an Prozessionen

trat der Sigrist in der Farb

(Glarner Farben rot-weiss-schwarz) auf.

(Foto: Archiv Fridolin Hauser)

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Die Pfarrei nimmt am Sonntag, 4. Juni 2016 - 09.15 Uhr - im Hochamt offiziell Abschied von ihrem langjährigen Sigrist in  der Pfarrkirche St. Hilarius Näfels.

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Rösli Näf

                           Geboren am 9. Mai 1911 in Glarus

                           Gestorben am 15. September 1996 in Glarus

            

 

Eine Glarnerin als Flüchtlingsmutter         

oder

Krankenschwester Rösli Näf als Rot-Kreuz-Kinderhelferin

               

Sie war die Tochter eines Kondukteurs, geboren 1911, und wuchs mit drei Geschwistern in Glarus auf. Nach dem üblichen Besuch der Primar- und Sekundarschule arbeitete sie als Dienstmädchen in Genf, Lugano und zwei Jahre in England, um sich Französisch, Italienisch und Englisch anzueignen. Um Krankenschwester zu werden war sie in einem Davoser Sanatorium, in einer psychiatrischen Privatklinik in Meirin-gen, ehe sie an der Psychiatrischen Uniklinik Zürich (einst „Burghölzli“) abschloss.

 

Als 26-jährige arbeitete sie etwa zwei Jahre beim Urwalddoktor Dr.  Albert Schweizer in Lambarene. Zurückgekommen meldete sie sich bei der „Schweizerischen Arbeits-gemeinschaft für kriegsgeschädigte Kinder“, (ab 1942 „Kinderhilfe des Schweizerischen Roten Kreuzes“). Dort wurde sie Leiterin der Kinderkolonie im „Chateau de la Hille“ in der Nähe von Toulouse in Südfrankreich. Etwa 100 vorwieged jüdisch-deutsch Flüchtlings-kinder fanden dort Obhut.

 

Als sie im Sommer 1942 erfuhr, 45 über 16-jährige jüdische Jugendliche seien von La Hille von der französischen Polizei ins Interniertenlager Le Vernet gebracht worden, um später nach Deutschland deportiert zu werden, fuhr sie dorthin, verschaffte sich Zutritt und blieb solange bei ihnen, bis sie sie wieder nach La Hille zurückführen konnte. Rösli Näf inter-venierte in Bern und wollte erwirken, dass die gefährdeten Jugendlichen in der Schweiz Sicherheit fänden, was scheiterte, weil die Deutsche Wehrmacht Südfrankreich besetzte. Da Ende 1942 die jüdische Bevölkerung aufgefordert wurde, sich bei den Behörden zu melden, verhalf Rösli Näf Kindern und Jugendlichen zur Flucht. Teils flohen sie über die Pyrenäen, teils fanden sie Unterschlupf bei französischen Bauern, Mädchen konnten in einem Kloster untertauchen. Einige schlossen sich der Résistance an, eine Zwanzigschaft erreichte heimlich die Schweiz. Da Rösli Fäh mit zwei weiteren tapferen Frauen mit dieser Fluchthilfe den Neutralitätsgrundsatz des Roten Kreuzes verletzt hatte, wurde sie vom Schweizerischen Roten Kreuz versetzt. 1943 kam sie in die Schweiz zurück.

 

Zunächst half sie in der Kinderkolonie der Pro Juventute für Gastkinder in Oberägeri. Dann wurde sie Vizeleiterin des „Centre Henri-Dunant“ in Genf. Dieses war im Herbst 1942 im ehemaligen „Hotel Carlton-Parc“ eingerichtet worden und nahm bis Ende 1945 insgesamt über 30 000 Kinder auf.

 

Rösli Näf wirkte später beim Aufbau und der Leitung des Bildungsheim Neukirch an der Thur im Kanton Thurgau mit. Nachher wanderte sie nach Dänemark aus und bewirtschaftete dort einen Bauernhof.

 

Doch 1953/54 arbeitete sie wieder in Lambarene.

 

Erst 1987 kehrte sie Glarnerland zurück und soll sich da bis zu ihrem Tod (1996) in ihrem Bekanntenkreis um Kranke und Betagte gekümmert haben.

 

Verdiente Ehrung wurde ihr 1989 zuteil. Sie erhielt sie den Ehrentitel „Gerechte der Völker“

("Chassid Umot ha-Olam") Dies ist ein in Israel nach der Staatsgründung 1948 eingeführter

Ehrentitel für nichtjüdische Einzelpersonen, die unter nationalsozialistischer Herrschaft

während des Zweiten Weltkrieges ihr Leben eingesetzt hatten, um Juden vor der Ermordung zu retten. Die Hauptkriterien für die Vergabe waren zu erfüllen:

1. Konkrete und bezeugte Rettungsaktion für Juden oder Teilnahme an einer solchen.

2. Eingegangenes persönliches Risiko.

3. Ohne Gegenleistung für die gewährte Hilfe.

4. NNicht-jüdischer Abstammung (der zu ehrenden Person).

 

Zwei Filmdokumente geben Einblick in die damalige Flüchtlings- und Rettungsszene.

a) Der 50-Minuten-Schweizer FIlm von Anne-Marie im Hof-Piguet:

    "Juste parmis les nations", anno 2009.

b) Der 37-minütige Streifen "La filière", Regie: Jacqueline Veuve, anno 1987.

Anne-Marie im Hof-Piguet hatte schon früher ein Buch zum Thema verfasst, das 1984 auf Deutsch erschienen ist: "Fluchtweg durch die Hintertür. Eine Rotkreuz-Helferin im besetzten Frankreich 1942-1944.  (vergriffen).

Weitere Publikationen: Sebastian Steiger: Die Kinder vom Schloss La Hille. Brunnen-Verlag, Basel 1992. (ISBN 978-3-7655-1540-8). - Vera Friedländer: Die Kinder von La Hille. Flucht und Rettung vor Deportation. Aufbau Verlag, Berlin 2004. (ISBN 3-7466-8106-5). -  Antonia Schmidlin: Rösli Näf. Eine der mutigen, heldenhaften Frauen, zu denen unsere Heimat mit Stolz aufblickt. in: Helena Kanyar Becker: Vergessene Frauen. Humanitäre Kinderhilfe und offizielle Flüchtlingspolitik 1917–1948. Schwabe Verlag, Basel 2010.

(ISBN 3-7965-2695-0).

 

Brandneu und eigentlich Anstaoss zu diesem "Dies+Das" ist das Buch: Greising Franziska: Am Leben. Roman. (ISBN 978-3-7296-0913-6). Die Autorin ist in Luzern aufgewachsen und lebt heute (wieder) dort. Nach der Ausbildung zur Kindergärtnerin in Zürich arbeitete sie in verschiedenen Schweizer Städten. 1983 erschien ihre erste Erzählung. Seit 1997 ist sie freiberufliche Autorin und war Lehrbeauftragte am „MAZ – Schweizer Journalistenschule Luzern“ von 2000-2007. Sie schrieb auch Theaterstücke und erhielt 1997 den ersten Preis des Innerschweizer Theaterautorinnen und -autoren-Wettbewerbes.

 

Im Glarnerland ist sie trocken festgehalten im „Amtsblatt des Kantons Glarus“ unter „Todesfälle“: „1996 Sept.15. Näf Rosa, von Tuggen SZ, geb. 9. Mai 1911, wohnhaft gewesen in Glarus.“ Umso erfreulicher ist das Erscheinen des erwähnten neuesten Werks, das der Stadtglarnerin Rösli Fäh ein Denkmal für ihren humanitären Einsatz setzt.  

 

Bis bald! Ihr Pankraz F.                                                          26. Mai 2016 / 5

 

Foto: United States Holocaust Memorial Museum USA, abgerufen 25.5.2016  http://collections.ushmm.org/search/catalog/pa1170124


Ordine di San Silvestro Papa

oder

Silvesterorden – Auszeichnung für einen Glarner

 

Gestatten Sie mir, den Mitglarner Bernhard Besmer herzlich zu beglückwünschen. Der Ex-Schweizergardist, Mitorganisator der stattlichen Glarner Präsenz bei der Vereidigung in Rom und Chef des Schweizerischen Garde-Rekrutierungsbüros, Glarus, wurde durch Franziskus I. mit dem Silvesterorden geehrt.  

 

Für uns nüchterne Glarner, die sich allerhöchstens durchringen, wohlverdienten Persön-lichkeiten die Ehrenmitgliedschaft oder langjährigen Vorsitzenden das Ehrenpräsidium in einem Verein zuzugestehen, ist eine solche Ehrung ein eher seltenes Ereignis. Lassen Sie uns deshalb eintauchen in die erhabene Welt der päpstlichen Ordensverleihungen für Kleriker und Laien und als diplomatische Gepflogenheit. Dabei gibt es eine klare Rang-

ordnung.

 

1. Christusorden.

Diese höchstmögliche Auszeichnung geht auf Johannes XXII. auf 1319 zurück. Der „Christus-Ritterorden“ wurde gegründet. Päpstliche Ritter konnten ernannt werden. Die heutige Form hat Pius X. 1905 geregelt. Er wird sehr selten verliehen, an Staats-oberhäupter und hervorragende Staatsmänner katholischen Glaubens.

 

2. Orden vom goldenen Sporn

Dieser ist auf 100 Mitglieder beschränkt. 1558 bis 1759 wurde er von Papst, aber auch von höheren italienschen Adligen an Künstler und Architekten verliehen.

Verbunden war die Ernennung zum  "Päpstlichen Hofpfalzgrafen": Beispiel: der branden-burgische Erste Hofbaumeister Christain Eltester erhielt den Orden 1694 für Mithilfe am

päpstlichen Palazzo Montecitorio (heute italienisches Parlament) von Herzog Comitibus Sforza. Diese Praxis wurde 1815 eingeschränkt und 1841 von Gregor XVI. aufgehoben.

Die jetzt gültige Form der Verleihung legte Pius X. 1905 fest. Er wird Laien und Klerikern

verliehen oder bei diplomatischen Gepflogenheiten.

 

3. Piusorden

Der "Ordine Piano" geht auf das "Collegio dei Cavalieri Pii" zurück. Mitglieder sind die "Piani" oder "Partecipanti". Pius VI. hat ihn 1959 eingeführt. Diese Ritter bildeten den Laienhof des Papstes und waren Edelleute, gleichgestellt den "Rittern mit Schwert und Cape" oder der "Nobelgarde" der adelige päpstlichen Garde. Sie wurden als "Pfalzgrafen" in den Adel aufgenommen. Mit der Zeit verloren sie ihre Privilegien. Der Piusorden ist von Pius IX. 1847 gestiftet und von Pius XII. 1939 und 1957 erneuert worden.

Seit 1856 gibt es drei Klassen: 1. Ritter des Grossen Kreuzes, 2. Komturen  und 3. Ritter. Das Adelsprivileg blieb nur den beiden ersten Klassen vorbehalten. 1957 gründete Pius XII. die Klasse der "Ritter des Halsbandes". Ab 1866 verlieh ihn Paul VI. nur Herrschern und Staatschefs, die an einem offiziellen Besuch beim Papst teilnahmen, 1993 führte Johannes Paul II. folgende Klassen für Damen und Herren ein: 1. Collane (di Collare Ritter und Damen), 2. Grosskreuz, 3a. Grosskomtur (die Commenda con piacca, Komture und Damen), 3b. Komtur (di Commenda, Komture und Damen) , 4. Ritterkreuz (Ritter und Damen).

Piusordensträger geniessen keine Privilegien mehr.

 

4. Gregoriusorden

Der Gregoriusorden, 1831 von Gregor XVI. gestiftet, ist eine der höchsten Laienauszeich-nungen. Schon 1834 wurde er "für den Eifer in der Verteidigung der katholischen Religion" als Ritterorden verliehen. Benannt ist er nach Gregor I. (Papst von 590 bis 604). Johannes Paul II. verlieh ihn ab 1993 auch an Damen.

Der Orden hat eine zivile und eine militärische Abteilung mit folgenden Klassen:

1. Grosskreuz-Ritter (Cavaliere di Gran Croce) und Grosskreuz-Dame (Dama di Gran Croce), 2. Komtur mit Stern (Commendatore von Placca) und Komtur-Dame mit Stern (Dama di Commenda con Placca), 3. Komtur (Commendatore), 4. Ritter (Cavaliere) und

Dame (Dama). Die Träger geniessen keine Privilegien.

 

5. Silvesterorden

Er wurde angeblich von Paul IV. 1559 gegründet, durch Pius VII. 1815 umgestaltet und durch Gregor XVI. 1841 erneuert, erweitert und in "Silvester-Orden" umbenannt. 1905 wurde er durch Pius X. als eigenständiger, nicht-päpstlicher Orden erneuert, der Bezug zum Heiligen Silvester I. (314-25) bekräftigt und die Verleihung an Männer und Frauen eingeführt. Johannes Paul II. regelte die heutigen Ordensklassen. Er wird für besonderes

ehrenamtliches Engagement in katholischen Institutionen und für persönliche Verdienste verliehen. Er ist die höchste Auszeichnung des Papstes, die er in alleiniger, souveräner Entscheidung an katholischen Laien vergibt.

Die Träger des Silvesterordens haben folgende Privilegien: Sie haben das Recht, a) sich die Silvesteruniform schneidern zu lassen und sie zu tragen, b) sich das Silvesterschwert schmieden zu lassen und zu tragen, c) auf einem Pferd die Treppen zum Petersdim hinauf-zureiten.

 

6. Pro Ecclesia et Pontifice

Das Ehrenkreuz "Pro Ecclesia et Ponitifice" (Für Kirche und Papst) ist eine päpstliche Auszeichnung für besondere Verdienste um die Anliegen der Kirche und des Papstes. Gestiftet wurde es 1888 beim goldenen Priesterjubiläum von Leo XIII. Es kann an Kleriker und Laien verliehen werden.

 

7. Benemerenti

Die Benemerenti-Medaille (Dem Wohlverdienten) ist ein päpstliches Ehrenzeichen, erstmals von Pius VI. (1775-99) verliehen für militärische Verdienste. Gregor XVI. (1831-46) zeichnete Soldaten der päpstlichen Armee aus, die in Ferrara, Bologna und Wien im Ein-

satz waren. Ab Pius VII. (1800-23) wurde sie an katholische Laien, die sich in ihren Pfarr-gemeinden und Pfarreien "wohlverdient" gemacht hatten, verliehen. Unter Leo XIII. (1879-1903) war sie Anerkennung für langjährige und wohlverdiente Mitglieder der Kirchen-

chöre. Ab 1925 wurden die vier Auszeichnungen zur "päpstlichen Verdienstmedaille Benemerenti" zusammengeführt, die zivile, militärische Laien und Geistliche belohnt.

Heute wird sie an mindestens 35-jährige Laien, Ordensleute und Diakone verliehen, die haupt- oder ehrenamtlichen Dienst für Diözese und Kirche leisten. Dieses Ehrenzeichen ist im schweizerischen Gemeindeleben eine sehr begehrte und ehrenvolle Auszeichnung. Mitglieder der Schweizergarde erhalten sie bei guter Führung in der Regel im dritten Dienstjahr.

 

7. Jerusalem-Pilgerkreuz

Dieses stiftete 1901 Leo XIII., um Jersualempilger ausdrückliche zu ihrer Pilgerreise in das Heilige Land zu beglückwünschen und zu ermutigen. Das Recht zur Verleihung des Jeru-

salem-Pilgerkreuzes übertrug der Papst jenem Franziskanerpater, der zugleich als Guardian, bzw. Kustos der Kustodie des Heiligen Landes fungiert. Er zeichnet die Pilger im Namen des Heiligen Vaters ("cum ...apostolica auctoritate facultas") aus.

 

Einen besonderen Orden verdienen Sie,  die Sie sich bis hieher durchgebissen haben. Es ist unglaublich wie viel verdichtete Geschichte  und willkürliche Werte in diesen Ehrungen Ausdruck finden.

Bis bald! Ihr Pankraz F.                                           19. Mai 2016 / 4

 

 

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Wenn Glarus auf der Weltbühne erscheint

oder

Gastkanton im Damasushof des Vatikans

 

Landammann Dr. Rolf Widmer, seit dem 1. Mai 2016 in Amt und Würden, hätte sich, als er 2004 in den Regierungsrat gewählt wurde, nicht träumen lassen, nur sechs Tage nach seiner Wahl zum Landammann in der ersten Reihe der Autoritäten im Vatikan zu sitzen. Glarus ist Gastkanton bei der Vereidigung der Schweizergardisten am 6. Mai 2016. Der Regierungsrat hat schon vor einem Jahr bekannt gemacht, eine offizielle Delegation werde nach Rom reisen, 180‘000 Franken seien dafür gesprochen, auch die Bevölkerung des Glarnerlandes sei eingeladen.

 

Glarus reist per Flug, per Bahn offiziell oder privat in die Ewige Stadt. Petrus sorgt für herrlichstes Wetter rund um den Petersdom.

 

Die Schweizergarde ist die einzige ständige Militärtruppe im Ausland und die kleinste Armee der Welt. Da geben sich Politiker von höchstem schweizerischem Rang die Ehre. Bundespräsident Johannes Niklaus Schneider-Ammann, Nationalratspräsidentin Christa Markwalder, Ständeratspräsident Raphael Compte, der Schweizer Botschafter am Heiligen Stuhl Pierre-Yves Fux, der die Schweiz auch in Ljubljana vertritt, und Divisionär Jean Marc Halter sind eine geballte Ladung helvetischer Prominenz. In der gleichen Reihe sitzen Landammann Dr. Rolf Widmer und Landratspräsident Fridolin Luchsinger. Im Publikum erkennt man manch glarnerisches Gesicht aus politischen und kirchlichen Behörden und viele Glarnerinnen und Glarnern, die privat mitgereist sind. Kirchlicherseits ist der Präsident der Schweizer Bischofskonferenz Charles Morerod angesagt. Auch der höchste Glarner Katholik, Dr. Stefan Müller, Präsident des Kantonalkirchenrates ist präsent. Entdecken kann man auch den Churer Weihbischof Dr. Marian Eleganti.

 

Da der Papst selber nicht teilnehmen kann, entsendet er den Substituten des päpstlichen Staatssekretariates Erzbischof Giovanni Angelo Becciu. An seiner Seite ist das bekannte Gesicht des deutschstämmigen Erzbischofs Georg Gänswein. In gleicher Reihe sitzt auch Gardekaplan Thomas Widmer aus Bonstetten, der seit 1. Januar 2016 im Amt ist, weiter hinten der Schweizer Kardinal Kurt Koch.

 

Die Schweizer Garde beherrscht das Bild: Wohleingeübt und wohlausgerichtet setzt sie sich im traditionellen Ritual in Szene. Zackig-kurz hallen die Kommandos, knallen die Schuhe bei der Achtungsstellung, füllt Marschmusik der Gardemusik den geräumigen Platz. Zentrum ist die Bandera, die Gardefahne mit dem durchgehenden weissen Kreuz, mit dem Wappen des amtierenden Papstes links oben, dem Gardegründer Papst Julius II. rechts unten, in der Mitte das Familienwappen des Gardekommandanten. Die Carrés links unten und rechts oben sind blau, rot und gelb wie die Galauniform.

 

Der 55-jährige Gardekommandant Oberst Christoph Graf, seit 1987 in der Garde, ab 2015 35. Gardekommandant, auch „Praefectus Helveticae Custodiae et Corporis Domini Nostri Papae“ genannt, begrüsst die Anwesenden der Gran Gala offiziell. Es folgt die Ansprache des 32-jährigen Gardekaplans Don Thomas Widmer in den vier Landessprachen mit der Eidesformel: „„Ich schwöre, treu, redlich und ehrenhaft zu dienen dem regierenden Papst Franziskus  und seinen rechtmässigen Nachfolgern, und mich mit ganzer Kraft für sie einzusetzen, bereit, wenn es erheischt sein sollte, selbst mein Leben für sie hinzugeben. Ich übernehme dieselbe Verpflichtung gegenüber dem Kollegium der Kardinäle während der Sedisvakanz des Apostolischen Stuhls. Ich verspreche überdies dem Herrn Kommandanten und meinen übrigen Vorgesetzten Achtung, Treue und Gehorsam. Ich schwöre, alles das zu beobachten, was die Ehre meines Standes von mir verlangt.“

 

Höhepunkt ist der Eid jedes einzelnen neuen Hellebardiere, mit der Linken die gesenkte Fahnenstange packend, die Schwurfinger in weissen Handschuhen erhoben, und mit aller Wucht, im wahrsten Sinn mit dem Brustton der Überzeugung, zackig schreiend die Worte: „Ich, [Name des Gardisten], schwöre, alles das, was mir soeben vorgelesen wurde, gewissenhaft und treu zu halten, so wahr mir Gott und unsere heiligen Patrone helfen.“

 

Insgesamt 23 junge Männer, katholisch, ledig, mindestens 174 cm gross, Schweizer Bürger, nach absolvierter Rekrutenschule, höchstens 30-jährig und mit gutem Leumund treten in ihrer Landessprache an. Einer rätoromanisch, einer italienisch, zehn französisch und elf deutsch. Was in ihnen innerlich vorgeht, ist nicht in Worte zu fassen. Zumal jeder Rekrut schwört, „sich mit ganzer Kraft einzusetzen, bereit, wenn es erheischt sein sollte, selbst mein Leben hinzugeben…“. Die optischen Eindrücke der Garde wie aus einer anderen, vergangenen Welt, die hallende Akustik, der musikalische Auftritt mit Papsthymne, Schweizerpsalm, Pfeifen und Trommeln und weiteren vorgetragenen Stücken bis zum Ausmarsch werden die, die dabei gewesen sind, ein Leben lang nicht vergessen.

 

Die ganze Zeremonie kann als Live-Reportage im Internet heruntergeladen werden unter: https://www.youtube.com/watch?v=PdxxZKb_Pfs oder http://www.kathtube.com/player.php?id=40308

Ungezählte Beiträge über die Schweizergarde bietet www.youtube.com > Schweizergarde Rom an. Wussten Sie dass die Patrone der Garde Niklaus von der Flüe, Martin von Tours und St. Sebastian sind? Das Motto der Gardisten: „acriter et fideliter“ (tapfer und treu).

 

Die diesjährige Vereidigung steht im Zeichen des Glarner Gastpatronats. Als Patriot sticht mich zwar innerlich, dass die Glarner Delegation lediglich pauschal begrüsst wird. Angesichts der übrigen namentlich erwähnten wäre die Nennung des Glarner Landammanns Dr. Rolf Wider und des Landratspräsidenten Fridolin Luchsinger angebracht. Ein grosses Kompliment gehört Land und Volk von Glarus. Eine respektable Delegation besucht die heilige Stadt  und setzt damit eine glarnerische Marke.

 

Dabei gibt es seit eh und je glarnerische Beziehungen zur Schweizergarde. Der erste Kommandant Kaspar von Silenen, geboren um 1467, gestorben am 5. August 1517 in Ausübung seiner Dienste bei einem Überfall auf die Gardetruppen bei Rimini, ist Sohn des Ritters Albin und der Verena Netstaler. Sie ist in der Tat eine Glarnerin aus dem Dorfe Netstal! Kaspar von Silenen kommandiert von 1506 bis 1517 die neu gegründete päpstliche Schweizer Leibgarde zu Rom. Immer wieder gibt es päpstliche Beziehungen zu den Eidgenossen und Glarnern in den wilden Zeiten der Fremdendienste. Zahlreich sind die jungen Glarner, die als Gardisten in Rom gedient haben, einer sogar als Gardekommandant von 2008-2015, Daniel Anrig, vormals Komman-dant der Kantonspolizei Glarus. Einmal ist ein Näfelser ad interim Gardekaplan P. Tertullian Fischli OFMCap. Für sechs Wochen springt er unter Papst Paul VI. ein. Unvergessen sind die vielen Romreisen und -führungen des ehemaligen Gardisten, Landrats und Elektrounternehmers Werner Fischer-von Felten. Im Glarnerland beheimatet ist die Rekrutierungsstelle für Schweizer Gardisten unter Leitung des ehemaligen Gardisten Bernhard Messmer, Glarus.

 

Für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer ist das unmittelbare Dabeisein an diesem einmaligen Vereidigunsgakt ein Höhepunkt im Leben überhaupt; denn subjektives Erleben und ein Stück Geschichte, das bis in die Renaissance zurückreicht, vereinigen sich. Für Glarus sind es sicher ein paar Zeilen Weltgeschichte. Der Glarner Regierung und dem Landrat ist ein Kranz zu winden. Sie haben die Gunst der Zeit genutzt und die Repräsentation unseres Standes würdig verkörpert.

 

Das hindert mich nicht, dennoch auch an die Schattenseiten des Vatikans zu erinnern. Immer wieder zeigen Skandale und Bedenklichkeiten die Grenzen des Menschlichen der „alleinseligmachenden Kirche“ auf.

Bis bald! Ihr Pankraz F.                                                           12. Mai 2016 / 3

 

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Parkscheibengeschichten und andere „Sünden“

oder

Die Polizei kann auch nichts dafür…

 

Haben Sie schon entrüstet ausgerufen, die Polizei habe zu viel Personal? Vor allem dann, wenn Sie nicht nur einen, sondern sogar zwei Polizisten beobachten, die auf blauen Zonen Ordnungsbussenzettel unter den Scheibenwischer klemmen.

Sie kennen die innere Entrüstung, die je nach Temperament in Ihnen mehr oder weniger heftig aufsteigt, wenn Sie einen Busszettel vorfinden. Es ist eine Mischung von Ärger, Wut und Stress. Dabei wissen Sie ganz genau, dass Sie der Schuldige oder Fehlbare sind. Dennoch verdrängen Sie dies und schimpfen innerlich die Polizisten „Schmierlappen“, „Tschugger“, „Scheissbullen“ und anderes mehr.

 

Eigentlich sollten Sie sich schämen. So etwas sagt man nicht, nein, man denkt es nicht einmal. Aber, trösten Sie sich, ich bin auch so einer und motze gern.

 

Ich halte auf dem Kirchenplatz, lade 28 Rohrschellen, 56 Schrauben und ebenso viele Schraubenabdeckungen ab und trage diese in die Kirche, um sie dem Sigristen B. zu übergeben. Er hat sich bereit erklärt, sie an den Aussenseiten der Kirchenbänke zu montieren. Ziel: Die neun ehrwürdigen Kirchenfahnen und die acht kostbaren Vortragekreuze, die an der „Näfelser Fahrt“ durch das Dorf getragen werden, sollen am Ende der Prozession zum feierlichen Hochamt schön platziert und präsentiert werden können. Bisher wurden sie einfach an die Kirchenwand angelehnt. Pfarrer E. hat dies lebhaft begrüsst und der Sigrist ist bereit, dafür einen mehrstündigen Sondereinsatz zu leisten. Soweit so gut – das Echo war sehr positiv.

 

Doch wie ich wieder zum Auto zurückkehre, ist die blau behemdete Polizistin M. in Begleitung ihres Kollegen im Begriff, eine Bussenverfügung zu schreiben. „Moment mal! Ich parkiere hier nicht, ich lade nur aus!“ - „Tut mir leid, ich habe nun schon mit Schreiben begonnen.“ - „Ja, aber sind noch nicht fertig damit, die Busse ist noch nicht ausgestellt.“ - Die Polizistin lässt sich nicht beirren und verlangt meinen Fahrzeugausweis. Au weih! Da ich gerade ein neues Auto gekauft habe, ist mein Fahrzeugausweis für administrative Abläufe noch in der Garage. Ich hätte eine Fotokopie mitnehmen müssen, denn ich fahre immer noch mein bisheriges Gefährt. Der persönliche Fahrausweis ist aber da. Die Polizistin meint, die Busse für den fehlenden Fahrzeugausweis erlasse sie mir, aber diejenige wegen nicht richtig eingestellter Parkscheibe bliebe bestehen. Sie überreicht mir die Kopie des Bussen-zettels samt Einzahlungsschein. Etwas später bemerke ich, dass sie mein Auto als „Hundai“ auf dem Zettel vermerkt hat.

 

Da ich keinen „Hundai“ besitze, bringe ich den Bussenzettel zum nahen Polizeiposten. Ich sei nicht Besitzer eines „Hundai“ und bitte darum, den Bussenzettel dem „Hundai“-Besitzer zuzustellen. Nänäi, das gehe nicht, ich müsse den Bussenzettel an die Ordnungsbussen-zentrale der Kantonspolizei Glarus senden. Das tue ich denn auch mit der Bitte, die unkorrekt ausgefüllte Ordnungsbusse zurückzunehmen. Ein paar Tage später telefoniert mir die Polizistin M. im Auftrag der Ordnungsbussenzentrale, sie müsse mich auf dem Polizeistützpunkt einvernehmen. Ich bereite mich mit einer Liste von Fragen vor, die den ganzen Hergang nochmals rekonstruieren, um zu ermitteln, ob ich die Einsprache aufrecht erhalten wolle oder – wie es sich eigentlich gehörte – ohne Murren die aufgebrummten 40 Fränkli zu bezahlen. Das Gespräch, das etwa halbe Stunde dauerte, war sachlich, freundlich und ehrlich. Denn auf die Gretchenfrage, ob ich bei einer Einsprache eine Chance hätte, meint Polizistin M., gegen den Tatbestand glaube sie eher nein, gegen den Einwand der falsch notierten Automarke vielleicht. Schliesslich lege ich zwei Zwanzigernötli auf den Tisch. Zwar sei ich optimistisch als Nichtbesitzer eines „Hundai“ eine Annullierung zu erreichen, aber mich reuten eigentlich Zeit und Aufwand. Bar zahlen konnte ich aber nicht. Da anerbot sich die Gesprächspartnerin sogar von sich aus, den Betrag für mich auf der nahen Poststelle einzubezahlen. Das Gespräch hatte eine menschliche Beziehung aufgebaut, jenseits der Buchstaben des Gesetzes.

 

Doch ist die Geschichte noch nicht zu Ende. Als ich mein neues Auto bezogen habe, bringt mir der Garagist den alten Klapf vor mein Haus. Da ich meine Autonummer bereits am neuen Wagen habe, muss er den alten mit einer U-Nummer (Garagen-Nr.) versehen. Doch diese nimmt er wieder mit. Da steht nun meine alte Karre ohne Nummer. Es scheint, ich ziehe die Polizei magnetisch an; denn wenig später fährt ein eierschalenfarbener Volvo mit einem roten Streifen vor. Polizistin D. mustert aus ihrem Wagen das nummernlose Gefährt, ich trete zufällig im selben Moment aus meinem Haus und werde gleich gefragt: „Wem gehört dieser Wagen?“ – „Nicht mehr lange mir.“ – Dann schauen mich strenge Blicke an. „Tja, das ist nicht gestattet. Ihr Wagen befindet sich verbotenerweise auf öffentlichem Grund.“- „Naja, ich wollte das Auto gleich wegstellen.“ Kaum 5 Meter entfernt ist mein eigener Grund und Boden. „Näänäi, das ist strengstens verboten. Es ist nicht erlaubt, ein nummernloses Auto zu fahren, auch 5 Meter nicht.“- „ Bekomme ich jetzt eine Ordnungs-busse?“ –„Nein, ich müsste sie sogar verzeigen.“- „Und wenn ich es unter Ihrer Aufsicht tue, damit der öffentliche Grund wieder für die Öffentlichkeit frei ist?“- „Unmöglich!“ – „Und wenn Sie selber als mit Auftrag und Kompetenz versehene Polizistin den Wagen wegführen?“ -

„Wo denken Sie hin, strengstens untersagt!“ – „Und was muss ich jetzt tun?" - „Besorgen Sie sich beim Garagisten eine U-Nummer, dann dürfen Sie das Auto wegstellen.“ - „Und wie lange geben Sie mir dafür Zeit?“ - „Eine Stunde.“ Gut erzogen wie ich bin, fahre ich ins Nachbardorf und borge mir beim Garagisten eine U-Nummer. Dann führe ich aus, was man mir aufgetragen hat. Fazit: Noch nie im Leben habe ich so lange gebraucht, um mit einem Auto fünf Meter zurückzulegen! Die Polizistin D. hat aber absolut korrekt gehandelt, ich glaube, sie war in Ausübung ihres Amtes tapferer als ich als Autonummernhallodri.

 

Die dritte Episode betrifft nicht mich, sondern den Abwart des Dorfschulhauses. Er ist dabei, Material abzuladen und ins Schulhaus zu tragen. Zwar trägt er keine Rohrschellen hinein

(wie ich wenige Tage vorher in die Kirche), aber als er zurückkommt, hat er ein Papierchen mit Einzahlungsschein unter dem Scheibenwischer. Kaum zehn Minuten später treffe ich ihn und erfahre seine neueste Kunde, die mir so bekannt vorkommt.

 

Ich  werde ungehalten und bediene den Gemeindepräsidenten L. mit einer Email, worin ich mich entrüste, dass der Schulabwart auf seinem Arbeitsplatz gebüsst worden sei. Ich könne nicht verstehen, dass die Gemeinde als Arbeitgeber ihren Mitarbeiter nicht mit einer Vignette ausrüste, die ihm ermögliche auf seinem Arbeitsareal ungebüsst arbeiten zu können. Das Gemeindeoberhaupt antwortet sofort und mimt grosses Verständnis. Doch im späteren Gespräch mit ihm erfahre ich, dass er mit der Bereichsleiterin Schule kürzlich die gleichen Schule besucht … und bei der Rückkehr auch ein „Knöllchen“ an seiner Frontscheibe vorgefunden habe. Meine Entrüstung weicht einem Quäntchen Schadenfreude…Hand aufs Herz. Wäre es Ihnen nicht auch so ergangen?

 

Mittlerweile ist mein alter Klapf verkauft, und immer wenn ich der Polizistin M. oder auch der Polizistin D. begegne, gesellt sich zum Gruss ein heiteres Lachen: „Wir kennen uns!“ Bis bald! Ihr Pankraz F.                                                                                5. Mai 2016 / 2

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Integration von Flüchtlingen ?

oder

von Zuzügern überhaupt ?

 

Derzeit ist auf ungezählten Kanälen die Rede von der „Integration der Flüchtlinge“.

Männiglich hat erkannt, dass der Zustrom so vieler Menschen nur die eine Seite ist. Die andere betrifft Fragen wie Fuss fassen, eine Wohnstätte haben, sich eine Existenz aufbauen, Anschluss finden, eine Zukunft haben... Eine weitere: die Verträglichkeit zwischen Immigranten und der eingesessenen Bevölkerung.

 

Angst ist ein Phänomen der Ungewissheit. Einwanderer fürchten um ihre Zukunft, Einheimische auch.

 

Laut dem Flüchtlingskommissariat der Vereinten Nationen waren 2012 etwa 45 Millionen Menschen weltweit auf der Flucht. 29 Millionen sind "Binnenvertriebene", Menschen, die innerhalb ihrer eigenen Länder vertrieben werden. Ende 2014 war die Zahl auf 60 Millionen Menschen gestiegen. Weltweit sind so viele Menschen auf der Flucht wie im Zweiten Weltkrieg.

Länder mit der grössten Zahl Vertriebener im eigenen Land waren Ende 2014: Syrien 7,6 Millionen, Kolumbien 6 Millionen und der Irak 3,6 Millionen.

Ein Blick in die Geschichte zeigt, dass Völkerwanderungen nichts Neues sind.

 

1939 bis 1950 sind als Folge des Zweiten Weltkrieges 30 Mio. Menschen, auf der Flucht oder aus ihrer Heimat vertrieben.- Die  Teilung Indiens 1947 führt zu massiven Flüchtlingströmen, etwa 14 Millionen Menschen fliehen. - 1959: Tibet wird durch China besetzt. 150‘000 Tibeter fliehen in andere Länder (v.a. Indien). - 1971: Bangladesh-Krieg: etwa 40 Millionen Menschen. - 1955-1975: Vietnam-Krieg:: Grosse Flüchtlingsbewegungen, in Südvietnam ca. 6 Mio. Flüchtlinge. - 1979: Nach dem Einmarsch sowjetischer Truppen

in Afghanistan im Sowjetisch-Afghanischen Krieg (1979-89) fliehen 3 Mio. Menschen nach Pakistan und in den Iran. – 1991-99: Ethnische Konflikte im ehemaligen Jugoslawien lösen die Jugoslawienkriege aus: Slowenien (1991), Kroatien (1991-95), Bosnien (1992-95) und Kosovo (1999). Millionen Menschen fliehen. - 1991: 1,5 Mio Kurden aus dem Irak fliehen  in den Iran. Die Türkei schliesst die Grenzen. - 1994: Bürgerkrieg  und Völkermord in Ruanda. 2 Mio. Ruander weichen in die Nachbarländer  aus. - 2001: Afghanischer Bürgerkrieg (1989-2001). Nach dem Abzug der sowjetischen Truppen aus Afghanistan ziehen 7 Mio. Afghanen nach Pakistan und Iran. - 2003: Dritter Golfkrieg: 2 Mio. Iraker flüchten. - 2005: Zwangsräumung des Armenviertels bei der Hauptstadt von  Simbabwe. 2 Mio. Menschen werden vertrieben. - Bis 2009: 200‘000  Tamilen flüchten vor dem Bürgerkrieg in  Sir Lanka. - 2010:  Überschwemmungskatastrophe in Pakistan. 14 Millionen Menschen sind betroffen. Mindestens 6 bis 7 Mio. benötigen humanitäre Hilfe. Tausende werden Umweltsflüchtlinge. - 2009-15: Tausende Christen und Hindus fliehen jährlich aus Pakistan. Religiöse Minderheiten werden in Pakistan von Islamisten verfolgt und umgebracht oder wegen Blasphemie eingesperrt. Über 1000 Mädchen von Christen und Hindus werden jährlich entführt, dann zwangsbekehrt und zwangsverheiratet. Auch gibt es immer wieder Anschläge auf Kirchen und die heiligen Stätten der  Ajmadis, Sufis und Shiiten durch radikale Sunni-Islamisten. - Seit 2011 fliehen Menschen im syrischen Bürgerkrieg und wegen der  Irankrise aus dem Irak in die Nachbarstaaten und in die Europäische Union.

 

Amnesty International berichtet: 2014 leiden „Millionen von Menschen unter der Bedrohung durch Entführungen, Folter, sexualisierte Gewalt, Anschlägen, Artilleriefeuer  und Bomben auf Wohngebiete“. Zunehmend gehen bewaffnete Gruppen, Milizen und  Terrororganisati-onen gegen Zivilisten vor.

 

Diese eindrucksvolle Liste zeigt wie sehr all überall auf der Welt Menschen auf der Flucht sind. Es ist die Herausforderung Europas und auch der Schweiz ein gerüttelt Mass zwischen Humanität und Selbstschutz, zwischen aktiver humanitärer Hilfe und Sorge um die eigene Bevölkerung, zu finden.

 

Doch Hand aufs Herz!  Wie steht es eigentlich um die Binnenwanderung innerhalb der Schweiz selber? Gab es nicht schon seit Urgedenken Integrationsprobleme?

 

Nur die ältesten Mitlandleute erinnern sich der Zeiten, in denen „Uuhiäsigi“ oder „Aagschwämmti“, „fründ Schamauchä“ oder gar „fründ Fötzel“ geläufige Begriffe waren. Noch im 20. Jahrhundert unterschied man in „Tagwenbürger“ und „Niedergelassene“. Als die SBB noch eine Dreiklassengesellschaft war, rief der Kondukteur nach scharfem Pfiff: „Militäär und Ussländer hindä-n-ii-schtiigä!“. Drittklasswagen waren mit einer grossen gelben Drei gekennzeichnet.

 

Vor, während und noch nach dem Zweiten Weltkrieg wurde noch wacker mit Holz geheizt. An Samstagnachmittagen begegnete man vielen kleinen Familienequipen mit Rolli, Säge, Beil und Rucksack in den benachbarten Wäldern oder gar bis tief hinein in die Seitentäler, die „ins Holz gingen“. Selbstversorger sammelten herumliegende Äste, Lawinen- und Sturmholz, ferggten das Holzfuder nach Hause und verarbeiteten es dort entweder zu Reiswellen („Büürdäli“) oder Kleinholz („Schiitli“), die sie  in den Schöpfen versorgten. Das „Holzen“ war vorwiegend den „Bürgern“ vorbehalten. „Niedergelassene“ mussten auf der Gemeinde Berechtigungsscheine beziehen und dafür bezahlen.

 

Die Kommunikationsstruktur innerhalb des Dorfes war ein gründlichen soziales Überwachungssystem, bei dem alle einander gegenseitig im Auge behielten. Wer gegen hergebrachte Sitten und Gepflogenheiten verstiess, kam ins Gerede. „Daas isch ä-n-Usswärtigä!“ -„Daas isch ä Gschidni!“ - „Das isch ä-n-Uunehlichs!“ - „Das isch ä Refermiärtä! (oder Katolischä!)“ - „Daas isch ä-n-Altledigi!“ … der Wertungen gab es in der Gruppendynamik des Dorfes, in dem jedermann sich kannte, viele.

 

Und heute? Die Mobilität der Bevölkerung, die rasante Bautätigkeit, die immer besseren Verbindungen zu den städtischen Zentren haben in den letzten sechs Jahrzehnten zu viel Bewegung geführt. Die Entfremdung der Menschen, der Rückzug ins private Leben in der Freizeit haben die Lebensqualität stark verändert. Wer nicht in Vereinen Anschluss findet, sich nicht politische betätigt, gerät in eine gesellschaftliche Abgrenzung, die es vorher kaum gab. Zu wenig nutzen die Landeskirchen ihre Chancen, auch für Neuzuzüger Heimat zu sein. Auch die Seelsorger sind immer mehr Gefangene administrativer Pflichten, verlieren zusehends an Einfluss in den Schulen und haben kaum mehr Zeit, Hirten zu sein. Die schönen Ansätze der politischen Gemeinden mit Neuzuzüger-Willkomm-Begegnungen bleiben Startveranstaltungen. Sie müssten zu intergrationsfördernden Anlässen weitergeführt werden. Auch die Gemeindeversammlungen sind zu Massenveranstaltungen geworden und haben langfristig nur eine integrative Chance, wenn sie zu landsgemeindeähnlichen Volksveranstaltungen werden. Seit Jahren sage ich flächenbrandmässig sich ausbreitende Gleichgültigkeit voraus, wenn nicht erkannt werde, dass die neue Gemeindewerdung aufbauende Beziehungsarbeit zwischen Verwaltung und Bevölkerung und zwischen den Dörfern sein muss, sonst verkommen wir zur blossen Agglomeration und zum beziehungslosen, unpersönlichen Nebeneinander. 

Bis bald! Ihr Pankraz F.                                                                      28. April 2016 / 1