"Zeit zum Nachdenken" -Interview in der Südostschweiz -

                Region Glarus - 22.12.2017
                              ---> Interview

 


Mitunter kann die Luft in Kirchenräumen zum Mief werden...hier kommt eine Ursache zur Sprache. (Bilder: Stuttgarter Nachrichten)
Mitunter kann die Luft in Kirchenräumen zum Mief werden...hier kommt eine Ursache zur Sprache. (Bilder: Stuttgarter Nachrichten)

 

Kirchenlatein... einmal anders

oder 

Vom Erhabenen zum Lächerlichen ist nur ein kleiner Sprung (1)

 

Nichts stört die fromme Andacht mehr, als eine plötzliche Welle schlechter Luft in den ge-drängten Reihen einer Kirchenbank. Diese Fragestellung ist eine durchaus ökumenische, das heisst interkonfessionell. Auch ein noch so frommer Kirchgänger kann nach dem Ge-nuss von Kabis, Röslikohl, Erbsen oder zu vielen Eiern gewissen Blähungen unterworfen sein. Bei unkontrollierten, raschen Bewegungen, wenn sich zum Beispiel jemand abrupt er-hebt oder hastig setzt oder unerwartet hustet, kann die Kontraktion der Muskeln dazu füh-ren, dass dem Körper Luft entweicht. In der Regel ist dieses Entweichen mit einem knar-renden Geräusch verbunden, das man mit einem Fachbegriff beim Namen nennt, aber hier nicht schreibt.

 

Das Thema ist ohnehin sehr delikat. Es bedarf der behutsamen Wortwahl, damit das Ganze nicht zur peinlichen Geschmacklosigkeit ausartet. Immerhin ist der Täter - solange der ge-meinte Vorgang als Geräusch wahrgenommen wird, ganz klar zu orten. Die frommen Mit-landleute in seiner Umgebung werden mit steifen Hälsen ihren Kopf drehen und bohrende, vorwurfsvolle Blicken auf den Verursacher der im kirchlichem Kult verpönten akustischen Einlagen werfen. Dieser durch Unvorsicht, Missgeschick oder mangelnde Körperbeherr-schung unfreiwillig zum Zentrum der Aufmerksamkeit gewordene Gläubige wird, wenn er ein anständiger Christ ist, zu Recht rot anlaufen und sich gehörig schämen. Das Grinsen und belustigte Augenzwinkern der ihn umgebenden Glotzer ist aber gewissermassen wie-der die Versöhnung und Verzeihung der akustischen Entgleisung und geruchlichen Zumu-tung.

 

Viel schlimmer ist dagegen die Situation, wenn alle Gläubigen, erhobenen Hauptes und in-brünstig auf das Wort des Pfarrers konzentriert, strammstehen, keine Miene verziehen und  plötzlich eine Duftwelle übelster Konsistenz tonlos die Nasen der Anwesenden umschleicht und diese als fürchterlicher Gestank beleidigt. Das Schlimme dabei ist aber, dass der Täter, dem diese Duftwolke entwichen ist, mit der gleichen Inbrunst und Konzentration nach vorn schaut, so tut, als ob nichts gewesen wäre und so nicht erkannt wird. Jeder verdächtigt je-den, und keiner ist es gewesen. Dennoch ist die üble Wolke unmittelbare, unausweichliche Realität. Kommt dazu, dass bei vorsichtigem Mustern mit leichtem Kopfdrehen und Augen-rollen eine Welle der Verdächtigungen aufkommt.

 

Der Gemeinderat im neuen Veston und dem wackeren Genick, der sonst wie ein Parfüm-laden riecht, kann es nicht gewesen sein. Sein Nebenmann, der studierte Doktor der Rech-te, ein angesehener Anwalt im Dorfe, würde so etwas nicht machen. Der ehemalige Kir-chenpräsident kommt nicht in Frage, weil es von Amtes wegen unter seiner Würde wäre. Der  braungebrannte Landwirt, der schon naturgemäss eine gewisse ländliche Duftnote mit-gebracht hat, würde wohl eine solche Tat geräuschvoll und ehrlich vollbringen. Da ist noch der Dorfarzt, der mit seinem schönen Tenor die ganze Umgebung mitreisst, aber wohl schon aus hygienischen Gründen von solchem Gebaren Abstand nähme. Bleibt noch der hochbetagte Rentner, dem es zwar zuzutrauen wäre, weil er es selber nicht merkt. Dieses ist aber wieder zu verwerfen, weil er - seit vielen Jahren schwerhörig - nicht auf eine ton-lose Erleichterung, sondern wahrscheinlich auf eine mit kräftigem Knarren angewiesen wäre und dadurch nichts ahnend von der Umgebung klar identifiziert werden könnte. Dies ist im vorliegenden Fall nicht möglich. Also ist es niemand gewesen. Auch der Schreibende selber hätte niemals mit diesen Verdächtigungen begonnen, wäre er der Täter. Da sich mitt-lerweile die schlechte Luft wieder verflüchtigt hat, sind weitere Nachforschungen zwecklos. Allerdings ist der Gedanke nicht weniger eklig, so viele Menschen würden die Umgebungs-luft einatmen, die Duftwolke in ihre Lungen aufnehmen, dort im Austausch in den Lungen-bläschen, sauerstoffarm und kohlestoffgetränkt wieder ausatmen und, dergestalt „neutrali-siert“, wieder in die allgemeine Atemluft der Kirchen zurückgeben. Die Stickigkeit durch-nässter Mäntel und das Dazutun der Wiederholungstäter des Beschriebenen sorgen für eine Atmosphäre, die jegliche Frömmigkeit abtötet.

 

 

Während man in reformierten Kirchen seit der Reformation dieser Brauchluft ausgesetzt ist, pflegen die Katholiken mit der segensreichen Einrichtung von Weihrauchfässern das pro-bate, seit Jahrhunderten aus dem Orient übernommene Weihräuchern. Die würzig-aromati-schen Rauchwolken übertönen sämtliche anderen Gerüche oder versetzen die tief ein-atmenden Gläubigen in einen tranceartigen Zustand, in dem Gasentweichungen einzelner Anwesender wahrnehmungslos untergehen. Nicht umsonst hat ein Greenhorn von Christ bei einer Prozession das Weihrauchfass eines Ministranten für einen rauchenden „Bräämä-chessel“ gehalten, die man früher im Sommer den Pferden zur Bekämpfung der lästigen Biester an den Leib gehängt hatte.

 

So werden wir denn dieses leidige Kapitel luftverpestender Kirchgänger mit dem unbefrie-digenden Gefühl, ohne Antwort dazustehen, wieder verlassen müssen. Wir werden weiter-hin der Heimtücke der Verstellungskünstler ausgesetzt sein, die mit der frömmsten Miene und der Unverfrorenheit umweltsunbewusster Rücksichtslosigkeit die erhabenen Gefühle verletzen und den frommen Ausrichtungen des Herzens und der Seele während der Predigt oder während des Kirchengesangs den Garaus machen.

 

Es gibt allerdings eine infame Methode der Selbstverteidigung solcher lautloser Kultraum-verpester, die gesetzlich verfolgt und geahndet werden müsste. Damit sie der Gefahr, be-rechtigter Verdächtigungen aus dem Weg gehen können, greifen sie mit Daumen und Zeig-finger zur eigenen Nase, drücken diese zu und geben mimisch ihrer Umgebung zu verste-hen, hier sei schlechte Luft. Darauf reagieren einfache Gemüter, indem sie automatisch die anderen anstarren und sie verdächtigen. Das kann soweit führen, dass unschuldige, harm-lose und für eine solche Tat unfähige Christen für mögliche Delinquenten gehalten, sehr entrüsteten, strafenden Blicken ausgesetzt werden und sich für etwas schämen, was sie nie begangen haben.

 

Was wunder, wenn ein anständiger Christ, geriete er in solchen Verdacht, innerlich erzürnt zum Racheakt ausgleichende Gerechtigkeit griffe und seinerseits einen gewaltigen Kracher fahren liesse. Genau so wie früher ein Steuersünder, der in der Gemeinderechnung wegen seiner Rückstände öffentlich angeprangert wurde, einsah: „Ich bin eh auf der Liste der Steuerschuldner. Mein Ruf ist dahin. Wieso soll ich noch künftig Steuern zahlen?“, ganz im Sinne der altbekannten Volksweisheit: „Ist mein Ruf mal ruiniert, lebt es sich ganz unge-niert“.

 

Sie aber, verehrte Kirchgängerinnen und Kirchgänger, mögen sich Ihre Nachbarn beim nächsten Kirchgang ganz genau merken. Wer weiss, vielleicht gelingt es Ihnen doch noch einmal, einen in flagranti zu erwischen. Der Triumph wäre Ihnen zu gönnen.                                                                                                                                  Bis bald. Ihr Pankraz F.

 

(1) leicht überarbeitete Fassung meiner Kolumne im "Fridolin", Schwanden, im November 2008, Frontpage.

Jemand war's - und niemand will es gewesen sein...
Jemand war's - und niemand will es gewesen sein...

 

 

Zum vierten Advent 2017

 

Sensationelle Entdeckung in den Vatikanischen Kellern

(Eine fiktive Weihnachtsgeschichte)

 

Nun ist die ganze Geschichte aufgeflogen. In der vatikanischen Bibliothek entdeckte ein verbissener jesuitischer Theologe Pater Frantisek Van Fleet bei der Lektüre des Römer-briefes 16,7, dass unter den Aposteln auch eine Apostelin genannt wird, namens Junia! Klammheimlich durchforstete er dann Schriftrollen, die mit den Essäer Briefen in Qumran beim Toten Meer zwischen 1947 und 1956 gefunden wurden. Kopien davon waren auf Begehren des Papstes dem Vatikan überlassen worden. Dort wurden sie wegen ihres bri-santen Inhalts unter Verschluss gehalten. Dennoch gelang es dem besagten Jesuiten, in das Gewölbe vorzudringen, das Gewöhnlich-Sterblichen verschlossen war.

 

Er entdeckte neutestamentliche Schriften, die die bisherigen Weihnachtsgeschichten von Lukas uns Matthäus auf den Kopf stellten. Danach ist vor mehr als 2000 Jahren in Bethle-hem nicht ein Knäblein, sondern ein Mädchen als Kind von Josef und Maria auf die Welt gekommen. Sie nannten es «Christa».

 

Drei angereiste Magierinnen aus dem Morgenland, Caspara, Melchiora und Baltasara, huldigten dem Mädchen in der Krippe und schenkten ihm Gold, Weihrauch und Myrrhe.

 

Das Mädchen «Christa» wuchs in Nazareth auf. Mutter Maria stand dort einem Weberei-betrieb vor und belieferte ganz Israel mit Tüchern und Wolle, teilweise auch mit Segeltuch für Schiffe. Ihr Lebenspartner Joseph besorgte den Haushalt und sah zu Hause zum Rech-ten. Denn Mutter Maria war ganztags in ihrer Weberei tätig und beschäftigte mehrere We-berinnen und Hilfskräfte.

 

Die aufgeweckte «Christa» wurde von Schriftgelehrten in der Heiligen Schrift unterwiesen, ganz im Gegensatz zu ihren gleichaltrigen Jungen, die man keinen Beruf erlernen liess, da diese ja eh früh verheiratet würden und ganz für die Familie da zu sein hätten. Frauen hin-gegen bekleideten karrierebewusst Kaderpositionen und wurden teils sogar Königinnen und Hohepriesterinnen. «Christa» wurde später von Johanna der Täuferin im Jordan getauft worden.

 

Als ihre Zeit gekommen war, trat sie in die Öffentlichkeit, predigte im ganzen Land, heilte

Kranke und wirkte allerlei Wunder.

 

Mit der Zeit warb sie Anhängerinnen an. Zuerst, Petra, eine Fischerin. Dann folgte ihr eine

wachsende Schar weiterer, begeisterter Frauen, (die wichtigsten sind im Folgenden aufge

führt) und ein paar wenige Männer, nämlich Andrea, Jakoba, Tochter der Zebedäa, deren

Schwester Johanna (die später das Johanna-Evangelium geschrieben habe), Philippa, Bar

tholomea, Thomasia, Matthea, Jakoba, die Jüngere, Thadäa, Simone, die Zelotin und

Juda von Iskariot.

 

Klar war durch diese neue biblische Geschichte im Vatikan der Teufel los. Denn durch sie

Wurde der Maskulinität der ganzen Kurie die Basis entzogen und ihre Existenz in Frage

gestellt. Als weiter wurde entdeckt, dass nach dem Heilsplan eine Frau als Retterin der

Menschheit und als vermeintliche politische Herrscherin des Nahen Ostens zum Tod am

Kreuz verurteilt wurde, brach im Vatikan Panik aus.

 

Das «Christatum» entwickelte sich dann völlig anders!  Reibungsloser und mit viel weniger

Aufwand an Märtyrerinnen; denn Frauen verstanden es, viel totaler als Männer mit Charme

und Raffinesse ihre Botschaft zu verbreiten.

 

Folgerichtig wurde auf Petra, der Felsin, die Kirche aufgebaut. Danach wurden ausschliess-

lich Frauen Päpstinnen. Diese umgaben sich mit lauter Kardinalinnen.

 

Auch die Bistümer wurden nur mit Bischöfinnen besetzt. Nur Frauen durften Priesterinnen

werden, bis die ganze Kirche zum absoluten Matriarchat wurde. Für Priesterinnen war Hei-

raten eine Selbstverständlichkeit. Die Herren der Schöpfung dienten nach dem Vorbild des

erwähnten Josef in erster Linie als Hausmänner, sie konnten aber auch als Abwarte, Pedel-

len oder auf Büros für administrative Arbeiten eingesetzt werden.

 

Priesterinnen gestalteten Messgewänder nach Modetrend, betonten vor allem die Taille,

verboten aber weite Ausschnitte. Sie trugen Ohrringe und Halsketten in den liturgischen Far-

ben des Tages. Besonders aufgeschlossene färbten entsprechend sogar ihre Finger- und

Zehennägel. In den Kirchen war vor allem die «Männerseite» wieder vollbesetzt, ja, wegen des Gedränges wurden die früheren Klappsesseli an den Seitenwänden wieder bereitgestellt.

 

Die Priesterinnen waren durch ihre Seelsorgeaufgaben voll absorbiert. Deshalb gründete

man (analog der Müttervereine in anderen Kulturen) «Männervereine». Sie boten Koch-,

Näh-, Hosenmacher- Bügelkurse und Lismerkränzlis u.a.m. an.

 

In den Pfarrhäusern wirkten Haushälter und Pfarrköche. Lediglich in den politischen Gre- mien wie Kirchenrat, aber auch in Pfarreiräten oder Pastoralforen wurden allmählich auch Männer zugelassen. Auch das Männerstimmrecht wurde, zwar spät, eingeführt. In Zeiten des Priesterinnenmangels duldete man auch Katecheten und Männer, die bis zum Pasto- ralassistenten aufsteigen konnten.

 

In den Kirchen herrschte eine fraulich-fröhliche, emotionelle Stimmung. Während den Pre-digten wurde viel gelacht, aber auch geweint. Lässliche Sünden musste man nicht mehr beichten, schwere jedoch nur noch Männer.

 

Auf den Altären standen praktisch nur heilige Frauen, weil Männer ja schon von Natur aus nicht die seelische Bandbreite und Tugendhaftigkeit haben, selig oder heiliggesprochen zu werden.

 

Die ausschliesslich weiblichen Vertreterinnen der Kongregation für Heiligsprechungen in Rom führten weit anspruchsvoller und strenger. Sie setzten die Kriterien für eine Heiligspre-chung sehr hoch an und begrenzten die Summe der Heiligen so, dass die 365 Tage des Kalenders wieder einigermassen ausreichten. Zudem führten sie für Heilige ein «Verfall-datum» ein, damit die Summe der Heiligen nicht ins Unermessliche steige. So verschwan-den sie - wie die Gräber auf den Friedhöfen - nach 20 bis 25 Jahren in den Verzeichnissen wieder. Neu aufgenommen wurden auch Veganerinnen, Vegetarierinnen und weibliche und männliche Nichtraucher.

 

Im Zuge des Fortschritts muckten Männerbewegungen auf und forderten mit Demonstra-tionen und Protestmärschen, dass auch Männer Berufe lernen und das Priesteramt aus-üben dürften. Bislang ohne Erfolg. Sogar einem Männermarsch nach Rom, begleitet von den Bischöfinnen aus St. Gallen und Basel, gewährte Päpstin Franziska nicht einmal eine Audienz.

 

Allerdings ist es der von Frauen geführten und dominierten Kirche gelungen, ohne Refor-mation auszukommen. Die talentierten Herren Luther, Zwingli und Calvin wurden unter der weiblichen Führung handzahm und deren Frauen zu Bischöfinnen ernannt.

 

Leider hatte es auch unter der herrschenden Frauenklasse schwarze Schafe. Kritische Re-daktoren entlarvten in Männermagazinen weibliche Machtstrukturen, und mit der Bewegung «#meetoo» wurden Übergriffe und Nötigungen machtbewusster Frauen gegen hilflose Män-ner publik gemacht.

 

Schliesslich entfernte man auf Intervention des internationalen Gerichthofs für Menschen-rechte im «Duden» das Wort «fraulich» und ersetzte es durch «herrlich».

Seither gehen wir «herrlichen Zeiten» entgegen.

 

Die Konsequenz daraus:

Der «Vatikan» wurde dafür in «Muttikan» umgetauft, und die Krippenfactories im Heiligen Land starteten eine Rückrufaktion: Jesuskindlein In Weihnachtskrippen können nach Bethlehem zurückgesandt werden und werden kostenlos in Mädchen abgeändert.

 

Bis bald! Frohe Weihnachten! Ihr Pankraz F. 

Blick in eine Krippenmacherei in Bethlehem: Hier werden eingesandte Jesusknäblein in Mädchen abgeändert.           (Foto:  http://struzi.com/palaestina(bethlehem-und-hebron-1 )
Blick in eine Krippenmacherei in Bethlehem: Hier werden eingesandte Jesusknäblein in Mädchen abgeändert. (Foto: http://struzi.com/palaestina(bethlehem-und-hebron-1 )
Für abgeänderte Jesusknäbleinfiguren wird  ein Echtheits-Zertifikat mitgeliefert.
Für abgeänderte Jesusknäbleinfiguren wird ein Echtheits-Zertifikat mitgeliefert.

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Zum dritten Advent 2017

"Herbergsuche", Kulissenmalerei für ein Kinderkrippenspiel. (Bild: http://www.albert-weidner.de/kunst/kulisse2b.htm)
"Herbergsuche", Kulissenmalerei für ein Kinderkrippenspiel. (Bild: http://www.albert-weidner.de/kunst/kulisse2b.htm)

Bethlehem liegt nicht im Glarnerland

oder

Eine (erfundene) Geschichte, die so nicht stimmt . . .! (1)

 

Sie kamen mit dem zweitletzten Zug. Youssef und Mirjam, sie hochschwanger, verschleiert, er mit gestutztem Bart und kahlrasiertem Haupt, eine dunkle, gestrickte Kappe überge-stülpt, zwei schwere Koffer, teils mit Schnüren zugebunden, falls das lottrige Schloss auf-gehen sollte. Niemand wusste, wie sie es geschafft hatten, in die Schweiz einzureisen, noch weniger, wie sie mit dem zweitletzten Zug ins Glarnerland geraten und nun um 23.10 Uhr in Näfels-Mollis angelangt waren, dort aber ausstiegen. ...

 

Nur der liebe Gott wusste es. Er machte nämlich wieder einmal eine Stichprobe über den Grad christlichen Denkens bei der hiesigen Bevölkerung. Näfels galt kirchenhistorisch über all die Jahrhunderte hinweg als „Bollwerk des alten Glaubens“. Die Näfelser hatten 1784 mit dem Bau einer prächtigen Pfarrkirche ein eindrucksvolles Zeichen der Glaubenstreue gesetzt und damit auch die Neugläubigen so sehr beeindruckt wie Jahrhunderte später die Anhänger Mohammeds die Christen mit ihren Minaretten. Im 21. Jahrhundert hatte der Ent-husiasmus merklich nachgelassen. Man fand kaum mehr Priester. Die Zahl der Kirchen-austritte hatte zugenommen. Der Staat hatte die vielen segensreichen Funktionen der Kir-che, die in jeder Beziehung Pionierarbeit geleistet hatten, an sich gerissen. Die einst bar-barische Gegend war zum fast perfekten Sozialstaat geworden. Die Kirche aber hatte es immer schwerer, ihre Schäfchen zu erreichen.

 

Die einst vollständig gefüllten Kirchen hatten in den Weihnachtsmetten immer spärlicheren Besuch. Dafür wurden gut aufgezogene Weihnachtsmusicals, die vorher wochenlang pro-pagandistisch angekündigt worden waren, gegen Eintrittspreis fast überrannt. Die Weih-nachtsaktivitäten hatten sich immer mehr und merklich auf den Konsum verlagert.

 

Die Dörfer erstrahlten in einem Meer von elektrischen Weihnachtssternen und fantasie-vollen Beleuchtungen, ja, in den Gärten und an vielen Fenstern leuchteten gleissend-grell kleine Engel, Rentiere und Schlitten und Weihnachtssterne mit Schweif. Apfelbäume hatten bis in die äussersten Äste kleine Lichtperlen, Lichterketten umrahmten die Fenster und ver-zauberten ganze Häuserfassaden. In diese zu Elektrizität gewordene Weihnachtsfreude und in den Geschenkerausch, der sich in den Sonntagsverkäufen ausleben konnte, hatte also der liebe Gott den Stichprobentest der Liebe angesetzt.

 

Da standen nun Youssef und Mirjam auf dem Bahnhof Näfels-Mollis. Das «avec»-Re-staurant war längst geschlossen, ein scharfer Wind pfiff taleinwärts. Eine klare Mondnacht präsentierte einen tintenblauen Himmel. Silbern glitzerten und funkelten die Sterne in klir-render Nacht, die ungezählten Bäume auf dem ganzen «Bärenstich» waren silbernweiss, und die zerklüftenen Felswände, über denen das Plattenkreuz weit ins Land hinaus leuch-tete, waren von einem mild-gespenstischen Grau des Mondes übergossen. Dieser schweb-te über den Fronalpstock, ganz deutlich konnte man sein Gesicht erkennen.

 

Youssef und Mirjam strebten dem Dorf zu. Keine Menschenseele war um diese Zeit noch auf der Strasse. Hinter erleuchteten Fenstern sah man Christbäume mit brennenden Ker-zen, da und dort drang gar etwas Weihnachtsmusik auf die Strasse hinaus. Sie versuchten im Hotel Schwert ein Zimmer zu finden. Doch das ganze Haus war dunkel, das Hotel über Weihnachten geschlossen. Auch beim «Schützenhof», beim «National», beim «Bahnhöfli» standen Tafeln «Heute geschlossen». Da versuchte es Youssef in der Telefonkabine bei der Post im Franziskanerkloster. Aber da antwortete krächzend ein Band: «Hier ist der auto-matische Telefonbeantworter des Franziskanerklosters ...» Die Brüder waren nach der Met-te allesamt zu Bett gegangen. Dann schleppte sich das Paar durch die Hintergasse und den Denkmalweg zum Pfarrhaus. Doch da schlug ein Hund bedrohlich an. Sie wagten sich gar nicht erst bis zur Hausglocke vor. Also kehrten sie auf die Hintergasse zurück und zo-gen zur Giessenbrücke. Und siehe – im «Josefsheim» war noch Licht.

 

Sie pochten an die Tür. Frau D. öffnete und war dabei, mit «Schüüfäli und Bäsäli» einen zu-sammengewischten kleinen Haufen von Chrisnadeln aufzunehmen. Denn sie hatte mit Hel-ferinnen und Helfern wie schon seit Jahren selbstlos «Weihnachten für Alleinstehende» ge-feiert; die Leute waren bereits wieder gegangen. «Jesesgott, was wänd-dä-n-iihr nuch um diä Ziit!» Das Paar gestikulierte und sprach nur aramäisch. «Chänd doch inä-n-äd Weer-mi!» Mirjam hatte sich ganz in ihren Schleier gehüllt, und Youssef schlotterte wie ein Schlosshund.

Heisshungrig verschlangen sie ein übrig gebliebenes Stück Lebkuchen und leerten eine Tasse wärmenden Kaffee hinunter.

 

Youssef deutete ständig auf den Bauch seiner Mirjam, die hochschwanger war, bis Frau D. begriff, dass das Paar einen Unterschlupf suchte. Sofort wollte sie helfen. Da auch sie im Franziskanerkloster nur auf das automatische Band stiess, rief sie im Altersheim an. Doch dort war man hoffnungslos ausgebucht, und die verantwortliche Leiterin für den Nachtdienst meinte, sie hätte ohnehin keine Kompetenz, um diese Zeit Leute aufzunehmen.

 

Als sie beim Pfarramt anrief, meint der Pfarrherr selbst: «So ein Quatsch! Lassen Sie mich bitte in Ruhe, heute war ein strenger Tag für mich. Ich finde es nicht schön, dass Sie in der Heiligen Nacht solche Scherze mit mir treiben wollen.» Knack - und er hängte wieder auf. Da rief Frau D. im Spital an, ob nicht wenigstens für eine Nacht ein Bett für die schwangere Frau erhältlich sei. Aber auch dort erhielt sie die Auskunft, dass nur ein Arzt eine Einwei-sung anordnen könne. Beim Notfallarzt spukte das Telefon, oder die Familie war derart lautstark am Feiern, dass es nicht gehört wurde. So probierte sie es noch bei der Polizei, wo man ihr versprach, sofort die Streife, die unterwegs sei, vorbeizuschicken.

 

Nach 25 Minuten hielt das eierschalenfarbene Auto mit dem roten Streifen vor dem Jo-sefsheim. In der Nachbarschaft flogen die Fensterflügel auf. Da und dort gafften und tu-schelten Leute an den Fenstern, als Youssef und Mirjam auf den hinteren Sitzen Platz nah-men. Dann fuhr das Polizeiauto sachte und still, fast wie ein Spitalauto ohne Sirene, dem Mühlebach entlang davon. Wie später zu vernehmen war, zunächst zum Hauptstützpunkt nach Glarus, dann wieder zurück ins Asylantenheim in Näfels. Doch als man dort das selt-same Paar aussteigen lassen wollte, war es verschwunden ...!

 

Durch ein vorschnelles Gerücht ausgelöst, stand am anderen Tag in der Zeitung: «Auslän-disches Ehepaar aus dem Balkan namens Slobodan und Mirjana Milosevic beim Ein-bruchsversuch im Josefsheim Näfels verhaftet. Nur dank der Geistesgegenwart der Anwoh-ner und der schnellen Reaktion der Polizei konnte am Heiligen Abend das vermummte Gaunerpärchen unbekannter Herkunft geschnappt und verhaftet werden. Bericht folgt.»

 

Anderntags folgte ein Korrigendum. «Beim gestern gemeldeten Diebespärchen handelt es sich nicht wie irrtümlich gemeldet, um ein Ehepaar aus dem Balkan, auch sind die Namen nicht Slobodan und Mirjana Milosevic, sondern Youssef und Mirjam Galilee aus Israel.»

 

Der liebe Gott schüttelte den Kopf. Nur gut, dass das Christkind schon vor 2000 Jahren und zwar nicht im Glarnerland, sondern in Bethlehem zur Welt gekommen war...

Bis bald! Ihr Pankraz F.

 

(1) publiziert im Fridolin 28.12.2006, Frontpage  


Zum zweiten Advent 2017

Fridolin  (links) und Hilarius erleben nach der Christmette eine unruhige Nacht!
Fridolin (links) und Hilarius erleben nach der Christmette eine unruhige Nacht!

 

Unruhige Heilige Nacht in der Hilariuskirche Näfels

oder

Als die Heiligen von den Altären stiegen (1)

 

Nach der Christmette in der weihnächtlich geschmückten Hilariuskirche ziehen die Kirch-gänger ab. Der Sigrist löscht, schliesst die Kirchtüren und radelt nach Hause. In der Kirche ist es zapfenduster und mäuschenstill. Weihrauch hängt noch in der Luft. Die Bankreihen stehen leer.

 

Da switcht das Licht in der Weihnachtskrippe an. Schafe glöckeln und blöcken. Hirten-Män-nerstimmen. Ein Engel  über dem Stall singt: „Heut‘ ist der Heiland geboren!“. Durchs Kirchenfenster trifft ein heller Strahl direkt auf Maria, die das Knäblein an ihr Herz drückt. Josef legt ihr eine wärmende Decke um. Daneben mäut ein Ochs. Ein Esel spielt mit den Ohren. Drei prächtig gekleidete Herren nähern sich mit Dienern und Geschenken, um dem neugeborenen König zu huldigen. Allerliebst ist der Anblick des Knäbleins. Allenthalben ist Freude. Da jagt ein junger Hirt einen gellenden Jauchzer durch die Kirche und weckt den Kirchenpatron Hilarius auf.

 

Er, der in Bischofsmontur seit 1783 dasteht, richtet sich auf und tüpft mit dem Bischofsstab Fridli auf der anderen Seite: „He, Kumpel, wach auf! Lass uns Weihnachten feiern!“ Fridli  klettert ächzend mit Hilfe seines Abtstabes vom Altar und hilft auch seinem Vorbild Hilarius vom Marmorpodest. Sie umarmen sich  herzhaft. „Schüü, wider ämaal ächlä p Bäi vrtram-pä!“. Doch als dem Hilarius ungeschickt der Stab entgleitet und zu Boden scheppert,  wa-chen die übrigen Altarfiguren auf. „Was ischt äu daas firnä Läärmä?“ verwundert sich Nik-laus von Flüe auf dem Josefsaltar, und Antonius von Padua, meint: „Ciao, Nicolao, buon natale!“ Dominikus am Marienalter schwingt swingend seine Hüfte und schletzt der über-schwänglich frohlockenden Katharina von Siena ein saloppes „Salue, Cathrine!“ zu. Auf dem Johannesaltar rasseln Urs und Viktor von der Thebäischen Legion mit Lanze und Säbel. Erschrocken lässt Johannes der Täufer die Taufschale fallen. Sie schlägt blechern auf dem Boden auf. Darüber mockiert sich Karl Borromäus auf dem Oberbild, dem Vater der Kapuzinerklöster und Gegenreformator. Gegenüber schimpfen Barbara und Margaritha entrüstet, da sei ja ein Lärm!  Anna beruhigt sie, auch ein Bischof könne mal ein Stab fallen lassen und ein Taufgeschirr entgleiten. Oben seufzt Agnes „Huch!“, sie ist etwas in Verges-senheit geraten und ihr Name bei Taufkindern nicht mehr in den Kränzen.

 

Nun tritt Hilarius zur Krippe:  „Allons, enfants! Kommt her! Lasst uns Weihnachten feiern.“ So versammeln sie sich vor der Krippe, ja, sie setzen sich – nachdem sie Jahrhunderte in gleicher Pose auf den Altären gestanden hatten – auf die hölzerne Balustrade mit den ba-rocken Sprenzeln. Sie ergötzen sich an der Heiligen Familie, den frohlockenden Engeln, die in Schwadronen immer wieder ihre Runden drehen, den sprachlosen Hirten und den huldi-genden Weisen aus dem Morgenland. Bedächtig meint Fridli: „Ohne diese wunderbare Ge-burt wären unsere Lebensläufe und guten Werke null und nichtig.“ Alle stimmen raunend zu.

 

Man begibt sich zum Zelebrationsalter. Die heiligen Frauen decken darauf flink Bleiteller und feinstes Langenthaler Geschirr auf. Urs und Viktor holen aus dem Kirchenturm Hocker und stellten sie rund herum. Katharina von Siena legt das Silbergeschirr aus dem Nachlass von Pfarrer Blasius Braun zum Gedeck dazu. Antonius, der ja alles findet, bringt aus der Sakristei eine grosse Karaffe mit Messwein, stellt alle Goldkelche, die sonst zum Messe-lesen dienen, auf und schenkt ein. Hilarius hebt den Kelch: „Santé! Auf die heilige Dreifal-tigkeit! Joyeuse Noel!  Freuet Euch, heute feiern wir das Andenken an die Geburt unseres Herrn und Heilandes!“. Die Becher klingen, und die Gesichter bekommen Farbe. Da hält Dominikus eine feurige Weihnachtspredigt. Am liebsten möchte er ein Kloster gründen und die Rosenkranzbruderschaft wiederbeleben, womit er begeisterten Applaus auslöst.

 

Niemand bemerkt, dass Franziskus, mit hochgeschlagener Kapuze und Klara mit Schleier durch die südliche Seitentüre kommen. Ein Engel hat sie aus dem Kloster gerufen. Johan-nes der Täufer, des Fastens in der Wüste gewohnt, jammert, sein Magen knurre.

 

Da klatscht Hilarius  in die Hände. Sogleich kommt Metzger Hampi Fischlis Partyservice mit Leckerbissen zur Seitentüre herein. Der Weihrauchgeruch weicht feinstem Bratengeruch und friteusem Kartoffelduft. Sie fallen schnalzend und schmatzend  über das unerwartete Weihnachtsmahl her. Nach dem dritten kredenzten Wein tanzt Karl Borromäus im gedämpf-tem Kerzenlicht in die Sakristei. Im Übermut dreht er alle Schalter an! Alle Kirchenlichter leuchten auf, und die Kirchenfester scheinen hell in die Nacht hinaus. Gleichzeitig erwischt er aber auch das Kirchengeläute, worauf alle Glocken zu läuten beginnen.

 

Darob erwacht zuerst der Pfarrer, eilt im gestreiften Pyjama zur Balkontüre und späht kir-chenwärts. Dort wackelt das Turmkreuz über dem herrlichen Näfelser Geläute und glänzt im Mondlicht. Sofort telefoniert er dem Sigristen, der ihm schlaftrunken beteuert, nach der Mette alles ordnungsgemäss hinterlassen zu haben. Er schwingt sich wieder aufs Rad und pedalt blitzartig zur hellerleuchteten Kirche. 

 

Als er diese keuchend betritt, macht es „Zisch!“ und es ist wieder stockdunkel. Die Glocken sind schlagartig verstummt. Statt Weihrauchgeruch hängt aber feinster Bratengeruch in der Luft. Die Kirche ist leer, die Krippe gelöscht. Die Heilige Familie hat sich etwas zur Ruhe gelegt, die Hirten schlafen auf dem Felde und die Weisen sind mit ihrem Gesinde ins King David Hotel nach Jerusalem zurückgekehrt

 

Nur auf dem Altar liegen 17 leergegessene Gedecke, ausgetrunkene Kelche, in einem Körbchen ein paar abgenagte Knochen, am Boden diverse Pommes frites und die Hocker, teils umgekippt, da. Der Sigrist alarmiert von der Sakristei aus die Polizei. Die sofort losge-schickten Polizeibeamten untersuchen Spuren, fotografieren, notieren, stellen fest, kein einziger Kerzenstock fehle, die Opferstöcke seien intakt und die Krippenfiguren noch da. Die Truppe zieht wieder ab, und der Pfarrer raunt „So ein Quatsch!“.

 

Wenig Volk kommt am andern Tag zur Messe. Mancher gähnt, auch ausserhalb der Pre-digt. Nur ein altes Weiblein, das die Heiligen auf den Altären besonders verehrt und diese während des Gottesdienstes nicht aus den Augen lässt, meint nach der Kirche, es sei ihr gewesen, sie hätte Hilarius dem Fridli mit einem Auge zuzwinkern sehen, Katharina von Siena habe sogar gelächelt und Dominikus besonders geswingt. Nur Karl Borromäus habe sehr übernächtigt ausgesehen… aber erklären könne sie es sich auch nicht.

 

Der Sigrist, der Schweigepflicht hat, trägt seither in seinem Portmonee eine kleine Etikette, die er neben dem Zelebrationsaltar aufgelesen hat, was ihm heute noch rätselhaft vor-kommt. Auf ihr steht: „Partyservice Metzger Fischli“???

 

Fröhliche Weihnachten! Ihr Pankraz.

 

(1) Erschienen in „Fridolin“, 8762 Schwanden, Nr. 50, 15. Dezember 2011, Seite 31  

Auch Heilige mögen am Bankett bisweilen wacker zugreifen... an Weihnachten schon gar!
Auch Heilige mögen am Bankett bisweilen wacker zugreifen... an Weihnachten schon gar!

Bilder: oben: eigene Fotosammlung; unten: www.fischli-metzg.ch


Zum ersten Advent 2017

 

Wenn eine Glarnerin oder ein Glarner zur Ehre der Altäre erhoben würde…

oder

Eine Causerie zum Laetaresonntag (1)

 

Das Bistum Chur gehört zu den Sorgenkindern des Heiligen Vaters in Rom. Immer wieder gab es Sorgen, die beim Papst landeten. Man weiss im Vatikan sehr wohl, dass das Land Glarus, das einst dem Konstanzer Bischof unterstand, eigentlich nur provisorisch zum Bi-stum Chur gehört.

 

Nur hat sich dieser Zustand zu einem geduldeten Providurium entwickelt und ist nie ernst-haft in Frage gestellt worden. Bekanntlich haftet andauernden Provisorien der Makel der Ungewissheit an, was natürlich das Selbstbewusstsein der betroffenen Gläubigen, auch wenn sie sich nicht als Bistumsasylanten verstehen, sehr belastet. Dieses Unsicherheits-moment ist auch dem Papst nicht verborgen geblieben. Er hat in seiner Studienzeit sogar in Glarus an der Reitbahnstrasse bei den Eltern seines Studienkollegen Franz Böckle über-nachtet und das Glarnerland aus eigener Anschauung etwas kennengelernt. Dann und wann waren und sind Glarner in der Schweizergarde, derzeit kommandiert sie sogar der ehemaligen Kapo-Kommandant. Und da am Laetaresonntag Dekan Hans Mathis, Priester-jubiläum feierte,  liess sich der Pontifex maximus zu einer Gratulationsgeste der Dankbar-keit und Aufmerksamkeit gegenüber ihm und dem Glarnervolk herab.

 

Dabei fiel ihm auf, dass das Glarnerland zwar einen Heiligen im Wappen führt, aber aus eigenen Reihen noch nie einen solchen stellte. Deshalb erliess er die Ordre, es sei zu prüfen, ob im Tal der Linth nicht eine geeignete Persönlichkeit zu finden sei, die wegen ihrer Vorbildlichkeit heiliggesprochen werden sollte.

 

Der Kurier reiste vià Nuntiatur über Bern, Chur nach Schwanden, wo man auf Geheiss des Dekans die weissgelbe päpstliche Fahne hisste. Der Dekan schickte darauf diese einmalige Chance in die Vernehmlassung an das Pastoralforum. Dort vertrat man die Ansicht, der Seelsorgeraum Glarus Süd sei noch an Erfahrung zu jung, um eine Heilige oder einen Hei-ligen zu stellen. Glarus selber stehe es, nach so langer pfarrerlosen Zeit auch nicht an, und im Unterland käme eigentlich nur Näfels in Frage, wo es die meisten frommen Katholiken, das grösste Gottesdienstangebot, am meisten CVP-ler und erst noch das einzige Kloster im Kanton gebe.

 

Der Dorfpfarrer lud im Pfarrblatt und von der Kanzel seine Gläubigen ebenso zur Vernehm-lassung ein und bat in den Fürbitten den Heiligen Geist, er möge die Herzen er Gläubigen erleuchten und der Wahl eines Heiligen oder einer Heiligen helfend zur Seite stehen.

 

Dann ging’s los. Der Mütterverein portierte eine ehemalige, sehr engagierte Präsidentin. Der Paramentenverein pushte die letzte Ummäsägeri, die von Haus zu Haus verkündete, wer gestorben sei. Die Wöchnerinnen schlugen die Hebammen E. und M., die fast die gan-ze Dorfbevölkerung zur Welt gebracht hatten, vor; der Cäcilienchor die unvergessliche Ko-loratursängerin E., der Männerchor den talentierten Dirigenten R., die Harmoniemusik ihren treuen Pedell W., der Klosterschulverein Präfekt Pater R.. Andere wollten Armenverwalter K. oder Alterheim-Meisterknecht R., sogar den Gäisserli Edy, dritte den originellen  Ver-kehrsvereinbüroleiter H.  Fleissige Kirchgemeindebesucher fanden, man könnte den gan-zen Kirchenrat in globo vorläufig mal seligsprechen.

 

So ging das weiter. Auf dem Pfarrsekretariat türmte sich ein Stapel von vorgeschlagenen Kandidatinnen und Kandidaten. „Mein Gott“, seufzte der Pfarrer, „wer sollte hier in der Lage sein, die richtige Auswahl zu treffen.“ Nach zehn Sitzungen des Pfarreirates und zehn Sit-zungen des Kirchenrates, in denen sämtliche Genannten aufs eingehendste durchgehä-chelt wurden und nach Konsultation des Dekanates, fanden so lange geheime Abstimmun-gen statt, bis sich eine einzige Nomination herauskristallisiert hatte. Unter dem Siegel der Verschwiegenheit wurde die Nomination samt Leumundszeugnis in ein Kuvert verpackt, versiegelt und direkt an die Kongregation für Heiligsprechungen, Heiliger Stuhl, Rom (Vatikanstaat) abgesandt.

 

Der Pfarrer fügte öfters bei den Fürbitten ein:

„Herr, gewähre dem oder der, der oder die zur Erhebung auf die Altäre beantragt wurde, die Gnade der Verherrlichung, auf dass er oder sie ein leuchtendes Vorbild der Gottesfürchtigkeit und Frömmigkeit für unsere Dorfgemein-schaft werde. Erhöre uns, o Herr! Amen.“

 

Wenige Wochen später kam der Brief zurück,  ehe ein entsprechendes Gesuch bei der „Kongregation für Selig- und Heiligsprechungsprozesse“ eingereicht werden könnte, müsse vom Bistum beim Heiligen Stuhl eine Unbedenklichkeitserklärung (das „Nihil obstat“) einge-holt werden. Liege diese vor, könne der „Postulator“ die biographischen Daten, mündliche und schriftliche Zeugnisse von Zeitgenossen, kurz alles, was für eine Heiligsprechung spräche, sammeln und das Resultat, das „Transsumptum“ an die genannte Kongregation übermitteln. Diese prüfe die  Unterlagen und entscheide, ob die vorgeschlagene Person bedeutend genug für eine Heiligsprechung sei. Handle es sich um eine historisch bedeut-same Persönlichkeit, würden Historiker beigezogen, zur Abklärung gewirkter Wunder Me-diziner. Vor allem müsse der Dienstweg eingehalten werden.

 

Noch eins hatten die Näfelser Kirchenhäupter übersehen. Auch im Vatikan geht nichts ohne Gebühren. Das Verfahren kommt auf  mindestens 50‘000 EUR /  60‘000 Franken für Ge-bühren der Kongregation, Gutachter-Honorare, Kosten des antragsstellenden Bistums, für Zeugen, Dokumentationen, Übersetzungen, Druckkosten und Beiträge an die Dekoration des feierlichen Heiligsprechungsgottesdienstes etc. Zum Vergleich: 1997 wurden etwa 1500 Selig- und Heiligsprechungsverfahren bearbeitet und kosteten pro Verfahren sogar rund 250‘000 EUR. Brächte eine arme Kirchgemeinde dieses Geld nicht auf, bestünde dafür  ein Fonds, der Beiträge sprechen könnte.

 

Nach Erhalt dieser Botschaft war ein  ausserordentlicher Kredit der Kirchgemeindever-sammlung notwendig. Mittlerweile waren die wildesten Gerüchte im Dorf kursiert, wer wohl die oder der Heiligzusprechende sei.

An der Kirchgemeindeversammlung erkundigte sich ein Kirchgenosse, wenn man wüsste, wer es wäre, fiele der Entscheid etwas leichter. Als ein anderer vorrechnete, einmalig müssten die Steuern um mindestens 1 ½ % erhöht werden, ging ein entrüstetes Brummen durch die Reihen.

 

Der Antrag wurde wuchtig verworfen, weshalb Näfels vorläufig und weiterhin noch ohne  eigenen Heiligen oder eigene Heilige dasteht… obwohl es dort zweifellos welche hätte, mindestens Scheinheilige.                                                         Bis bald! Ihr Pankraz F.

 

(1) überarbeitete, leicht veränderte Fassung des Textes, erschienen im "Fridolin", Schwanden, Nr. 12,

     Donnerstag, 2. März 2012, Seite 16

     Ein Kopie ging an den Dekan zum Festmahl seines Jubilkäums zum Nachtisch.

     Cartoon: https://de.toonpool.com/cartoons/Heiligsprechung_222505

 

... und bleibt weiterhin eine Wunschvorstellung im Tal der Linth und am Fuss der Plattenwand!
... und bleibt weiterhin eine Wunschvorstellung im Tal der Linth und am Fuss der Plattenwand!

Sonntag, 3. Dezember 2017

«Mall of Switzerland»

Zweitgrösstes Einkaufszentrum der Schweiz in Ebikon LU

oder

Was hat der Heilige Fridolin auf der Toilette zu suchen?

 

Am 8. November 2017 wurde mit grossem Tamtam ein kühnes Bauprojekt abge-schlossen und der Öffentlichkeit übergeben: das zweitgrösste Einkaufszentrum der Schweiz, das grösste der Innerschweiz!

 

65000 Quadratmeter gross, 45000 Quadratmeter Ladenfläche, 1600 Parkplätze, SBB- und Bus-Anschluss, 89 Geschäfte, 16 Restaurants, 12 Kinos (u.a. mit der schweizweit grössten IMAX-Leinwand), 5 Freizeitangebote (erste Indoor-Surf-welle der Schweiz, grösstes Kinderland der Schweiz, eine Rolltreppenparadies und, und, und …

 

Bauzeit: 11. Juni 2014 bis November 2017 (41 Monate)

 

Kosten: 450 Millionen Franken.

Werkbild Firma Halter AG - Mall of Switzerland links Kinotempel, rechts Einkaufstempel
Werkbild Firma Halter AG - Mall of Switzerland links Kinotempel, rechts Einkaufstempel

Vor 17 Jahren brachte der Liftehersteller Schindler das Projekt ins Rollen. Das Unterneh-men wollte 2001 seine Landreserven loswerden und suchte dafür einen Abnehmer, der dort unter dem Namen Ebisquare eine Einkaufs- und Freizeiteinrichtung realisiert.

 

Gegenwind bliesen Politik und Verbände - aus Angst vor dem Verkehrskollaps - sowie das lokale Gewerbe.

 

Im Februar 2005 billigte das Stimmvolk Ebikons mit 55 Prozent den Bebauungsplan. Am 26. September 2007 begann der Bau an Zubringer und Autobahnanschluss A1. Das Stras-senprojekt kostete 126 Millionen Franken.

 

Mit dem Bau der Direktverbindung von der Autobahn fand sich 2008 auch ein erster Inve-stor für das Projekt: Die französische La Société Générale Immobilière sprang aber ein Jahr später wohl im Zuge der Finanzkrise wieder ab. 2011 sicherte sich die Immobilien-Projektentwicklerin Halter das Projekt, taufte es in den heutigen Namen um und realisierte es fortan als Totalunternehmerin für ADIA. Schindler erhielt 75 Millionen Franken. 

Rolltreppenwelt vom Kühnsten. Bild von der Eröffnung. (Foto: Mail of Switzerland)
Rolltreppenwelt vom Kühnsten. Bild von der Eröffnung. (Foto: Mail of Switzerland)

 

450 Millionen Franken hat der Staatsfonds von Abu Dhabi (ADIA) über eine Tochtergesell- schaft in Ebikon investiert. Bis zu fünf Millionen Besucher im Jahr erhoffen sich die Betrei-ber. Dafür bieten sie - neben dem eigentlichen Einkaufszenter - auch regelmässige Mode-schauen und Ausstellungen, 12 Kinosäle, die täglich über 60 Filme zeigen, ein Fitness-Center und 1500 Quadratmeter Kinderspielfläche. Im Frühjahr 2018 sollzudem die Indoor.Surfwelle anrollen. 

Technik und Design, Funktion und Erleben, Verkaufen und Erleben! (Foto: Mall of Switzerland)
Technik und Design, Funktion und Erleben, Verkaufen und Erleben! (Foto: Mall of Switzerland)

 

Da ich zufällig im Kanton Zug einen Termin und noch etwas Zeit habe, mache ich den Kat-zensprung nach Ebikon auf der Autobahn, verlasse sie bei Buchrain und gelange durch einen Tunnel nach Ebikon und direkt zur "Mail of Switzerland". Ungezählte Verkehrshelfer, meist pensionierte Herren, lachen einem entgegen und weisen ins mächtige Parkhaus ein. Von dort erreiche ich über eine breite Rampe den Haupteingang. 

 

Wow!

Ein voluminöses Rolltreppenparadies tut sich auf. Überall lächeln adrette Hostessen und drücken einem ein Orientierungs-Programm und einen Einkaufs-Chip (für Einkaufswägel-chen) in die Hand. Ich fühle mich wie in einer andern Welt im Kunstlicht, bestrahlt durch zig-tausende von Lichtern und im Farbenzauber und Musikgeriesel. 

 

Rundherum stechen in farbig-gleissenden Leuchtschriften Laden- und Firmensignete ent-gegen. Grosszügige, breite Gänge mit vielen Sitzgruppen laden zum Schlendern und Verweilen ein.

Ganze "Strassen" führen auf den verschiedenen Ebenen durch das Center, Sitzgruppen laden um Verweilen ein.  (Foto: Mall of Switzerland)
Ganze "Strassen" führen auf den verschiedenen Ebenen durch das Center, Sitzgruppen laden um Verweilen ein. (Foto: Mall of Switzerland)

 

Plötzlich stehe ich vor einer gleissenden grossen Wand, die mit Kameras die vorbeischlen-dernden Menschenmassen wiedergeben und mit Trick in eine schneiende, vorweihnächt-liche Landschaft verwandeln. Als ich auf einen roten Punkt trete, tauche ich leibhaftig auf der Leinwand auf und bin Zuschauer und Abgebildeter zugleich. Ein Gag, der vor allem Kinder in Verzückung bringt und sie tanzen und quietschen lässt.

...und plötzlich begegnet man sich selber in wirbelnder Schneelandschaft! (Foto:privat)
...und plötzlich begegnet man sich selber in wirbelnder Schneelandschaft! (Foto:privat)

 

Die ungezählten Geschäfte sind fein herausgeputzt. Alles ist  noch so neu, riecht noch neu. ist einfach schön. Sogar das Verkaufspersonal strahlt Begeisterung und Freude aus. Man vergisst, dass dieser moderne Konsumtempel letztlich das Ziel hat, zu verkaufen und kommerziellen Erfolg zu haben.

 

Auffällig - die verschiedenen Einkaufsflächen sind so gestaltet, dass man Platz hat. Es ist nicht die Enge der vollgestopften OTTO-Läden, in denen Marketenderinnen mit breitem Chassis die Kleiderständer abräumen und Tablare zum Wanken bringen. Die ganze Anlage ist ein riesiger elektronischer und elektrischer Komplex, eine Kunstlichtwelt, die Staunen und Träumen auslöst, die Menschen in Trance und Kauflust verführen soll.

 

Das MIGROS-Restaurant, gestylt und operativ klug gestaltet, scheint in den ersten Tagen zu klein und wird sich aber einpendeln, wenn sich die Anfangsstürme von Menschenmas-sen zu einem Normalmass einpendeln werden. Die Frage stellt sich, wie lange es geht, bis Tagediebe, Arbeitslose und auf Niederlassung wartende Asylbewerber diese Welt ent-decken und sich in dieser geheizten Komfortwelt mit so vielen Sitzecken einrichten und ihre Tage hier verbringen werden.

 

Das Ganze ist eine neue Welt in der Welt, die einfallsreiche Macher, kreative Architekten und mutige Invedstoren geschaffen haben. Die Konsumwelt ist gleichzeitig eine Unterhal-tungswelt geworden, in der man sich nicht nur zum Einkaufen, sondern auch zum Ver-bringen der Freizeit aufhält.

 

Ich sperre Maul und Augen auf…staune, flaniere, kaufe da und dort ein Schnäppchen, esse gut, geniesse feinen Kaffee aus noch neuen Kaffeemaschinen und ertappe mich in einem erhebenden Zustand wie einst als Knäblein an der Kilbi. Es prasseln so viele Eindrücke auf einem ein, dass man mehrere Besuche bräuchte, um alles zu verarbeiten.

Plötzlich entdecke ich diese Kantonswand. Gestylte und designte Kantonswappen sollen die Interkantonalität des Centers zum Audruck bringen.
Plötzlich entdecke ich diese Kantonswand. Gestylte und designte Kantonswappen sollen die Interkantonalität des Centers zum Audruck bringen.

Doch dann trifft mich fast der Schlag!  Beim Zugang zu den Toiletten grüsst eine Wand mit ungezählten Figuren. Beim näheren Betrachten stelle ich fest, dass sämtliche Kantons-wappen kunstvoll designt und gestaltet die Interkantonalität des Einkaufszentrums dar-stellen sollen.

Doch als ich im Innern des Herrentoilettenraums zwischen Toilettentüren und Pissoirwand übermenschengross die genaue Kopie des Sant Fridli, wie er auf dem Briefbogen des Kan-tons Glarus verwendet wird, abgebildet sehe, lupft es mir den Hut! Eine Heiligenfigur als Dekor im Klo-Raum? 

Dasselbe Motiv finde ich wieder zwischen Lavabo und Spiegel... und wie mir eine Dame erzählt (und fotografiert hat) befindet sich der Heilige Fridolin sogar auf der Damentoilette als übergrosse Gestalt... Ausgerechnet in der gegenwärtigen "#metoo-Sexismuswelle" gerät der Irische Glaubensbote in den Verdacht ein "Spanner" zu sein, der sich auf Damen-toiletten herumtreibt....

 

Sankt Fridolin auf der Damentoilette? ...
Sankt Fridolin auf der Damentoilette? ...

 Fridolinswappen auf den Toiletten im Ebikoner Center! (Fotos:privat)

Scheint mir sehr gewagt und fragwürdig, Heiligenfiguren, die sonst die Altäre in den Kirchen schmücken, als Toilettenwandschuck zu verwenden. Freilich ist der Sant Fridli da und dort kommerzialisiert worden. Wir sind stolz, ihn als Abzeichen am Revers zu tragen, als Kra-wattenmuster oder auf Hemdenkragen. Er ist auf allen Glarner Autonummern. Auf Glarner-pasteten und Fridliwürsten. Er wird als Ohrring getragen oder grüsst vom Briefkopf der Steuerrechnung...aber dass es unser Landespatron in die Toiletten des zweitgrössten Schweizer Einkaufszentrums geschafft hat, ist wohl neu in der Glarner Geschichte und muss erst verdaut werden.

 

Glarnerinnen und Glarner, die im Ebikoner "Mall of Switzerland" auftauchen, können sich - mindestens auf der Toilette - zu Hause fühlen.

 

Dennoch werde ich wieder hingehen, nicht wegen der Abtritte, sondern wegen des einma-ligen Wurfs einer Baukonstruktion und um in dieser modernen Konsumwelt zu staunen und zu beobachten... und vielleicht einzukaufen, was im Glarnerland nicht erhältlich ist.

Bis bald!   Ihr Pankraz Fridolin

 


Freitag, 24. November 2017

 

Trouvaillen aus der Fotokiste von Paul Stähli

Sulzbödeler in den dreissiger Jahren des letzen Jahrhunderts

 

 

Sulzbödeler vor dem mittleren Sulzboden (Blick vom Haus Vital Hauser). 

1 Anna Müller-Hasler (Schützenhof, Mutter), 2 Rosa (Ella) Hauser-Meier (Ehefrau von Vital Hauser, Arzt), 3 Berta (von Österreich), 4 Meta Hauser,Tochter von Vital Hauser, Ärztin,

5 Schwägerin von Reg.rat Fritz Landolt, 6  Maria Schwitter-Landolt, Tochter von Fritz Lan-dolt, Reg.rat, Höfli, 7 Elvira Bachmann-Hauser, Tochter von Vital Hauser, 8 Silvia Hophan-Landolt, Tochter von Reg. rat Fritz Landolt, 9 Fritz Landolt-Hauser, Regierungsrat, Oberrichter, Gemeindepräsident, Fabrikant. (Foto Paul Stähli)

Junge Sulzbödeler 1932

v. l. n. r.: 1 Josefine Feldmann, 2 ?, 3 Albert Fischli, Schuhmacher, Dorf, 4 Helen Amacher-Müller (Schützenhof), 5 Ida Stähli-Müller (Schützenhof), 6 ?, 7 ?. Aufnahme vermutlich am Obersee. (Foto Paul Stähli)

Gruppenbild bei der Ferienhütte auf dem mittleren Sulzboden 1932

1 Anna Müller-Hasler, Mutter Schützenhof (1885-1952), 2 Albert  Fischli, Schuhmacher, (1904-1965), 3 ?, 4 Martin Müller-Landolt, Bicotin,(1919-1999) 5 ?, 6 Ida Stähli-Müller, Schützenhof, (1912-..) Emma Schwitter-Hauser, Gattin von Gerold Schwitter, Lehrer, (1894-1954), 8 Helen Amacher-Müller, Schützenhof, (1916-...) 9 Josefine Feldmann, 10 Rita Feldmann-Müller, Schützenhof, (1924-2015), 11 Josef Müller-Landolt-Weber, Bicosepp, (1916-...), 12 Guido Müller, Schützenhof,(1925-...), 13 ?, 14 Noldi Schwitter, Sohn von Lehrer Gerold und Emma Schwitter, (1922-2003), 15 Albert Rast-Hauser, 16 ?, 17 René Hauser ?, 18 Fritz Müller-Hauser, Lehrer  Schützenhof,(1918-...).?

Sulzbödeler-Kinder am Schutzsammler (Polenweiher)

1 Ida Fischli (St. Gallen), 2 Elvira Bachmann-Hauser, (Vitals), 3 Rita Feldmann-Müller (Schützenhof), 4 ?, 5 René Hauser (Vitals), 6 Gerold Schwitter (Lehrers) (1919-2001), 7 Helen Amacher-Müller (Schützenhof), 8 Arthur Hauser (Vitals), 9 ?, 10 Martin Müller-Landolt (Schützenhof), 11 Noldi Schwitter (Lehrers), (1922-2003), 12 Guido Müller (Schützenhof), 13 ?, 14 Fritz Müller-Hauser (Schützenhof), 15 Otto Schwitter (Lehrers) (1925-...)(Foto: Paul Stähli) 

Sulzbodenkinder vergrössert. Wer kennt noch wen?
Sulzbodenkinder vergrössert. Wer kennt noch wen?

Sonntag, 19. November 2017

 

 

Die Leuzinger – Netstaler hier und in aller Welt

Die Begegnung – das Buch!

 

Das Glarnerland

Viele Geschichten von vielen Leuzingern

geschrieben und zusammengestellt von

Vreni Schiesser-Leuzinger, Haslen, Kanton Glarus

Daniel Leuzinger, Zürich

ISBN 978-3-85948-159-6

 

Vom 27. - 30. Juli 2017 trafen sich in Glarus und Umgebung zwischen 100 und 150 Menschen, alle aus dem Stamm der «Leuzinger» ursprünglich von Netstal zum siebten internationalen Leuzingertreff. Mit einem breitgefächerten Programm feierten sie, aus aller Herren Länder hergereist, die einen ein Wiedersehen oder andere trafen sich zum ersten Mal.

Ein beeindruckender Clan sympathischer Menschen!

 

Dazu ist aber ein «Leuzinger-Buch» erschienen, ein Wurf, der Glarnerisches und Leuzingerisches in einem 262-seitigen gelungenen Werk vermischt und zu einem einmaligen «Familiendokument», wie es noch keiner sah, geworden ist. Vreni Schiesser-Leuzinger und Daniel Leuzinger haben eine Riesenarbeit geleistet und dürfen reiches Lob nicht nur von den Leuzinger-Insidern, sondern von vielen Outsidern von nah und fern, entgegennehmen.

Das Buch ist so bunt und vielseitig wie die vielen Leuzinger hier und in aller Welt auch. Deutsch und englisch geschrieben wird es zum Band einer weltweit verstreuten Familie und immer auch Brücke zum Ursprung, zum Glarnerland.  

 

Das Inhaltsverzeichnis ergiesst sich wie ein Füllhorn:

 

Inhaltsverzeichnis

 

Postkarten-Sammlung, Netstal .............................................     6

Leutzinger-Tattoo?  ...............................................................   10

In hundertdreissig Jahre von Netstal nach Netstal  ..............   12

 

Glarnertüechli 1

Bücher von früher   ...............................................................   16

Die Spuren der Leuzinger – Nordafrika   ..............................   17

Wappenbuch des Landes Glarus   .......................................    26

 

Glarnertüechli 2

Mein Grossvater Johann Heinrich   ......................................  32

Daniel Leuzinger aus Zürich auf Reisen in New Glarus ......   34

Übernamen - ob man will oder nicht ....................................   36

Wie Melchior vom Glarnerland nach Zürich kam

und Gemüsegärtner wurde + Haarkult ................................   44

Glarner Birnbrot  ..................................................................   50

 

Glarnertüechli 3

Ein Besuch bei den Cousins der Leu(t)zingers  ...................   52

Tamaras Unterlagen, Genealogienwerk  ..............................   54

Henry Leuzinger 1831-1913, USA, Auswanderer, Pionier,

Theologe  .............................................................................   61

Schuhladen Leuzinger Glarus ..............................................   64

 

Glarnertüechli 4

180-jähriger Brief aus Frankreich nach Mollis von

Georges an seinen Vater  .....................................................  68

Bisherige Leuzinger-Treffen ................................................   72

Die Sage: Der starke Leuzinger ..........................................   80

Die Kinder - unsere Zukunft 1 .............................................   83

Ein Leuzinger in Florida  .....................................................   84

Radhika Neelakatan India ...................................................   88

Mallika + Samyukta India ....................................................   89

Leuzinger aus Netstal im Reich des Zaren  ........................   90

Jakob Iwanowitsch Leitzinger Bürgermeister von

Archangelsk  ........................................................................  94

Die Kinder - unsere Zukunft 2  ............................................   97

Mit allen Wassern gewaschen - ferne Länder  ....................   98

Die Kinder - unsere Zukunft 3   ...........................................   101

Vier kurze Erinnerungen und wertvolle Bücher ...................   102

Liebesbrief und Hochzeit   ...................................................   104

Briefe von Billis Ururgrossvater   .........................................   106

Leuzinger Immigranten nach USA  1820-1957   .................   108

www.glarusfamilytree.com                                                       111

Das sind meine Erinnerungen 1907-1986  ..........................   112

Der Kartograph Rudolf Leuzinger 1826-1896   ....................   121

Friedhof Glarus  ...................................................................   124

Friedhof Netstal  ...................................................................  126

Friedhof Mollis   ....................................................................  128

Grosse Freude und grosses Leid liegen oft nahe

beieinander   .........................................................................  130

Die Weiler Leuzingen ............................................................  134

Der Canton Glarus Buch 1846  .............................................  138

Man weiss nie, was kommt    ................................................  143

Adolph Leuzinger, Leuzinger-High School Los Angeles  ......   144

Tobias Leuzinger - ein Netstaler als Destillateur

im Kaukasus   ........................................................................  146

Die Kinder – unsere Zukunft 4   .............................................  149

Der fantastische Leuzinger-Stammbaum, Interview

mit Antero Helsinki Finnland   ................................................  150

Briefmarken der Schweiz    ....................................................  155

Facebook    ............................................................................  156

Die Landsgemeinde - das höchste Fest im Glarnerland .......   170

Glarner Ziger seit 1463 + Rezepte  .......................................   174

Die Bauernfamilie Jakob und Anni Leuzinger im

Haltenguet Netstal   ...............................................................   178

Karte der Glarner Alpen 1714 ...............................................    181

Unglaublich aber wahr   ........................................................    184

Georges Leuzinger 1813-1892 Brasilien  .............................    186

Gletschern im Klöntal ...........................................................     188

Vil News: Neuigkeiten aus Vilnius Littauen  .........................     190

Die Sage: Das Vrenelis Gärtli    ............................................     194

Berühmte Vrenelis, und eines aus der Leuzinger-Familie  ....    198

Ein Buch aus dem Jahr MDCCXIV   ......................................    200

Karte vom Glarnerland 1774  ................................................     203

Glarner Chronik anno 1774  ..................................................     204

Amtsblatt des Kantons Glarus 1878 .....................................      206

Unsere Geschichte beginnt in Neuseeland   ........................      208

Archäologie mit Sandkastenalter  .........................................      210

Madagaskar – die rote Insel   ...............................................      212

Brasilien  ...............................................................................      215

Willkommen in der Fazenda Barranco Alto Eco-Lodge   ......      216

Maria Luisa     ........................................................................     218

Finde deine Vorfahren Glarus, Historischer Verein, Archiv,

Tourist Info etc. GL     ..............................................................   220

Organisieren im Glarnerland? Kantonsmarketing,

Regierungsrat, Gemeinderat  .................................................    221

Geheimtipp Glarnerland

1,2,3,4,5,6,7,8,9,10,11,12,13,14,15,16,17,18   

                       223

Speziell: Mammutbäume-Tour, Brunnen-Tour 1789,

Hügel-Erlebnis, Strand, Tessin    ............................................    249

UTOPIE: Grandioses Glarnerland 2000                                   251

     1.    Genuss-Touren in Ställen   . ...............................................   252

     2.    Schülerzahlen verdoppeln sich in Glarus Süd ..................     257

Dank an alle!  ........................................................................ .    260

 

 

Vorwort

Angefangen hat das Ganze in einem Ozeanriesen zwischen Florida und ein paar Palmen-inseln. Fragten doch doch die 25 amerikanischen Stammbaum-Verrückten aus unserer rie-sigen Schweizer Familien-Sippe, ob wir ein mehrtägiges Fest im Glarnerland organisieren würden. Am ersten Abend war die Antwort noch «no», am zweiten auch. Aber am dritten hatten sie es geschafft, es kam ein zögerliches «yes» über unsere Lippen. Dann ging es los!

 

Organisiert wurde - und zwar nicht zu knapp

Adressen suchen, Personen finden, Leute anschreiben und viele Stunden rotieren. Dabei passierte etwas ganz Eigenartiges, Plötzlich waren da viele Menschen, die atemberauben-de Familiengeschichten und lustige Begebenheiten hervorkramten, Eine Biografie in Eng-lisch hier, eine Erinnerung in Deutsch dort. Dann eine eindrückliche Tatsache in Franzö-sisch und eine zum Staunen animierende Sache in Hindu. Auf Schweizerdeutsch eine lustige Geschichte mündlich oder ein herzergreifendes Moment in russischer Sprache. Über kurz oder lang forderte das unweigerlich zum Sammeln auf.

 

Gesammelt wurde – und zwar nicht zu knapp

Schlussendlich vereint nun dieses Werk viele tausend Menschen weltweit, die mit dem Kanton Glarus verbunden sind. Unzählige Länder und Kulturen sind sorgsam darin ver-schmolzen. Im Zentrum steht das kleine, überschaubare aber unübersehbare Land: das Glarnerland. Es gibt geheime Plätze und aufsehenerregende Stellen, herzliche Rituale und froh machende Energien. Manch einer denkt, das habe ich nicht gewusst.

 

Gestaunt wird – und zwar nicht zu knapp

 

Vreni Schiesser-Leuzinger, Haslen

Daniel Leuzinger, Zürich

 

Als Outsider und "Nichtleuzinger" gratuliere ich dem ganzen "Leuzinger-Clan" zu diesem einmaligen, originellen Werk, das über die Familiensippe hinaus Aufmerksamkeit verdient.

 

 

Bezugsmöglichkeit: Kommissionsverlag Baeschlin, 8750 Glarus (www.baeschlin.ch)

  


«Wilder» -  geht’s zu und her auf Urnerboden

oder

Schweizer Krimi am Klausenpass

 

Am Dienstag, 7. November 2017, beginnt eine sechsteilige Krimiserie des Fernsehens SRF unter dem Titel «Wilder». Die Produzenten haben sich als Drehort den Urnerboden ausgesucht. Auf der wildromantischen Gegend, weit entfernt von der Zivilisation der Städte sollen die ewigen Themen, die Menschen bewegen, in einer Schauerstory in Szene gesetzt werden: «Schuld und Sühne, Geborgenheit und Entfremdung sowie lokale Identität im Kontrast zu den wirtschaftlichen Chancen einer globalisierten Welt».

 

TV SRF schreibt auf der eigenen Homepage: «Ein Schweizer Bergdorf gerät ins internatio-nale Rampenlicht, als kurz vor Baubeginn eines umstrittenen Ferienresorts die Tochter des arabischen Investors spurlos verschwindet. Finden soll sie die Kantonspolizistin Rosa Wil-der, die im Ort aufgewachsen ist. Gemeinsam mit dem Bundeskriminalbeamten Manfred Kägi stösst sie im Laufe der Ermittlungen auf ein dunkles Geheimnis, das seit Jahren unter der Oberfläche der Talschaft modert – und mehr mit ihrer eigenen Geschichte zu tun hat, als ihr lieb ist.»

 

Vom 7. November bis 12. Dezember 2017, jeweils 20.05 bis 21.05 Uhr, soll dieses Filmvorhaben von SRF 1 in sechs Episoden ausgestrahlt werden.

  

Drehorte waren Zürich, Glarus und der Urnerboden (im Film das kleine Dorf «Seewies»).

 

Die Anspielung auf Andermatt und den dortigen ägyptischen Investor Samih Sawiris ist offensichtlich und als Aufhänger, der Urnerboden sehr geeignet für ein abgelegenes kleines Dorf, das touristische Entwicklung brauchen könnte.

 

Die Drehbuchautoren sind Béla Batthyany, Andreas Stadler, Moritz Gerber und Dave Tucker.

 

Die Stars:

Sarah Spale als Kantonspolizistin Rosa Wilder, Marcus Signer als Bundeskriminalbeamter Manfred Kägi. In grossen Rollen: Sabina Schneebeli und László Kish. Zum Ensemble gehören auch Andreas Matti, Ruth Schwegler, Jonathan Loosli, Philippe Graber, Anna Schinz, Pierre Siegenthaler, Emanuela von Frankenberg, Rebecca Indermaur, Ernst Sigrist, Ercan Durmaz, Uygar Tamer u.v.a.. Christian Kohlund tritt nach längerer Zeit wieder einmal in der Schweiz vor die Kamera.

 

Eine Folge soll rund 700'000 Franken kosten. Das Gesamtprojekt also rund 4,2 Millionen Franken. 

Urnerboden schmuckes, entlegenes kleines Dorf am Klausenpass. (Foto: Tourismus Klausen)
Urnerboden schmuckes, entlegenes kleines Dorf am Klausenpass. (Foto: Tourismus Klausen)

Ein Drehbuch in meinen Händen.

Eine Rarität ist für mich als Laien ein Drehbuch, das ich durch einen Taxichauffeur zugespielt erhielt, der Leute aus der Crew chauffierte.

Ein 120-seitiges Ringheft, Format A 4. Titel: «Crewbooklet Wilder» und die Signete C-Films, Panimage und SRF Radio und Fernsehen. (siehe unten) 

Die Logos von C-Films, Panimage und Radio und Fernsehen SRF

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Seite 1

 

I./E. Landstrasse nach Unterwies Schulbus – Nacht.

 

Prolog

Einblender: 19. November 1987

 

Ein Minibus fährt über die Passstrasse ins Tal hinunter. In der Ferne erkennt man die Häuser von Oberwies. Aus einigen Fenstern dringt Licht.

 

Im Wagen eine GRUPPE 7- BIS  10-JÄHRIGER MÄDCHEN UND BUBEN – in der Mode der ausgehenden 80er Jahre gekleidet. Die meisten dösen vor sich hin, zwei Mädchen singen leise «Abendstille überall» im Kanon.

 

Am Steuer sitzt die junge Lehrerin: BEATRCE RÄBER (26).

Durch den Rückspiegel wirft sie einen liebevollen Blick auf ihre Schützlinge.

 

Auf einmal sieht sie durch die Frontscheibe drei leiuchtrote WARNKEGEL auf der Fahrbahn stehen. Sie stoppt den Bus.

 

MARKUS WILDER (8), der neben Beatrice auf dem Vordersitz gesclummert hat, streckt den Hals.

 

MARKUS

(müde)

Si mer dehei?

 

BEATRICE

(zärtlich)

Fasch. – Chume grad wider…

 

Damit steigt sie aus. Die Kamera bleibt auf dem neugierigen Gesicht von MARKUS, der beobachtet, wie sich seine Lehrerin im Scheinwerferlicht des Schulbusses in die Dunkelheit hinaus entfernt…

 

Plötzlich hört er ein unheimliche DONNERGROLLEN. Er schaut durch die Scheibe des Busses hoch zum Berg. Auf seinem Gesicht zeichnet sich Entsetzen ab.

 

Von Ferne der Schrei einer Frau:

 

FRAUENSTIMME (O.S.)

Neiii…!

 

Das Donnergrollen kommt immer näher.

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Etwa so geht es im gleichen Stil weiter. Mit diesem «crewbooklet» arbeiten die Drehteams und Protagonisten.

 

Die Stars

 

       Rosa WIlder                  Manfred Kägi           Karim Al-Baroundi      Amina Al-Baroundi

    Kantonspolizistin       Bundeskriminalbeamter         Investor                      Tochter

         

        gespielt von     

                                                

        Sarah Spale                 Marcus Signer              Ercan Durmaz        Amira El Sayet

 

Gemäss Bericht  der Südostschweiz-Glarus vom 24. Januar 2017 aus Elm spielen im Film, "15 Schauspielerinnen und Schauspieler,

80 Statisten und

ein Geissbock" mit,

an der Produktion sind

"41 Crewmitglieder"

beteilgt.

 

Na, ja - dann lassen Sie sich überraschen! Viel Spannung und Vergnügen!


25 Jahre

Zirkel "Freunde polnischer Andenken in der Schweiz"

- ein Jubiläum, das nicht gefeiert wurde!

Erinnerungsbild: Auf Initiative von Dr. Jerzy Rucki, Bildmitte mit hellgrauen Kittel und dunk-len Hosen, Hand in der Hosentasche, wurde am 9. Mai 1992 die Vereinigung zur Pflege polnischer Gedenkstätten in der Schweiz gegründet. Rechts im Bild: Fridolin Hauser, Ge-meinde-präsident, stellt vor dem Schlachtdenkmal die Gemeinde Näfels vor und erinnert an die Einsätze polnischer Internierter im Oberseetal und im Riet Näfels und Oberurnen. Eini-ge Jahre später wurde aus gemeinsamer Initiative dieser Vereinigung und der Gemeinde-behörden von Näfels eine Gedenktafel beim "Polenweiher" im Oberseetal angebracht und gefeiert. (Foto: Jerzy Rucki)

 

Donnerstag, 26. Oktober 2017

Trouvaillen aus der "Nasza Gatetja" Nr. 7/1991

  

 „Gandhi" und  „Negus“ im Interniertenlager 1941 im Glarnerland

 

Erinnerungen eines Zweijährigen

 

 von

Fridolin Hauser, Gemeindepräsident, Näfels GL

 

Vorbemerkung:

Anlässlich des Treffens vieler polnischer Freunde im Freulerpalast infels (Kanton Glarus) am 9. Mai 1992 begrüsste Fridolin Hauser, Gemeindepräsident von Näfels vierzig angereiste Gäste, die auf Initiative von Dr. Jerzy Rucki den Zirkel „Freunde polnischer Andenken in der Schweiz“ gründeten. Dabei konnte Fridolin Hauser mit eigenen Erinnerungsfragmenten aus seiner jüngsten Jugend eine Brücke zur Interniertenzeit von 1941 schlagen.

 

Dr. Jerzy Rucki hat in der "Nasza Gatetja" einer polnischen Zeitung im letzten Jahr (1991) den Beitrag „Szcerbiec z Näfels/Oberurnen G" veröffentlicht (S. 15f.) und an das Praktikum der Agronom- und Ingenieurstudenten des Winterthurer-Lagers erinnert, die im Sommer 1941 im Oberseetal einen kleinen Stausee er-

richtet haben. Dabei publizierte er auch ein Erinnerungsbild, das einer der Betei-

ligten, Dr. Brzerinski, Hauptmann, meinem Vater schenkte.

 

Mein Vater, Fritz Hauser, war Leiter dieser Arbeitsgruppe im Auftrag der Gemein-ebehörde. Ich war damals ein etwas mehr als zweijähriges Knäblein. Das ver-öffentlichte Bild zeigt meinen Vater mit Vermessungsstativ und Schriftstücken und mich als kleinen Knirps mit schneeweissen gelockten Haaren und weisser Haut. Handschriftlich war darauf  vermerkt „Unserem Meister und „Obermeister“ zur Erinnerung an die Arbeit der polnischen Studenten Juli-September 1941", wobei  mit "Obermeister" der kleine Knirps gemeint war.

 

Dieses Foto, die Erzählungen meiner Mutter und meine Erinnerungen an die damalige Zeit, die natürlich nur sehr spärlich sind, sowie das weitere hier bei-gefügte Bild ermöglichen mir, ein paar vage Information hier festzuhalten:

 

Ich erinnere mich, dass die Männer sehr freundlich zu mir waren und habe sehr präzise gefühlsmässige Gedankenausschnitte von der Art und Weise wie mich die Soldaten hochhoben, eine Mischung zwischen Angst und Jauchzen, die offenbar vom Schwung herrührten. Ähnliche Empfindungen kenne ich aus späte-rer Zeit von der Schiffsschaukel an der Kilbi. Die Männer spielten und scherzten mit mir, um die Essenszeit, wenn sie vor unserer Hütte versammelt waren.

 

Ich erinnere mich auch an Schönwetterbilder, lange Tische im Gras und viele Leute. Die polnischen jungen Männer schienen mich wie eine Art Maskottchen zu sehen, jedenfalls wurde ich verwöhnt.

 

Mein Vater, der mich offenbar so oft er konnte, mit sich nahm, stand ganz augen-scheinlich in grosser Gunst bei den Soldaten und musste eine recht glücklichen

Umgang mit ihnen gepflegt haben. Weniger beliebt war - so die Erinnerungen meiner Mutter - der damalige Gemeindepräsident, den die Soldaten als "grossen bösen Mann" bezeichneten, wahrscheinlich,  weil er ein etwas barscher und sehr ernsthaft wirkender Mann gewesen sein muss.

 

Eine Episode zum Schmunzeln ist aber die des "Gandhi" und des "Negus".

 

Wenn Sie das Gruppenbild der arbeitenden Studenten betrachten, dürften sie beim Anblick des jungen Mannes links im Bild rnit Kniestrümpfen und blossem Oberkörper eine gewisse Ähnlichkeit mit Mahatma Gandhi feststellen. Nach Aussagen meiner Mutter haben die Studenten in der Tat einen immer „Gandhi“ genannt. Dieser Mann glich verblüffend meinem Onkel Johann. Erst viel später wurde mir wieder erzählt, dass ich diesen Onkel in meiner frühesten Jugend „Gandhi“ genannt hätte. Da es nicht wahrscheinlich ist, dass ein kleiner Knirps auch nur die leiseste Ahnung vom wirklichen indischen Staatsmann haben konnte, war es mit Sicherheit der bei den Polenmännern gehörte und gesehene „Gandhi“, der mich meinen Onkel so nennen liess.

 

Ähnlich wurde der sechste von links „Negus“ geheissen. Er hat wirklich eine grosse Ähnlichkeit mit dem damaligen abessinischen König Hailes Selassie, genannt "Negus".

 

Der Mann ganz rechts im Hintergrund ist mein Vater Fritz Hauser, der die Gruppe zu leiten hatte.

 

Diese Reminiszenz sei hier nachgetragen. Zweifellos wäre sie eine Un-tersuchung eines Kinderpsychologen wert, wie frühes Gedächtnis so lange erhalten bleibt.

 

Eines ist aber sicher, die Erfahrungen mit den polnischen Männern müssen für mich als Kleinkind grundpositiv gewesen sein. Nicht umsonst wurde ich getrie-ben, diesen Fragen nachzugehen und den Kontakt zu Polen in der Schweiz zu suchen. Er ist gelungen: Denn durch Dr. Jerry Rucki habe ich erfahren, dass drei Männer wieder in Polen leben, nämlich: Stanislaw Brzezinski und Andrzej Krakowski, beide in Warschau, und Andrezj Piotrowksy in Krakau. Ich hätte grosse Freude, wenn ich mit diesen Herren Kontakt aufnehmen könnte  oder wenn sie auf meine Briefe reagieren würden. Besonders gefreut hat mich aber die Begegnung  mit dem Sohn von Adam Goos, der heute in verantwortungs-voller Stellung in Zürich tätig ist.

 

Dennoch .. seltsam spielt das Schicksal: Eine Schar junger Studenten wird als Soldaten in den Wirren des Krieges fern ihres Heimatlandes auf hoher Alp zum Bau eines kleinen Weihers eingesetzt. Ihre Präsenz und die eines kleinen zweijährigen Knirpses haben bewirkt, dass mein Onkel zum Beinamen eines grossen indischen Staatsmannes und Philosophen kam !                                        F. Hauser 11. Mai 1992 

 

Erinnerungsbild: Polnische Internierte (ETH-Studenten-Lager Winterthur) beim

Bau des Schuttsammlers auf Sulzboden im Oberseetal. Links im Bild: "Ghandi",

in Bildmitttel "Negus", der dem abessinischen Kaiser Hailes Selassier, genannt "Negus" glich. Rechts im BIld: Mein Vater Fritz Hauser-Holzer, der im Auftrrag des Gemeinderates für die Leitung verantwortlich war. (Foto: Eigenes Archiv)=

Erinnerungsbild: "Unserem Meister und "Obermeister" zur  Erinnerung an die Arbeit der polnischen Studenten Juli-September 1941".

(Foto: polnische Studenten)

 

Auf der Rückseite verewigten sich die "Sulzboden-Polen" mit ihren Unterschriften.
Auf der Rückseite verewigten sich die "Sulzboden-Polen" mit ihren Unterschriften.

Am 23. August 1997 wurde an der Staumauer des "Polenweihers" durch die Näfelser Behörden unter Leitung von Gerhard Flogerzi, Gemeindepräsident, eine Gedenktafel eingeweiht im Beisein von rund 40 polnischen Gästen und vieler Sulzbödelerinnen und Sulzbödeler und fröhliches Fest unter freiem Himmel und bis tief in die Nacht gefeiert. (Foto: Eigenes Archiv)


In meiner Kindheit predigte der Pfarrer von der Kanzel vor der bis auf den letzten Platz gefüllten Kirche, an Allerheiligen/Allerseelen seien alle Verstorbenen unsichtbar in der Kirche versammelt...
In meiner Kindheit predigte der Pfarrer von der Kanzel vor der bis auf den letzten Platz gefüllten Kirche, an Allerheiligen/Allerseelen seien alle Verstorbenen unsichtbar in der Kirche versammelt...

 

Allerheiligen – seit 1177 Jahren

oder

Wie die Glarner zu Allerheiligen kamen (1)

 

Allerheiligen wurde dem Glarnerland durch Landsgemeindebeschluss vom 6. Mai 1973 be-schert. Haare gelassen hat dabei der „Fridlistag“ (6. März). Er war nur ein halbbatziger Feiertag, weil ihn nur die Katholiken feierten. Die Reformierten hatten wie üblich zur Arbeit zu gehen. Umgekehrt verhielt es sich am Karfreitag, den die Reformierten hochhielten, die Katholiken aber arbeiteten.

 

Unter anderem hiess es in der Argumentation für die Abschaffung des Fridlistags, bzw. der Einführung von Allerheiligen, man hätte in der ersten Jahreshälfte gar viele Feiertage, so dass quasi ein Feiertag im Herbst ein Ausgleich wäre. Die Landsgemeinde hiess den An-trag gut, vor allem weil auch die katholischen Geistlichen kaum Einwände hatten. Zudem gilt der Allerheiligentag, der immer am 1. November stattfindet auch als Totengedenktag.

 

Ganz Völkerstämme finden sich am Allerheiligentag auf den Friedhöfen ein. Von weither reisen Exil-Glarner zurück und „gehen über die Gräber“.  Man besuchte die Gräber der ver-storbenen Verwandten oder der eigenen Familie. Die Gräber sind dann besonders schön geschmückt und da und dort werden Grabkerzen angezündet. Im Anschluss sieht es auf dem Kirchenplatz aus wie bei einem riesigen Klassentreffen. Leute, die sich jahrelang nicht mehr gesehen haben, freuen sich auf ein Wiedersehen. Man begibt sich zu den ortsansäs-sigen Eltern oder Verwandten zum Kaffee und Kuchen. Vorgängig wird in der Kirche der seit dem letzten Allerheiligentag Verstorbenen gedacht und für jeden ein Lichtlein ange-zündet und auf der Holzbalustrade aufgestellt. Die Verstorbenen werden namentlich ver-lesen.

 

Im ganzen Glarnerland wird noch nicht einmal 40 Jahre Allerheiligen gefeiert, mit Ausnah-me der katholischen Pfarreien. Für sie galt Allerheiligen als uralte Tradition. Allerdings wur-de früher klar Allerheiligen von Allerseelen unterschieden. Ein Griff in die Chronistenkiste zeigt:

 

In der Ostkirche feierte man schon anfangs des 4. Jahrhunderts Allerheiligenfeste. In By-zanz galt der Herrentag aller Heiligen am Sonntag nach Pfingsten. Die Fülle der Märtyrer und Verfolgten sollte nicht vergessen werden.

 

In der Westkirche weihte Bonifatius IV. (Papst von 608-615) am 13. Mai 609 (oder 610) das Pantheon in Rom, bisher Heiligtum antiker Götter, der Jungfrau Maria und allen Heiligen. Er ordnete ein jährliches Fest an, und zwar am Freitag nach Ostern. Papst Gregor III. ( Papst 731-741) weihte eine Kapelle in der Basilika St. Peter in Rom allen Heiligen und legte den Feiertag für Rom auf den 1. November.

Ende des 8. Jahrhunderts begann man das Fest in Frankreich zu feiern. Papst Gregor IV. (Papst von 827-844) dehnte 839 den Gedächtnistag auf die ganze Kirche aus. Seither wird Allerheiligen und Allerseelen in der Westkirche an den ersten beiden Novembertagen gefeiert.

 

Seit Ende des 10. Jahrhunderts wird nach dem Vorbild der Benediktinerabtei Cluny am 2. November Allerseelen, ein Gedenktag aller Verstorbenen gehalten, die sich nach katholi-schem Verständnis im Purgatorium (Fegefeuer) befinden und die volle Gemeinschaft mit Gott noch nicht erreicht haben.

 

Allerheiligen wird nicht überall in der Scheiz gefeiert.

In zehn Kantonen findet ein normaler Arbeitstag statt, nämlich AR, BE, BL, BS, GE, NE, SH, TG, VD und ZH.

Wie ein Sonntag gilt Allerheiligen in weiteren zehn Kantonen: GL, LU, NW, OW, SG, SZ, TI, UR, VS und ZG.

In vier Kantonen wird nur in einzelnen Gemeinden Allerheiligen abgehalten: AG, FR, GR, SO.

Zwei Kantone AI und JU feiern Allerheiligen als Ruhetag.

 

Föderalismus zeigt sich auch hier. Die Kantone sind in diesen Fragen autonom. Trotz unter-schiedlichster Regelung ist bislang deswegen keine Revolution ausgebrochen.

 

Eine ganz andere Bedeutung hat sich am Vorabend von Allerheiligen in angelsächsischen Ländern verbreitet. In der Nacht zum 1. November wird Halloween gefeiert. „Halloween“ ist eigentlich eine Verballhornung von Allerheiligen  „all hallow souls oder „all hallow eve“. Im Hintergrund von Halloween steht der keltische Neujahrstag am 1. November und das Sam-hain-Fest, ein Erntedankfest zum Jahresende, das die Menschen ausgelassen und fröhlich feierten. Halloween wurde im Laufe des 20. Jahrhunderts in den USA zum Fest des Grau-ens. Eine Art Heischebrauch ist daraus geworden. Wer nichts erhält, rächt sich mit Strei-chen. Dieses Drohbetteln hat da und dort Missbräuche erzeugt und hat den Weg auch in unsere Gegenden gefunden.

 

Eine ganze Reihe von Bauernregeln  sind zum Allerheiligentag aufgestellt worden  „Schnee am Allerheiligentag, selten lange liegen mag.“  Oder: „Bringt Allerheiligen einen Winter, so bringt Martini (11. Nov.) einen Sommer.“ Oder: „Allerheiligen reif – macht den Winter stark und steif.“ Oder: Allerheiligen feucht, / wird der Schnee nicht leicht. Oder: „Allerheiligen klar und helle, sitzt der Winter auf der Schwelle.“ Oder: „Der Altweibersommer tut nicht lange gut, und steht er auch n aller Heiligen Hut.“ Oder. „Wenn’s an Allerheiligen schneit, halte deinen Pelz bereit.“ Schliesslich: "Schnee am Allerheiligen-Tag, selten lange liegen mag.“

 

Poeten wie etwa Josef Albert Stöckl lassen sich von der Innerlichkeit des Totengedenkens inspirieren. In seinem Gedicht „Allerheiligen“ heisst es in der letzten Strophe: Es bleibt ein jeder unvergessen / solange seiner wird gedacht; / die Zeit, sie wird von Gott bemessen / zu der selbst man auf den Weg sich macht.“

 

Seit dem denkwürdigen Landsgemeindeentscheid anno 1973 ist der Allerheiligentag ein Glarnerischer Feiertag. In Zürich spöttelt man, am Allerheiligentag würde in den Warenhäu-sern mehr gestohlen als sonst; denn dann kämen die Leute massenhaft aus den „Allerheili-genkantonen“ in die Stadt Zürich….  Wer also über die Gräber geht, ist davon ausgenom-men. Es ist die nämliche Klientel, die den „Glarner Nationalfeiertag“, die Näfelser Fahrt, be-nutzt, um den Verlockungen ausserkantonaler Einkaufszentren zu folgen, statt über die We-ge und Stege zu gehen, auf denen unsere Altfordern „grosse Noth gelitten“.

 

Weiter heisst es, dasselbe gelte auch für Maria Empfängnis, 8. Dezember. Nur - bei letzte-rem mögen wir Glarner davonkommen, denn dieser Tag wird im Tal der Linth nicht als Fei-ertag gefeiert.                                                                         Bis bald! Ihr Pankraz F.

 

 (1) Leicht überarbeitete Fassung von 2012.

An Allerheiligen kehren viele Weggezogene ins Heimatdorf zurück zur Allerheiligenfeier und zum Gräberbesuch und zum Besuch bei Verwandten und Bekannten.
An Allerheiligen kehren viele Weggezogene ins Heimatdorf zurück zur Allerheiligenfeier und zum Gräberbesuch und zum Besuch bei Verwandten und Bekannten.

 

Bilder.

Oben: https://bishopcampbellsblog.wordpress.com/2015/10/31/a-reflection-for-all-saints/, aberufen asm 25. Oktober 2017

Unten: http://www.pv-dachau-st-jakob.de/index.php?page=838, abgerufen am 25. Oktober 2017


Eine Stiftung von ewiger Dauer

oder

Äbtejahrzeit - Mosaikstein in der Glarner Geschichte 

 

Der britische Literatur-Nobelpreisträger Bertrand Russell (1872-1970) meinte, Weltge-schichte sei „die Summe dessen, was vermeidbar gewesen wäre“. Wir würden  in unseren kleinen Verhältnissen sagen: „Hindädrii isch mä mäischtens schläuer!“ Es gibt Ereignisse in der Geschichte, die weit in die Zukunft hineinwirken und Führungspersönlichkeiten, die nach Fehlentscheiden und Misserfolgen etwas von ihrer verlorenen Ehre in die Zukunft retten wollen. Ein Beispiel und Stückchen Glarnergeschichte ist die Stiftung des Äbtejar-zets „auf ewige Zeiten“ durch Abt Pankraz Vorster.

 

Darauf gestossen bin ich durch das kürzliche Äbtejahrzet in der Pfarrkirche in Näfels, „zum Andenken, Troste und Frommen unserer verstorbenen Vorfahren, der Äbte, Capitularen, Professen, Stifter und Gutthäter des Klosters St. Gallen“.

 

Pankraz Vorster kämpfte als letzter Abt des Klosters St. Gallen erbittert und erfolglos gegen die Aufhebung der Fürstabtei. Sein Gegenspieler war der Glarner Karl Müller von Fried-berg, erster Landammann des neugegründeten Kantons St. Gallen. Abt Vorster war kein unbeschriebenes Blatt. Er war Oppositionsführer („Anführer der Missvergnügten“) gegen seinen Vorgänger Abt Beda Angehrn, der der Näfelser Kirche den Hochaltar schenkte, woran seither dessen Wappen erinnert. Abt Vorster wurde nach Deutschland strafversetzt. Acht Jahre später kehrte er zurück. Das Kapitel (Klostergemeinschaft) wählte ihn zum neu-en St. Galler Abt. Nach energischer Inangriffnahme einer Reform der Administration und Sanierung der Finanzen überholten ihn die politischen Ereignisse. Sein Einfluss schwand. Diplomatisches Geschick fehlte ihm, er kämpfte wohl, ging aber im Getümmel der damali-gen unruhigen Zeiten zwischen den Fronten unter. Er hatte auch das Kapitel nicht mehr im Griff und vermochte die politischen Herrschaftsrechte des Kloster nicht zu verteidigen. Der Grosse Rat hob 1805 das Stift auf. Vorster floh. Der Wiener Kongress verknurrte 1815 den neuen Kanton St. Gallen dazu, dem Abt eine Pension von 6000 Reichsgulden je Jahr zu zahlen, die er ab 1820 bezog.

 

Mit diesem Geld setzte Abt Pankraz Vorster, der schon ein Jahr zuvor in Arth, später in Muri seinen Wohnsitz hatte, ein Zeichen für die Ewigkeit. Er stiftete am 26. April 1821 das Äbte-jarzet in Näfels, am 1.Juni 1821 sieben je an verschiedenen Orten des Kantons St. Gallen. Auf diese Weise sollte - vor dem politischen Scherbenhaufen der Klosteraufhebung - die Tradition des Klosters St. Gallen wenigstens kirchlich in „ewig dauernder Stiftung“ erhalten bleiben. In der Stiftungsurkunde heisst es: „Durch die Unterdrückung des fürstlichen Stiftes St. Gallen sind unseren Vorfahren, die Äbte, Capitularen und Professen gedachten Stiftes, wie auch die Stifter und Gutthäter desselben des gebührlichen Gebethes, den heiligen Messopfern, Anniversaren (Gedächtnisgottesdienste)  und Suffragien (Fürbitten) ect, die jährlich zur Ruhe ihrer Seelen in der Stiftskirche gehalten wurden, seit manchen Jahren beraubet worden.“

 

Abt Pankraz legte 70 % seines Jahresgehalts, nämlich 4200 Reichsgulden, in einem Fonds an, der 5 % Zins abwarf, damals umgerechnet  395 5/11 Schweizerfranken. Diese Summe war jährlich auf ewig für das Äbtejahrzet Näfels auszuzahlen.

 

Der Ablauf: „Das ganze Officium Defunctorum (Gedächtnisgottesdienst) soll an diesem Tage von elf Priestern - die Versperae nämlich gesungen - die Nocturni aber und die Laudes chorweise gebethet werden. Sodann ein Feyerliches Seelenamt folgen und nach diesem beym Todtengerüste das Libera gesungen werden.“

 

Da elf Geistliche je die Messe lesen mussten, brauchte das zwei „Durchläufe“ auf den fünf vorhandenen Altären und auf dem am schnellsten frei werdenden Altar noch eine Messe mehr. Entsprechend war das Aufgebot der Ministranten-Buben, die - wie der Historiker Albert Müller schrieb - am Äbtejahrzet den einträglichsten Tag im Jahr hatten, weil sie von den Priester „äs Zwänzgerli oder Füfzgerli“ erhielten.

 

Der Abt schrieb vor, wie seine 395 5/11 Schweizerfranken zu verteilen seien:„Dem Herren Pfarrer wegen Abhaltung des Seelenamtes ect 10 Fr. Den zehn Priestern, jedem 6 Fran-ken, total 60 Fr. Der Pfarrkirch wegen Verbrauch der Wachskerzen ect. 14 Fr. Dem Mesner oder Sigrist wegen dem Geläute und übrigen Kirchendienste  4 Fr.. Dem Organisten und den Cantoren 12 Fr. Total 100 Fr.“- „Die übrigen 209 5/11 Franken sollen nach Abzuge des im Orte gewöhnlichen Einzugs oder Verwaltungsgebühr den Hausarmen der Pfarrei Näfels am Jahrestag selbst, ausgetheilt werden.“ Die „Vertheilung“ überliess er den „Amtsvorstän-den“, (Kirchenvogt), nach Rücksprache mit dem Pfarrer. Dieser war Hauptverantwortlicher  Er, „... dem das Recht, das Seelenamt zu halten zusteht, hat auch die Befugnis, die übrigen zehn Priester einzuladen, den Tag und die Stunde dieser gottesdienstlichen Verrichtungen zu bestimmen, und überhaupt zu sorgen, dass alles dem Stiftungsbriefe gemäss vollzogen werde.“

 

Nach Aussagen älterer Näfelser nahm die Schuljugend am Äbtejahrzet teil und erhielt da-nach im alten Pfarrhaus ein „Mutschli“. Arme Leute durften anstehen und erhielten einen „Fünfpfünder“. Minderbemittelte konnten sich auch beim Kirchenvogt melden und erhielten einen Obolus. Der letzte Aufruf erfolgte im Kirchenanzeiger Nr. 5  anno 1949: „Bedürftige Personen der Pfarrei, welche eine Unterstützung durch die St. Gallerstiftung zu beziehen wünschen, mögen sich Donnerstag den 13. und Freitag, den 14. Oktober je 11.00 bis 12.00 beim Kirchenverwalter Herrn Eugen Hauser-Landolt melden.“

 

Zwei Generationen sind seither vergangen. Der Aufruf des Kirchenvogts an „bedürftige Personen“ ist verschwunden, das Brotausteilen vergessen. Nach wie vor  wird das Äbte-jarzet abgehalten. In diesem Jahr wurde es eine halbe Stunde vor Gottesdienstbeginn mit der grossen Glocke angezeigt.  Fünf Priester in violetten Liturgiefarben zelebrierten die Seelenmesse. Für die Armen sorgt die Fürsorge des Staates, und statt des Brotausteilens im alten Pfarrhaus lassen sich die Herren Geistlichen ein leckeres Frühstücksmahl auftra-gen. Wäre es nicht schön, die Stiftung des letzten St. Galler Abtes als verbriefte Pflicht wieder etwas zu reaktivieren?

 

Abt Pankraz Vorster starb in Muri am 9. Juli 1829. Nach der Aufhebung des Klosters Muri wurden seine Überreste 1923 in der Kathedrale in St. Gallen beigesetzt.  Das Äbtejahrzet in Näfels pflegt das Andenken an Pankraz Vorster und die Genannten, wohl weil er der letzte St. Galler Abt war, auf ewig.                                                                Bis bald! Ihr Pankraz

 

(erschienen am: Do  6. November 2008, in: „Fridolin“ Nr. 45, Frontpage (Kolumne Dies und Das von Pankraz)

Fürstabt Pankraz Vorster, letzter Fürstabt des Klosters St. Gallen. (1753-1829).

 

Nach der Gründung des Kantons St. Gallen wurde die Fürst-abtei aufgehoben. Abt Pankraz Vorster setzte ein Zeichen und errichtete über 20 Stiftsjahrzeiten für die "Äbte, Conven-tualen und Gutthäter".

1921 auch ein "Äbtejarzet" in Näfels, gewissermassen

"Hauptort" des katholischen Landesteils des Landes Glarus.

Das Porträt, ein grosses Gemälde wird jeweils an "Aller Äbte Jahrzeit" im Kloster St. Gallen an den schmiedeisenen Toren zwischen Chor und Schiff mit weiteren sieben Äbteporträts

aufgehängt.

Fürstabt Beda Angehrn, zweitletzter Fürstabt des Klosters St. Gallen. (1725-1796)

 

Auf Begehren von Landammann Fridolin Joseph Hauser

(1713-1783) stiftete Abt Beda bei Bau der Hilariuskirche den

Hochaltar.  Sein vierteiliges Abtwappen prangt heute noch zwischen Oberbild und Hauptbild des Hochaltars.

 

 

BIlder: www.wikipedia, abgerufen 20.10.2017

Wappen von Abt Beda Angehrn in der Näfelser Kirche (Foto: Fridolin Hauser)
Wappen von Abt Beda Angehrn in der Näfelser Kirche (Foto: Fridolin Hauser)

Das vierteilige Abtwappen von Beda Angehrn zwischen Oberbild und Hauptbild auf dem Hauptaltar in der Hilariuskirche zeigt in der Diagonale von links oben nach rechts unten die weltliche Macht des Fürstabts und in der Diagonale von rechts oben nach links unten die kirchliche Macht.

Oben links:  Bär mit Holzträmmel - Wappen des Fürstenlandes und der Abtei St. Gallen. Unten rechts: Dogge - Grafschaft Toggenburg.

Oben rechts: Opferlamm - Kloster St. Johann im Thurtal.

Unten links: Familienwappen "Angehrn". Zwei Engelsflügel mit Palme, drei Sterne.

 


Donnerstag, 12. Oktober 2017

 

Aeschbacher Live: Aufzeichnungen in der Labor-Bar

oder

Zu Gast beim «Fernsehfossil» und «bekanntesten SRF-Gesicht»

 

 

Eigentlich zufällig komme ich zu zwei Eintrittskarten zur Sendung «Aeschba-cher» durch das Magazin «50plus», das, wie ich erst später erfahre, Kurt Aeschbacher herausgibt. «… Sie erhalten zwei Tickets für die Aufzeichnung der Sendung «Aeschbacher» vom 4. Oktober 2017...», «…die Sendung wird in der Labor-Bar an der Schiffbaustrasse 3 in 8005 Zürich aufgezeichnet…» 

Dank Navigationssystem stehe ich trotz Feierabendverkehr rechtzeitig vor einer mächtigen, grauen Kiste, auf der gross «Aeschbacher» steht. Was? In dieser grässlichen Halle soll ein Fernseh-Aufnahmestudio sein? Erinnert mich ganz an Philadelphia, wo man über Jahrzehnte wegen Mangel an Schulhäu-sern an zig Orten u.a. auch in Fabrikhallen «Open schools» betrieb. Später wird uns Kurt Aeschbacher erklären, was der Hintergrund dieser, wie er sagt, «abgefuckten Fabrikhalle» ist.

 

Nach düsterem, schmalem Eingang mit einer improvisierten Garderobe tauche ich in eine völlig unbekannte Welt ein:

 

Hoher abgedunkelter Raum mit einer winzigen Bühne. Ungezählte Scheinwer-fer. Bereits besetzte Stühle entlang der Wände und zwischen der Bar und der Bühne. Buntfarbige, grell beleuchtete Quader aus Kunststoff machen die Büh-nenlandschaft aus. Im Zentrum die bekannten zwei weissen Stühle und das Tischchen.

Die Show must go on

Auf einer steilen Eisentreppe finde ich einen improvisierten Sitzplatz mit einmaliger Aussicht auf die Bühne. Plötzlich schwirren gespenstisch in dunk-len Jeans und Shirts gekleidet TV-Menschen auf. Leute für Aufnahmen, Bild, Licht, Ton, Redaktorinnen. Sie bringen Kameras in Position, legen Kabel, hoch im Raum ist eine Schwenkkamera, mit der jemand zu spielen scheint.  Die Aufnahmeleiterin begrüsst die Zaungäste, erklärt Spielregeln und Ablauf der Aufnahmen.

  

Plötzlich tänzelt der Moderator die steile Treppe, auf der ich sitze, herunter, hüpft auf die Bühne und holt sich die Sympathie des Publikums gleich mit lockeren Sprüchen. Seine Kleidung, sonst meist in modischen, extravaganten Auffälligkeiten, die er selber entwirft, ist heute erstaunlich «normal». Dunkler, getüpfelter Veston, schlichte helle Baumwollhose mit engen Hosenrohren, offenes Uni-Hemd, am Revers ein kleiner Knopf, der an ein Abzeichen eines Serviceclubs erinnert. Er macht das so locker und professionell, dass niemand merkt, dass er dieses Ritual und die gleichen selbstironischen Sprüche mit einem Schuss Understatement schon hunderte von Male so zelebriert hat und die Zuschauer den Eindruck haben, es sei Premiere.

 


Einst technisches Labor – heute Fernsehstudio

Man erfährt, dieses Studio, das jeweils am Fernsehapparat so schön und gedie-

gen aussieht, sei ausgangs des Zweiten Weltkriegs als Materialprüfungs-Anstalt der Escher Wyss gebaut worden. Nach einem Absatzrückgang habe die Sulzer AG anno 1969 entschieden, sich auf die Kernproduktionen Hydraulik und thermi-

sche Turbomaschinen zu konzentrieren, und habe das Gebäude sich selbst über-lassen. Anfangs 2000 riss sich Kurt Aeschbacher, auf der Suche nach einem

Fernsehstudio für eine neue Sendung, das halb zerfallene Gebäude unter den Nagel. Er investierte mutig. Aus dem Labor für Verfahrenstechnik wurde das Fernsehstudio für die Sendung "Aeschbacher" (und für andere Events).

 

Die fast halbstündige «Warm-up»-Phase dient dazu, das Publikum einzustim-men und macht, was nun kommt, anmächelig. Von der Treppe aus habe ich einen herrlichen Überblick, bis eine sympathische Frau aus dem 20-köpfigen Team mich und andere Treppensitzer nach vorn ruft und auf leer gebliebene reservierte Stühle in die erste Reihe umplatziert … mit Blick direkt auf die Bühne und äätsch eine senkrechte Stahlstrebe.

 

Der Trailer

Noch ehe die Interviewgäste kommen, muss Aeschbacher einen Trailer für die Vorschau im Fernsehprogramm sprechen. Das tut er nach Fingerzeichen der Aufnahmeleiterin sicherheitshalber zwei Mal hintereinander. Dann schmeisst er eine grüne Karte, den einzigen «Spick» der Sendung, weg.

 

Die Show kann beginnen. Die Aufnahmeleiterin hält ihm eine schwarze Tafel mit dem Namen des Gastes hin, er selber spricht frei, seit eh und je ohne Knopf im Ohr. Dann schreitet der erste Gast herein, wird vom Moderator und viel Applaus aus unseren Zuschauerreihen empfangen und auf den Stuhl gebeten.

 

Aeschbacher führt das Gespräch charmant wie immer - ohne Manuskript und Notizen - lediglich mit intensivem Augenkontakt und hervorragender Zuhörfähig-keit. Für das Auge sieht alles so leicht und doch respektvoll aus; dennoch lauert er auf jede Aussage, Regung, um mit Fragen nachzuhaken. Der Eindruck ent-steht, dass sich der Interviewte öffnen kann und immer befreiter berichtet. Aesch-bacher kitzelt so Aussagen heraus, die niemals vorbesprochen oder gar eingeübt sind.

 

Das Geheimnis des Erfolges dieser Gespräche und damit der hohen Einschalt-quoten liegt im sensiblen Gespür Aeschbachers, sein Gegenüber zu entfalten. Nicht er sei wichtig, sondern der Gast. Je mehr ein Gast aus sich herauskommt, desto mehr zieht sich der Moderator zurück. Es ist eine hohe Kunst der Regie (im Aufnahmewagen vor dem Hause) und der Aufnahmeleiterin im Saal die Kameras so zu dirigieren, dass der Gast auf der Kamera wirklich zum Zentrum und zur Hauptperson wird. (Andere Moderatoren benutzen die Gäste dazu, sich selber als Showman optimal darzustellen.) Mit seiner 37-jährigen Medienerfahrung weiss Kurt Aeschbacher ganz genau über diese psychologischen Vorgänge Bescheid.

 

Ich habe als Zuschauer den Eindruck, er geniesse die kreative Suche nach der Persönlichkeit und Aussagefähigkeit des Gastes, respektiere aber stets dessen Grenzen. Seltsamerweise entstehen so -  trotz des Risikos der Spontaneität - kaum Fehler und Pannen. Im Gegenteil: mögliche Versprecher oder kleine Black-outs sind eine Chance für den Moderator, das Gespräch erst eigentlich zu gestal-ten. Er wirkt dabei sehr authentisch und sein Umgang ist geprägt durch Einfach-heit und menschliche Wärme. 

 

Das ist auch diesen Abend so mit einem Drohnen-Informatiker, einer koreani-schen Jodlerin, einem zum Schamanen gewordenen Soziologieprofessoren und einem Grabkreuz-Tafelnschnitzer.

 

Die erste Panne und der Plan B

Und dann… passiert es! Angeblich zum ersten Mal, erscheint der angesagte Gast nicht auf der Bühne. Aeschbacher und die Crew reagieren sofort und kre-ieren spontan einen Plan B. Ein Assistenzarzt spurtet mit einem Mordsrucksack hinter die Kulissen. Dem erwarteten Gast ist es offenbar übel geworden oder er ist vor Aufregung blockiert. In nur wenigen gestischen und mündlichen Austau-

schen wird das Programm umgestellt und der nächste Gast mobilisiert. Aesch-bacher stützt seine Ellenbogen auf einer kubischen Kulisse auf und wartet ge-lassen, bis es weitergehen kann, was es auch tut.

 

Bis zum Ende ist der «ausgestiegene» Gast wieder flottgemacht und handlungs-fähig. Es gelingt sogar, ihn zu Aussagen zu bewegen, die das Publikum zu Ap-plausstürmen und herzlichen Lachern ausbrechen lassen.

 

Die Verabschiedung ist kurz und bündig, das Publikum begeistert. Das Fernseh-team wird nun das gefilmte Material so präparieren, dass die Sendung in den Äther steigen kann.

Erst dann, vor dem Fernseher zuhause, wird sich weisen wie anders das Ganze auf einen wirken wird.

  

 

Eine kleine Hommage auf Kurt Aeschbacher

Ich bin vier verschiedenen Kurt Aeschbacher begegnet.

 

Der erste ist der bekannteste SRF Fernsehstar wie man ihn in den Medien wahr-nimmt. Unverwechselbar und auffällig modisch gekleidet, mit spitzbübischem und verschmitztem Lächeln. Ein Gesicht, das man nicht zuletzt wegen der langen Medienkarriere einfach kennt.

 

Der zweite Kurt Aeschbacher ist der Dauerbrenner in den letzten Jahren. Mode-rator der nach ihm benannten Sendung, der Menschen mit spezieller Herkunft oder Qualität zu Worte kommen lässt. Jahrelang am Donnerstagabend, ist sie neuerdings Late Show sonntags. «Die Sändig, wo me nie nume us Längwili luegt.»

 

Die beste Aussage dazu finde ich später im Interview mit Annette Wirthlin in der Luzerner Neuen Zeitung: «Eine gute Grundvoraussetzung ist es, wenn man Menschen gerne hat und dem Gegenüber das Gefühl gibt, es nicht laufend zu werten. Zuhören ist das beste Rezept, um Antworten zu bekommen, die den Menschen dann auch für Dritte erfahrbar macht.»[1]

 

Der dritte Aeschbacher ist der unmittelbar vor der Aufzeichnung, beim sogenann-ten «Warm-up» erlebte Gastgeber. Er «wärmte» das Publikum für die Sendung wirklich gekonnt «auf». Dabei ist diese Performance eigentlich ein Monolog, ein Bühnenauftritt zur ersten Kontaktnahme mit dem Publikum. Auffällig: Kurt Aesch-bacher verhält sich nicht grundlegend anders als bei den Interviews mit seinen Gästen. (Ich habe diese Übereinstimmung von TV und Alltag auch bei einer Begegnung vor Jahren mit Hans Joachim Kulenkampff «Einer wird gewinnen» im Hotel «Drei Könige» in Einsiedeln festgestellt.) Aeschbacher nimmt man auf der Bühne nicht so nahe wie beim Fernsehen wahr, das bisweilen bei Nahaufnahmen jede Pore und jedes Fältchen wiedergibt.  Persönlich finde ich diese Bühnen-Performance in ihrer Unmittelbarkeit fast noch besser als seinen TV Auftritt.

 

Eine Offenbarung war der vierte Kurt Aeschbacher in der Sendung von Roger Schawinski vom 13. Januar 2014.  Bei diesem Weltmeister eines angriffigen, taktlosen und entlarvenden Fragestellers, der seine meisten Gäste mit unerbittlichen Provokationen herausfordert, kamen nichtsdestotrotz Persönlichkeit und Haltung Aeschbachers vorteilhaft zum Ausdruck. Dies, weil Aeschbacher sich durch seine Ruhe und Überzeugungskraft profilierte und den Fragesteller als permanent anrennenden Guspli und Provokateur stehen liess. Aeschbacher gab seine Grundüberzeugung und Zufriedenheit über das Erreichte, seine sensible Art und sein Unterhaltungs-Credo (Interesse für die Menschen, Neugier und Respekt für die Grenzen des Anderen) preis. Souverän reagierte er auf die dauernd nachhakenden Fragen zur Homosexualität, möchte aber nicht nur auf Grund seiner Sexualität als Persönlichkeit definiert werden. Dann holte er mit prägnanten Worten aus und forderte von Gesellschaft und Kirche eine offenere Haltung und Massnahmen zur Umsetzung der Menschenrechte und Existenzfreiheit aller Menschen gleichgültig welcher Veranlagung und welchen Geschlechts.

 

Aeschbacher vertritt -  nicht nur als Unesco-Botschafter – ethische Standpunkte, die Respekt verdienen. Ein reifer Kurt Aeschbacher, den man nicht einfach nur auf die Rolle als illustren Fernsehstar und cleveren Geschäftsmann reduzieren kann.

 

So gesehen sind und bleiben die einmalige Erfahrung im Studio «Aeschbacher» und die nachfolgenden Recherchen im Internet eine echte Begegnung mit dem «Fernsehfossil» und längsten SRF-Schaffenden aller Zeiten.

 

[1] Luzerner Zeitung vom 21. Juni 2014   

    www.luzernerzeitung.ch/nachrichten/panorama/Zuhoeren-ist-das-beste-Rezept;

    art9645,552775, abgerufen am 5. Oktober 2017 

Aeschbacher in der Sendung "Schawinski" vom 12. Januar 2014.
Aeschbacher in der Sendung "Schawinski" vom 12. Januar 2014.

 

Alfonso Hophan - Glarner Gast bei "Aeschbacher"

Erwähnenswert ist der Brückenschlag ins Glarnerland. Am 23. Oktober 2014 war Alfonso Hophan, der Näfelser Bürger, der die ersten Lebensjahre im Rautidorf verbracht hatte und seinen Wohnsitz aus familiären Gründen nach Schwanden verlegte, zu Gast. Er hatte schon mit seiner Maturaarbeit an der Kanti Glarus Furore gemacht und diese völlig überarbeitet und erweitert als Bestseller gelandet. 

Hophan Alfonso: Die  Chronik des Balz Hauser

 

Im Jahr 1526 wütet die Pest im Glarnerland und macht den 12-jährigen Bauernsohn Balthasar Hauser zu einem Vollwai-sen, denn nachdem sein Vater bereits dem Krieg gegen Italien zum Opfer fiel, erliegt kurz darauf seine Mutter dem Schwarzen Tod. Balzli wird von den Wirren der Zeit mitge-rissen und irrt auf der Suche nach seinem persönlichen Glück durch das zerrüttete Glarnerland. Die religiösen Glaubens-kriege, ausgelöst durch die Reformation, spalten Europa und reißen auch das Glarnerland auseinander. Bündnisse werden zunichte gemacht, Freundschaften werden zu Feindschaften und neue religiöse Strömungen entwickeln sich. Aus der Per-spektive des Balthasar Hauser beschreibt Alfonso Hophan die geschichtlichen Ereignisse und den gesellschaftlichen Wandel emotional eindringlich und literarisch raffiniert. (Inhaltsbeschrieb: Salis-Verlag Zürich))

Alfonso Hophan stellte in der Sendung "Aeschbach" am 23. Oktober 2014 sein erfolgreiches Buch vor.
Alfonso Hophan stellte in der Sendung "Aeschbach" am 23. Oktober 2014 sein erfolgreiches Buch vor.

Bildquellen: Fernsehen SRF


Bad Säckinger "Dreifaltigkeit"

Mitte: Klaus Kummle, Präsident des Freundeskreises Purkersdorf (A), Bad Säckingen; links: Raimund Boltz, Präsident des Freundeskreises Bad Säckingen (D), Purkersdorf, rechts: Winfried Ays, Präsident des Freundeskreises Näfels/ Glarus Nord, Bad Säckingen. (Fotos: Freundeskreise Purkersdorf und Näfels)

Nicht die sechs Siebengscheiten, sondern Säckinger Partnerschafter in Näfels am Samstag, 7. Oktober 2017 (Foto: Axel Kremp, Bad Säckingen)
Nicht die sechs Siebengscheiten, sondern Säckinger Partnerschafter in Näfels am Samstag, 7. Oktober 2017 (Foto: Axel Kremp, Bad Säckingen)

Im Zeichen der Freundschaft: v.l.n.r.: Winfried Ays, Präsident Freundeskreis Näfels, Bad Säckingen; Klaus Kummle, Präsident des Freundeskreises Purkersdorf (A), Bad Säckin-gen; Raimund Boltz, Präsident des Freundeskreises Bad Säckingen, Purkersdorf, Bruno Gallati, Gemeinderatsvizepräsident und Botschafter der Partnerschaft mit Bad Säckingen, Näfels, Marc Hauser, Präsident des Verkehrsvereins Näfels, Fridolin Hauser, a. Gemeinde-präsident, Näfels. Gruppenbild beim Empfang in Näfels nach Café und Gipfeli im Café Müller.

Sonntag, 8. Oktober 2017

Freundeskreis Purkersdorf Bad Säckingen im Glarnerland

 

Am Samstag, 7. Oktober 2017, besuchte eine verschworene und originelle Gruppe von Freunden aus der Partnerstadt Bad Säckingen (Partnerschaft seit dem 6. März 1988) das Glarnerland. Ich genoss das Privileg, die sympa-thischen Gäste aus der Trompeterstadt begleiten zu dürfen.

 

Klaus Kummle, der Präsident des Freundeskreises Purkersdorf (A), strahlte, als er mit einem Kleinbus und zwei Privatautos punkt 10 Uhr 30 mit seiner sechs-zehnköpfigen Bad Säckinger Reisegruppe beim Café Müller eintraf. Gewisser-massen eine "Reise ins Blaue", denn Klaus Kummle liebt es, wie er sagt, zu improvisieren und aus dem Stand, die Rosinen aus dem Kuchen zu picken, so wie sie sich ergeben.

 

Pflege grenzüberschreitender Freundschaften 

Sogar Petrus schien zu improvisieren, denn mitten in die schlechtesten Wetter-aussichten überraschte er uns mit einem herrlichen Herbsttag. Natürlich hatte im Hintergrund Winfried Ays, Präsident des Freundeskreises Näfels, Mann der er-sten Stunde der Partnerschaft zwischen Näfels und Bad Säckingen und seither ein verlässlicher Freund von Näfels und des Glarnerlandes, die Fäden gezogen und mich gebeten, die Gruppe zu begleiten.

 

Bad Säckingen pflegt fünf Städtepartnerschaften: 

 

                         Frankreich: Sanary-sur-Mer seit 1973

                         Österreich: Prukersdorf seit 1973

                         Japan: Nagai seit 1983

                         Italien: Santeramo seit 1983

                         Schweiz: Näfels seit 1988

 

Neben den offiziellen Kontakten der Politik bestehen aus privater Initiative ge-gründete sogenannte "Freundeskreise". Vereine, die gegenseitige Austausche organisieren und grenzübergreifende Freundschaften pflegen. Und eben ein solcher Kontakt sollte auch der heutige Ausflug ins Glarnerland sein. Mit von der Partie waren auch Mitglieder der Freundeskreise Sanary-sur-Mer, Purkersdorf, Santeramo und Näfels.

 

Improvisation - Spielraum für Überraschungen

Klaus Kummle, der vor mitreissender Begeisterung sprüht, liess sein Freunde und deren Begleiterinnen bewusst im Ungewissen. Eigentlich wollte er sie auf den Urnerboden führen, denn er hat  bei seinen Vorfahren Glarner Wurzeln, seine Grosseltern hatten in Glarus gelebt, da sein Grossvater als Textildessinateur im Hauptort gearbeitet hatte. Doch der Klausenpass war wegen Schneeeinbruch geschlossen. Und das Café Müller war so gut frequentiert, dass wir ein paar Tische im offenen Sitzplatz zusammenrücken mussten. Zur Überraschung tauchte auch Gemeinderatsvizepräsident Bruno Gallati auf und gefiel - als offizieller Botschafter der Partnerschaft mit Bad Säckingen - mit einer wohlvorbereiteten Grussbotschaft. Weiter verblüffte, dass Marc Hauser, der rührige Präsident des Verkehrsvereins Näfels, vom Anlass Wind bekommen hatte und seinerseits mit Grüssen und Näfelser Pins überraschte. 

Die vorgesehene Besichtigung des Pfarrkirche Hilarius musste ins Wasser fallen, weil dort bei full house Diakonweihe mit wohl 400 Personen stattfand. Deshalb musste ich in aller Eile als Plan B einen Besuch des Franziskanerklosters einfädeln, was dank der flexiblen und freundschaftlichen Geste von Bruder Louis, der Franziskaner mit dem schönsten Bart Europas, möglich wurde.

 

Wo einst Säckinger Ministeriale residierten

Nach dem Erklimmen der 77 Stufen der Klosterstiege, einer Besichtigung der Klosterkirche, einem Spaziergang durch den Klostergarten, bestaunten die Bad Säckinger Gäste das Panorama von der Terrasse auf dem Dach des alten Klo-sterschulhauses aus und bestaunten die wunderbaren Bad Säckinger Rosen, die die Partnerstadt aus Anlass der Beendigung der Klosterrenovation gespendet hatte. Hier, auf diesem Burgstock, wo bis 1351 Habsburgische Vögte im Auftrag der Fürstabtissin von Säckingen regierten, wirkten ab 1675 Kapuziner. Diese führten ab 1831 bis 1984 eine Knabensekundarschule. 1986 gaben sie das Kloster wegen Nachwuchsmangel auf. Durch einen Glücksfall und einen symbolischen Kaufpreis von einem Franken konnten danach die Schweizer Franziskaner einziehen und die einst politische Macht durch einen seelsorglich-geistige ablösen.

Das ursprüngliche Näfelser Wappen ist ein Relikt aus der Zeit der säckingischen Ministerialen Urlicus und Fredercus de Nefels, die irrtümlich glaubten Näfels sei vom lateinischen navis (das Schiff) abzuleiten. Durch diesen Irrtum (Näfels kommt vom romanischen novale = Neuland) und da die Näfelser nicht Lateinisch konnten, übernahmen sie das "Schiffliwappen" als Gemeindewappen.

 

Besuch im "schönsten Bürgerhaus der Schweiz aus dem 17. Jahrhundert"

Jeweils ein Muss ist der Besuch des Freulerpalastes. Dieser ursprüngliche Palais des Kaspar Freuler, des dritten Gardeobersten am französischen Hof nach seinem Schwiegervater und nach Oberst Kaspar Gallati, ist heute Museum des Landes Glarus. Ein Besuch im Freulerhof und ein Rundgang durch die Sala terrena, den Rittersaal, das Prunkzimmer, das Bachmannzimmer, den Banner-saal und das Textilmuseum liess historische Bezüge des Glarnerlandes in die verschiedensten Geschichtsepochen schlagen.

 

Auch das Mittagessen war improvisiert

Da wir gemeinsam einen Abstecher in den Hauptort Glarus ad hoc beschlossen, stellte sich die Frage nach einem etwas vorgerückten Mittagessenstermin. Da kein Restaurant vorgeplant war, entschlossen wir uns spontan zum Experiment, uns in einem Selbstbedienungsrestaurant zu verpflegen. Es gelang.  Geschäftsleiter Thoma reservierte in Windeseile eine Säckinger Ecke und überraschte die zufriedenen Gäste mit einem Gratis-Glacé.

 

Glarus: Fridolinskirche und Stadtkirche

Ergiebig war der Besuch der Gäste aus der süddeutschen Fridolinsstadt - nomen est omen - in der Fridolinskirche und auch in der Stadtkirche. Unvergessen ist die freundschaftliche Haltung der Säckinger, die beim Brand von Glarus 1861 spontan mit Spenden Hilfe leisteten. Positiv zur Kenntnis genommen wurde auch, dass der Kanton Glarus immer noch den Säckinger Sant Fridli im Glarnerwappen trägt und dass die Glarner als einziger Kanton der Schweiz eine menschliche Gestalt und erst noch einen Heiligen im Wappen führen. Fridolin hat - dank der Toleranz der evanglischen Glarner - sogar die Reformation überstanden.

 

Einsiedeln oder Obersee ?

Da der Klausen geschlossen war, hätte Klaus Kummle, ebenfalls improvisiert noch einen Abstecher nach Einsiedeln gemacht. Als ich ihm jedoch vom Ober-seetal schwärmte, aus dem die Fürstäbtissin einst als Zinsen Vieh, Hühner, Käse und Ziger entgegennehmen konnte, entschied er sich ruck-zuck "Da müssen wir hin!". Und tatsächlich trafen wir den Obersee bei herrlicher Herbstsonne und um-

rahmt vom farbenfrohen Herbstwald an. Zum Erlebnis wurde der Rundgang um den Obersee und der verdiente Umtrunk auf der Terrasse des Berghotels. Erst

als gegen halb sechs Uhr die Sonne allmählich niederging und ein leichtes Frösteln aufkam, blies Klaus Kummle zum Aufbruch.

Denn in Bad Säckingen wartete ihrer um 19 Uhr ein leckeres Nachtessen.

 

(Eine Bilderfolge des Tages ist vorgesehen, sobald die Freunde von Purkersdorf und ihr mitreisender Raimund Boltz, früherer Pressefotograf der Regierung ihre Schnappschüsse zumailen.)

 

Startphase mit Café und Gipfeli: Der Verkehrsverein Näfels hat seine Augen überall! ... was man auf Facebook mit obigen Bildern feststellt.

 

Obere Reihe links: Unter den wärmenden Sonnenstrahlen vom Fronalp und Mürtschen nehmen die illustren Gäste aus der Partnerstadt Bad Säckingen Platz. Bild Mitte: Bruno Gallati macht die letzten Notizen für seine Willkommensansprache als Vertreter der Gemeide Glarus Nord. Rechts: Tokuwabohu zum Aufbruch durchs Rautidorf.

 

Untere Reihe links: Klaus Kummle, Präsident des Freundeskreises Purkersdorf, Bad Säckingen, im Gespräch mit dem Botschafter der Partnerschaft Bruno Gallati. Rechts: Raimund Boltz, Präsident des Freundeskreises Bad Säckingen aus Purkersdorf im Wienerwald mit Marc Hauser, Präsident des Verkehrsvereins Näfels. Er verpasste allen einen Näfelser Pin als Andenken. (Fotos: Verkehrsverein Näfels)

Gruppenbild beim Rundgang um den Obersee. (Foto: Raimund Boltz mit Hut)
Gruppenbild beim Rundgang um den Obersee. (Foto: Raimund Boltz mit Hut)

Die "zwölf Apostel und Apostolinnen" der freundschaftlichen Partnerschaften Purkersdorf (A), Santeramo (I) Sanary-sur-Mer (F), Näfels (CH).

v.l.n.r. : Peter Borho, Konrad Umbreit, .Leonardo Scatena,  Klaus Kummle, Fridolin Hauser, Maria Papke, Alexander Borho, Stadtrat, (Sohn von Peter), Monika Behringer, Wolfgang Stangenberger, Gabriele Umbreit, Raimund Boltz und Peter Behringer. Nicht auf dem Bild: Alex Kremp, Heidi Baumgartner und Wolfgang Spiegel.

(Foto: Raimund Boltz, fotografiert hat mit dessen Kamera ein Passant, der mit seiner Familie auf der gleichen "Halbinsel" mit deiner Familie gepicknickt hat.)

 

 

...und noch eine Fotogalerie von Raimund Boltz, Purkersdorf:

 

Bilder

Oberste Reihe:Links: Imposante Tafelrunde im Café Müller. Rechts: Axel Kremp, Redaktor Badische Zeitung, Bad Säckingen umzingelt von den Näfelsern Bruno Gallati, Marc Hauser und Fridolin Hauser.

Zweite Reihe: Rast nach Umrundung des Obersee auf 930 Metern über Meer, im Berggast-haus "Obersee" - noch sind die Tische leer.

Dritte Reihe: Links: Ein waschechter und ein halbbatziger Österreicher. Raimund von Purkersdorf, Fridolin von Näfels und Kärnten. Was sie unter dem Hut hervorzaubern.

Rechts: Mit Purkersdorfer Hut sind beide Österreicher.

Vierte Reihe: Links: Servus! Die beiden Freundeskreispräsidenten Purkersdorf und Bad Säckingen Klaus Kummel und Raimund Boltz begrüssen den "Wildhüter" vom Milchhüttli-rank. Rechts: Maria hat sich den schönsten Baum des Oberseetals verliebt. Kraft schöpfen für den Rest der Reise.

Unterste Reihe: Links: Blick auf Näfels aus der Vogelschau. Ein Blick wie aus dem Flug-zeug. Rechts: Vater und Sohn, letzterer war Chauffeuer des Partnerschaftsbusses.

(Fotos: Raimund Boltz, Purkersdorf bei Wien, Profifotograf im Unruhestand)


Berichterstattung in der Badischen Zeitung vom 10.10.2017

 

Die Städtepartnerschaften werden multikulti

 

Mitglieder des Bad Säckinger Freundeskreises Purkersdorf reisten in die Schweizer Partnergemeinde Näfels / Herzlicher Empfang

 

von Axel Kremp, Bad Säckingen

 

 BAD SÄCKINGEN. Dass Mitglieder eines Partnerschaftsvereins "ihre" Partnerstadt

 besuchen, darf in einer gelebten Freundschaft als Alltag angesehen werden. Wenn aber   Mitglieder eines Partnerschaftsvereins eine andere Partnerstadt ihrer Heimatgemeinde   besuchen, dann ist das schon nicht mehr alltäglich. So aber geschehen am Wochenende,   als eine Fahrt des Freundeskreises Purkersdorf in die Schweizer Partnergemeinde Bad   Säckingens, Näfels im Glarnerland, führte. Und dort, im Kanton des heiligen Fridolin,   wurden die Gäste aus der Fridolinsstadt mit allen Ehren und voller Herzlichkeit empfangen.

 "Die Freundeskreise in Bad Säckingen rücken zusammen", freute sich Vorsitzender Klaus   Kummle denn auch, dass auch aktive Mitglieder der Freundeskreise Sanary-sur-Mer und   Santeramo mit dabei waren. Und er freute sich, dass auch zwei seiner "Amtskollegen"   dabei waren, sein Freund Raimund Boltz, der Vorsitzende des Freundeskreises Bad   Säckingen in der Wienerwaldstadt Purkersdorf, und Winfried Ays, der Vorsitzende des   Freundeskreises Näfels.

 Der musste nur einmal ins Glarnerland telefonieren und ein hochkarätiges   Empfangskomitee stand für die Bad Säckinger "Österreicher" parat: Bruno Gallati, der

 frühere Gemeindepräsident von Näfels und jetzige Beauftragte des Gemeinderats von   Glarus Nord für die Partnerschaft, Marc Hauser, der Präsident des Verkehrsvereins und   schließlich Fridolin Hauser, der einst als Gemeindepräsident von Näfels gemeinsam mit   Günther Nufer die Partnerschaft zwischen Bad Säckingen und Näfels gegründet hatte.   Hauser führte die Gäste durch Näfels, die Kantonshauptstadt Glarus und an den Oberen   See, einen malerisch hoch über der Gemeinde in den Bergen gelegenen Stausee.

 

 

Weitere Bilder werden folgen

Axel Kremp, langjähriger Redaktor der Badischern Zeitung in Bad Säckingen. Ein Freund der Partnerschaft Näfels-Bad Säckingen (Foto: Badische Zeitung)
Axel Kremp, langjähriger Redaktor der Badischern Zeitung in Bad Säckingen. Ein Freund der Partnerschaft Näfels-Bad Säckingen (Foto: Badische Zeitung)

 

Trouvaillen

Vier Näfelser im "Einsiedler Kalender"

mit Kurznachrufen von "Pilgrim"(1)

 

In "Benziger's Einsiedler Kalender", der jeweils zur Familienliteratur gehörte und jedes Jahr an der Haustüre verkauft wurde, wurden stets kurze Nachrufe von prominenten Persönlichkeiten gewürdigt unter dem Titel "Requiescant in pace".

Verfasser dieser Nekrologe war "Pilgrim", auch ein "Näfelser", Vikar Josef Konrad Scheuber, der im "Sonntag" jahrelang unter diesem Pseudonym das Editorial als Kolumne schrieb. Er war auch Autor der beliebten "Trotzli"-Bücher.

Pfr. Blasius Braun     Rektor Walter FIschli     Pfr. Fridolin Hauser     P. Bernhard Flüeler

 

 

Kanonikus Blasius Braun, Pfarrer, Näfels

 

«In der Mitternachtsmesse des heiligen Christfestes wurde der eichtrutzige Kilchherr am Näfelser Schlachtfeld und Fahrtsplatz, ein gebürtiger Bauernsohn aus dem Württembergischen, vom Schlag gerührt, am Silvestermorgen starb er 64jährig. Ein Pfarrer von Format: geistig, körperlich, im Wollen und im Wirken. Er liebte die Kirche; seine glänzenden Predigten waren Papsthuldigungen. Auffallend viele Primizen jubilierten in diesen 30 Jahren von Pfarrer Brauns Seelsorge durch die Hilariuskirche. Aebte, Bischöfe, selbst der Nuntius pontifizierten dort: Herr Blasius liebte und ehrte die Ehrenfarben der Kirche. Sein marienminniges Denkmal hat er sich selber gesetzt: die anmutig renovierte Schlachtkapelle U. L. Frauen, die er mit der Treue eines kindlichen Verehrers täglich aufsuchte.»

(aus: Benziger’s Einsiedler Kalender, 109. Jahrgang, Einsiedeln 1949, Seite 85.)

 

Rektor Dr. Walter Fischli, Luzern

 

«Die Feder blutet, wenn sie diesem hochbegabten ehemaligen Mitstudenten vom Stanser Kapuzinerkolleg den letzten Gruss hinschreiben soll. Welch ein Gemüt steckte in dem jungen Näfelser, welche Talente, welche Charaktergrösse! 1933 wurde er in Freiburg Dr. phil. 1934 lehrte er an der «Felsenegg», Zug, Deutsch, Latein und Griechisch, seine Lieblingsfächer, führten ihn im gleichen Jahre 1934 an die Kantonsschule Luzern. 1939 stieg er dort zum Prorektor des Gymnasiums und Lyzeums, 1950 zum Rektor der ganzen Schule auf. Ein Lehrer und Erzieher mit väterlichen und pädagogisch glänzenden Qualitäten. Im Stiftungsrat «Pro Helvetia» und in der schweizerischen Gymnasialrektoren-Konferenz genoss er höchstes Ansehen. Der ganzen Literatur der Schweiz diente er als massgebender Kritiker und Deuter. Jung raffte ihn, den erst 48jährigen, am 24. April 1955 der grausame Tod hinweg: er mähte einen Gottergebenen, Ausgereiften, zum letzten Opfer ganz Bereiten. Sein Andenken steht in hohen Ehren.»

(aus: Benziger’s Einsiedler Kalender, 116. Jahrgang, Einsiedeln 1956, Seite 85)

(siehe auch: Nachruf w. u.)

 

Kanonikus Fridolin Hauser, Oerlikon

 

«Was für eine kernig-kräftige, kindlich-gläubige und unverdrossen heimsende Priestergestalt. Ganz Glarner: mit Witz, Mut und freundlicher Zähigkeit. Ganz Fridolin: Wanderer, Bettler, Prediger, Feuergeist. Ueber Mailand, St. Moritz und Chur kam der stürmische Jungpriester in die erwachende Zürcher Diaspora: zuerst 7 Jahre Männedorf, dann 36 Jahre Oerlikon. Geradezu heroisch erkämpfte Pfarrer Hauser die Kirchenbauten und Pfarreigründungen in Affoltern, Seebach, Schwamendingen und Herz-Jesu Oerlikon. Unkompliziert und solid packte er alles an: den rastlosen Bettelstab, die Führung der Standesvereine, die Anerkennung des Religionsunterrichtes, die Betreuung der Brautleute, Konvertiten und Jugendlichen, die Hebung des Volksgesanges und die Gestaltung des Gottesdienstes, dessen Höhepunkt jedes Jahr die mutig seine Stadt durchquerende Fronleichnamsprozession war. Das 1948 ihm verliehene Domherrenmäntelchen war wohlverdient. Er trug es mit schmunzelnder Demut. 1950 resignierte der im ganzen Land herum bestbekannte und gernbeschenkte Diasporapfarrer, um dann schliesslich doch bis zum letzten Atemzug am 20. Juni 1956 an der geistlichen Werkbank zu stehen: «Gott zu Ehren bis zum Amen». Die apologetischen Fanfaren dieses urwüchsigen Herrgottsgrenadiers werden noch lange über katholisch Zürich hin Echo geben.»

(aus: Benziger’s Einsiedler Kalender, 118. Jahrgang, Einsiedeln 1958, Seite 81f.)

 

Hauser Fridolin, Schweizer katholischer Priester, 1878 - 1956

* 30.9.1878 in Glarus, † 17.6.1956 in Zürich.

Gymnasium in Engelberg und in Einsiedeln.

1901-1905 Theologiestudium am Priesterseminar St. Luzi in Chur.

1904 Priesterweihe in Chur.

1905 Benefiziat in Mailand, San Fidele.

1905/1906 Vikar in St. Moritz (GR).

1906-1910 Vikar der Dompfarrei in Chur.

1910-1913 Pfarrer in Triesen.

1913-1920 Pfarrer in Männedorf (ZH).

1920-1950 Pfarrer in Zürich-Oerlikon, Pfarrei Herz-Jesu. 1

1948-1956 nichtresidierender Domherr von Chur.

Literatur: Näscher, Kirchengeschichte, Bd. 1, S. 222-223.

 

 

P. Bernard Flüeler OSB, Einsiedeln

 

«Von Stans, wo er 1882 als Sohn des künftigen Schwyzer Bankdirektors Friedrich Flüeler geboren wurde, brachte P. Bernhard den nidwaldnerischen Künstlersinn und eine reiche Begabung für Musik, Gesang, Theater und Malerei mit sich ins Kloster, in das er 1902 als Novize eintrat. Maria-Einsiedeln wurde P. Bernards Heimat bis zum Tode. 1907 empfing der junge Mönch die Priesterweihe. Mit Ausnahme von zwei Jahren, die er in Ascona, Florenz und Disentis als Meister und Schüler zugleich verbrachte, diente P. Bernard ausschliesslich seinem Kloster im Finstren Wald: zuerst als Klassenlehrer am Gymnasium, dann vierzig Jahre lang als Zeichen- und Musiklehrer an der kunstfreudigen Klosterschule. In diesen Jahren entwickelte sich sein Malertalent zu voller Blüte. Von Meister Kunz hatte er die Freskentechnik erlernt. Dann aber entwickelte sich sein eigener Stil. Reich an Formen und Farben wallen seine Heiligengestalten einher wie Kirchenfahnen. P. Bernard malte Kirchen und Kapellen aus in Wangen, Ufenau, Fahr, Näfels, Pfäffikon, Embrach usw. Den Refektoriumsgang seines Klosters schmückte er mit einer imposanten Galerie der «Gründer, Stifter und Heiligen des Gotteshauses Einsiedeln», im Gemeindesaal des Dorfes steht eine vielbeachtetet Schutzmantelmadonna.  Dem eifrigen Kustos der Klosterkirche lag es in Herz und Hand, auch für auswärtige Kirchen und Gemeinden farbenfrohe Entwürfe zu Glasfenstern, Fahnen und Paramenten zu schaffen. Im Sommer 1954 lähmte den unermüdlichen Meister der Schlag. Nun hob der Kreuzweg der Krankheit und Einsamkeit an, von dem ihn des Todes Ruf am 15. März 1958 erlöste.»

(aus: Benziger’s Einsiedler Kalender, 119. Jahrgang, Einsiedeln 1959, Seite 87f.)

 

Die Schlachtdarstellung in der Friedhofkapelle wurde von P. Bernard Flüeler OSB 1937 geschafften. Die Madonna über dem Altar ist im Nachruf von Pfr. Braun erwàhnt. (Foto: Albin Müller Glarus)
Die Schlachtdarstellung in der Friedhofkapelle wurde von P. Bernard Flüeler OSB 1937 geschafften. Die Madonna über dem Altar ist im Nachruf von Pfr. Braun erwàhnt. (Foto: Albin Müller Glarus)

 

Nachruf

 

Rektor Dr.  Walter Fischli, Luzern

 

Gymnasium und Lyzeum der Kantonsschule Luzern verloren am 24. März 1955 ihren hoch-geachteten und geliebten Rektor, Prof. Dr. Walter FischIi, den im 48. Lebensjahr eine grau-same Krankheit hingerafft hatte.

 

Geboren in Näfels am 21. September 1907, machte er in Sarnen die Matura und kam nach altphilologischen, geschichtlichen und germanistischen Studien in Freiburg i. Ue., Bern und Zürich und nach einem glänzenden Doktorat in Freiburg im Jahre 1934 an die Kantonsschule Luzern.

 

Fünf Jahre später wurde er zum Prorektor und 1950 zum Rektor der Gymnasialabteilung ernannt. Er unterrichtete in Latein, Griechisch und in seinem Hauptfach Deutsch in mittleren und oberen Klassen, ein begeisterter und begeisternder Lehrer. Mit Umsicht und Güte ver-waltete er das Rektorat, nur allzu kurze Zeit, bevor er seine Pläne und Ideen ins Werk set-zen konnte. In der Literaturforschung schrieb er seinen Namen durch einige hervorragende, erkenntnisreiche Arbeiten ein: »Seckendorffs Pharsalia 1695« (Dissertation), »Studien zum Fortleben der Pharsalia des A. Lucanus« (1944); dazu zwei Aufsätze im Innerschweizeri-schen Jahrbuch für Heimatkunde, von denen die kleine, aber einzigartige Arbeit über »Goethes Teil« genannt sei. Seine weitgespannten Forschungen über die Luzerner Lite-ratur sind unvollendet.

 

So möchte wohl eine Grabinschrift sein Wirken zusammenfassen, und der Stein verriete nichts von seiner ungewöhnlichen, vielseitigen und kraftvollen Persönlichkeit. Er besass ein erstaunliches Wissen; kein kulturelles Phänomen liess ihn unberührt, sei es Geschichts-forschung, Presse, Theater, Film, Photographie, bildende Kunst und natürlich Literatur.

 

Er arbeitete in zahlreichen kulturfördernden Kommissionen mit (z. B. in der Pro Helvetia), und, wie er es als Philologe gewohnt war: gewissenhaft und bienenfleissig, aber doch mit einem künstlerischen Schwung. Er verfolgte die zeitgenössische Literatur; seine in den Jahrgängen der »Civitas« 1945 bis 1954 erschienenen Besprechungen vieler hundert Bücher nennt ein Verleger »die bestgeschriebenen und gründlichsten von allen, die in den letzten Jahren in der Schweiz erschienen sind«.

 

Und doch gehörte er ganz der Schule. Einen Ruf der Universität Freiburg i. Ue. hatte er ausgeschlagen; pädagogische Fragen und all die persönlichen Anliegen der Schüler und Lehrer waren ihm ebenso wichtig wie die wissenschaftlichen Probleme. Strenge Wissen-schaftlichkeit verband er mit geschicktem Schulhandwerk zu einer Kunst, die er vom Mittel-schullehrer überhaupt erwartete. So sprach er in der Begrüssungsrede am Fortbildungskurs in Luzern 1952 (bei dessen Organisation er große Verdienste hatte):

 

»Ein Lehrer ohne Liebe zur Wahrheit und, was beinahe gleichviel sagt, ohne Fähigkeit zur Wahrheit, ist ein gefährliches Unding.« Ein strenges Wort eines gütigen Menschen.

 

Sein früher Tod kann das Vorbild, das er uns gegeben hat, nicht auslöschen, er vermehrt es nur um das Beispiel großer christlicher Tapferkeit.                                              Dr. A. L

 

 

Quelle: Schweizer Schule 1955, Nr. 55, abgerufen am 26. September 2017 von: file:///C:/Users/Fridolin%20Hauser/Downloads/scs-003_1955_42__1237_d%20(1).pdf

            

Kurzporträt Josef Konrad Scheuber

 

29.9.1905 Geboren in Ennetbürgen, Nidwalden

Kollegi St. Fidelis Stans / Priestersem. St. Luzi Chur

1929 Priesterweihe

          erste Artikel unter dem Pseudonym "Pilgrim"

1930-37 Vikar in Schwyz

1937-43 Jugendseelsorger

               Zentralsekretariat Schweiz. Jungmann-

               schaftsverband Luzern

1943-46  Vikar in Näfels

1946-47  Bruder-Klausen-Kaplan in Sachseln

1948 Aufenthalt in Bürglen

1949 Pfarrhelfer und Schriftsteller in Attinghausen

1963 Innerschweizer Radiopreis

1968 Innerschweizer Kulturpreis

1971 Ehrenbürger des Kantons Uri

1973 Ehrenpräs.Innerschweiz. Schriftstellerverein ISS

 28.1.1990 Gestorben in Attinghausen                                      J. K. Scheuber "Pilgrim"


24. September 2017

 

Der Fahrstuhl nach oben kam zu früh...!

oder

Was haben Glarner Lifte mit Linth Limmern zu tun?! (1)

 

Die „Liftgeschichten“ im letzten „Dies + Das“ lösten Gespräche aus und öffneten „Lifttüren“. Wussten Sie, dass die Schweiz als das „Land der Aufzüge“ gilt? Dass es schweizweit etwa 150000 Lifts gibt, die zur Hälfte über 25-jährig sind? Dass im Glarnerland etwa 700 Lifts ge-nutzt werden? Dass eine „Glarner Liftfirma“ just im Mai 2007 70 Jahre alt wird? Sie kennen sicher von Ihren „Liftfahrten“ das Firmenlogo des Ennendaner Unternehmens, eine stilisier-te Liftkabine mit der Aufschrift „Müller-Leuthold Lift“.

 

Zum ersten Mal über mehrere Etagen nach oben fuhr ich als kleiner Knirps in der Mühle in Näfels. Dort gab es eine Art „Paternoster“, einen Umlaufaufzug, der für Personen und vor allem Korn- und Mehlsäcke-Transport diente. Zwei Kabinen, an Endlosketten  aufgehängt, liefen dauernd. Die Steig- oder Sinkgeschwindigkeit betrug etwa 0,3 Meter pro Sekunde und gestattete problemlos in die Kabine ein- und auszusteigen. Diese war ohne Türe. Im Unterschied zu den Liftaufzügen  gibt es „Paternoster“ mit  zwei oder mehreren Kabinen, die „endlos“ bewegt werden.

 

Neugierig darauf, was das Glarnerland an „Liftinformationen“ hergebe, wandte ich mich an die Ennendaner Firma, mit dem Slogan „Ein Lift ist mehr als nur ein Weg nach oben“. Die heutige Familien-AG – so erfahre ich dort -  hat seit der Gründung des Unternehmens anno 1937 etwa 2500 Aufzüge produziert. Allein im Hauptort sind derzeit gegen 150 Lifts im Be-trieb, in der zweitgrössten Glarner Gemeinde Näfels gegen 60. Zum Vergleich: In der Stadt Zürich sind 16000 Lifts deklariert.

 

Der eigentliche Pionier des Glarner Aufzugsunternehmens war Ernst Leuthold (1899-1956). Er war 1920-28 bei der Schweizer Niederlassung der amerikanischen Aufzugsfirma Otis und von 1928-1937 auf Aussenposten der Aufzugsfirma Schindler Ebikon für Service, Re-paraturen und Betreuungsarbeiten im Glarnerland.

Als seine Arbeitgeberin im Zug der Rationalisierung sein Einzugsgebiet verkleinerte, ent-schloss er sich, ein eigenes Unternehmen aufzubauen. Zusammen mit „Ingenieur G. Gmür und einem stillbeteiligten Akademiker“, die ihn „in technischer Wissenschaft assistierten“, – schreibt er in seiner Firmenchronik – gründete er die „E. Leuthold & Co., Neutrale Liftexper-ten, Ingenieurbureau“, am Ekkehardsteig 3 in Zürich. In Ennenda hatte Leuthold das Ein-famlienhaus „Sonnegg“ am Kirchweg 5, erwerben können. Er wohnte dort und richtete sich Arbeitsräume ein. Nach dem Tode des Geschäftspartners G. Gmür, gründete er 1942 die Einzelfirma „Ernst Leuthold, Zürich & Ennenda, Technische Unternehmungen & Vertretun-gen, neutrale Liftkontrollen“. Wie das Leben manchmal spielt, bei Leutholds, die zwei Töch-ter und einen Sohn hatten, tauchte ein junger Mann, namens Max Müller auf, der ein Auge auf die Tochter Helen geworfen, aber noch keine Ahnung hatte, dass er einmal die Pionier-arbeit seines künftigen Schwiegervaters fortsetzen würde. Müller, in Engi und Schwanden aufgewachsen, hatte früh seinen Vater verloren und konnte vorerst keinen Beruf lernen, weil er als Hilfsmonteur für die Familie sorgen musste. Da Leuthold die Talente und Tüch-tigkeit seines Schwiegersohnes bald erkannt hatte, liess er keine Ruhe, bis dieser, wenn auch schon 22-jährig, eine Berufslehre als Elektromechaniker und später die Meisterprü-fung absolvierte. Wie richtig das war, zeigte sich 1956 nach dem frühen Tod des Firmen-gründers Ernst Leuthold. Während Mutter Susanne der Kommanditgesellschaft vorstand, war Max Müller eine grosse Stütze und wuchs rasch in die Rolle der operativen Geschäfts-leitung hinein. Ab 1969 und ab 1970 im Neubau des Industriegebiets von Ennenda hiess die Firma „Müller-Leuthold & Co“ und wurde 1993 in die „Müller-Leuthold AG“ umgewan-delt. Gleichzeitig übernahm Sohn Max Müller-Kubli die Geschäftsleitung. Mittlerweile ist seine Frau Erika und bereits auch Sohn Marcel Müller im Unternehmen tätig. Der Betrieb ist mehrfach zertifiziert, bietet heute gegen 40 Arbeitsplätze und legt Wert auf solide Lehrlings-ausbildung. Soviel zur Gründerfamilie, die bereits in vierter Generation mit dem Unterneh-men verbunden ist und über das gesamte Aktienkapital verfügt.

 

Einer der ersten Lifte im Glarnerland, so erinnert sich Vater Max Müller-Leuthold, sei 1946 /47 im Wohn- und Geschäftshaus bei der Buchdruckerei Spälti in Glarus als Warenlift für vier Stöcke erstellt worden. Ebenfalls zu den Erstlingen gehöre der Warenlift der Baumwoll-spinnerei und –weberei Daniel Jenny & Co. in Haslen. Der derzeit noch grösste Aufzug mit etwa 35 Metern und 4, 5 Tonnen Hebevermögen sei 1999 in der Kehrichtverbrennungs-anlage (KVA) gebaut worden. Bereits in Auftrag ist der bisher grösste Aufzug für die Kraft-werke Linth Limmern mit rund 65 Metern in die Tiefe, 2 Tonnen Ladekapazität und 1 Meter pro Sekunde Fahrgeschwindigkeit.

 

Erklärtes Ziel, Nischenpolitik und Stärke der Ennendaner Firma sind nicht Standard- und Serienprodukte, sondern jeder Situation angepasste, individuelle Lösungen. Mit solchen Primeurs kann ein Maximum von Kundenwünschen eingefangen werden. Kreative Lösun-gen und Kundennähe sind ein Muss und ständige Herausforderung. Ob eine hydraulische oder elektrotechnische Lösung gewählt werden soll, ist Teil der Beratung und bemisst sich an den Funktionen des Aufzugs. Weil immer wieder neue Sicherheitsnormen aufgestellt werden – die „Bibel“ der Aufzugbauer ist die 46-seitige „Aufzugsverordnung“ vom 23. Juni 1999 und Nachträge - und weil die bestehenden Aufzüge altern,  ist das Arbeitspotential für Jahrzehnte gesichert und die Firmenlosung wohl sehr wahr „Lift(herstellung) ist mehr als nur ein Weg nach oben“.

 

Schönste Blumen zum 70-Jahr-Jubiläum reicht die Geschichte in die Gegenwart hinein. Verblüfft es nicht, dass die von Ernst Leuthold ins Leben gerufene Firma im Jubeljahr den Lift-Auftrag für die KLL bekanntgeben kann? 1942 hat er nämlich auf der Landsgemeinde-bühne beantragt, es seien „Mittel und Wege zu ergreifen, um die Verwertung und Regulie-rung der Linthenergie zu fördern, eventuell mit Gemeinden und Privaten sich an einer AG zu beteiligen, welche die Wasserkräfte der Linth im Gebiet der Sandalp, Limmern und Mutt-see auswertet“. Er rechnete dem „Ring“ visionär vor, welche Wasser- und Energieressour-cen brach lägen, fand damit wohl Aufmerksamkeit, aber kein Gehör. „Was wett ä deer ‚Liftboy’ vu Ännädaa vu Wasser vrschtuh!?“ soll Nationalrat Dr. H. Trümpy, unvergessen als „t.“ unter der Kolumne „Schweizerisches“, gespöttelt haben. Nicht nur er, sondern die Mehr-heit der Landsgemeinde war damals mit der Vision des Liftpioniers überfordert. Sie lehnte ab. Leutholds geistige „Liftfahrt“, die „hoch hinaus wollte“, ist mehr als ein halbes Jahrhun-dert später eine der grössten gegenwärtigen Chancen im Lande Fridolins!

 

Leuthold schrieb: „Leben ist nicht das Ruhende, sondern der Kampf gegen das Ruhen.  Es ist Schöpfung, Erschaffung, der ewige Auftrieb gegen die Schwerkraft des ‚ewig Gestrigen’.“ ...   „Es gibt Menschen, die sich eine sichere Stelle mit regelmässigem Ge-halt, ein geruhsames Leben und Pensionsberechtigung als Ideal des Daseins anstre-ben. Andere verlassen das Geleise zum Himmel, wandern in die unbekannte Welt, um zu lernen und zu wirken, sie streben, sie entbehren, sie ringen und schaffen Neues“  Lift off! Weiterhin!                                                                               Bis bald! Ihr Pankraz.   

 

 

(1)  Erschienen 2007 im "Fridolin", Schwanden, Frontpage

 

PS: Mittlerweile sind zehn Jahre ins Land gezogen. Die Ennendaner Firma ist an die Weltunternehmung Otis verkauft worden, die schon 2014 weltweit 66000 Mitarbeiter beschäftigte. In der Südostschweiz stand damals (12. Dezember 2014) "Die Müller-Leuthold Lift in Ennenda ist nicht mehr selbstständig. Wie das Handelsregister an-zeigt und die bisherigen Firmeninhaber auf Anfrage bestätigen, ist die 1937 gegrün-dete Firma vom internationalen Lifthersteller Otis übernommen worden."  

 

Bilder: wikpedia: vlnr

Lift 1895, Lift Bürgenstock, Lift und Treppe. Lift Empire State Buildiing,  abgerufen 24.9.2017

Quellen: https://aesylift.be/liften/personenliften/

              https://de.wikipedia.org/wiki/Blackpool_Tower

              www.obs/OtisGmbH&Co.OHG

              www.myswitzerland.com/de-ch/hammetschwandlift-und-felsenweg.html