Sonntag, 8. April 2018
37 Gäste aus dem Fricktal an der Näfelser Fahrt
oder
Was der Architekt Viktor Bäumlin, Kaisten, an seinem 90. Geburtstag auslöste…
Seit vielen Jahren darf ich den Kaistener Erfolgs-Architekten Viktor Bäumlin zu meinen Freunden zählen. Angeschleppt hat ihn die rührige Eugenia Fasol-Feldmann. Ihr verstorbener Mann hat schon in den achtziger Jahren des letzten Jahrhunderts im Dorf Näfels an Stelle einer alten Häusergruppe ein stattliches, schmuckes Mehrfamilien- und Ge-schäftshaus erbauen lassen und dieses seiner Frau vermacht. Eugenia ist in Schwanden mit ihrem Bruder Walter und ihrer Schwester Mathilde aufgewachsen und lebt in Mendrisio, wo ihr Mann ein Textilunternehmen hatte und wo sie auch heute noch mit ihren Kindern und deren Familien wohnt.
Sie ist als «Heimwehglarnerin» aber häufiger und willkommener Gast im Rautidorf. Einige Jahre nach dem Tod ihres Mannes lernte sie durch Zufall in den Ferien den besagten Architekten kennen. Aus dieser Be-gegnung wurde allmählich eine Partnerschaft und damit wurde Viktor Bäumlin mit der Zeit ein häufiger Gast im Rautidorf und pflegte neue Freundschaften mit.
von
Pankraz F.
Als Viktor Bäumlin, «fit wie ein Turnschuh»!, seinen 90. Geburtstag fei-erte, lud er seine Familie, Verwandte, Bekannte und Freunde zu einer einmaligen Fete ein. Die Grösse der Geburtstagsgesellschaft erforderte einen grossen Saal im Kirchgemeindehaus Frick. Meine Freude war gross, als ich als einziger Glarner dazu eingeladen war. Soweit so gut.
Allzugross war die Ehre, dass ich gar an seinem Tisch mitfeiern durfte. Doch als er mich als Exoten aus dem fernen Tal, aus dem früher auch das Zigermandli ins Fricktal gereist war, der feinen Festgemeinde vor-stellte, packte er ironisch-spritzig historische Reminiszenzen aus. Mit erhobenem Zeigefinger erinnerte er an die Zeit, als die Glarner mit einer ganzen Delegation und Ross und Wagen ins Kloster Säckingen reisten, um der Äbtissin den Zehnten in Form von Geld, Käse, Eier und Vieh abzuliefern. Zu diesem Zweck übernachteten sie in Kaisten (am Wohnort von Viktor Bäumlin), liessen sich reichlich bewirten, nächtigten dort und auch die Pferde schlugen sich ihr Bäuche mit Heu und Hafer voll. Und dann erwähnte er die niederschmetternde Botschaft: «Und zalt hei si nüüt!»
Wegen der Vorfahren dergestalt übergossen mit Schmach und Schande, holte ich zum Gegenangriff aus und hielt der feinen Gesellschaft mit gut betuchten Gästen vor, viele von ihnen wüssten ja nicht einmal, wo das Glarnerland sei und dass wir mit der Landsgemeinde und der Näfelser Fahrt eine weltweit einzigartige Kultur pflegten… und es wäre nur recht und billig, wenn sie mal in das Land der hohen Berge, der feinen Glar-nerpasteten und leckeren Glarner Kalberwürste kämen… das hatte nun Viktor mit seiner Kost- und Logis-Beanstandung aus dem sechsten bis neunzehnten Jahrhundert ausgelöst!
Viktor Bäumlin, der ein Architekturunternehmen mit mittlerweile rund 30 Mitarbeitern aufgebaut hatte, liess sich das nicht zweimal sagen… und nach Monatsfrist hatte er einen ganzen Car voll Anmeldungen mit «Glar-ner Pilgern» beisammen, einige musste gar noch mit ihren Privatautos separat reisen, um an der Näfelser Fahrt 2018 teilzunehmen!
Dann ging’s ruck-zuck!
Noch vor acht Uhr morgens in der Frühe entstieg die sympathische Vik-tor-Bäumlin-Fahrtsgesellschaft dem Car beim «Freihof» Näfels (heute «Pizzeria Mamma Mia») und verschmauste bei munteren Gesprächen «Kaffi und Gipfäli». Ein kleines Häuflein weniger gut befusste Damen und Herren anvertrauten sich der Führung von Eugenia Fasol-Feldmann, die die «Fahrt» von klein auf kennt, um gemütlich den kürzeren Weg hinauf zum «Fahrtsplatz» und mit einem Abstecher in ihre Wohnung zu weiteren Imbissen, zu nehmen. Den Hauptharst während der «Fahrt» zu führen, war das ehrenvolle Privileg meiner Wenigkeit.
Kurzer Fussmarsch bis zur inneren Mühle. Dort versammelte sich be-reits viel Volk, um den Einmarsch der Tambouren, der schneidigen Har-moniemusik Glarus, der Ehrenkompanie und der Regierung in Zwei-spännerkutschen zu erwarten. Nebst unserer «Fricktaler-Abordnung» waren da auch die General Bachmann Gesellschaft mit prominenten Gästen u.a. mit Ständeratspräsidentin Karin Keller, einem Korpskom-mandanten, und anderen Koryphäen aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik. Gäste der neuen Gemeinde Glarus Nord waren Delegationen der Stadt Chur, Bad Säckingen und das Kantonsratsbüro des Kantons St. Gallen.
Die Regierungskutschen waren zeitlich recht knapp erschienen. Die Re-gierungsräte in gestreifter Hosen, Weste, Silberkrawatte, Frack und Zy-linder hüpften von der morgendlichen Fahrt etwas durchgefroren von den Kutschentritten und formieren sich in Zweierkolonne, um in Würde den Mülibach zu überqueren und zur festlich vorbereiteten Schneisingen-Wiese (Tannenchrisbekränzte Rednertribüne, Flaggen von Uri, Schwyz und Glarus, ausgelegte Bretter als Standunterlage) zu schreiten.
Nach Gesangs- und Musikvorträgen hielt der amtierende Landammann Dr. Rolf Widmer wie gesetzlich vorgeschrieben die «Begrüssungsrede», die sich aber bald als staatsmännische Rede entpuppte und die «Frick-talerdelegation» in ein erstes Staunen versetzte.
Dann strebte die Prozession dorfwärts, entlang der sogenannten «Ge-denksteine», das sind kaum meterhohe Steinstelen, die aus dem Boden ragen und als Stationen den «Fahrtsweg» markieren. Die Prozession ist zweiteilig. Voraus der «weltliche» Teil mit Militär, Tambouren, Harmonie-musik, Kantonalgesangsverein und der Regierung, angeführt von den Weibeln in der Farb. Der Weg führt seit eh und je über Wiesen und über Privatgärten entlang der «Gedenksteine» durch das Dorf. Beim sechsten Gedenkstein, auf dem «Fahrtsplatz» ist eine überdachte Kanzel erstellt, vis-à-vis stehen einige Reihen von Sitzbänken für die Regierung und das Fahrtsvolk bereit. Seitlich sind zwei Bankreihen für die Geistlichen re-serviert.
Sie sind im «kirchlichen» Teil der Prozession unterwegs. Voraus schrei-ten «Kreuz und Fahnen» der katholischen Kirchgemeinden des Kantons Glarus, die Kreuz- und Fahnenträger in den Landesfarben rot-schwarz-weiss. Sie sind mit den Geistlichen, die in Chorhemden teilnehmen, das fotogene Zentrum der eigentlichen «Fahrt». Sie halten bei jedem «Ge-denkstein» an und beten im Kreis um den Gedenkstein Psalmen und Gebete für die Gefallenen.
Ist auch der «katholische» Teil der Prozession auf dem «Fahrtsplatz» eingetroffen, beginnt nach Gesangs- und Musikbeiträgen der Lektor mit dem Verlesen des «Fahrtsbriefes», ein in alter Schreibweise aufgezeich-neter Bericht über die Zeit um die Schlacht bei Sempach, der Eroberung von Weesen, der Weesner Mordnacht, der Schlacht bei Näfels.
Meine «Fricktaler Freunde» hatten alle einen Sitzplatz ergattern können und staunten erneut. Diesmal über die mittelalterlich klingende Lese-weise des «Fahrtsbriefes» von der «Fahrtskanzel». Anfänglich undeutlich über die Lautsprechersäulen mit Störgeräusch und wegen des durch Windböen rauschende Mikrophons, dann aber, nach der Korrektur durch den Radiotechniker, deutlich.
Viele Redewendungen waren für die «Fricktaler» alt und ungewohnt und dadurch nicht immer verständlich.
Besonders staunten die «Fricktaler» über ein Unikum der «Fahrt», das namentliche Verlesen der 55 gefallenen Glarner, Urner und Schwyzer der Schlacht bei Näfels. Zum 629. Mal war dies heuer der Fall. Ein Raunen geht jeweils durch die Reihen, wenn aus der Kilchöri (Kirchgemeinde) Mollis «Ruodi underem Biräbaum» erwähnt wird.
Zur Zeit der Schlacht bei Näfels kamen allmählich die Geschlechtsnamen auf. Und da es viel «Ruodenen» gab, musste eine weitere Bezeichnung zur Unterscheidung helfen. In Mollis war die Existenz eines Birnbaumes eine Auffälligkeit. Ruodis Heimwesen war talwärts dieses einmaligen Birnbaumes, daher die Ableitung «Ruodi underem Biräbaum».
Es folgte die «Fahrtspredigt» von Pfarrer Christoph Schneider, aus dem Grosstal, dem hinteren Landesteil des Glarnerlandes. Und wieder staun-ten die «Fricktaler» über die zeitgemässe, gescheite und moderne Pre-digt des Pastors aus dem hintersten Glarner Krachen, der heute zur Grossgemeinde «Glarus Süd» gehört
Danach zog die Prozession mit viel Volk weiter durch die Strassen, ent-lang beflaggter Häuser, bis zum zehnten «Gedenkstein», wo 1888 ein grosser Obelisk als «Schlachtdenkmal» errichtet worden war. Hier wur-den die mitgetragenen Militär- und Vereinsfahnen gesenkt und der Schweizerpsalm gesungen.
Danach umrundete die Prozession den letzten, elften «Gedenkstein» im entfernten Zipfel der Denkmalwiese und zog in die Pfarrkirche Hilarius ein.
Nach dem Einzug wurden die Kirchenfahnen und Vortragekreuze in Rohrschellen an der Aussenfront der Kirchenbänke eingestellt und um-rahmten die voll besetzte Kirche.
Der verstärkte Kirchenchor und ein ad hoc Orchester führten die Maria-zeller Messe auf, die Priester zelebrierten das «Fahrtshochamt».
Nach dem «Auszug» der Priester und des Regierungsrates strömte das Volk zum Hotel «Schwert», wo die Tambouren und die Harmoniemusik ein «Platzkonzert» zu Ehren der Regierung und des Publikums gaben.
Nachmittags war traditionell mit vielen Ständen Strassenmarkt, und vor dem Dorfschulhaus dudelte eine «Rössliriiti», auch «Glarner Helleri» genannt.
Das Wetter zeigte sich von der besten Seite. Das vorausgesagte Regen-wetter blieb aus, aber ein kühler Wind pfiff um die Ohren. Vor allem die Damen, die meistens «gfröörliger» als Männer sind, waren besonders froh, als wir im etwas wärmeren, alten Bohlensaal des Tolderhauses Platz nehmen konnten. Der Party-Service von «Metzger Fischli» war per-fekt bis aufs kleinste, und die anfänglich skeptischsten «Fricktaler» gaben sich genüsslich der «Glarner Chalberwurst»-Fleischeslust hin.
Und wieder staunten die «Fricktaler», als unerwartet Landammann Dr. Rolf Widmer und sein Stellvertreter Dr. Andrea Bettiga auf der Tür-schwelle erschienen und sie mit einem sympathischen Grusswort be-ehrten. Allerdings schwächten sie die damalige «Kaistener-Schuld» mit einem grossen Gejammer über leere Staatskassen ab. Der höchste Glar-ner hatte den «Fricktaler Gästen» die Ehre erwiesen, etwas, was wahr-scheinlich nur noch in unserem kleinen Kanton Glarus möglich sein dürfte.
Dass auch noch der ehemalige Näfelser Gemeindepräsident und jetzige Gemeindevizepräsident Glarus Nord, Bruno Gallati, mit einer Grussrede mit historischem Inhalt auftauchte, verblüffte erneut.
Im Anschluss, gewissermassen in einem gesellschaftlichen Teil, erhielten die «Fricktaler Freunde» dies und das zu Gehör über die Fahrt, das Tolderhaus und die Herkunft der Schweizerfahne und die Erklärung und warum Näfels «der Nabel der Welt» sei. Sympathisch war die Botschaft des ebenfalls eingeladenen, ehemaligen St. Galler Stiftsarchivars Lorenz Hollenstein, der mit seiner Frau Gemahlin mit von der Partie war.
Der Besuch des Freulerpalastes, gleich über die Strasse, dem «schön-sten Bürgerhaus der Schweiz aus dem 17. Jahrhundert» rundete das durch «Fricktaler Präsenz» beehrte «Fahrtsfest» 2018 ab.
Ziemlich pünktlich um 17 Uhr brauste Retos Car wieder heimwärts…
Ich denke, Viktor Bäumlin mag wieder mal Geburtstag feiern mit einem Anstoss zu einer «Glarner Reise». Nicht minder wird Eugenia Fasol-Feldmann weiterhin rührige und mitreissende «Brückenbauerin» und «Botschafterin» zwischen dem Glarnerland und dem Fricktal sein.
Bis bald! Ihr Pankraz F.
Die Hauptpersonen:
Viktor Bäumlin
und
Eugenia Fasol
(Archivbild: Sabina Bäumlin)
Näfelser Nachfahrt - Freitag, 6. April 2018
Fahrts-Begrüssungsrede im Schneisingen
von
Landammann Dr. Rolf Widmer
Hochgeachteter Herr Landesstatthalter
Hochvertraute, liebe Mitlandleute
Wir erinnern uns heute der Schlacht von Näfels, die sich hier vor 630 Jahren abspielte. Am 9. April 1388 stiess das habsburgische Heer auf die hinter dem Rautiberg versammelten Glarner. Es waren 600 bis 700 Freiheitskämpfer, darunter einige Freunde aus Uri und Schwyz. Sie sa-hen sich konfrontiert mit einer Feindes-Übermacht von 600 Mann zu Pferd und 6000 Mann zu Fuss. Weder die quantitative Unterlegenheit noch die schlechten Witterungsverhältnisse, es herrschte Schnee- und Regentreiben, entmutigte unsere Vorfahren. Sie wussten, worum es geht. Sie waren bereit, für Unabhängigkeit, für Freiheit, für Frieden zu kämpfen. 55 Menschen verloren auf Glarner Seite ihre Leben. Wir er-innern uns heute ihrer und schreiten gemeinsam über Stock und Stein zum Gedenken an all diejenigen, die hier schwere Not erlitten haben.
Die Schlacht von Näfels war aus historischer Perspektive eher der Aus-nahme-, denn der Regelfall. Der Eindruck, das Glarnerland respektive die Eidgenossenschaft sei immer nur von aussen bedroht gewesen sei, ist ein Märchen, hat Peter von Matt einmal festgestellt. Er verweist dar-auf, dass die Gefahr vielmehr von innen drohte. Die Eidgenossen hat-ten sich lange gegenseitig bekämpft und totgeschlagen und waren auch noch stolz darauf. Es gab sogar Seeschlachten auf dem Zürich-see. Man war nicht nur bereit, einander zu erschlagen, mal war auch gewillt, einander zu ertränken. Jedes Jahrhundert hatte seine von Eid-genossen im Namen politischer und ökonomischer Ziele getöteten Eid-genossen. Die Eidgenossenschaft war sehr lange ein kompliziertes Netzwerk von Städten und Ländern. Sie alle bestanden auf ihrer Auto-nomie und waren für deren Verteidigung parat, gegeneinander Krieg zu führen. Die Eidgenossen hatten lange keine gemeinsame Identität. Es brauchte nicht nur Jahrzehnte, sondern Jahrhunderte für diesen Pro-zess der Identitätsbildung. Das kollektive Bemühen um die Selbstver-gewisserung gegenüber den umliegenden Mächten war ein dornen-reicher Weg. Es waren eher die Einzelfälle wie die Schlacht bei Näfels, wo man sich zusammenraufte und die Eidgenossen, zumindest ein-zelne von ihnen, brüderlich Seite an Seite kämpften.
Die Situation von damals erinnert an das Europa von heute. Die EU ist auf dem Papier eine europäische Staatengemeinschaft, de facto wohl eher ein loser Staatenverbund. Die europäische Gemeinschaft ist ein Mix aus unterschiedlichen Interessen und geschichtlichen Prägungen, die dafür sorgen, dass ein einheitliches und geeintes Europa höchstens ansatzweise festzustellen ist. Selbst innerhalb der einzelnen EU-Länder stellt man das Phänomen der alten Eidgenossenschaft fest, wonach man auf Autonomie pocht und bereit ist, dafür sehr weit zu gehen. Ein gutes Beispiel ist der spanisch-katalanische Bruderzwist. Die östlichen EU-Mitglieder werden nicht müde zu betonen, dass sie ein anderes Staatsverständnis von nationaler Homogenität und Identität haben als ihre Freunde aus dem Westen, wie der Streit um Flüchtlingsquoten be-weist. Die steigenden geopolitischen Spannungen führen zu neuen Un-sicherheiten. Der Global Risk Report weist darauf hin, dass die politi-schen und ökonomischen Konfrontationen zwischen den Grossmächten zunehmen. Das Risiko für militärische Konflikte mit Beteiligung von Grossmächten wird höher eingestuft als in der Vergangenheit.
Frieden wird heute als eine Selbstverständlichkeit erachtet. Wir können uns kriegerische Ereignisse wie damals bei der Schlacht von Näfels schlicht nicht vorstellen. Wir dürfen nicht vergessen, dass die beiden Weltkriege sich vorwiegend auf dem europäischen Kontinent zugetra-gen haben. Europa war nach dem zweiten Weltkrieg in Trümmern. Man konnte die Schweiz aber nicht kopieren. Europa besticht nicht durch Homogenität, sondern durch Alterität. Sie verbindet sich mit einer Kon-kurrenz der Werte und Ansprüche. Der Weg zum Frieden führte nicht analog der Eidgenossenschaft über einen zeitintensiven Prozess der Identitätsbildung. Für die Etablierung eines dauerhaften Friedens brauchte es die EU. Man entschied sich für dieses politische Modell der schrittweisen Integration. Man dehnte die Zusammenarbeit zwischen den europäischen Staaten ausgehend von der Wirtschafts- und Han-delspolitik auf weitere Bereiche wie die Aussen- und Verteidigungs-politik aus. So schaffte man gegenseitiges Vertrauen und eine Zone von Stabilität und Frieden. Die Leistung der europäischen Integration als Friedensprojekt wird inzwischen kaum angezweifelt. Seit mittler-weile 73 Jahren haben wir die längste Periode aller Zeit ohne Krieg in Europa. Die Kreditanstalt für Wiederaufbau schätzt die Friedensdivi-dende auf 500 Milliarden Euro pro Jahr. Es handelt sich dabei um die Summe, welche die Steuerzahler in den EU-Staaten an Rüstungsaus-gaben sparen, welche sich infolge der friedlichen Kooperation ergeben. Man mag diese Zahlen für eine Milchbüchleinrechung halten, doch sie erhellen die Tatsache, dass keine Generation mit so wenig Existenzäng-sten konfrontiert war und so friedlich in Freiheit und Sicherheit leben kann wie die heutige Generation. Frieden ist zur Selbstverständlichkeit geworden.
Hochvertraute liebe Mitlandleute, geschätzte Gäste
Ich möchte nicht falsch verstanden werden. Es handelt sich nicht um eine Glorifizierung der EU, nicht um eine Fürsprache eines EU-Beitrittes der Schweiz, nicht um ein Plädoyer für die Anerkennung fremder Rich-ter. Sondern es geht einzig um die Sensibilisierung, dass uns Europa nicht völlig egal sein kann. Die Gefahr für uns droht heute nicht mehr von innen, wie damals zu Zeiten der Schlacht bei Näfels. Die Gefahr, wenn schon, kommt wohl eher von aussen. Die EU ist ein Friedenspro-jekt, der Nutzen kommt auch uns zu Gute, selbst wenn wir das nicht wahrhaben oder schätzen wollen. Wir alle haben ein vitales Interesse, dass die EU ein Garant für Stabilität und Frieden bleibt. Zerbricht die EU durch Austritte wie Grossbritannien oder andere Länder, wäre das ein herber Rückschlag für das Friedensprojekt EU.
Mehrere Jahrhunderte liegen zwischen der Schlacht von Näfels und dem heutigen Tag. Die Ereignisse von damals gewährleisten nicht Un-abhängigkeit und Frieden auf alle Ewigkeit. Wie unsere Vorfahren sind auch wir und unsere Nachkommen gefordert, uns für Freiheit und Frie-den einzusetzen und unseren Beitrag dafür zu leisten. Frieden, Freiheit und Souveränität sind keine Selbstläufer. Wir können nicht die Vergan-genheit der letzten Jahren oder Jahrzehnte auf die Zukunft projizieren. Die Geschichte ist keine Kreisbewegung, wie Niccolo Machiavelli glaub-te. Es ist ein Denkfehler zu meinen, alles verlaufe immer in gleichen Bahnen.
Ein interessanter Historiker der Neuzeit, der Florentiner Francesco Guicciardini, hat schon im 16. Jahrhundert postuliert: Geschichte ist Totalverwandlung, Aufbruch ins Unbekannte.
In diesem Sinne bitte ich für Land und Volk von Glarus um den Macht-schutz Gottes.
(Die Fahrtsrede 2018 ist mit freundlicher Genehmigung von Landammann Dr. Rolf Widmer hier eingerückt.)
Näfelser Fahrt - Donnerstag, 5. April 2018
Fahrtspredigt 2018
von
Pfarrer Christoph Schneider
Ev.- ref. Kirchgemeinden Grosstal (Kt. Glarus) Betschwanden
Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer,
da mein Avatar heute frei hat und ich leider nicht mit künstlicher Intelligenz ausgestattet bin, müssen Sie mit einem Exemplar des PPTG ( Pastor Post Terram Glarionensis) vulgo "Hinterländer Pfar-rer" Vorlieb nehmen. Ich bitte um Ihr Verständnis.
„Ich kann freilich nicht sagen, ob es besser wird, wenn es anders wird, aber soviel kann ich sagen, es muss anders werden, wenn es gut werden soll.“ (Georg Christoph Lichtenberg)
Warum die "Näfelser Fahrt" begehen?
Hat denn dieses Ereignis für Heutige einen besonderen Stellenwert?
Warum vom Leiden des Christus reden?
Warum Auferstehung predigen?
Warum sich Gedanken machen über etwas, was zeitlich gesehen so weit zurückliegt?
Hat denn dieses spezielle Leiden eine Wirkung auf unsere Gegen-wart? Gibt es da etwas zu lernen, dass uns hilft?
Der allgemeine Konsum und das Produkt beantwortet die Frage ein-deutig: Da ist eben nichts! Der Osterhase und der Weihnachts-mann sind zwar beide aus Schokolade, in der Regel aber völlig hohl und leer.
Was für ein grandioses Symbol!!!
Und die "Fahrt"?
Der Landesarchivar Dr. Winteler weist in einem Artikel im Appenzel-ler Kalender von 1945 explizit darauf hin: „Möge die schlichte Form der jährlichen Fahrtsfeier unserem Volke stets mehr als nur leere Form sein..“
Eben! Mehr als nur eine Formsache!
Wir eilen von Fest zu Fest, feiern Weihnachten ohne Advent und Ostern ohne Passion. Pfingsten nehmen wir nur wahr, wenn der Stau am Gotthard auftaucht. Auffahrt, aber nein, eine Ausfahrt braucht es dann, weg aus der Blechlawine.
Und dieses Fest? Die "Fahrt"?
Egal, wir machens einfach!
Wenn Ihnen das so reicht, dann brauchen Sie jetzt nicht mehr weiter zuzuhören. Vielleicht nur diese eine Frage sollten Sie dann mitneh-men:
Was nehmen wir uns selber damit weg?
Ich glaube, wir verharmlosen unsere Gegenwart und schminken un-sere Feste bis zur Unkenntlichkeit. Wir, die gelernten Selbstoptimie-rer und Selbstdarsteller von der traurigen Gestalt.
Zwei Gründe meine ich zu erkennen:
Wir verstehen unsere Feste nicht mehr.
Und falls doch fürchten wir die Konsequenzen.
Ich könnte das jetzt an der "Fahrt" aufzeigen. Aber ich rede lieber von Dingen, von denen ich ein bisschen mehr zu verstehen meine:
Beispiel: Passion und Osterzeit.
Die Schwierigkeit besteht darin, dass es scheinbar nur die totale Zu-stimmung oder die totale Ablehnung gibt.
Auf der einen Seite, diejenigen, die sich ganz abwenden, weil sie darin überhaupt keinen Sinn sehen.
Auf der anderen Seite, die, welche das Leiden Christi, sein Leben, Sterben und Auferstehen so eng eingrenzen, dass es zu einer exklusiven, ja „ICH bezogenen“ Vorstellung wird.
Vor beidem müssen wir uns hüten!
Denn weder die totale Abkehr, noch die absolute Verkürzung durch die Konzentration auf das Ereignis „Karfreitag“ sind hilfreich, wenn wir über die Erlösung reden und nachdenken wollen.
Gleiches gilt für die "Fahrt": Sie ist nicht nur ein Event, sondern ein gemeinsames kirchliches Handeln: Ein Bitten und Beten an allen 11 Steinen. Eine Predigt und eine Messe. Für den Wala, den Dürst, den Ruedi unterm Birnbaum und all die Anderen, deren Namen wir ge-hört haben. Und all die Namenlosen aller Zeiten und Orte.
Zuerst müssen wir – ohne jede Verbrämung und Selbstbetrug – an-erkennen, dass unsere Welt, unser Leben, unsere Vorstellungen weit entfernt sind, von dem was wir glauben, hoffen oder erwarten.
Dazu braucht es noch nicht einmal im Ansatz so etwas wie Religion oder Glaube. Der Blick auf die Geschichte der Menschheit reicht dazu aus.
Erst recht der Blick auf uns selber.
Mit Blick auf die "Fahrt" könnte heissen: Von den historischen Er-eignissen und dem ursprünglichen Sinn erahnen wir kaum noch etwas! Den Zweck sehen wir nicht mehr!
„Ich kann freilich nicht sagen, ob es besser wird, wenn es anders wird, aber soviel kann ich sagen, es muss anders werden, wenn es gut werden soll.“ (Georg Christoph Lichtenberg)
Mir geht es jetzt nicht darum, ob wir meinen, dass alles immer bes-ser wird oder ob wir zu denen gehören, die denken, alles wird immer nur schlechter.
Darum kann es nicht gehen, denn sowohl übertriebener Optimismus als auch übertriebener Pessimismus, werden der Situation nicht ge-recht.
Die Kluft aber lässt sich nicht wegdiskutieren. Das einzige was - für gewisse Zeit - funktioniert ist eine Art Verdrängung.
Wir leben daher - so meine ich - die sogenannte „Event-Kultur“. Ein Ereignis genügt und dann warten wir gespannt auf das Nächste. Die sogenannten "social media" wollen ja schliesslich wie wild geworde-ne Haustiere ihr Futter! Und wir - das Lob der Meute!
Heute die "Fahrt", dann wieder etwas Anderes!
Das paart sich nun aber wunderbar mit einem „DENKEN IN SCHLAGWORTEN“. Da entscheiden wir zu oft nur noch mit „Mag ich“ oder „Mag ich nicht“. Die Zeit etwas gründlich zu prüfen nehmen wir uns oft nicht mehr. Facebook und Konsorten lassen grüssen!
Jetzt geht das aber gar nicht im Prozess des Nachdenkens da-rum, ob ich etwas mag oder nicht mag, sondern darum, dass ich etwas verstehe!
Danach erst stellt sich die Frage, ob ich etwas bejahe oder ablehne.
Mögen oder Nicht Mögen ist vielleicht beim Essen relevant, aber nicht in ernsteren Zusammenhängen.
Deswegen,
und weil Denken unbequem ist, und alles ja so einfach im Bausch und Bogen betrachtet wird,
darum hat jede Form von durchdachter Religion heute einen so schweren Stand.
Deswegen sind Predigten eine Herausforderung und biblische Texte eine Zumutung.
Auch diese Feier, das Begehen der "Näfelser Fahrt", ist nicht selbst-verständlich.
Als christliche Gemeinde können wir das Denken nicht sein lassen.
Es ist unser Grundlaster und gleichsam unsere Stärke:
Wir sind hoffentlich gläubig - aber leichtgläubig sicher nicht! Christ oder Christin sein heisst sich den Fragen und dem Nach-denken stellen in Anspruch und Zuspruch Gottes.
Wir sehen das gerade, wenn wir uns dem angefangenen Thema wieder zuwenden:
Passion und Ostern
Als Vorschlag für unseren Zugang, könnten diese drei Schritte die-nen:
Erstens: Wir weichen nicht aus!
Zweitens: Wir versuchen, das, was wir in der Schrift hören gründlich zu durchdenken.
Drittens: Was wir erkennen und verstehen, wenden wir auch an.
Die Differenz zwischen dem, was wir sind und wie wir sein wollen wird noch grösser, zumindest aber deutlicher, wenn wir diese Fragen im Licht der Weisungen und Gebote Gottes betrachten.
Als christliche Gemeinde erkennen wir, wie gross der Unterschied zwischen unserem Handeln und Glauben, unserer Wahrnehmung der Welt und unseren Hoffnungen ist.
Dann bleibt da nur ein Schluss zulässig: Weil wir nicht so sind, wie wir sein sollten, darum stehen wir in einem Widerspruch zu Gott.
Das lässt sich nun ganz leicht aushebeln, und zwar indem wir ein-fach Gott streichen. Damit müssen wir uns nun nicht mehr abgeben und können - mit einer grossen Portion Zynismus - sagen:
Es ist eben so, wie es ist.
Hätten, die - wie viele auch immer - Glarner und ihre Mitstreiter aus Schwyz und Uri so gedacht, dann wäre kein Widerstand möglich ge-wesen.
Wenn Resignation oder Fatalismus zum Markenzeichen wird, dann werden nur die herrschenden Zustände zementiert. Wille oder Mut zu einer Veränderung liegt da nicht drin.
Wir suchen uns unsere Nische und richten uns ein: Wenn wir denn etwas an den herrschenden Verhältnissen ändern wollen, dann tun wir das, wie wir alles tun: Eventartig und gelegentlich. Nur weil ich ein "Like" oder "Dislike" anklicke habe ich noch nichts geändert oder getan. Ich habe dann nur ein weiteres Detail meiner Gefühlslage offenbart und zur weiteren Verwertung freigegeben. Die Werbema-schine dankt freundlich.
Anders gesagt: Weihnachtsdeko weg, Osterhase oder – jöööh- herzige Tiere vor die Tür. Und am nächsten Werktag ist alles dann wieder verpackt. Ab auf den Estrich damit!
Es gibt da noch ein grosses Missverständnis:
Nur weil ich ein religiöser Mensch bin, wird es nicht unbedingt leichter!
Wir dürfen als gläubige Menschen unser Vertrauen und unsere Hoff-nung auf den Christus setzen. Trotz aller Ungereimtheiten und Widersprüche, die wir mitbringen.
Die ganze Bibel führt uns dahin, weil sie den Widerspruch von Glauben, Handeln und Leben, eben nicht verschweigt, sondern offenlegt. In einer Deutlichkeit, die wir vielleicht nicht oder nur selten ertragen.
DEM ALLEN WEICHEN WIR NICHT AUS!!!
DA BEGINNT DANN DAS DURCHDENKEN!
Was bleibt uns dann?
Wir glauben zu Recht und behaupten, dass wir erlöst sind.
Das ist richtig, aber dennoch gibt es da ein paar Fallstricke zu beachten: Gerade mit Blick auf die Passionszeit!
Erstens ist das keine Privatangelegenheit!
In den alten Passionsliedern wird immer wieder das Wort „Ich“ ge-braucht, das hat nach meiner Meinung, das Problem noch verstärkt. Dieses „Ich“ meinte und meint nicht den Rückzug auf die eigene Person, sondern zeigt die Beziehung ALLER auf dieses Ereignis: Gott leidet in dem Christus und stirbt den Tod eines Verbrechers.
Warum?
Als Konsequenz der bedingungslosen Zuwendung Gottes zu allen Menschen! Und zwar durch alle Zeiten hindurch! Eine Zumutung! Aber:
Zweitens hat es deswegen Konsequenzen für unser Denken und Handeln IN DIESER WELT! Und zwar JETZT!
Der Tod Jesu allein ist für mich nicht zu denken und zu verstehen ohne Ostern. Wenn wir nur in der Anbetung des Kreuzes und des unschuldigen Opfers verharren, verspotten wir damit alles, was uns Gott sonst noch in diesem Jesus von Nazareth geschenkt hat: EINEN WEG DES LEBENS UND NICHT DES TODES!!!
Und was uns nun die ganze Schrift in aller Deutlichkeit lehrt und uns immer wieder aufzeigt ist doch das: Es geht nicht darum uns zu entschuldigen, - das können wir nicht, damit wir uns selber, ganz persönlich, ertragen, wie wir sind - ,sondern darum, dass wir näher zu unserem Gott gelangen und SO ANDERS WERDEN. Die Augen nicht vor unserer eigenen Wirklichkeit verschliessen.
Und aus der Kraft Gottes leben.
Das zeigt sich besonders in der absoluten Zuspitzung auf eine Kar-freitagsfrömmigkeit der anderen Art: Einmal ist das Opfer gebracht und damit ist alles, aber auch wirklich alles überbrückt. So wahr das auch im Glauben ist, wir können und dürfen uns damit aber nicht zufrieden geben.
ÄNDERT DAS DENN NICHT ALLES?
Es kann danach, nach Ostern, eben kein einfaches „Weiter im Text“ mehr geben.
Das liegt nach meiner Meinung daran, dass wir durch die Konzen-tration auf den Tod Jesu am Kreuz unseren Glauben verkürzen und ihm damit die Bedeutung nehmen, die er heute haben könnte.
Trennen wir nun das ganze Handeln Gottes an seinem Volk, die Menschwerdung Jesu und sein Leben und die Radikalität seiner Liebe ab und schauen nur auf das Kreuz, dann feiern wir Karfreitag so, wie die nicht mehr mehrheitlich christlich geprägte Umwelt ihre Feste feiert: Wir nehmen nur noch das, was uns passt. Zu Weih-nachten den Weihnachtsmann und zu Ostern den Osterhasi! (natürlich mit S und nicht mit ZY geschrieben.)
Der Rest wird danach zum halben Preis verramscht!
Und dann wundern wir uns noch darüber, wie wenig Bedeutung unsere Arbeit, unsere Existenz als christliche Gemeinde heut-zutage hat? Nicht im Ernst, oder?
Ähnliches gilt auch für die "Fahrt".
Muss denn erst eine noch grössere Bedrohungslage einsetzen, damit wir uns der Frage nach unserer Identität wirklich stellen? Nicht im Ernst, oder?
Nehmen wir die Fahrt zum Anlass neu zu bedenken, wer und was wir sind, dann endet dieses Land und seine Bewohner we-der als Heimatmuseum oder Ziger-Reservat, noch als unbedeu-tende Talschaft am Rande von Gross-Zürich.
Dazu braucht es aber mehr Gemeinsinn und Mut hier.
„Ich kann freilich nicht sagen, ob es besser wird, wenn es anders wird, aber soviel kann ich sagen, es muss anders werden, wenn es gut werden soll.“ (Georg Christoph Lichtenberg)
Ganz im Ernst!
Amen.
Mittwoch, 4. April 2018
Unsere Postverwalterin als Kolumnen-Schreiberin!
Der Ehemaligenverein der Verkehrsschule St. Gallen betreibt eine eigene Homepage und gibt periodisch eine eigene Zeitung heraus.
"Mitteilungsblatt Ehemaligenverein der Verkehrs- und Kantonsschiule am Brühl St. Gallen"
Von Zeit zu Zeit werden auch Ehemalige eingeladen, unter der Rubrik "Werdegänge" aus ihrer Zeit nach dem Besuch der Verkehrsschule (VS) zu berichten. Unsere langjährige, tüchtige und beliebte Leiterin der Post Näfels liess sich auch dazu bewegen. Mit ihrer freundlichen Erlaubnis darf ich diesen Text unter "Dies + Das" einrücken und so den Homepagebesuchern zugänglich machen.
Werdegänge
Lisa Speich-Longatti:
Aus der «Strafversetzung» entstand neue Heimat
VS von 1976 bis 1978
Als ich gebeten wurde, einen Werdegang zu schreiben, fragte ich mich als erstes: «Weshalb ging ich eigentlich in die VS?» Ich war in der Schule immer eine gute Kopfrechnerin, liebte Rechnen überhaupt und interessierte mich für den Umgang mit Geld.
Aufgewachsen bin ich in Rehetobel
Mein erstes Taschengeld verdiente ich mit dem Verkauf von Fischen. Diese wurden jeweils am Donnerstag bei einem Fischhändler am Bodensee bestellt und ich lieferte sie am Freitag aus. Mit den Kunden verstand ich mich immer gut und meine Freundlichkeit zahlte sich in Form von Trinkgeld aus.
Das war auch ausschlaggebend für meine Berufswahl. Nur Post oder Bank kamen für mich in Frage.
Aufnahmeprüfung nur knapp bestanden
Schlussendlich entschied ich mich für die Post, was meinen Eltern sehr sympathisch war. Sie fanden, ein Monopolbetrieb sei immer eine gute Wahl. Da sei ihre Tochter gut und sicher versorgt.
Ein guter Bekannter machte uns auf die VS St.Gallen aufmerksam. Die Aufnahmeprüfung bestand ich knapp, ausschlaggebend für die VS-Aufnahme waren aber sicher meine guten Noten der 3. Sekundarschule. Anfangs wurde ich provisorisch aufgenommen. Die Probezeit bestand ich glücklicherweise, verbunden mit viel Lernarbeit.
Gerne erinnere ich mich an die VS. In der Schule verband uns eine gute Kollegialität. Den Mittag verbrachten wir meistens im Aufenthaltsraum mit Lernen oder Jassen.
Die Lehrer waren streng, aber loyal. Wir zeigten ihnen gegenüber grossen Respekt. An einige von ihnen mag ich mich gut und gerne erinnern.
Zunächst an Herrn Schöni, unseren Turn- und Tanzlehrer. Vielleicht bin ich seinetwegen eine leidenschaftliche Tänzerin.
Dann an Herrn Nussbaumer, BWL und Schreibmaschine-Lehrer. Ich erinnere mich seiner langen, feingliedrigen Hände.
Und last but not least an unseren Klassenlehrer Giovanni Heller. «Lasciate ogni speranza, voi ch’entrate.» Diesen Spruch von Dante, der oberhalb der Eingangstüre stand, verbinde ich noch heute mit ihm; er war unser Lehrer für Französisch und Italienisch.
«Fangfragen» beantworten
Jeweils zu Beginn der Schulstunde wurde ein Schüler oder eine Schülerin aufgerufen. Er kontrollierte uns, ob wir die Hausaufgaben seriös erledigt hatten. Dazu mussten vorne an der Wandtafel stehen und seine «Fangfragen» beantworten. Das konnte peinlich sein. Trotz seiner strengen aber korrekten Art mochte ich ihn sehr gut. Er hatte eine warmherzige Seite. In schönster Erinnerung bleibt mir unsere Diplomreise nach Venedig via Gardasee. Es war meine erste Auslandsreise überhaupt.
Für den Deutschunterricht sollten wir den Erotikfilm «Bilitis» durchnehmen, dazu mussten wir den Kinofilm vorher besucht haben. Die Erziehung zuhause war sehr straff. Mein Vater betonte immer wieder: «Solange du nicht volljährig bist (damals 20 Jahre), bestimme ich was läuft und geht.» Deshalb begleiteten mich meine Eltern zu diesem Erotikfilm. Das genierte mich so sehr, dass ich am liebsten im Boden versunken wäre.
Lehrzeit in Heiden und St. Gallen
Nach Abschluss der VS begann die Lehrzeit in Heiden. Als erste Betriebs-sekretärinnen-Lehrtochter nahm man mich mit Skepsis auf. Entsprechend hoch waren deshalb die Anforderungen und Erwartungen. Von Hause aus war ich gewohnt anzupacken. Keine Arbeit war mir zu viel. Mein voller Einsatz wurde geschätzt. Ich war sehr stolz, dass das Eis gebrochen war.
Das zweite Lehrjahr im Lehrpostamt St.Gallen 16 war eine meiner schönsten Zeiten. «Learning by doing». Aufgaben mussten keine erledigt werden. Jeweils über Mittag holten wir Lehrtöchter und Lehrlinge etwas zu essen in der Migros, und dann wurde gejasst. Wir verbrachten eine lustige Zeit und waren auch in der Freizeit häufig zusammen. Einmal organisierte Herr Germann, unser Chef, eine Wanderung auf den Sesvenna 3204 (ein Grenzgipfel zwi-schen Graubünden und dem Vinschgau). Alle nahmen daran teil. Meine Kon-dition liess zu wünschen übrig. Den Gipfel hätte ich ohne Unterstützung meiner Arbeitskollegen nie geschafft. Sie banden mir ein Seil um den Bauch und zogen mich so die letzten Meter zum Gipfel hoch. Mit den Berggipfeln hatte ich dann definitiv abgeschlossen. Dafür durften wir unseren Vorgesetz-ten, Herrn Germann, nach dieser Höchstleistung duzen.
Vom ersten Tag an wohl gefühlt
Nach der BS-Lehre erhielt ich die Nachricht über meinen neuen Arbeitsort: Glarus im «Zigerschlitz». Ein Horror für mich, eine Strafversetzung! Einen Monat wollte ich durchhalten und keinen Tag länger.
Alles kam anders. Schon am ersten Abend erhielt ich eine Einladung für eine Abschiedsparty eines Mitarbeiters. Dabei lernte ich das Post-Team Glarus kennen und schätzen. Vom ersten Tag an fühlte ich mich sehr wohl und akzeptiert. Herr Jenny, mein Vorgesetzter, war streng. Er schätzte mich und meine Arbeit. Schon nach kurzer Zeit durfte ich Posthalterablösungen im ganzen Glarnerland erledigen, was für mich eine grosse Wertschätzung bedeutete. Mir gefiel diese Arbeit sehr, trotz Sechstagewoche. Die Übergaben fanden vielfach am Samstag-Nachmittag statt. Genaues Arbeiten machte sich bezahlbar. So standen für mich in Glarus alle Türen offen.
Streng, väterlich und korrekt
Ein BS für die Bahnpost wurde gesucht. Zuerst war ich unsicher, ob ich diese Hektik und die schwere körperliche Arbeit zu meistern vermöchte. Dennoch sagte ich zu.
Als erste Bahnpöstlerin im Kreis St.Gallen fuhr ich zwei Jahre die Strecke Linthal-Rapperswil und zurück. Mir gefiel diese Arbeit. Zeitweise arbeitete ich auch im Checkamt Glarus. Meine Arbeit war sehr abwechslungsreich und interessant. Posthalterablösungen, Bahnpostfahren und Checkamt.
Ich fühlte mich in Glarus sehr privilegiert. Mein Vorgesetzter Herr Jenny för-derte mich, wo er nur konnte. Gerne denke ich an ihn zurück. Er besass eine gewisse Strenge, war aber auch sehr väterlich, korrekt und liebenswürdig.
Die Wende
Dann kam die Wende. Im Jahr 1991 suchten sie einen Nachfolger für den pensionierten Verwalter in Näfels. Die Stelle wurde ausgeschrieben. Es mel-deten sich aber auch nach einer zweiten Ausschreibung keine geeigneten Personen. Interimshalber übernahm ich diese Stelle. Nach einem halben Jahr arbeitete ich immer noch in Näfels und eine Nachfolge war nicht in Sicht.
Der damalige Kreispostdirektor, Herr Schmucki, nahm mit mir Kontakt auf. Bei einem Treffen offerierte er mir die Stelle als Verwalterin in Näfels. Nach länge-rem Überlegen nahm ich an. Herr Schmucki war stolz, seine erste Verwalterin im Postkreis St.Gallen zu präsentieren. Anfangs tat ich mich schwer, zumal ich als reformierte Postverwalterin in ein streng katholisches Dorf gewählt wur-de. Es gab auch negative Reaktionen. Je länger ich aber in Näfels mit meinen vier Betriebsassistentinnen und sieben Briefträgern arbeitete, desto mehr wur-de unsere Arbeit estimiert. Heute, nach 26 Jahren, darf ich behaupten, ein Teil von Näfels zu sein. Immer mit meinem Team zusammen, inzwischen nur noch mit zwei Frontoffice-Mitarbeiterinnen.
Glücklich im Glarnerland
An Weihnachten organisieren wir meistens ein Adventsfenster, das gut be-sucht ist. Dabei verwöhnen wir unsere Kunden mit Speis und Trank und kön-nen so etwas an unsere Kunden, die mit uns sehr solidarisch sind, zurück-geben. Einladungen von Kunden sind keine Seltenheit.
Wenn ich heute an die vergangenen 26 Jahre zurückdenke, bin ich sehr dank-bar. Ich bin glücklich, im Glarnerland wohnen und arbeiten zu dürfen.
Bei der Arbeit traf ich auch meinen Ehemann Walter. Durch ihn lernte ich viele Leute kennen… und noch etwas: Das Wandern. Mit unserem Hausberg, dem Fronalpstock, fing alles an. Ich bekam Freude am Bergsteigen und Klettern. Tödi, Matterhorn, Dom, Dufourspitze, Eiger, Leistkamm, Montblanc und viele andere Gipfel konnte ich besteigen. Teilweise mit Walter oder einem Bergfüh-rer, und immer kamen wir gesund wieder heim.
Immer zur richtigen Zeit am richtigen Ort
Langsam denke ich an die (Teil-)Pensionierung. Müsste ich nochmals begin-nen, würde ich alles wieder gleich machen. In meinem Leben hatte ich viel Glück, lebte und lebe auf der Sonnenseite und war immer zu richtigen Zeit am richtigen Ort.
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Personalien
Lisa Speich-Longatti,
verheiratet
aufgewachsen in Rehetobel,
eine Schwester
heutiger Wohnort: Mollis
Stationen
1976-1978 Verkehrsschule St.Gallen (VS)
1978-1980 Lehre BS (Betriebssekretärin) in Heiden und Lehrpostamt
St.Gallen 16
1980 Post Glarus BS obD (ohne bestimmten Dienstort)
ab 1991 Post Näfels, Leiterin Poststelle.
Bildequelle: www.rp-online.de/nrw/staedte/moenchengladbach/die-auferstehung-keine-fake-news-aid-1.6754102
Karsamstag, 31. März 2018
Eine unvergessliche Geschichte aus meiner Kinderheit... und Ministrantenzeit
oder
Die Fluchtirade am Heiliggrab (1)
Möglicherweise aus der Tradition der ursprünglichen Osterspiele sind die Aufer-stehungsfeiern jeweils am Karsamstagabend entstanden. Die Kirchen waren porzetvoll, ja, sogar in den Gängen standen noch viele Gläubige, um sich am hehren Schauspiel zu ergötzen. Diese Tradition hielt sich bis Ende der fünfziger Jahre oder bis zu den konziliaren Änderungen. Heute ist dieses Brauchtum ver-schwunden, ein Grund eine Reminiszenz aus der Mottenkisten zu holen.
Die folgende Episode dürfte sich in den späten vierziger Jahren ereignet haben und wird von Augenzeugen noch dann und wann erzählt.
Zwischen Kirchenschiff, wo sich das Volk aufhielt, und dem erhöhten Chor, dem Altarraum, waren grosse Kulissen aufgestellt, die im Hintergrund einerseits den Blick auf Jerusalem freigaben, und anderseits den Kalvarienberg abbildeten. In der Mitte führten die Kulissen in eine Felsenhöhle, eben ins Heilige Grab, hinein.
Ab Karfreitag war das Grab sichtbar. Der verstorbene Christus lag da. Ausser-dem hiess es, in der Karwoche seien die Glocken nach Rom geflogen; denn das Geläute war verstummt. Sogar die Altarglöckchen der Ministranten mussten in diesen Tagen schweigen und wurden durch das Geklapper der Holzhämmer er-setzt.
Nun schritt der Pfarrer vor die Gläubigen und verkündete mit grosser Freude: „Christus ist erstanden!“, worauf der Organist alle erdenklichen Register zog und mit vibrierendem, durch Mark und Bein dringenden Orgelgebraus die Gläubigen derart mitriss, dass ihnen die Haare zu Berge standen und es sie am ganzen Körper vor Verzückung fror. Im Jargon des Organisten hiesse das „voll auf die Fräse“ treten.
Am Heiliggrab musste die ganze Szene nach perfekt eingeübtem Szenario ab-laufen.
Wenn der Pfarrer also zum „ Christus ist erstanden!“ ansetzte, danach das ge-waltige Orgelspiel durch die Kirche fegte, hatten zwei Ministranten das schwarze Tuch diskret über das Grab fallen zu lassen, so dass der verstorbene Christus verschwand, was die Gläubigen gar nicht mitbekamen, weil sie eine Tafel hoch über dem Heiliggrab ablenkte, die langsam nach unten gezogen wurde. Dadurch kam dahinter ein weiteres Bild zum Vorschein und liess die Illusion entstehen, unser Herr und Heiland schwebe in die Höhe, er auferstehe.
Verantwortlich für das Herunterziehen des Tafel, bzw. das Emporschweben des aufstehenden Christus, war der Sigrist. Dieser war mit grossem Eifer und minu-tiöser Gewissenhaftigkeit voll bei der Sache. Doch hatte er im zivilen Leben ein etwas spontanes Temperament oder einen etwas cholerisch polternden Zug. Er konnte recht laut werden, wenn etwas nicht ordentlich gemacht wurde. Der bare Horror für ihn wäre es gewesen, wenn die „Auferstehung“ technisch nicht ge-klappt hätte. Da bekanntlich der Teufel im Detail steckt und sowieso keine Freude an Auferstehungsfeiern hat, ging ausgerechnet bei dieser Feier etwas schief.
Also nochmals: Pfarrherrliches „Christus ist erstanden!“. Orgelgebraus, dass die Schwarten krachten, das schwarze Tuch fiel unbemerkt und der Leichnam des Herrn verschwand. Doch oben ruck-ruck-ruck schien die Tafel zu klemmen. Hinter der Kulisse des Heiliggrab hörten wir einen verzweifelnden Sigristen rufen: „Härggottschtäärnämiliuunä ! Du mäinäidä, truurigä eeländä Chäib, witt ächt oder witt ächt nüüd!“ Die nackte Angst und horrible Verzweiflung, das Rucken und Zucken am Seil und das Klemmen der Tafel waren eins. Und während man bei allen Gläubigen wegen ihres Blickes zur Tafel nur noch das Weiss der Augen unter ihrer Iris sah, erlitt der gute und getreue Sigrist beinahe ein Herzchriäsi.
Zum guten Glück gingen die Flüche, die einem mittelprächtigen Teufel wie Glöck-lein in den Ohren geklungen haben mochten, im „Terra tremuit“ der Orgelton-schwaden und –wogen unter und vermochte die Inbrunst der Gläubigen in kein-ster Weise zu schmälern.
Nach der Feier begegneten wir einem völlig geschafften Sigristen in der Sakristei. Ihm rauschte in der Hölle einer nicht recht funktionierenden Aufstehungskulisse soviel Adrenalin durch seine Adern, dass er nahe an einem Kollaps gewesen war.
Das Heiliggrab ist (für die einen leider, für die andern gottlob) verschwunden; die Tradition fast vergessen... doch in meinem Herzen und Gedächtnis lebt die miss-glückte Auferstehungsfeier zeitlebens weiter, vermengt mit etwas Wehmut und dem Bewusstsein, dass die Perfektion unserer heutigen Welt solche „Pannen“ niemals zuliesse...
Dem Sigristen sei Dank! Er hat beinahe Blut geschwitzt, bis er mit Ruck und Zuck, den Heiland hatte auferstehen lassen...
Die Gläubigen aber meinten in ungetrübter Osterfreude auf dem Heimweg, „dr Härrgott hätt gad ächlä ghaarzet, bis er obsi isch!“
Bis bald! Und schöne Ostern! Ihr Pankraz.
(1) Überarbeitete Fassung der Kolumne im "Fridolin", Schwanden, vom 19. April 2000.
Die drei Beispielbilder sind entnommen aus :
http://blog.berchtesgadener-land.com/2017/03/29/das-heilige-grab-von-hoeglwoerth/ ,
abgerufen am 30.03.2018.
Samstag, 17. März 2018
Fridlenen im Landes Fridolins
Eine Fotoreportage
von
Sasi Sumbramaniam
in der
"Südostschweiz-Glarus"
Am diesjährigen "Fridlitreff" in Näfels, der seit 33 Jahre gepflegten Zu-sammenkunft der Fritzen, Friggen, Fridlenen, Fridenen etc. jeweils am 6. März (Fridlistag), fotografierte Sasi Subramaniam die jüngsten (und auch ein paar bestandene ältere Fridlenen) im "Steinbock" und gestaltete eine
ganzseitige Reportage in der heutigen Samstagsausgabe 17. März 2018, der "Südostschweiz-Glarus".
Begleittext zur "Fridolins"-Galerie Südostschweiz, 17.03.2018 Frontpage und Seite 7.
«Fridolin» im Lande Fridolins
Seit dem sechsten Jahrhundert ist «Fridolin» ein Begriff. Das Glarner Wappen ist das einzige in der Schweiz mit einer menschlichen Gestalt, dem Sant Fridli.
Nach der «Ursus stand uuf»-Legende war Glarus als Erbe in den Besitz des Kloster Säckingen gekommen, das Fridolin gegründet hatte. Seine Fahne flatterte über den Köpfen an der Schlacht bei Näfels 1388. Auch seit dem Loskauf von Zinspflichten blieb Fridolin ein Glarner Zentral-begriff.
Ungezählte Knaben wurden Fridolin getauft, der «Fridlistag», war bis 1973 Feiertag, nach der Reformation aber nur noch für Katholiken. Die Landsgemeinde 1973 tauschte ihn deshalb gegen Allerheiligen ab.
Fridolin blieb dennoch allgegenwärtig als Kirchenpatron, auf den Auto-nummern, als Beizenname, Garage, Gratisblatt, Fridliweggen und -wurst, als Anstecknadel, auf Kravatten und Souvernirs.
Seit 1988 existiert der «Fridlibund» mit dem «Fridlitreff am 6. März». Wer Fridolin, Frigg, Fritz, Fridi, Fredo ...o.ä. heisst, ist unentgeltlich dabei im «Steinbock Näfels 20 Uhr 20» oder am Fridligottesdienst davor. Wieder im Aufwind sind die «Fridlisfüür» landauf landab am 6. März.
Obwohl alte Namen verschwinden, wird im Schnitt jährlich ein Büblein Fridolin genannt. Aus dem «Fridbund» ist politisch die Partnerschaft zwi-schen Näfels (heute Glarus Nord) und Bad Säckingen, der Fridolinsstadt, am 6. März 1988 entstanden mit regelmässigen Austauschen vor allem am Grossen Fridolinsfest in Säckingen und an der Näfelser Fahrt. (Fridli Osterhazy)
Eine akustisch kommentierte "Galerie" ist abrufbar unter:
www.suedostschweiz.ch/aus-dem-leben/2018-03-17/die-fridolin-im-lande-fridolins
Der jüngste Fridolin, geboren am 18. Juli 2017, Netstal, Sohn von Sonja und Daniel,
jüngster Fridliteilnehmer aller Zeiten an einem "Fridlitreff".
Zweimal Fridolin Hauser: Fridolin Hauser, 2017, Netstal, auf den Armen von Fridolin Hauser, Näfels ("Oberfridli Fridlibund"), auch "Fridli Osterhazy" genannt, geknipst
von Sasi Subramaniam am 6. März 2018.
Foto:
Sasi Subramaniam, Südostschweiz Glarus
16. März 2018
Armin Noser
ein erfolgreicher Unternehmer ist nicht mehr
In memoriam
Armin Noser,
vom Oberurner Buäb zum erfolgreichen Unternehmer
1927-2018
Geboren und aufgewachsen ist Armin Noser im verträumten, kleinen Glarnerdorf Oberurnen. Es liegt am Fuss der mächtigen Mariawand und wird von der Rauti durchflossen. Wer hätte damals geahnt, dass aus den kleinbürgerlichen und betulichen Verhältnissen und der von Traditionen und starker gegenseitiger Kontrolle geprägten Dorfgemeinschaft ein tüchtiger, unabhängiger und sehr erfolgreicher Unternehmer hervorgehen würde!?
Er war das zweite Kind von Meinrad und Marie Noser-Geu und kam am 22. Mai 1927 zur Welt. Gemeinsam mit zwei Schwestern und einem jün-geren Bruder durchlebte Armin Noser eine unbeschwerte und glückliche Jugendzeit. Nach dem Besuch der Primarschule in Oberurnen und der Klosterschule bei den Patres Kapuzinern in Näfels absolvierte der artige Junge auf Wunsch seines Vater ein dreijährige Lehre als Elektro-Installa-teur im elterlichen Geschäft.
Obwohl er mit bestem Erfolg abschloss, fühlte sich Armin Noser in sei-nem Beruf nicht besonders glücklich. Ein Jahr später begann er seine zweite Lehre als Radiotechniker bei einer renommierten Zürcher Firma. Nach erfolgreichem Lehrschluss folgten ständig technische und kauf-männische Weiterbildungskurse. Dieses Grundmuster der ehrgeizigen ständigen Weiterbildung und die Jagd nach ehrgeizigen Zielen charakterisierten Armin Noser bis in den Ruhestand.
Dazu kam sein Hang zu Perfektion und Qualität, Hartnäckigkeit, Ausdauer und seine tadellosen Umgangsformen geschäftlich und privat. Den besonderen Schliff erhielt er bei der amerikanischen Firma General Electric in Zürich, die ihm wegen seiner Qualifikationen verantwortungsvolle Positionen im Unternehmen übertrugen.
1951 folgte die Offiziersschule bei den Übermittlungstruppen. Danach baute er im väterlichen Geschäft eine Karriere auf. Seine Leidenschaft galt dem Radio und als 1951 der erste Fernsehsender in Zürich eröffnet wurde auch dem Fernsehen.
1956 holte er sich, wie zu erwarten war, das Meisterdiplom eines eidge-nössisch diplomierten Radiotechnikers und eröffnete eine eigene Firma.
1959 errichtete er an der Bahnhofstrasse in Niederurnen einen Neubau, der dem damaligen Trend fortschrittlicher Übermittlungstechnik ent-sprach. Als er im gleichen Jahr die Damenschneiderin Margrith Marti aus Mollis zum Altar geführt hatte, waren beste Voraussetzungen für den ge-meinsamen Aufbau des neuen Geschäftes gegeben.
Dieses erlangte bald überregionale Bedeutung und einen ständig wach-senden Kundenkreis. Bald waren 30 Mitarbeiter nötig, auch Lehrlinge wurden ausgebildet. Das Geschäft blühte. Die Familie gedieh.
Am 12. August 1962 wurde die einzige Tochter Ursula geboren. Im sel-ben Jahr eröffnete er eine Geschäftsfiliale in Glarus im Haus Publicitas. Ein später geborener Sohn starb leider an einer schweren Krankheit schon nach seinem ersten Lebensjahr.
1967 wechselte das Geschäft an den Rathausplatz, wo sich Firma und Belegschaft während 26 Jahren sehr wohl fühlten. Die Geschäftslage stimmte und der Umsatz war hocherfreulich.
1993 beschloss die Landsgemeinde das Haus Hug am Rathausplatz einer Renovation zu unterziehen. Die Firma kehrte zwar nach dem Um-bau zurück an den Rathausplatz, doch fehlte nun genügend Raum für die Werkstatt. Bald war der Grundsatzentscheid, in Niederurnen einen mo-dernen Geschäftsladen zu realisieren, überfällig. Tochter Ursula war nun für die Nachfolge des Firmengründers Armin Noser vorgesehen.
Armin Noser war die Betriebskultur ein wichtiges Anliegen. Nach dem Motto: „Wir planen unsere Zukunft und pflegen ein gutes Betriebsklima!“ führte er immer wieder Kadersitzungen und Betriebsversammlungen durch. Dies geht aus den informativen Protokollen hervor. Er orientierte seine Belegschaft in regelmässigen Abständen über die Geschäftslage und pflegte durch diese offene Informationspolitik Goodwill und solides gegenseitiges Vertrauen. Auch hatte er die Nase ständig im Wind für die Entwicklung der Branche und forçierte permanent die Aus- und Weiterbil-dung der Mitarbeiterschaft.
Die Geschäftschronik berichtet von der dauernden Dynamik des Ge-schäfts. Das Geschäftshaus in Niederurnen wurde mehrmals vergrössert und die Werkstätte perfektioniert. Eine Fernsehwerkstatt wurde errichtet, ebenso ein Discount-Geschäft eröffnet, 1973 wurde eine neue Werkstatt an der Poststrasse Niederurnen gebaut und modern eingerichtet.
Sämtliche Fahrzeuge wurden mit Funk ausgestattet. 1980 kam eine Funkwerkstätte dazu. Beim 30-Jahrjubiläum wurden vier Mitarbeiter für ihre 20-jährige Treue geehrt. Schliesslich war das Unternehmen auf fünf verschiedene Standorte verteilt. 1997 wurden die Filialen aufgegeben und die Werkstätten ins Hauptgeschäft integriert.
1988 trat Tochter Ursula nach sorgfältiger Ausbildung ins Unternehmen ein. Armin Noser delegierte sukzessive immer mehr Aufgaben an sie.
Am 1. Januar 1994 zogen Armin und Margrith Noser ins Haus an der Espenstrasse. Dieser Umzug brachte ihm etwas Distanz und Abstand zur Alltagsarbeit und den geschäftlichen Belangen. Gleichzeitig war Rolf Giger, der nicht nur ein langjähriger, bewährter Mitarbeiter im Geschäft gewesen war, sein Schwiegersohn geworden und rückte 1999 als Ge-schäftsleiter nach. Radio-TV Noser hat indessen eine Marktnische gefun-den und sich insbesondere durch das Schwergewicht auf Dienstleistun-gen und auf die Spezialisierung auf Kundenwünsche vorzüglich be-hauptet.
Armin Noser war zeitlebens ein aktiver Mensch voller Tatendrang und Zielstrebigkeit. Neben seines beruflichen und unternehmerischen Ehrgei-zes liebte er Abwechslung in Freizeit und Gesellschaft. Dank seiner vor-züglichen Umgangsformen und dank seines anpassungsfähigen und ge-pflegten Auftritts war er gesellschaftlich wohl gelitten. Er pflegte Gesellig-keit mit einem gehobenen und unkomplizierten Freundeskreis. Gerne unternahm er ausgedehnte Reisen in alle Welt und genoss insbesondere auch sein Refugium im Tessin.
Armin Noser war stets ein Mann von Welt und Stil. Seine Kreativität lebte er auch aus in seinem mit allen elektronischen Schikanen ausgestatteten Studio, wo er neben Familienerinnerungen manche dokumentarische Zeugnisse hinterlässt.
Eine neue Dimension und gleichzeitig Zukunftszuversicht bekam er durch die Geburt der Enkelinnen Carla und Neva. Sie wurden ihm zum Sonnenschein im fortgeschrittenen Alter.
Armin Noser war ein Perfektionist und überliess nichts dem Zufall. Seine Verhältnisse regelte er minutiös sogar über den Tod hinaus. Er gilt als wirtschaftlicher Pionier mit Vorbildwirkung weit über das Glarnerland hinaus.
(Meine letzte Begegnung erwuchs aus einem intuitiven Telefongespräch. Ich erfuhr, dass Armin Noser im Spital sei und versuchte ihn zu errei-chen. Dabei äusserte er sich, er würde sich sehr freuen, wenn ich ihn be-suchen würde. Am Sonntag, 5. März 2018 platze ich in sein Zimmer im Kantonsspital, aus dem er nach Osten und Norden, in Richtung seiner Herkunft, Ausblick hatte. Er war hoch erfreut, aufgeräumt und schien auf dem Weg zur Besserung zu sein. Bald würde er ins Altersheim Schwan-den wechseln können. Fast eine Stunde schwelgten wir in alten Zeiten und wärmten heitere und ernste Begegnungen auf. Sobald es ihm wieder besser ginge, so vereinbarten wir, würden wir gemeinsam zu Mittag es-sen und alte Erinnerungen auffrischen. Wir verabschiedeten uns wie eh und je mit grossem Hallo in alter Freundschaft und Kameradschaft. Er betonte mehrmals, wie sehr er sich über den unerwarteten Besuch ge-freut habe. Nach seiner Übersiedlung nach Schwanden würde ich ihn gerne wieder besuchen, was er lebhaft begrüsste.
Dann verliess ich das Spitalzimmer… es war – wie ich nun weiss – unsere letzte Begegnung in seinem Leben.)
Armin Noser in glücklichen Tagen.
Bildausschnitt aus einer Aufnahme in den siebziger Jahren.
In seiner Freizeit genoss er Geselligkeit und Kameradschaft mit Freunden im Oberseetal. Zentrum war der Feriensitz von Karl Müller-Kessler auf Kreuzegg.
Das Bild stammt von einer Tour auf die Rautialp.
Mit von der Partie waren damals seine Freunde Karl Müller und Viktor Hauser.
(Foto: Emmy Müller-Kessler)
Armin Noser
Porträtausschnitt von
Armin Nosers Facebook.
Armin Noser
zum obigen im Facebook präsentierten
Porträt habe ich das Originalbild
finden können.
Gerne behalten wir Armin
strahlend in Erinnerung.
16. März 2018
Aus aktuellem Anlass - Erzbischof Gänswein war in Bad Säckingen - sei folgende Begebenheit hier festgehalten.
Erzbischof Dr. Georg Gänswein, Prof. Dr. theol., Dr. med h.c. Franz Böckle
Rom Glarus/Bonn
Wie Erzbischof Gänswein
den Moraltheologen Franz Böckle zum Leben erweckte.
Die Legende vom heiligen Fridolin und Ursus ist bekannt. Das Decken-
gemälde im Fridolinsmünster in Bad Säckingen stellt die Gerichtsszene in Rankweil (A) dar, zu der Fridolin seinen Zeugen Ursus aus dem Grab geholt hatte. Seither war das Glarnerland in der Schweiz viele Jahrhunderte dem Kloster Säckingen untertan und zinspflichtig.
Eine andere Erweckung, die auch mit dem Glarnerland zu tun hat, ge-
lang ungewollt dem Erzbischof Georg Gänswein, der am Fridlini 2018 in
Bad Säckingen predigte und zelebrierte.
Und zwar so:
Ein Schweizergardist aus Näfels in Rom wurde bei seiner Entlassung mit Händedruck von Papst Benedikt XVI. verabschiedet. Dabei fragte er den Gardisten: «Aus welcher Gegend in der Schweiz kommen Sie?» - «Aus dem Glarnerland, dem Land Fridolins.» - Da schmunzelte der Papst: «Ach ja, da war ich auch schon! Ich habe bei Dr. … übernachtet.»
Der Gardist erzählte dies seinem Vater, und der kam mit dieser Botschaft im gestreckten Galopp zu mir. «So, so – bei welchem Doktor denn?» wollte ich wissen.
Das wäre ein Ding, eine Schlagzeile: «Papst Benedikt übernachtete in Glarus!». Ich telefonierte im ganzen Kanton herum. Aber niemand konnte mir sagen, um welchen «Doktor…» es sich handele.
Da schrieb ich aufs Geratewohl an den Privatsekretär des Papstes einen Brief.
Datiert auf den 7. Juni 2008 schrieb er zurück «…Ihre Frage habe ich mit Seiner Heiligkeit Papst Benedikt XVI. besprochen. Er erinnert sich daran, dass er einmal in den fünfziger Jahren in Glarus, nicht in Näfels, bei den Eltern von Professor Böckle Gast war… Mit be-
sten Segenswünschen und freundlichen Grüssen aus dem Palazzo Apostolico, Ihr Prälat Dr. Georg Gänswein, Privatsekretär von Papst Benedikt XVI.»
Dr. Franz Böckle, in Glarus geboren und aufgewachsen, war ein Studien-freund von Josef Ratzinger in München. Sie verbrachten gemeinsam Ferien in Glarus und im Klöntal. Während Ratzinger eine klerikale Kar-
riere bis zum Papst durchlief, wurde Franz Böckle ein weltbekannter Moraltheologe, war schliesslich Dekan und später Rektor der Universität Bonn, Berater von Bundeskanzler Kohl und Schmidt, erhielt die Ehren-
doktorwürde für Medizin und das Grosse Bundesverdienstkreuz. Er starb 70-jährig in Glarus. Fast niemand wusste in Glarus noch, dass der Glar-
ner Franz Böckle ein weltbekannter Moraltheologe gewesen war.
Der Brief Gänsweins war aber eine Verpflichtung:
2011 organisierte ich einen Gedenktagung zum 20. Todestag Böckles in Glarus. Professor Hans Halter, Schüler und Doktorand Böckles hielt ein Grundsatzreferat. Der Anlass war ein Erfolg.
2012 erschien eine Gedenkschrift für Böckle u. a. mit dem Hauptreferat von Prof. Hans Halter, mit Beiträgen des Rektors der Universität Bonn, des Theologen Hans Küng, von Bundesminister Nobert Blüm, der ein
Böckle-Schüler war, von Prof. Albert Gasser, Chur u.a. m.
Eine Gedenktafel hängt seither am Vaterhaus Böckles.
Der Stadtpräsident versprach, künftig einen Platz oder eine Strasse nach Böckle zu benennen.
Im Kirchenschatz von Glarus wurde das Bundesverdienstkreuz, die Ehrennadel und die Ehrendoktorurkunde sowie eine Bibliographie seiner Werke aufgenommen. (Vieles wurde von Claire Reiter, die Böckle über Jahrzehnte begleitet hatte, freundlicherweise zur Verfügung gestellt.)
Eine Stiftsjahrzeit für Franz Böckle wurde errichtet.
Und dies alles, ausgelöst durch den Brief von Erzbischof, Präfekt und Privatsekretär des Papstes.
Was Wunder, dass ich mich am Fridlini 2018 unbedingt persönlich be-
danken wollte. Ein erzbischöflicher Händedruck im Kursaal schloss nun einen Kreis. Meine Verblüffung über das phänomenale Gedächtnis des hohen Geistlichen war gross, als ich seinen Brief von damals vorzeigte: «Ach, ja, ich schrieb Ihnen zurück wegen Professor Böckle.» Vor zehn Jahren!
Dank Erzbischof Gänswein wurde Franz Böckle wieder aus der Verges-
senheit zurückgeholt und neu zum Leben erweckt. (F.O.)
Cover
der
Gedenkschrift
für den
Glarner Moraltheologen
mit internationaler Bedeutung
erschienen 2012
Links: Josef Ratzinger und Franz Böckle waren Studienkollegen in München und waren in den fünfziger Jahren in Glarus und im Klöntal während ihrer Sommerferien. Ratzinger über-nachtete bei der Familie Böckle an der Reitbahnstrasse in Glarus.
Rechts: Josef Ratzinger als Papst Benedikt XVI. begleitet von Erzbischof Georg Gänswein.
(Fotos: www.kath.ch)
7. März 2018
Mittwoch, 8. März 2018
«Fridlitreff» mit den jüngsten Glarner Fridlenen
Zum 33. Mal fand in Näfels der «Fridlitreff» statt. Diesmal mit einem Foto-Termin für die jüngsten Fridlenen im Kanton Glarus. Vom halbjährigen Fridolin bis zum 16-jährigen Fritz standen die munteren Knaben «Modell». Eine Reportage von Sasi Subramaniam, Fotograf, folgt nächste Woche.
30 Jahre ist es her, seit ein prominenter «Fridolin» verstarb: Dr. Fridolin Hauser-Zech, geboren am, 14. Juni 1912, verstorben am 19. Juni 1987. Er war Finanz-direktor und amtierender Regierungsrat von 1955-74. Sein Grabstein, heute im Garten seines Wohnsitzes im «Linthhof», wurde von Bildhauer Hans Kennel, Näels, geschaffen.
Den Fridli-Gottesdienst zelebrierte Dekan Harald Eichhorn, assistiert von Vikar Sebastian Fridolin Thayill und Diakon Benjamin Schmid. Erstmals und spontan trat die talentierte Jodlerin Elsbeth Hefti, Hüsliguet, Mitlödi, dabei auf.
Der «Fridlitreff» um 20 Uhr 20 im Steinbock, Näfels, stand wie eh und je im Zei-chen der Gemütlichkeit und Kameradschaft. Schatzmeister Fridli Gallati legte eine vorzügliche Rechnung vor. Namens der Geschäftsprüfungskommission at-testierte Ruedi Fridolin Jenny dem Kassenwart hohes Lob. Man gedachte des Mitbegründers des «Fridlibundes» Hilarius Landolt, der nur drei Tage zuvor ver-storben war.
Im gemütlichen Teil wurde der obligate Fridlischüblig und Härdöpfelsalat ver-schmaust und die «Fridliweggen» gepostnet. (Für die Gattin zu Hause, as-mä des neechscht Jahr wider törff chuu).
Erwähnenswert ist die sympathische Charmewerbung für den Namen «Fridolin» im Radio Central, wo während des ganzen Tage kurze Beiträge gesendet wur-den! F.O.
Alle Fotos: Sasi Subramaniam, Fotograf, Mollis.(Archivbilder)
Fridlisfüür in Näfels
Mittwoch, 7. Màrz 2018
Bilten: Lichterschiffchen auf dem Dorfbrunnen
Sant Fridli reist mit dem Schiff von Irland nach Europa
Immer am Fridlistag (6. März) pflegen die Biltener einen einmaligen Brauch.
Sie versammeln sich am Dorfbrunnnen. Kinder lassen Schiffchen mit klei-nen Lichtern auf dem Wasser schaukeln, in Erinnerung an die Überfahrt des heiligen Fridolin von Irland auf das Festland. Diesmal hielt der neue Be-reichsleiter Kultur Mirko Slongo ein kurzer Ansprache, die es wert ist hier festgehalten zu werden.
Ansprache an der "Fridlifiir" in Bilten
von
Mirko Slongo,
Bereichsleiter Kultur, Gemeinde Glarus Nord
Liebe Biltnerinnen und Biltner, liebe Kinder, geschätzte Anwesende,
Ich habe heute Abend die Ehre und die Freude, während einer alten Tradition unseres Landespatrons, des Heiligen Fridolin, zu gedenken.
Ob Fridolin von Irland direkt, von Poitiers in Frankreich, wo er seine erste Hilari-
uskirche erbaute oder von Säckingen - wo er als Abt das Kloster leitete - zum Anfang des 5. Jahrhunderts ins Glarnerland als Glaubensbote kam, ist nicht ganz klar. Klar ist aber, dass zu dieser Zeit der christliche Glaube durch Prediger dem Glarner Volk vermittelt wurde.
Mit sogenannten "Fridlisfüür" gedenken wir am heutigen 6. März an verschiede-nen Orten im Kanton Glarus unseres Fridli.
Aber hier in Bilten feiert man auf ein ganz besondere Weise die Ankunft und das Wirken des Heiligen Fridolin im Glarnerland. Kinder von Bilten lassen auf dem Wasser des Fridolinsbrunnen ihre Schiffchen schwimmen. Auf den mit Liebe und Sorgfalt von den Kindern hergestellten Schiffchen brennen Kerzen als Sinnbild für das christliche Licht, das der Heilige Fridolin einst von Irland aus über das grosse Wasser zu uns gebracht haben soll.
Der Fridlibrunnen, auf dem die Schiffchen schwimmen, weist eine für hiesige Brunnen eher seltene, spezielle Form auf. Der Fridlibrunnen mit vierkantigem, klassizistischem Brunnenstock aus dem 19. Jahrhundert weist nämlich einen achteckigen Brunnentrog auf.
Ich habe mich gefragt, ob sich die Erbauer des Fridlibrunnens des Sinnbilds be-wusst waren, als sie die geometrische gleichseitige achteckige Form für den Grundriss des Brunnentrogs wählten.
Als Mitglied eines regulären Ritterordens erinnerte ich mich an meine Investitur und daran, dass sich ein Ritter zur Aufgabe macht, die christlichen Werte zu leben und zu verteidigen. Das gemeinsame Symbol unter dem sich die Ritter-
orden vereinen ist das Malteserkreuz.
Seine acht Spitzen symbolisieren im übertragenen Sinn die acht Seligpreisungen der Bergpredigt von Jesus, die eben auch die Kernbotschaft unseres christlichen Glaubens sind, die uns der heilige Fridolin vermittelt hat.
Wir begegnen im Zusammenhang mit dem Christentum oft dieser mystischen Zahl acht. Sogar schon zum Anfang unseres Lebens: Ist doch der christliche Taufstein oder das Taufbecken achteckig.
Jesus hat uns die acht Grade der Glückseligkeit und acht Freuden der Seligen gelehrt:
· Hunger und Durst nach Gerechtigkeit
· Gütigkeit,
· Verfolgung wegen Gerechtigkeit,
· Reinheit des Herzens,
· Barmherzigkeit,
· Einfalt im Geist
· und Trauer.
Im Rittertum versinnbildlichen sie die acht christlichen Tugenden und erinnern daran, dass der primäre Zweck der christlichen Gemeinschaft darin besteht, das achtfache Elend der Welt zu bekämpfen.
Nämlich:
· Krankheit und Verlassenheit
· Heimatlosigkeit und Hunger
· Lieblosigkeit und Schuld
· Gleichgültigkeit und Unglaube
So ist doch der achteckige Fridlibrunnen gleichzeitig Symbol unseres christlichen Glaubens und Zeichen für den Mann, der uns diese Botschaft von weit her brach-
te. Für den Mann, den wir heute am 6. März feiern, unseren Landespatron den Heiligen Fridolin.
So wünsche ich Euch von Herzen, dass diese Feierlichkeit weiterhin die Seelen erleuchtet und noch ewig währt.
Ein lieber Nachbar, Sulzbödeler und Dienstkamerad ist nicht mehr!
Hilarius Landolt-Zahner
18. Dezember 1929 bis 3. März 2018
Hilarius war wie sein gleichnamiger Vater Landwirt aus Selbstverständlichkeit und Leidenschaft. Wir erwarteten ihn heute Abend - am 6. März dem Fridlistag - zum traditionellen "Fridli-Treff".
Drei Tage vorher ist er abberufen worden zum grossen Heer derer, die uns vorangegangen sind.
Er war mein lieber und sympathischer Nachbar in der Gerbi, nur ein paar Häuser entfernt. WIr kannten uns auch vom "Sulzboden" im Oberseetal, wo er von Kinds-beinen auf mit seinem Vater und seinen Geschwistern "ins Heu" ging.
Unvergessen bleibt er mir mit seinem Bruder Fritz als tüchtiger Mäder in der "Schliiffi". Beide waren tifig und mähten "durä Schlugg ufä zum Gumper". Die Schwestern Karoline, Marie und Margrith zeichneten sich als flinke "Worberin-nen". Als die "Blitzgers", so seine Familien im Volksmund den Heuteil von Josef Fischli, "Heuschniider", übernahmen, grenzten ihre Teile an unsern, den "Hasenteil". Unvergessen sind auch seine "Juuchzer", wenn ab der Alp Rauti, jenseits des Talers Älpler grüssten und er zurückjauchzte.
Er stand Gevatter als wir mit seinem Bruder Fritz und weiteren Fridlenen den
"Fridlibund" im Jahre 1986 gründeten.
In besonderer Erinnerung bleiben mir die gemeinsamen Tage im WK oder EK, insbesondere in Interlaken in der Glarner Luftschutz-Kompagnie 113.
Schliesslich verbinden uns die Erlebnisse der Reise nach Poitiers (Frankreich) zum Ort des heiligen Hilarius (Kirchenpatron von Näfels) und Gegenbesuche beim Bischof Albert Rouet, der 2000 auf unsere Einladung nach Näfels zum Hilariusfest gekommen war und mit Bischof Amadée Grab, Chur, in der Hilarius-kirche Näfels das Hochamt feierte.
Und bleibend ist unser gemeinsamer Auftritt bei "Tele Südostschweiz" mit der Sage "Dr Sülzlipuur", in der er als "Sülzlipuur" "eebig und eebig dengelt, weil er an einem Augschtheiligtag "i Giit inä gwärchet" hat.
Heute Abend wird er am "Fridlitreff" fehlen. 33 Jahre war er regelmässig dabei.
Seinen Angehörigen, insbesondere Hedwig, seiner vorzüglichen Lebensgefährtin und Ehefrau und allen Familien ihrer Kinder und Verwandten gelte mein herzli-ches Beileid.
Zu seiner Erinnerng sei der "Sulzbodenvers" eingerückt:
Äs lugget jedes Jaahr ächläi
Äs lugget jedes Jaahr ä-chläi
im Lanzig, wänn-dä d Laui chunnt,
zant allem: Wäsä, Schtögg und Schtäi
und Gschtrüpp und Gschtrüüch – äis Kunterbunt!
Vu obä-n-abä-ob-em Wald
tuät d Laui we-n-äs Muätisee;
Drufabä chaa-mä ja dä bald
halt daa und dett ä Schnäisä gseeh.
Äs Lattli hiä, ä Schtäi fäählt dett,
und deer und disä Baum isch gkniggt,
äs Tschuupäli, wo wachsä sött –
mä wäiss nüd, wer de Laui schiggt.
Äs lugget jedes Jaahr ä-d Lüüt.
Mä mäinti schiär, äs chännt nüd sii,
und gwööhndli dernig, wo’s äim rüüt;
wer schiggt-si daa schu gäärä drii?
Das Bänggli dett isch äifach läär
und enes Bälchäli isch zuä.
Dett, wo sust äinä ghögglet wäär,
schtaaht nu nuch trischt äs Päärli Schuä.
Äs fäählt deer, wo äm Schtöggli gaaht,
und disä mit dä wiissä Haar;
und diä, wo sust äm Brunnä schtaaht,
disäb, wo lismet, jedes Jaahr.
Im Uugfell au ä jungä Puurscht,
äs Mäitli, vilecht im Schpitaal,
ä Muäter, zmitzt äwääg vum Chuurscht –
äs lugget jedes Jaahr im Taal.
Das ischt-äsoo und bliibt äsoo.
Mä wäiss, bis zletscht chunnt jedä draa.
Nu wäiss-mä nüg-gad wiä und woo
und möcht’s nüd prezis hütt schu haa.
We wäär’s halt schüü, wänn d Laui chääm
und äis Jaahr ussliäs, übrschprung,
und kwaasi ächlä Feri näähm?
Mer sind doch all zum Schtäärbä zjung!
Und gliich – was sii muäs, muäs halt sii.
Da gitt’s käis Chrüütli ä käim Räi!
Wänn d Laui chunnt, dä muäs-si niih!
Äs lugget jedes Jaahr ä-chläi!
Sulzbodä, Summer 1981 Fridli Osterhazy
publiziert in: Dr ghülpet Bott, Sulzbodäziitig 1981
Hilarius Landolt - als Sülzlipuur
in der Sendung "unterwegs" von
TV Südostschweiz Glarus
Lebendige Erinnerungen dank TV Südostschweiz
Redigiert, gefilmt und geschnitten von Maya Frepp
ausgestrahlt: 22. April 2015.
Sonntag, 4. März 2018
Ergebnisse 1. Wahlgang Gemeinde Glarus Nord
Gemeindepräsidium
Gestimmt haben 5'610 von 11'529 Stimmberechtigten
Abgegebene Wahlzettel 4'709
Ungültig oder leer 114
Gültige Stimmen 4'595
Absolutes Mehr 2'298
Kein Kandidat hat das absolute Mehr erreicht. Ein zweiter Wahlgang ist notwendig.
Er findet am Wochenende vom 25. März 2018 statt.
Gemeinderat
Gestimmt haben 5'610 von 11'529 Stimmberechtigten
Abgegebene Wahlzettel 4'507
Ungültig oder leer 126
Gültige Stimmen 22'572
Absolutes Mehr 1882
Vier Gemeinderatsmitglieder sind gewählt. Zwei Sitze sind noch vakant.
Ein zweiter Wahlgang wird notwendig.Er findet am Wochende vom 25. März
2018 statt
Würde aus den zwei gewählten Gemeindertäten einer Gemeindepräsident
wäre ein dritte Wahlgang zur besetzung des dann vakanten Gemeinderats-
sitzes notwendig.
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Überparteiliches Endspurt-Podium
Wer wird Gemeindepräsident?
***************** Montag, 12. März 2018, 19.30 Uhr
***************** Tolderhaus Näfels (Bohlensaal)
***********************************************************
Ein Glarner war mit von der Partie:
Professor Dr. theol., Dr. med. h.c. Franz Böckle
Glarus / Chur / Bonn
50 Jahre Theologische Hochschule Chur (1968-2018)
Kaum ist das Reformationsjahr 2017 mit seinen zahlreichen Feierlichkeiten verklun-gen, steht
das Jahr 2018 mit diversen Erinnerungsanlässen ins Haus. Schon jetzt soll an ein Jubiläum erinnert werden, das indirekt mit den Reformbewegungen der 1968- er-Jahren zusammenhängt und seinerzeit
für die Kirche Schweiz einen Meilenstein bedeutete: Die Gründung der Theologischen Hochschule Chur (THC) vor 50 Jahren. Sie wird im Oktober im Rahmen einer Jubiläumswoche (22.10.-27.10.2018) feierlich begangen.
Das Konzil war die 68er-Bewegung der Kirche
Das 50-jährige Jubiläum der THC steht zwar nur indirekt mit den Studentenrevolten der 68er-Jahre in Beziehung, denn es wäre verfehlt zu sagen, die Kirche habe im Fokus der 68er gestanden. Aber im Grunde war das Konzil die 68er-Bewegung der Kirche, weil die Katholische Kirche durch die Einberufung des Zweiten Vatikanums (1962-1965) unter Papst Johannes XXIII. manche Tendenzen der gesellschaftlichen Reformen der 68er-Jahre vor-weggenommen hat. Den «Muff von 1000 Jahren» und die alten Talare hatte die Katholische Kirche mit der Liturgiereform des Konzils bereits abgeschafft. Auch in der Schweizer Kirche löste das Konzil eine Aufbruchstimmung aus, die auf vielen Ebenen von der Frage geprägt war, wie die Konzilstheologie in den verschiedenen Lebensvollzügen der Kirche umgesetzt werden sollte.
Die Errichtung der THC im Februar 1968
In Chur zeigte sich diese Aufbruchstimmung sehr konkret in hohen Studierendenzahlen, die zunächst Baumassnahmen notwendig machten: So wurde als Erweiterung des Priester-seminars St. Luzi von 1963-1965 ein Neubau mit Hochschultrakt samt Aula und Hörsälen errichtet, um den gestiegenen Anforderungen gerecht zu werden.
Im Churer Lehrbetrieb vor der Gründung waren so bekannte Theologen wie der Moraltheo-loge Prof. Franz Böckle (1953-1963) und der Dogmatiker Prof. Johannes Feiner (1938-1965) prägend.
Die Gründung der THC ist eng mit den Personen von Prof. Alois Sustar und Prof. Josef Pfammater verbunden. Der gebürtige Slowene Sustar war sowohl Regens des Priester-seminars (1965-1968), Professor für Moraltheologie (1963-1968) und während nur vier Mo-naten erster Rektor der THC (1968). In seiner Amtszeit verlieh die Römische Studienkon-gregation am 22. Februar 1968 per Dekret dem 1807 gegründeten Priesterseminar St. Luzi den Titel Institutum superius theologicorum studiorum. Damit wurde das Seminar in Chur zur Theologischen Hochschule erhoben, die ab dem 7. März 1968, dem Fest des Hl. Thomas von Aquin, das Recht erhielt, kirchlich anerkannte Diplome auszustellen. Der Neutestamentler Josef Pfammater folgte Sustar im Juli 1968 und blieb als Gründungsrektor die prägende Gestalt des Anfangs (1968-1970). Bis heute gilt der Wunsch, mit dem Kardi-nal Gabriel-Marie Garrone, der Vorsteher der Römischen Studienkongregation, sein Be-gleitschreiben zum Dekret von 1968 beschliesst: «In aevum vivat, crescat, floreat!»
50 Jahre Theologie mit Weitblick
Seit der Gründung der THC haben zwei Generationen von Theologinnen und Theolo-gen ihr Studium in Chur absolviert. Sie sind heute als Priester, Pastoralassistentinnen, Pastoralassistenten und Diakone in allen Seelsorgebereichen der Deutschschweizer Bi-stümer tätig und prägen das Gesicht der Deutschschweizer Kirche.
Alle Ehemaligen und die interessierte Öffentlichkeit werden Ende Oktober zur Jubiläums-woche nach Chur eingeladen, um zu zeigen, dass die THC auch 50 Jahre nach ihrer Gründung noch immer versucht, Theologie mit Weitblick zu treiben. Also bitte vormerken: Jubiläumswoche 50 Jahre THC vom 22.10. bis 27.10.2018 in Chur,.
Quelle: Theologische Hochschule Chur, 02.03.2018, 11:51 siehe auch: www.thchur.ch
Literaturhinweis
Gedenkschrift für Prof. Dr. theol. Dr. med. h.c. Franz Böckle, Glarus/Bonn (1921-1991) mit
einem Grundsatzreferat von Prof. Dr. theol. Hans Halter, Luzern, und diversen Beiträgen von Norbert Blüm et altera, Redaktion und Bearbeitung: Fridolin Hauser
Verlag: Näfels; Fridolin Hauser 2012, 96 Seiten, Reihe: Im Zeichen des Heiligen Fridolin.
Zur Erinnerung:
Die Gemeinde Glarus hat noch ein Versprechen offen: einen Platz oder eine Strasse nach ihrem weltbekannten Moraltheologen "Franz Böckle" zu benennen.
Pressetext - Gedenkfeier 2012
Glarner Moraltheologe Franz Böckle erhält eine Gedenktafel
Im Gedenken an Franz Böckle sind dem Moraltheologen bereits eine Broschüre und eine CD gewidmet. Die Vernissage dazu hielt im Land-ratssaal aber weitere Überraschungen bereit. Nach ihm soll nun – viel-leicht – eine Strasse benannt werden.
Der Stadtglarner Franz Böckle erreichte als Moraltheologe internationale Be-rühmtheit. Er verstarb 1991 in Glarus.
Personen mit Rang und Namen erwiesen ihm an der Vernissage im Landratsaal am Samstag denn auch die Ehre. Darunter befanden sich Schüler von Böckle, der als Professor in Chur und als Rektor an der Universität Bonn tätig gewesen war.
Überraschungsgast Monika Böckle
Anwesend waren auch der Theologe Hans Halter aus Luzern, Generalvikar Josef Annen aus Zürich und Eva Maria Faber, Rektorin der Theologischen Hochschule Chur.
Zeitzeugen aus Zürich und aus Weesen berichteten von ihren persönlichen Be-gegnungen mit Böckle. Überraschungsgast war Monika Böckle, eine Angehörige der Familie des posthum Gefeierten.
Tafel an ehemaligem Böckle-Haus
Es gab aber auch Überraschungsbotschaften: Fritz Marti-Imholz aus Glarus wird an seinem Haus eine Gedenktafel anbringen. Das Haus hatte er von der Familie Böckle erworben.
Und der Gemeindepräsident von Glarus, Christian Marti, kündigte sogar die Option einer «Franz Böckle-Strasse» an.
Dokumentation als Andenken
Mit der Herausgabe einer Schrift fand an der Vernissage eine fünfjährige Sam-melarbeit einen vorläufigen Schlusspunkt und Zwischenhalt. Das Büchlein ver-steht sich als reine Dokumentation und als Andenken an den grossen Glarner Moraltheologen (1921 bis 1991) von internationalem Rang.
Auch die Kirchenräte der beiden Landeskirchen waren an der Vernissage ver-treten: durch Stefan Müller, Präsident des kantonalen katholischen Kirchenrates, Gret Menzi, Vizepräsidentin der Evangelisch-reformierten Landeskirche und Andrea Trümpy, Kirchenrätin der Evangelisch-reformierten Landeskirche.
Gastrecht im Rathaus
Eine stattliche Delegation des Kirchenrates der Kirchgemeinde St. Fridolin (Glarus-Ennenda-Riedern) begleitete die Kirchenpräsidentin Sonja Mächler und Pfarrer Ivo Curic.
Gastgeber im Rathaus waren der Ratsschreiber Hansjörg Dürst und Regierungs-sekretär Josef Schwitter. Die Moderation des Anlasses hatte Fridolin Hauser übernommen. (eing)
Erschienen in der «Südostschweiz-Glarus», Mittwoch, 18. April 2012
Dienstag, 27. Februar 2018
Aus aktuellem Anlass
"Berggeistbrunnen" in Glarus
Kontroverse um den weissen Steinbock
Seit mehreren Monaten ist der "Berggeistbrunnen" im Gespräch. Der Steinbock der Skulp-turengruppe ist "restauriert", bzw. weiss gestrichen worden. Seither wird in andauernder Kontroverse diskutiert, ob diese "Restauration" eine erlaubte und sinnvolle Aktion war oder ob der "weisse Steinbock" eine Verunstaltung eines Kunstwerks ist. Am Rande dieser Stadtglarner Debatte hole ich einen alten Kolumnenbeitrag aus der Mottenkiste, gewisser-massen als Hintergrundinformation zum Stadtglarner Wahrzeichen vis-à-vis des Gemeindehaues.
Der "Steinbock
des Anstosses"
in Grossaufnahme.
Die Kontroverse
dreht sich um die
Frage: "Darf man
ein Kunstwerk auf
diese Weise verändern?"
(Foto:glarus24.ch)
Am Brunnen vor dem Tore…
oder
Der „Bäärggäischt-Brunnä“ in Glarus (1)
Im Volksmund hat er mehrere Namen: „Bäärggäischtbrunnä“, „Jenny-Brunnen“, „Gemein-dehaus-Brunnen“, auf alten Fotos sogar „Monumentalbrunnen“. Gemeint ist der ausladen-de, imposante Brunnen westlich des Gemeindehauses von Glarus. Die Bahnhofstrasse trennt Brunnen und Gemeindehaus, aber er ist unübersehbar. Dennoch weiss man in Glarus sehr wenig über das markante Werk, das aus den zwanziger Jahren des letzten Jahrhunderts stammt.
Zudem war es eine Schenkung. Ausgerechnet ein Ennendaner war gegenüber den Stadt-glarnern der Wohltäter. Ingenieur Daniel Jenny stiftete das Novum auf dem Gemeindehaus-platz. Den Gemeinderatsprotokollen ist zu entnehmen, dass im damaligen Preis von Fran-ken 20‘000.- noch zwei kunstvolle Vasen inbegriffen waren, die im Volksgarten aufgestellt wurden und heute – zwar etwas verwittert – immer noch dort stehen. Beim genauen Hinse-hen entdeckt man eingemeisselte Frauengestalten, eine Art Allegorien, die trotz 86-jähriger Verwitterung noch erkennbar sind. Solches entnimmt man dem ganzseitigen Beitrag in den „Glarner Nachrichten“, Nr. 173, vom 26. Juli 1984 auf Seite 3. Der Schöpfer des Brunnens, Bildhauer Otto Kappeler, hätte am 8. Juli gleichen Jahres seinen 100. Geburtstag feiern können. Doch ehe hier Weiteres über den Künstler und den Spender gesagt sein soll, möge das Werk selber in den Mittelpunkt gerückt werden.
Der „Bärggäischt“-Brunnen als markantes Beispiel damaliger Architekturplastiken zeigt den bärtigen Berggeist mit erhobener Hand, Natur und Tierwelt segnend und die Menschen be-schwörend, umringt von grösseren und kleineren Alpentieren. Zuerst springt linkerhand der Bär ins Auge und zwischen dessen mächtigen Tatzen eine Schnecke. Ein stolzer Adler sitzt auf der rechten Schulter des Berggeists. An dessen Lende schmiegt sich ein Murmeltier. Die linke schützende Hand ruht auf dem Kopf eines prächtigen Steinbocks, übrigens bis vor der Gemeindefusion das Wappentier der Stadt Glarus. Diese Gruppe ist auf einem gewalti-gen Quader versammelt. Aus dessen Frontseite sprudelt aus einer gewaltigen Muschel das Wasser, in einen ausladenden, mehrfach abgerundeten, grossflächigen Brunnen. Ebenso plätschert aus zwei weiteren Muscheln auf der Rückseite glasklares Wasser. Dazwischen sind die Worte eingemeisselt:
„Der Gemeinde Glarus gewidmet Daniel Jenny Rain Ennenda 1926“
und in der südöstlichen Ecke „Kappeler“, der Nachname des Künstlers.
Ausnahmsweise ist der Brunnen signiert. Die meisten Werke von Otto Kappeler sind es nicht. Denn der Künstler, der „in Zürich, aber auch vom Engadin bis zum Genfersee und auch im Glarnerland eine Fülle hervorragender Schaffenszeugnisse hinterliess“, war der Auffassung, Kunstwerke sollten für sich selber sprechen.
Eingeweiht wurde der Brunnen fast meuchlings am Vorabend der Landsgemeinde 1927. Die Kunde von der erst am anderen Morgen erwarteten Enthüllung verbreitete sich unter den Stadtglarnern wie ein Lauffeuer und „stundenlang umstand ihn ein dichter Menschen-kreis“.
Otto Kappeler wurde am 8. Juli 1884 in Fahrwangen AG geboren. Seine Lehre absolvierte in Zürich, besuchte die Gewerbeschulen in Aarau und Basel, durchlief die Münchner Aka-demie. Frühe Arbeiten hinterliess er in Zürich, Brugg, Schaffhausen, Biel und Chur. Davon begeistert holte ihn der Zürcher Universitätsarchitekt Karl Moser und übertrug ihm die Hälf-te der Bildhauerarbeiten „um und im Universitätsgebäude“. Aus dem Kreis namhafter Künstler des „Werkbundes“ berief ihn Alfred Altherr, Direktor der Kunstgewerbeschule als Lehrer für Modellieren und beteiligte ihn an der Gestaltung von Ausstellungsräumen. Die Liste imposanter Architekturplastiken und Reliefs wurde grösser: Mit der Zeit neigte er im-mer mehr kirchlichen Aufträgen zu für Gotteshäuser, Friedhöfe, biblische Gestalten oder kirchenhistorische Persönlichkeiten, aber auch Profanbauten. Nach seinem Tod wurde ruchbar, dass er an 22 zürcherischen, vier nationalen und zwei ausländischen Ausstellun-gen (Wien und USA) mit insgesamt 109 Werken beteiligt gewesen war. Kappeler selber war sehr zurückhaltend, legte keinen grossen Wert auf sein Renommee und war sogar gegenüber seinen Freunden verschlossen, als man über seine Schaffensperioden Nachforschungen anstellen wollte. Viele seiner Werke sind verschollen und sein Lebenswerk weitgehend vergessen. Umso wertvoller ist, dass Glarus schon seit 85 Jahren ein bedeutendes Beispiel seines Könnens besitzt. Jährlich werden im „Berggeist-Brunnen“ die Schriftsetzer, heute Polygraphen, gegautscht, das heisst nach Absolvierung der Lehre unter Wasser getunkt.
Aussergewöhnlich war das Leben des Stifters Daniel Jenny, Rain, Ennenda. Er lebte vom 11. März 1883 bis zum 23. Januar 1926, war Fabrikant, Ingenieur und Associé der Firma Daniel Jenny und Compagnie in Ennenda und Haslen. Man nannte ihn auch „Flieger-Daniel“. Er überlebte am 14. April 1912 eine turbulente Ballonfahrt mit drei Zürcher Kolle-gen wie durch ein Wunder. Nachdem diese bei zweimaligem Aufprall aus dem Korb ge-schleudert wurden, stieg der Ballon mit Jenny wieder hoch bis 5000 Meter. Nach dreistün-diger Fahrt sank der Ballon über Hochsavoyen und stürzte auf einen Nussbaum. Jenny flog raus und blieb unversehrt in einem anderen Nussbaum hängen. Nachzulesen in „Glarner Geschichte in Daten, Band III“. Auf jeden Fall gäbe es den „Berggeist-Brunnen“ in Glarus heute nicht, wäre die Ballonfahrt nicht so glimpflich ausgegangen.
Der „Berggeist-Brunnen“ erfährt in jüngerer Zeit wieder besondere Aktualität, seit die UNO 2010 zum „Jahr der Biodiversität“ ausgerufen hat. Der Appell zur Artenvielfalt Sorge zu tra-gen, ist in der Botschaft des „Berggeists“ enthalten und findet in den Wildasylen Freiberg Kärpf, Schilt und Rauti Troos gestern und heute ihre konkrete Umsetzung.
Ich danke August Berlinger, Glarus, Fritz Hösli, Riedern und Urs Noser von der Gemeinde Glarus, This Marti, Glarus, aber auch den Leuten der Landesbibliothek herzlich für ihre Tipps, Hinweise und Ermunterung, in meinem Bestreben dem Monumentalbrunnen neue Beachtung zu schenken.
Gehen Sie doch auch einmal hin und verweilen sie vor dem Mahnmal für Artenschutz, vor dem Mystischen des Berggeists und vor dem Exempel hoher Schule monumentaler Archi-tekturplastikkunst. Greifen Sie ins klare Wasser und werden Sie sich bewusst, dass Wasser der Bodenschatz glarnerischer Berge ist… oder lassen Sie sich zum eigenen Artenschutz vor Berggeist, Schnecke, Bär, Adler, Mungg und Steinbock fotografieren!
Bis bald! Ihr Pankraz
(1) publiziert in «Fridolin» Schwanden, 13. September 2012
Freitag, 16. Februar 2018
Der beste Kenner des Kapuzinerordens ist gestorben
Luzern, 13.2.18 (kath.ch) Der Schweizer Erforscher des Kapuzinerordens, Oktavian Schmucki, starb am 12. Februar im Alter von 90 Jahren nach kurzer Krankheit in Luzern. Er war 1947 dem Kapuzinerorden beigetreten und verbrachte seine letzten Jahre im Kloster Wesemlin in Luzern.
Arnold B. Stampfli
In der Schweiz war Schmucki ausser in seiner Heimat – er stammte aus Rieden im St. Galler Linthgebiet – und in Luzerns Umgebung nur wenigen bekannt. Sein Lebenswerk schuf er zur Hauptsache im Historischen Institut des Kapuzinerordens in Rom, wo er von 1956 bis 1997 gegen 350 grössere wissenschaftliche Arbeiten in vier verschiedenen Sprachen, auch in Latein, erarbeitete. In manchen seiner Publikationen steht als Verfasser schlicht und einfach «Octavian von Rieden».
Sein Hauptgebiet war die Franziskusforschung; schon seine Dissertation «Das Leiden Christi im Leben des heiligen
Franziskus von Assisi» hatte die Christusfrömmigkeit des heiligen Franziskus zum Thema.
Regelmässig in der Schweiz
Oktavian Schmucki wurde am 8. Januar 1927 geboren und auf den Namen Viktor getauft. Nach der 1947 in Appenzell glänzend bestandenen Matura trat er wenige Wochen später in den Kapuzinerorden ein, wo ihm der Name Oktavian gegeben wurde. Nach der Priester-weihe im Jahre 1952 folgte schon bald auf dringenden Wunsch des Ordensgenerals die Versetzung nach Rom. Mit seinen Angehörigen und dem Heimatdorf Rieden blieb Oktavian insofern verbunden, als er in all den Jahren seine Ferien ausnahmslos in Rieden verbrachte.
Oktavian blieb jedoch nicht ein Gelehrter zwischen Buchdeckeln. Während den vierzig Jahren in Rom und den letzten
zwei Jahrzehnten, die er wiederum im Kloster Wesemlin in Luzern verbrachte, stand er, solange es seine Gesundheit erlaubte, Sonntag für Sonntag in der Seelsorge. Diese Tätigkeit war ihm
mindestens gleich wichtig wie die ihm übertragene wissenschaftliche Arbeit.
Ein wertvoller Mosaikstein
Die wichtigsten Veröffentlichungen Oktavian Schmuckis, die sich vor allem mit der Spiritua-lität des Ordensgründers Franziskus und der Geschichte des Kapuzinerordens befassten, sind mit etwas Verspätung anlässlich des 81. Geburtstages des Ordenmannes in einer Festschrift zusammengefasst worden. Vorgelegt wurde ein stattlicher Band von über 525 Druckseiten. Auch ausserhalb des Kapuzinerordens hiess es damals, Oktavian Schmucki sei der bedeutendste Franziskusforscher geworden; mit seiner Arbeit habe er die Grund-lage für jede weitere Forschungsarbeit in diesem Bereich geschaffen.
Die Festschrift selber erarbeiteten der Kapuziner Leonhard Lehmann, Rom, und, sehr be-achtenswert, der evangelische Theologe Ulrich Köpf in Tübingen. Die Schrift wurde vor allem als einen wertvollen Mosaikstein sowohl für die Spiritualität von Franziskus wie für den 1525 gegründeten Kapuzinerorden gewürdigt. Dieser war kurz nach der Reformation durch Abspaltung von den Franziskanern gleichsam als Reformorden entstanden.
Die letzte ganz grosse Arbeit des Verstorbenen war die im Jahre 2004 erschienene Biografie über Fidelis von Sigmaringen. In seiner Zeit in Luzern hat Schmucki noch weitere bedeutende Arbeiten veröffentlicht.
Montag, 12. Februar 2018
Vor 45 Jahren starb "Schtäi-Sepp"
Dieses Jahr jährt sich sein dramatischer Tod zum 35. Mal. Er wurde abends auf offener Strasse in Netstal bei schlechten Sichtverhältnissen von einem Auto erfasst und starb tags darauf an den schweren Folgen des Unfalls im Kantonsspital Glarus. Der in der Bevölkerung bekannte und beliebte, ledige Mann war während des Frühjahrs bis Herbst bei der Gemeinde Näfels als Strassenarbeiter angestellt und hegte vor allem die "Rellenen" der Oberseetalstrasse, war auch Kiesrüster und half gelegentlich auch beim Durchforsten der Wälder im Forstdienst mit. Auch zum Ausbessern der Alpwege oder der Schottersträsschen nach Unwettern war er im Einsatz. In den Wintermonaten verdiente er sich ein paar Sackrappen als Hausierer von "Zundhölzern" und selten von "Zigerstöckli". In seiner Freizeit ging er "ins Holz", das heisst er sammelte Äste und Prügel und transportierte sie auf seinem "Rolli" ins Tal.
Ich selber war ihm als Klosterschüler und später als Student als "Hilfsarbeiter" unterstellt und begleitete ihn als "Sommerferien-Gehilfe". Er war ein humorvoller, auch zu Streichen aufgelegter "Kumpel", von dem ich einige "Anekdoten" zu erzählen wüsste.
Nach seinem Tod schrieb ich ihm den folgenden Nachruf
Josef Stein, Gemeindearbeiter
(geboren 7. Juli 1920, gestorben 7. Januar 1983)
Am Vorabend von Dreikönigen beim Zunachten wurde Josef Stein Opfer eines Ver-kehrsunfalls in Netstal. Er hatte, wohl bei etwas schwierigen Sichtverhältnissen, die Strasse überqueren wollen, gewahrte ein plötzlich auftauchendes Auto, das talein-wärts fuhr, und lief, offenbar ausweichen wollend, direkt in ein von der entgegenge-setzten Fahrrichtung nahendes Auto. Schwer verletzt verbrachte er den Dreikönigs-tag im Spital und verstarb tags darauf.
Von Fridolin Osterhazy
Nach Aussagen der Ärzte hätte Sepp Stein nur mit schweren Verkrüppelungen weiterleben müssen, denn der bedauerliche Unfall hatte ihm vom Becken bis zum Kopf schwerste Brüche und Verletzungen zugefügt. Er soll aber bis zu seinem Ableben bei klarem Be-wusstsein gewesen sein. Gemessen an den ausserordentlichen Schmerzen war für ihn der Tod eine Befreiung.
Seltene PersönIichkeit
Mit Josef Stein, im Volksmund «Schtäisepp» genannt, verschwindet aus dem Dorfbild von Näfels, vielmehr, noch aus dem Oberseetal, eine seltene Persönlichkeit, die schon wegen ihrer äusseren Erscheinung aufgefallen war. Jedermann kannte den «Schtäisepp», ob-schon er weder durch politische Ämter noch durch anderweitige Führungsrollen die öffent-liche Szene belebte. Man kannte ihn einfach: in seiner Einmaligkeit, die er sich bis zum Tode bewahrte. Nicht gross von Statur, leicht nach vom geneigt und den Kopf meist etwas schräg, eine unkonventionelle Frisur und äusserst schlicht gekleidet, stets zu einem hü-stelnden Lächeln bereit, aber mit grossen genagelten Schuhen bekleidet und meist die eine Hand im Hosensack – so schritt er mit seinem wippenden Gang durch die Welt. Er lebte sein eigenes Leben.
Die meisten Menschen begegneten ihm mit grosser Sympathie, andere behandelten ihn verächtlich. Sepp Stein wusste das und pfiff auf Normen und Werte der Zeit. Er repräsen-tierte zeitlebens jene Mentalität der Einfachheit und des Beharrens, die vor Generationen für viele Näfelser Familien, die nicht begütert waren, typisch war. In der Regel war das Dorf die Welt. Für den «Schtäisepp», der in Näfels geboren und aufgewachsen war, bedeutete vor allem das Oberseetal Arbeit, Freizeit und Leben.
Nach seinem Schulbesuch in Näfels sollte er fremdes Brot essen. Man fand für ihn einen Platz in Schwyz. Doch schon nach zwei, drei Wochen war Sepp derart von Heimweh ge-plagt, dass er zurückkehrte. Heim zur Mutter. Sie, die hagere, ernste Frau mit dem eigen-tümlichen, unnachahmlichen Gang, hatte jahrelang das Amt der „Ummäsägeri“ inne. Sie ging von Haus, zu Haus, um mitzuteilen, ein Näfelser oder eine Näfelserin sei gestorben, die Beerdigung sei dann und dann. Nachdem sie hochbetagt im 93. Lebensjahr verstorben war, sorgte für ihn seine Schwester, mit der Sepp gegen Ende der siebziger Jahre ins Altersheim zog.
Seine Karriere ist bald beschrieben. Zeitlebens war er Gemeindearbeiter. Seine Speziali-täten: Kies rüsten und Strassen pflegen. Mit seinem Kratzer hätschelte er die Rellenen, scharrte die Gräben zu, wo das Wetter solche in die Bergstrasse gefressen hatte. Nach Arbeitsschluss oder während seiner Ferien ging Sepp ins Holz, wie man sagt. Dieses schleppte er auf seinem Rolli zu Tal. Sepp kannte fast jeden Winkel des Oberseetals; nur den Rautispitz hat er nie erklommen. Das schien ihm etwas Unnützes zu sein.
„Schtäisepp“ gehörte zum Oberseetal wie der Brünneler, der Rauti, der Obersee und das Wetter.
In seiner Person ist fast alles zusammengefasst, was das Einstige und Bleibende dieses Hochtales ausmacht, unbekümmert der Veränderung der Zeit. In diesem begrenzten Kreis blieb er auch als Persönlichkeit anders als die anderen. Einen Kreis zog Sepp um sich, um sich vor den anderen abzuheben. Mit dieser Welt begnügte er sich und verteidigte sie.
Naturbeobachtung, Wetterkenntnis, Einzelgängertum bestimmten seinen Alltag. In solcher-lei Auffassung und im kleinen Freiraum seiner Arbeit fühlte er sich sicher. In dieser Welt ge-dieh seine ausstrahlende Zufriedenheit. Auch wenn er damit heutzutage kaum Prestige ge-wann oder Ansehen erntete, so war er in seiner Art ein Lehrmeister, indem er Gegebenhei-ten bejahte und in diesem Rahmen den Rank fand. Nach dem Motto: «Liäber ä Schtuudä, wo nuch ä Gäiss draab frisst; as ä Wättertannä, wo d Laui abäbutzt», ist seine Mentalität und seine Art im Genre seiner Sprüche eingefangen. Josef Stein fand auf dieser Welt seinen Platz, indem er an den Rand der Gesellschaft auswich. Dergestalt gefundene Frei-heit ist ebenso bleibend wie die Karriere des andern, der sich im Konkurrenzkampf des Er-werbslebens isoliert.
Der Fortschritt der Zeit störte die Welt des «Schtäisepp» und gefährdete ihn. Einige Jahre ist es her, als Sepp wegen einer Hunderternote überfallen wurde. Nur wenige dagegen sind es, dass Opfer der technisierten Welt geworden ist. An seiner Oberseestrasse gab es auch Autos. Aber man hörte sie von weitem oder des Nachts sah man ihr Licht. Der gute, liebenswürdige, einfache Mann ist an jener Zivilisation zerbrochen, die er zeitlebens ver-schmäht hat. Der Novembersturm fällte die Marazzani-Tanne am Wagner-Stutz; der Irrtum eines Augenblicks auf dämmriger Strasse wurde Sepp zum Verhängnis. Die Drei Könige, die vielleicht dem „Schtäisepp“ am nächsten gestanden haben, weil er ihre Initialen „+K + B + B+" am Türgericht der Alphütten immer wieder sah, waren denn auch seine letzte irdische Erfahrung. Am Tag nach Dreikönigen starb er.
Wir wollen Sepp ein schönes und gutes Andenken bewahren und sprechen seinen Ge-schwistern und Verwandten unser herzliches Beileid aus.
erschienen in: "Vaterland-Glarus", Nr. 9, Mittwoch, 12. Januar 1983 Seite 15.
"Schtäi-Sepp" in einem Sulzbodäliädli verewigt!
Die "Sulzbodenkinder" widmeten ihm nach seinem Tod in "Schtäiseppä-Liädli", Uraufführung an einer der legendären Erstaugustfeiern auf Sulzboden am 1. August 1983.
Untenstehend sehen Sie die Melodie der Mundartstrophe, am Ende des Textes den Refrain.
Hört sich fast an wie ein Kirchenlied. Die Kinder trugen es mit Inbrunst vor; denn für die meisten war Josef Stein bekannt von seinen Arbeiten am Sulzbodensträsschen.
Gesucht Bilder von "Schtäi-Sepp"
Ich suche weitere Aufnahmen von Josef Stein, die hier als Erinnerung festgehalten werden könnten. Für Feedbacks danke ich im Voraus sehr herzlich!
(Bildnachweis: www.wolfgang-rieck.de/de/programme/die_maus_im_fernrohr)
.., und noch ein rührendes Dokument als Andenken an Josef Stein.
Am 16. Januar 1983 schrieb mir seine Schwester Elisabeth, die in Schwyz wohnte und später auf dem Friedhof von Näfels ihre letzte Ruhe fand. (Elisabeth Gwerder-Stein *1926 +1994)
"Obschon ich Sie nicht kenne ein ganz herzliches Vergelts' Gott für Ihre trostreichen Worte und Begegnungen von einst mit unserem lieben Bruder Josef. Es hat uns aufrichtig gefreut. Der überstürzte Tod hat uns alle drei Schwestern sehr betroffen, im Stillen hatte er grosse Werte, wenn (es) auch nach aussen nicht erkannt wurde. Wir hätten dem lieben Bruder einen leichteren Tod gewünscht als so elend am ganzen Körper zerdrückt zu werden.
Gott hat ihn nun seinen qualvollen Schmerzen erlöst und möge der liebe Josef des Him-mels Frieden geniessen. Leider konnten wir ihn nicht mehr lebend sehen. Zwei Stunden vor unserer Ankunft in Glarus war er gestorben. Aber ein seliges Lächeln in seinen Zügen trö-stet uns. Es war scheint's im "Vaterland" ein schöner Nekrolog. Ist er von Ihnen?
Haben Sie vielen Dank. Freundliche Grüsse. Geschwister Stein.
Frau Elisabeth Gwerder-Stein, 6438 Ibach."
In einem späteren Schreiben schrieb mir Frau Elisabeth Gwerder-Stein u.a. "Josef liebte seine Bergwelt und überhaupt Näfels. Als vor drei Jahren wegen eines Streifschlags von Schwester Ida der Umzug ins Altersheim notwendig wurde, sagten wir zu ihm, wenn es nicht anders gehe, solle er doch zu uns nach Schwyz kommen. Er sagte unter Tränen, Näfels kann ich nicht verlassen, dies wäre mein Tod.,..."
Ein kleines Zeugnis seiner Heimatliebe zum Ort, an dem er geboren wurde und in dem er sein ganzes Leben verbracht hat.
In der Genealogie ist "*Schtäi-Sepp" wie folgt eingetragen:
Gestorben 1983 Jan.7. in Glarus: STEIN Josef Johann, ledig, von Jona SG, wohnhaft gewesen in Näfels, * 1920 Juli 7. Vide Lebensgeschichte in der Presse ! (Stei-Sepp)
Die erwähnte Schwester Ida wie folgt:
Gestorben 1997 Dez.19. Stein Ida, von Jona SG, geb. 15. März 1924, wohnhaft gewesen in Näfels.
Im Totenbuch des Pfarramtes Näfels ist folgender Vermerk zu finden:
Stein Josef Johann (genannt "Stei-Sepp"),
geboren 7.7.1920, getauft am 10.7.1920, beides in Näfels;
Parentes: Stein Johann Josef, Böni Maria Elisabetha;
Locus Originis: Jona SG;
Locus Domicilii: Näfels Altersheim;
Dies Obitus: 7.1.1983 Glarus; Dies Sepulturae: 11.1.1983 Näfels;
Notae: vom Auto überfahren
(Walter Rentsch sen. widmete mir zwei von ihm gezeichnete Karikaturen von "Schtäi-Sepp", die er in seinem Brief an mich vom 18. August 1983 erwähnte, er habe diese in seinem "Hüttenbuch" auf Ällenboden verewigt. Leider vermisse ich die beiden "Erinne-rungen" von Walter Rentsch sen., der als "Schlangenfänger vum Älläbodä" in die Obersee-talgeschichte eingegangen ist.)
Die Jahreszahlen der Familie Stein
Vater Johann Josef Stein
Mutter: Maria Elisabetha Stein-Böni
Josef Stein 7.7.1920 bis 7.1.1983, Näfels
Ida Stein 1924-1994, Näfels
Elisabeth 1926-1994, Ibach-Schwyz
Lydia Aregger-Stein 5.11. 1930-2012, Landauerstr. 1, 4058 Basel, weggezogen am 25. März 1997 neue Adresse: Am Stausee 3, 4127 Bisfelden. Auf ihren Namen war die Wohnung in Birsfelden vom 1.3.1997 bis 31.7.2012 vermietet; sie starb am 20. April 2012.
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Kleine «Müschterli» rund um den «Schtäi-Sepp»
Müsterli 1:
«Schtäi-Sepps» Ferienvergnügen : «i ds Holz»
Sommer im Oberseetal. Ich war mit meiner Familie wie stets auf Sulzboden ein paar Wochen in den Sommerferien. Zum obligaten Vormittagsprogramm gehörte eine kurze Fahrt zum «Obersee»-Bergrestaurant an den «Stammtisch» oder zum Zeitung lesen auf der Terrasse.
Als ich von der «Waage» gegen den «Springbrunnenrank» fuhr, kam mit «Schtäi-Sepp» mit Rolli und Rücksack entgegen. Mitten auf der Strasse. Ich hielt an, rollte die Scheibe her-unter und meinte zu Sepp, der seitlich an den Strassenrand ausgewichen war:
«Hoi, Sepp – wänn-d’ um diä Ziit mit-em Rolli chundsch, häsch sicher Feri!?»
«Hihi, hoi Fritz, hihi, jaja – häsch rächt. Chaa nuch ä paar Feritääg iiziäh.»
«Und etz hausch-es ids Holz?»
«Hihi, jaja, ha da nuch ä paar Brügel uuf d Siitä tuä, diä hol-i iätz!»
«Jää, wettisch bi dem schüünä Wätter nüd ächlä uffä Rautischpitz und die schüü Uussicht
gnüüssä!»
«Nää-ba! Was söl-ich uffem Rauti obä?! Dett obä hätt’s kä Chnebel zum Zämänih!»
«Wettisch dä nüd liäbä ä chlä ä d Riwieeraa, anä Schtrand gu liggä und sünnä und
schüüni, halbä blutti Fräuläin aaluägä?»
«Hihi, nää – tumms Züüg! Da muäs-i nüd ä d Riwieeraa, das chaa-n-i im Schwimmbedli im
Schtaafel hindä-n-au! Hi,hi!»
Sprach’s und ging weiter mit verschmitztem Gesicht und noch anhaltendem Lachen. «Hi..hi..hä..hä!
Müsterli 2:
Dr Mantel hebet p Bräämä-n-au aab!
Sommerferienzeit. Hochsommer. Die ganze Equipe des Forst- und Strassendienstes ist aufgeboten, hin den «Brüglen», das ist das letzte Strässchenstück zwischen dem schmal-stämmigen Schwarz-Erlen-Wäldchen (das man auch «i dä Brüglä» nennt) und der ersten Staafelbrücke, wo der Weg sich teilt, rechts nach Brumettlern-Ahornen, links zur Staafelalp.
Das Gebiet oberhalb des Strässchens, das damals noch nicht geteert, nur gekiest war, war rutschiges Gebiet. Die sumpfige magere Wiese drohte unmerklich talwärts zu rutschen und füllt den Strassengraben auf der Bergseite ständig mit einer lehmartigen Masse zu, so dass das Wasser nicht mehr ablaufen konnte.
Der Auftrag lautete, die verschüttete Strassenrinne wieder auszuschöpfen und wieder her-zustellen. Das Ausstechen der zähen, lehmhaltigen, breiigen Masse war sehr anstrengend und schweisstreibend. Kam dazu, dass die Hochsommer-Sonne unerbittlich niederbrannte.
Im Team war Müller-Elber Fritz «Müller-Elberli-Fridel», MüllerJohann «Nazi-Schang», Josef Landolt sen. und iun «der alt und jung Gäisser-Sepp», Stein Josef «Schtäi-Sepp» und meine Wenigkeit als Klosterschüler, der in den Ferien ein paar Sackrappen verdienen konnte.
Zur mörderischen Hitze gesellte sich eine lästige Bremsenplage, «Bräämä» im Volksmund, die sich darauf spezialisieren, schwitzende menschliche Körper anzufliegen, sich niederzu-setzen und mit ihren Klemmen und Rüsseln Blut zu saugen. Die meisten warfen ihre Ober-bekleidung ab und arbeiteten in Überhosen, hohen Schuhen und in einem Leibchen oder gar baren Oberkörpers. Dadurch wurden sie erst recht zu Zielscheiben der lästigen «Brää-menviechern». Wer immer konnte, schlug die Plaggeister mit der Hand tot oder ver-scheuchte sie mit raschen Handbewegungen, worauf diese nach kurzem Tanzen um den Körper erneut wieder mit dem «Blutsaugen» fortfuhren.
«Nazi Schang» wurde von allen am meisten wütend und sackerte: «Ihr Schwiibräämä! Mached as’r zum Tüüfel chänd! Ihr mäinedä Schwiichäibä!». Den andern ging es nicht viel besser. Schweiss abwischen, «Bräämen vertscheugen», Lehm stechen, die volle Lehm-schaufel über das Strassenbord kippen und den Lehm abwerfen… so ging das in mühsa-men Rhythmus. Nur einer schien zufrieden und vergnügt: «Schtäi-Sepp». Während sich die andern immer mehr der Kleidungsstücke entledigten, grinste Sepp fast etwas schadenfroh «Hi, hi, hä, hä!» Statt auch seine etwas zerlumpte Jacke abzuwerfen, holte er sich sogar noch einen Mantel. Er zog sich diesen über und arbeitete weiter.
Die andern belustigten sich über das seltsame Verhalten, bei der Mörderhitze sogar noch einen Mantel überzuziehen… und gewissermassen noch mehr zu schwitzen als ein Müli-ross.
Plötzlich spottete einer: «Hee, Sepp, häsch nüd ächlä waarem i diim Mantel innä?»
«Schtäi-Sepp» lachte breit: «Hi, hi, hä, hä! Deer Mantel hebet p Bräämä gad schüü besser aab, as üüers Gfuchtel! Hi, hi, hä, hä!»
Das Lachen der andern verstummte; Sepp hatte nämlich recht….
Müsterli 3:
Die knurrenden «Bären» beim Rütiberg-Weiher
Zwischen «Brand» und «Aeschen» zieht sich die «Rüütigasse» in leichter Schlangenlinie und nur leicht ansteigend bergwärts.
Dort, wo das Schwänditalsträsschen gegen den «Arschwald» und die «Bränden» abzweigt, und die Oberseetalstrasse gerade weiterführt, ist der «Rütiberg-Weiher», ein betoniertes Sammelbecken, das die Wasser sowohl vom Obersee- wie auch vom Schwänditral auffängt und dann dem Elektrizitätswerk talwärts zuleitet. Auf der Südseite der Strasse – vis-à-vis dem Weiher befand sich eine Stelle zum Kiesrüsten. Vom Abhang wurde Gletscherkies abgebaut, durch ein Sieb geworfen. Das Kies auf der andern Seite des schräg aufgestellten Siebs wurde mit Garetten weggeführt und auf einem pyramidenförmigen Haufen aufge-schichtet. Später wurde dieses Kies mit Jeep und Anhänger abgeholt und zu den Ausbes-serungsstellen der Oberseestrasse geführt, wo man die Unwetterschlaglöcher füllte.
Zeitweilig war auch ein «Steinbrecher» aufgestellt, ein füchterlich lautes Gerät, in das man oben Steine einfüllte, die durch sich ständig knarrende und knotzernde gusseisene Backen zertrümmert und zerkleinert wurden. Unter kamen die zu Schotter zertrümmerten Steine wieder heraus. Auch dieses Kies wurde für den Strassenbau ausgebracht und war wegen seiner groben Machart für Motorradfahrer und Velofahrer nicht ungefährlich.
Kurzum, wir war zu zweit beauftragt: Kies zu rüsten einerseits und Steine durch den Stein-brecher zerkleinern zu lassen anderseits. Der unangenehm lärmige, quietschende und knallende Steinbrecher war eine Zumutung; nach kurzer Zeit bekam man vom Lärm Kopfweh.
«Schtäi-Sepp», als der Erfahrene, war der «Chef», ich sein Hilfsarbeiter, der ihm mit Pickel und Schaufel und der Garette zudiente, er packte die Garette mit seinen kräftigen Armen und fuhr sie auf einem Brett auf den Kieshaufen, kippte sie auf der obersten Stelle, so dass das Kies wieder so abrollte, dass mit der Zeit die Pyramide wuchs und wuchs.
In einer «Steinbrecher»-Pause hörten wir Gelächter, Kinderstimmen und zwischendurch Singen. Als wir bergstrassabwärts spähten, sahen wir von weitem ein ganzes Rudel lusti-ger, halb wüchsiger Mädchen, offensichtlich Blauring-Mädchen, die sich mit fröhlichem Lärm unserem Arbeitsplatz näherten.
«Schtäi-Sepp» stutze einen Moment, kratze sich am Kinn, da grinste er breit: «Hee, de Mäitli möm-mer ä chlä verschreggä! Wäisch waas, mer verbäärged üüs hindärem Chiis-huuffä und wänn-si chänd chnure-mer we zwee Höhläbäärä!, Machsch mit!» Natürlich war ich im Klosterschulalter und damals noch mitten in der Pubertät für solche Schandtaten sofort bereit.
Wir versteckten uns hinter dem Kieshaufen und erwartete die ahnungslosen Mädchen. Als sie den Kieshaufen passierten, begannen wir lautstark zu knurren und brummen so laut wir nur konnten. Im Mädchenrudel brach ein mehrstimmiger Schrei aus und spitzige langanhal-tende Töne, die man in der Mundart «Wiichsen» oder ein «Gewiichs» nennt, drangen ohrenbetäubend durch Mark und Bein. Der Schrecken schien den Mädchen in die Glieder zu fahren, sie brachen in Panik aus.
Als dann «Schtäi-Sepp» noch mit seinem Strubelkopf, Stoppelbart und Spitzenhut mit er-hobenen Händen wie ein Gorilla hinter dem Kieshaufen nach vorn stürmte, wiederholte sich das Gekreische einfach x-mal lauter als vorher. Wie eine Schar flatternder Hühner flohen die armen Mädchen panikartig bergwärts und verschwanden keuchend um den Rütiberg-rank.
«Schtäi-Sepp» zeigte alle noch vorhandenen Zähne und keuchte und lachte mit diebischer Schadenfreude. «Ä denä häm-mer’s zuäiget, hä!!»
Die Blauringmädchen dürften aber ihrer Lebtag noch davon erzählen, sie seien im Ober-seetal dem leibhaftigen Teufel begegnet…
Müsterli 4
"Schtäisepp - äimaal im Jahr z Basel"
"Schtäi-Sepp" hatte drei Schwestern: Elisabeth, Lydia und Ida. Elisabeth war in Schwyz verheiratet (Mutter der damals bekannten Fernseh-Nachrichtensprecherin Marie Therèse Gwerder), Lydia, die in Basel verheiratet war und Ida, die mit Sepp in Näfels bei den Eltern lebte, zuerst im "alten Letzhaus", später im Haus neben Julius Schwitter-Kappeler, am Löwengässlein.
Item - einmal im Jahr, so erzähle mir Sepp einmal bei Speck und Brot in der Znünipause am Strassenrand habe er jeweils seine Schwester Lydia und deren Familie in Basel be-sucht. Ob er den keine Probleme bei der Fahrt mit Umsteigen und nachher Suchen in der Stadt Basel gehabt hätte, wollte ich vom höchst selten reisenden Sepp wissen.
"Nää, mit dä Jahrä han-i dä schu afed gwüsst, woo druä."
Erstens habe ihm seine Schwester alles auf einem Zettel aufgeschrieben, zweitens habe man ihm beim Billet-Lösen auf dem Bahnhof Näfels genau erklärt, wo er überall umsteigen müsse und drittens nehme er jeweils vor dem Bahnhof im Basel das Tram "Nr. 14" und
frage jeweils den Tramführer, bei welcher Station er auf den Knopf drücken müsse. Die Tramführer seien immer stets sehr freundlich gewesen.
Die Familie der Schwester Lydia wohne in einem Block. Als er jeweils geläutet habe, habe sie in freudig empfangen, aber von ihm verlangt, dass er sofort ins Badezimmer gehe, um sich dort gehörig zu baden. Sie sei ihm dabei behilflich gewesen; danach habe er sich gefühlt wie ein Fürst!
Durch diese Episode wurde also bekannt, dass sich "Schtäi-Sepp" mindestens einmal im Jahr gebadet habe... und zwar bei seiner Schwester in Basel.
Müsterli 5
"... daas mach-i etz jedes Jahr ämaal!"
Und wie eine Fortsetzungsgeschichte hört sich die folgende Episode an. Als "Schtäi-Sepp" nach dem Tod der Eltern mit Schwester Ida zusammengewohnt hatte, wurde Ida von einem Streifschlag getroffen und wurde pflegebedürftig. Sie wurde zum Pflegefall und deshalb uns Alters- und Pflegeheim Letz eingewiesen. Für den dadurch allein hilflose Sepp wurde auch gesorgt, indem auch er einen Platz im Altersheim erhielt. Doch - wie schon aus der vorigen Geschichte hervorgeht - war Sepp kein Freund übermässiger Körperhygiene und wie man im Volksmund sagt eher etwas "wasserschüüch".
Bei der Aufnahme ins Alterheim musste er sich einer gründlichen Körperreinigung unterzie-hen und wurde von einer herzhaften Pflegerin wacker geschrubbt, geduscht, gebadet, frot-tiert, eingecrèmt, frisch gekämmt und rasiert..
Nach überstandener Prozedur wieder auf den Beinen, soll sich Sepp gerüttelt und ge-schüttelt und voller Begeisterung ausgerufen haben: "Uaaa! Daas hätt etz schu-nuch ä-n-eeländi güäti tuä! Daas mach ich etz-dä all Jahr ämaal!!!"
Gemäss neuesten News von Hans Glaus, ehemaliger Gemeinderat in Netstal und ehe-maliger Klosterschüler in Näfels (95-jährig) soll die Familie Stein ursprünglich in Schänis in einem kleinen Häuschen gewohnt haben. Demnach hätte "Schtäisepp" seine Kindheits-jahre in Schänis verbracht. (So 25.02.2018)
Marie Thérèse Gwerder, Nichte von "Schtäi-Sepp"
"Sie war das "TV-Schätzchen" der achtziger Jahre. Sie arbeitete lang als Ansagerin für das Schweizer Fernsehen und versüsste Millionen von Zuschauern die Sendung. Als sie 1989 auf dem Karrierehöhepunkt ist, beschliesst sie nach Amerika auszuwan-dern. Sie will sich ihrem nächsten Ziel widmen: Schauspielerin. Acht Jahre später ist Gwerder zurück in der Schweiz. Single und ohne sich den Traum von der Schau- spielerei zu erfüllen. Zurück in der Heimat arbeitet sie bei Bally in der PR-Abteilung. Laut eigener Aussage will sie selbst kein Star mehr sein, sondern einfach nur noch Privatperson."
aus:
www.blickamabend.ch/promi-news/tv-schaetzlis-in-diese-frauen-waren-wir-verliebt-id3454931.html
4. Februar 2015, aktualisiert 19. April 2016, abgerufen am 3. März 2018
Montag, 29. Januar 2018
"De König vo Näfels"
Nicht zum ersten Mal höre ich von dieser "Verewigung" des Dorfnamens "Näfels" in einem Volksmusik-Instrumentalstück und zwar meisterhaft gespielt!
Am letzten Samstag traten die "Hujässler" in der SRF-Sendung "Potzmusig" auf und erfreu-ten mit "De König vo Näfels" die Zuschauer.
Mittlerweile ist das Stück ab dem 29. Januar 2018 auf Youtube zu hören:
Bereits am 17.11.2017 wurde das Stück als Siegerstück vom HD Marti-Odermatt auf YouTube veröffentlicht.
Eine erste Spur fand ich mit einem Telefon bei Jerome Kuhn. Er wusste, dass das HD Marti-Odermatt am Nachwuchswettbewerb in Huttwil 2016 als Sieger hervorgingen. Olivier Marti und Siro Odermatt bildeten das Handorgelduo aus Spiez. Am Kontrabass begleitete sie Andy Schaub. Damals spielten sie erst ein Jahr zusammen, vermochten aber die Jury von ihrem hohen Talent zu überzeugen. Gewonnen haben sie mit "De König vo Näfels". Komponiert haben soll dieses Siegerlied Markus Flückiger, auch ein Tausendsassa in der Volksmusikszene.(1)
Der Volksmusik-Allrounder seit dem 6. Lebensjahr und Schwyzerörgeli-Spieler stellte sich auf eigener Homepage vor (2). Er ist auch Dozent für Schwyzerörgeli an der Musikakademie Luzern. Uraufgeführt sei "De König vo Näfels" von den Hujässler. Ich werde ihm nachstellen und ihn nach den Hintergründen des "De König vo Näfels" fragen.
Mittlerweile habe ich mitgeteilt erhalten, dass die Idee zum "König vu Näfels" an einer Ländlerweihnacht im SGU (lintharena) in Näfels aufgekommen ist und dass sich aus froher Festestimmung heraus bewegt fühlte, dieses Musikstück zu schaffen. Gewiss bringe ich noch heraus an welcher Ländlerweihnacht es gewesen ist.(4)
Nun fand ich auch das Herausgabedatum und die entsprechende CD.
www.cede.ch/de/music/?branch=1&aid=109685566&view=detail
(Cover und Inhalt siehe weiter unten)
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(1) www.srf.ch/radio-srf-musikwelle/volksmusik/folklorenachwuchs-2016-das-finale
(2)www.markusflueckiger.com/%C3%BCber-mich/
(3) www.markusflueckiger.com/projekte/hujässler/
(4) Email-Korrespondenz mit einem der Musiker.
Diese CD ist am 8. Mai 2015 erschienen,
Sie beinhaltet 19 Stücke.
Das erste Stück ist:
"De König vo Näfels"
und dauert 3'44"
Die Inhalte der CD:
1 De König vo Näfels 3:44 |
2. Schwedenhappen 4:02 |
3 Abschied 4:43 |
4 Freitag der 18te 2:49 |
5 Kari Melk Toni's Seffi 3:10 |
6 Ländlerei 3:16 |
7 Suppegmües 4:39 |
8 Salome 3:12 |
9 Dädä Gogo Bumbum 2.24 |
10 Ysestängele und Steiäffle 2:59 |
11 Chli giftig 2:22 |
12 Mängisch 3:46 |
13 Gläslein füll dich, Tischlein deck dich 3:24 |
14 Im Gibelwald 6:33 |
15 Goldseeli 5:04 |
16 Stärnegottgrüeziabenand 3:53 |
17 Blick uf e Urnersee 3:54 |
18 s'chunnt guet 4:38 |
19 Ekkehart und Erwin müssen noch nageln 6:09 |
Hujässler
Dani Häusler Reto Kamer Markus Flückiger Sepp Huber
Seewen SZ Galgenen SZ Schwyz Benken SG
Sonntag, 28. Januar 2018
Oswald Heer Preis geht an Amane Tajika
Kreidefossilien im Alpsteingebiet erforscht
Preisverleihung im Glarnerhof Glarus
(Samstag, 27. Januar 2018 14 Uhr)
Das Alpgebiet gilt nicht unbedingt als Eldorado für Fossiliensammler. Sowohl
in der älteren als auch in der neueren Literatur finden sich nur wenige Hin-
weise auf Fossilen oder deren Fundstellen. Einen auufsehenerregenden Bei-
trag leistet nun Amane Tajika, der bei Professor Dr. Christian Klug doktorier-
te, mit seiner intensiven Erforschung der Kreidefossilien im Säntisgebiet. Er
konnte dabei auch auf leidenschaftliche Sammler zurückgreifen.
Für seine Arbeit wurde ihm der Oswald Herr-Preis verliehen. Dieser Preis
wird seit 2016 alle zwei Jahre an junge Wissenschaftlerinnen und Wissen-
schaftler verliehen, die in der Schweiz in den Forschungsgebieten des Glar-
ner Oswald Heer (1809-1882) arbeiten. Das Preisgeld wurde vom Walters/
Wild-Fonds gestiftet.
Der Preis wurde am vergangenen Samstag im Glarnerhof in Glarus über-
geben.
Fridli Marti, Präsident der Naturforschenden Gesellschaft des Kantons
Glarus war Gastgeber (auch für den Historischen Verein des Kts. Glarus)
und leitete die schlichte Feier.
Es sprachen:
Prof. Dr. Conradin Burga, auf dessen Initiative der «Oswald-Heer Preis» in
Leben gerufen wurde,
Prof. Dr. Christian Klug, der den Preisträger vorstellte und
Dr. Amane Tajika, der seine Forschungsarbeit und -ergebnisse in Wort und
Bild vorstellte.
Ulrica Blumer-Vital, Mezzosopran und Prof. Dr. Conradin Burga, Piano,
umrahmten den Anlass musikalisch.
Noch in diesem Frühjahr wird im Appenzeller Verlag, Schwellbrunn, das
Standardwerk «Fossilien im Alpstein – Kreide und Eozän der Nordost-
schweiz» im Grossformat erscheinen, herausgegeben von Peter Kürsteiner
und Christian Klug. 24 Autoren – darunter auch der Preisträger Amane
Tajika – beschreiben auf 350 Seiten und mit 1000 Fotos alle bisher be-
kannten Fossilien im Alpstein. F. O.
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Oswald Heer-Preis
(Statuten)
1. Zweck
Zum Gedenken an den grossen Glarner Paläontologen, Botaniker und Entomologen und zur Ehrung der Gründerpersönlichkeit Oswald Heers (1809-1883) wird der Os-wald Heer-Preis zur Auszeichnung von wissenschaftlich hervorragenden Arbeiten von Schweizer Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen und solchen, die in der Schweiz tätig sind, aus den Forschungsgebieten Oswald Heers verliehen. Oswald Heer gilt als einer der Begründer der Tertiär-Paläontologie der Pflanzen und Insekten der Nordhemisphäre sowie als Pionier der Pflanzen- und Insektengeo-graphie der Schweizer Alpen.
2. Federführende Gesellschaft
Schweizerische Paläontologische Gesellschaft
3. Tragende Gesellschaften
Naturforschende Gesellschaft des Kantons Glarus
Historischer Verein des Kantons Glarus
Naturforschende Gesellschaft in Zürich
Schweizerische Botanische Gesellschaft
Schweizerische Geologische Gesellschaft
Schweizerische Akademie der Naturwissenschaften scnat
Schweizerische Gesellschaft für die Geschichte der Medizin und der Naturwissenschaften (SGGMN)
4. Delegierte und Preiskomitee
Jede der oben genannten Gesellschaften ist durch eine(n) Delegierte(n) vertreten; den Vorsitz führt der/die Präsident(in) bzw. ein Vorstandsmitglied der Schweizeri-schen Paläontologischen Gesellschaft. Diese Delegierten bilden das Preiskomitee, das die eingegangenen Bewerbungen für den Oswald Heer-Preis sammelt, diese nach wissenschaftlichen Kriterien von Fachleuten beurteilen lässt und den Entscheid zur Preisverleihung trifft.
5. Vergabekriterien
Der Oswald Heer-Preis wird alle 2 Jahre an eine(n) junge(n) Schweizer Wissen-schaftler(in) bzw. eine(r)(m) in der Schweiz tätigen Wissenschaftler(in), welche(r) zum Zeitpunkt der Bewerbung maximal 35 Jahre alt sein darf, für hervorragende Arbeiten, publiziert maximal zwei Jahre vor dem Jahr der Preisausschreibung, auf den unten unter „6. Auszuzeichnende Fachgebiete“ aufgeführten wissenschaftlichen Disziplinen vergeben. In Anbetracht der Herkunft Oswald Heers aus dem Kanton Glarus sind wissenschaftliche Arbeiten von Glarnern und Glarnerinnen sowie Arbei-ten über einen Forschungsgegenstand aus dem Glarnerland unter Berücksichtigung der für alle Bewerbungen gleich geltenden wissenschaftlichen Qualitätskriterien bei der Preisvergabe vorzuziehen.
6. Auszuzeichnende Fachgebiete
Paläontologie (insbes. Paläobotanik), Flora der Alpen, insbesondere der Schweiz, Evolutionsbiologie der Pflanzen und Tiere, Wissenschaftsgeschichte der oben er-wähnten Fachgebiete mit Bezug zur Schweiz.
7. Gestiftetes Preisgeld
Die Preissumme beträgt maximal CHF 2000.-- und wird jeweils vom Preiskomitee festgelegt. Das Preisgeld wird in einem Fonds aus verschiedenen Quellen geäufnet. Das entsprechende Bankkonto wird durch die Naturforschende Gesellschaft des
Kantons Glarus geführt.
8. Durchführung der Preisvergabe
Die Preisausschreibung für den Oswald Heer-Preis erfolgt alle zwei Jahre über die beteiligten Gesellschaften und an Schweizer Hochschulen in hierfür geeigneten Me-dien mit den verlangten Bewerbungsmodalitäten und dem Einreichungstermin.
Das Preiskomitee unter dem Vorsitz des Präsidenten/der Präsidentin der Schwei-zerischen Paläontologischen Gesellschaft sichtet alle Bewerbungen und nimmt eine engere Wahl vor. Anschliessend wird daraus vom gesamten Preiskomitee der/die Preisträger(in) bestimmt und dazu die entsprechende Urkunde erstellt. Der/die Preisgewinner(in) ist darüber schriftlich zu benachrichtigen.
Der Preis besteht aus (1) dem Preisgeld, (2) einer Urkunde und (3) einem Buch-exemplar zur Biografie über Oswald Heer (C.A. Burga, Hrsg. 2013: Oswald Heer 1809-1883. Paläobotaniker, Entomologe, Gründerpersönlichkeit. NZZ Verlag Zürich, ISBN 978-3-03823-747-1. Soweit erhältlich).
9. Feier zur Preisübergabe
Die federführenden Gesellschaften organisieren die Feier zur Preisübergabe, welche in der Regel im Glarnerland, ausnahmsweise auch im Rahmen einer wissenschaftli-chen Veranstaltung, wie z.B. das Swiss Geoscience Meeting der scnat, stattfinden soll. Die Vorstellung der auszuzeichnenden Person und die Laudatio zu ihrer einge-reichten Arbeit erfolgt durch ein Mitglied des Preiskomitees oder einer vom Preis-komitee bestimmten Fachperson. Über die Preisverleihung soll in einer hierfür ge-eigneten Form berichtet werden.
10. Schlussbestimmung
Im Fall der Auflösung des Oswald Heer-Preises geht der Buch-Saldo des Preisgeld-Fonds in den Besitz der Naturforschenden Gesellschaft des Kantons Glarus über.
Zürich, 24. November 2016
Für die Schweizerische Für die tragenden
Paläontologische Gesellschaft Gesellschaften
Christian Klug Conradin A. Burga
Fotos:
(lnks) Prof. Klug: www.nagra-blog.ch/2016/03/14/ammoniten-faszinierende-meeresbewohner-aus-der-vergangenheit/
(rechts) Prof. Burga: www.glarus24.ch
Oswald Heer (1809-1883)
Grosser Glarner Wissenschaftler
Seine Jugendjahre verbrachte er in Matt und ent-deckte früh seine Faszination für die Tier- und Pflanzenwelt. Obwohl studierter Theologe trat er keine Pfarrerlaufbahn an, sondern wurde für die Universität Zürich, später für die ETH Zürich, ein weltweit wirkender Wissenschaftler.
Früh wurde er Direktor des Botanischen Gartens "Zur Katz". Einige Jahre war er im Zürcher Kan-
tonsrat. Heers Vermächtnis ist gewaltig. Er korres-
pondierte mit über 600 Wissenschaftlern in aller
Welt und gab faszinierende Standardwerke her-aus. Hauptwerk: "Flora fossilis arctica - Die fossile Flora der Polarländer". Schon vorher erschienen
drei Bände "Flora tertiana Helvetiae" mit 720 Pflanzenbeschrieben der Schweiz. Heer hatte zahlreichen Briefwechsel mit Charles Darwin und machte kritische Anmerkungen zu dessen umstrittenem Buch
"The Origin of Species". Heer wurde international mehrmals ausgezeichnet u.a. mit der englischen Royal Medal. Auf Spitzbergen wurde ein Landstrich nach ihm "Heer-Land" benannt. Belesene Glarner
ken-nen sein 665-seitiges Werk "Der Kanton Glarus", das er mit J. J. Blumer herausgab.
Erinnerungbild Oswald Heer-Preis-Verleihung 27. Januar 2018 in Glarus
Preisträger Dr. Amane Tajika mit der Preisurkunde und dem Standardwerk über Oswald Heer, flankiert von Prof. Dr. Conradin Burga, links, und Prof. Dr. Christian Kurz, rechts.
Hintere Reihe v. l. n. r. : Kantonsschule-Rektor Peter Aebli, Vertreter der Waltrers/Wild-Fonds-Stiftung, Prof. Dr. René Hantke und Dr. Fridolin Marti, Präsindent der Naturforschen-den Gesellschaft Glarus (NGG). (Foto: NGG)
25. Januar 2018
In memoriam
Bertram Hauser-Schaupp (1939-2017)
Ausführliche Würdigung
Bertram und seine Grossvater waren anwesend
Als sich eine grosse Trauergemeinde eingefunden hatte und die Dixieband «Zigerhorns» mit «Just a closer walk with Thee», einem langsamen traditionellen Gospelsong, von der Empore aus den Trauergottesdienst eröffnete, hatte man den Eindruck die «Welt» erfülle die Hilariuskirche Näfels. Vorne zog Br. Gottfried, Guardian des Klosters, den Vorhang zur «Ewigkeit» auf. Dazwischen beim Taufstein stand die Urne des unvergleichlichen Bertram Hauser.
Dazu kam eine Premiere: Neben Bertrams Urne stand die geschnitzte Krippenfigur des Krätzenträgers mit Kräutern und Tee von Johann Alois Landolt (Schang Landolt), der vor 105 Jahren verstorben war. Die Näfelser Krippe ist eine Stiftung seiner Witwe Regina Lan-dolt-Landolt, Bertrams Grossmutter. Bertram Hauser hat die Krippe fotografisch für das Familienarchiv festgehalten.
Und als einem «Some of these days» von Shelton Brooks unter die Haut gingen, zog das Leben Bertrams in den Herzen und Köpfen noch einmal vorbei.
Mehrjährige Leidenszeit
Seine letzten rund sieben Jahre waren ein ständiges gesundheitliches Auf und Ab. Am einen Tag zwangen ihn Schmerzen zur Bettruhe und starken Schmerzmitteln, am anderen fuhr er im Sportwagen «Morgan» über Land.
Ich kenne kaum einen Unternehmer, der so intensiv gelebt, so vielseitig Lebenfreude und Optimismus ausgestrahlt hat und dennoch ein einfacher, sympathischer und zugänglicher Mensch geblieben ist.
Bertram Hauser, unser jüngster im Klassejahrgang, geboren am 20. November 1939, ge-storben am 18. Dezember 2017, war wohl einer der lebhaftesten, humorvollsten und ein-fallsreichsten Lausbuben unserer über 60 Mitschüler.
Aufgewachsen im Haus «Zur Wegwarte»
Er wuchs auf in der «Wegwarte», dem ganz besonderen Holzhaus an der Bahnhofstrasse, unweit des Mühlebachs, als Sohn von Eugen und Regina Hauser-Landolt.
Der Vater war eine starke und einflussreiche Persönlichkeit: Kaufmann und Mitinhaber der Firma Landolt, Hauser und Co., im Volksmund «Teegeschäft und Gewürzmühle», in der Öffentlichkeit als Kirchenvogt, Kirchenpräsident, Schatzvogt beim «Neuen Schatz», Initiant des «Glarner Volksblattes», Mitwegbereiter der Seidendruckerei Mitlödi, Mitbegründer der Pfadi «Rauti», Augenscheinrichter und Oberrichter und anderes mehr.
Die Mutter war Regina, Tochter des Teegeschäft-Gründers Jean Landolt. Sie war eine her-zensgute Frau, die Seele der Familie. Sie kümmerte sich, trotz hervorragender Ausbildung, ausschliesslich um Haus und Familie mit neun Kindern. Bertram war durch ihre gemütvolle, fantasiereiche Art geprägt und verehrte sie seiner Lebtag. Er wuchs als zweitjüngster mit Regina, Claudia, Marie-Theres, Eugen, Patricia, Andrea, Elisabeth und Lucia auf.
Schule in Näfels – Welschland – Drogist und Fotograf
Nach dem Besuch der Dorf- und der Klosterschule und zwei Jahren Collège St-Michel Fribourg, absolvierte Bertram eine vierjährige Lehre als Drogist in der Apotheke Reding, Glarus. Es war die letzte Lehre dieser Art im Kanton; denn die Ausbildung war ganzheitlich. Pillen, Salben und Tinkturen mussten im eignen Labor hergestellt werden. Er blieb in der Apotheke noch ein Jahr über seinen Lehrabschluss hinaus, nahm dann in Rupperswil eine Stelle als Drogist an. Da-neben bildete er sich zum vorzüglichen Fotografen aus, eine Fertigkeit, die er lebenslang pflegte..
Rückruf ins Famlienunternehmen - Kreativer Alleinunternehmer
Doch schon bald musste Bertram ins Familienunternehmen eintreten und war bereits 1962 – mit 23 Jahren – Alleinbesitzer. Sein innovativer Geist und seine Begeisterungsfähigkeit führten zu einer Konsolidierungsphase des Unternehmens mit dem Fabrikgebäude beim Bahnhof, der Gewürzfabrik im Schärhaufen und später mit der «Gewürzmühle» im Ober-erlen, dem Bürohaus im Haus des einstigen Zahnarztes Perl an der Molliserstrasse wie auch mit den später eingemieteten Gebäuden der ehemaligen Fensterfabrik Müller. Unter seiner Ägide wurde eine zeitgemässe Produktepalette erarbeitet und ständig Neues kreiert. Er wurde zum gefragten Fachmann für Aroma- und Gewürze. Dieses Wissen gab er in vielen Referaten im In- und Ausland weiter. Bertram Hauser übergab die Leitung des Unternehmens – nach 42 Jahren - an seine Tochter Tina anno 2004.
Eine unvergessliche Kostprobe des breiten Wissens von Bertram Hauser war sein geist-reicher, witziger und sprudelnder Auftritt mit Susi Zobrist in der DRS-Sendung «Persönlich» im Mai 2005 im Freulerpalast Näfels moderiert von Röbi Koller.
Glückliche Ehe mit «Bössli»
Familiär fand er in Lydia Schaupp schon früh seine Lebenspartnerin. Ihr Arbeitsplatz als Schneiderin und Verkäuferin war praktisch vis-à-vis der Apotheke Reding in Glarus. Ken-nengelernt hatten sie sich, als sie jeweils das Trottoir vor dem Laden wischen mussten. Damals war es noch üblich, dass sich die Anstösser für den Gehsteig vor dem Haus ver-antwortlich fühlten. Er nannte sie bis zu seinem Tod liebevoll nach ihrem Pfadinamen «Bössli» (=kleine Boss). Die beiden schienen für einander geschaffen und führten über 53 Jahre eine glückliche Ehe, aus der die Töchter Wanda Lydia und Tina Regina erwuchsen.
Façetten aus seinem Leben
Politisch gehörte Bertram Hauser, wie zahlreiche, erfolgreiche Näfelser Unternehmer der FDP-Näfels an und war viele Jahre Waisenrat.
Militärdienst leistete er bei den Pontonieren. Wegen eines Rückleidens, infolge eines Un-falls bei einer Übung, wurde er umgeteilt, übernahm aber die Sanitätskompanie 161 als verantwortlicher Kommandant.
Autos gehörten zu seiner Leidenschaft. So nahm er am Kerenzerbergrennen 1968 mit dem Opel Kadett GL 3535 teil.
In seinen frühen Zeiten frönte er mit Lydia dem Bogenschiessen.
Sein Vulgo «Rassic» bei der Pfadi «Rauti» war benannt nach dem damals beliebten Ras-sic-Brausepulver mit Himbeer-, Orange-, Citron- oder Grapefruit-Aroma.
Er war Mitglied des Rotary Clubs Glarus, des Neuen Schatzes und des Komitees unseres Klassenjahrganges.
In der Familie und unter Freunden war er ein hervorragender Koch und wusste als Fach-
mann meisterhaft zu würzen.
Gründermitglied der «Zigerhorns»
Öffentlich sehr bekannt wurde er als Banjo-Spieler bei der Dixieband «Zigerhorns», deren Gründer er mit Walter Bachmann sel. war. Seine Musikkameraden liessen es sich nicht nehmen, den Abschiedsgottesdienst zu umrahmen und ihn mit vertrauten Klängen und Rhythmen zu verabschieden.
Sonne, Wind und Wasser
Seine grosse Leidenschaft waren Sonne, Wind und Wasser. In seiner Freizeit war er ein begeisterter Segler auf dem Walensee. Davon schwärmen seine Töchter Wanda und Tina noch heute sehr. Auch sie waren ihm Sonne, sonnig ist sein Eigenheim am Sonnenweg 43. Sonne und Freiheit suchte er in seinen Aussenstationen in Saint Tropez, am Gardasee und natürlich in Betlis.
Obwohl ein heimattreuer Näfelser zog es ihn - nicht nur geschäftlich, sondern auch in sei-ner Freizeit in alle Welt. Er sprach französisch und italienisch und verständigte sich auch in Englisch vorzüglich.
«Bertram» - Heilpflanze – «Bertram», ein Mensch bei dem man sich wohlfühlte
Bertram ist – was viele nicht wissen – auch der Name eine Heilpflanze, die nicht nur im Wissensstoff von Hildegard von Bingen bekannt ist. Ihre Wirkung soll vielseitig sein und dem menschlichen Körper Wohlbefinden schenken. Diese Pflanze passt auch zum gleich-namigen Bertram, denn in seiner Gesellschaft fühlte man fühlte man sich wohl.
Leidmahl im «Schwert» - «Zigerhorns» wie zu Bertrams Zeiten!
Eine stattliche Gästeschar aus Familie, Verwandten, Freunden, Rotary-Kollegen, Ge-schäftsfreunden, Klassenkameradinnen und -kameraden, Musikkollegen, ehemaligen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und Bekannten aus Nah und Fern fand sich zum Apéro und Leidmahl im «Schwert» ein. Dieser Ort erinnerte an ungezählte fröhliche Anlässe, Feste und Fasnachts- und Musikauftritte. Trotz Heimweh und Wehmut nach Bertram herrschte eine verbindende Heiterkeit ganz in seinem Sinne. Die «Zigerhorns» spielten auf wie zu Bertrams Zeiten.
Lyrischer Abschied
Seine sprachlich-kreative Seite belegt sein handschriftlich verfasster Neujahrsgruss von 2006 und charakterisiert ihn und sein Leben:
«Ziemlich viel Gutes,
Ziemlich viel Allerhand,
Ziemlich Handfestes,
Allerhand Wunderbares,
Allerhand Glückbares,
Allerhand mehr als Verstand überlebt!
Merci 2005 - 2006 wird sich ergeben
Was immer
Bertram»
Lieber Bertram, du hast dein Leben vollbracht, hast durch ein gütiges Geschick deine letz-ten leidvollen Jahre beenden können, gute Reise, mit deinen Worten: «Alles wird sich er-geben, was immer». Fridli Osterhazy
Johann Alois Landolt
(Schang Landolt)
Krippenfrigur als Krätzenträger
mit Kräutern und Gewürzen
bei der Näfelser Weihnachtskrippe
Er war der Grossvater von Bertram
27. Dezember 1871 bis 10. Juni 1912
1920 stiftete die Witwe
Barbara Landolt-Landolt
die Krippe im Betrag
von 25000 Franken
Diese Figur stand beim Abschiedsgottesdient
neben dem Bild
von Bertram
"Love ist here to stay"
(G. + I. Gershwin)
It's vers clear
Our love ist here to stay
Not for a year, but forever and a day
Zitat auf der Danksagung
unterzeichnet von
Lydia (Ehegattin),
Wand und Tina (Töchter)
Bertram mit seinem Banjo, seinem Markenzeichen
Ausschnitt aus einer früheren Gruppenaufnahme
der "Zigerhorns"
Viele Menschen halten so ihren Bertram in Erinnerung!
Eine seiner vielen Ausdrucksformen war strahlende Begeisterung,
ein Lebensgefühl, für das es keine Worte und keine Beschreibung gibt!
Freude pur,
für sich und für alle Beteiligten!
Die Fähigkeit, herzlich zu lachen,
hat Bertram zeitlebens nie verloren.
Sie lebt als "Visitenkarte" in unser aller Erinnerung weiter!
(Bild: abgedruckt auf der Danksagung,
die an Freunde und Mittrauernde
versandt wurde.)
Weitere Fundstücke im eigenen Archiv
Dienstag, 18. Februar 2018
siehe auch "Bild der Woche" Montag, 15. Januar 2018
«Unser Franz» - Antistar mit Kopf und Herz
oder
Sechzig Jahre im Dienste des Fussballs (1)
Man sagt, Fussball sei die schönste Nebensache der Welt, Im Kanton Glarus wird seit 1912 – seit 92 Jahren (2) – offiziell Fussball gepielt. Damals wurde der Fussballklub Linth-Glarus gegründet. Eine ad-hoc in Näfels zusammengestellte Elf spielte gegen den FC Linth-Glarus auf dem ersten hergerichteten Spielplatz im Tschachen östlich der Eisenbahnlinie zwischen Näfels und Netstal und verlor 0:13!
Im Dezember 1913 vereinigten sich die beiden Mannschaften zum FC Linth/Näfels. Da aber 1914 der Erste Weltkrieg ausbrach, hatte sich bis 1918 das Thema Fussball hinter die Sorgen und Nöte der Zeit zu stellen. Doch drei Jahre später - am 23. Februar 1921- wurde im «Rössli» am Fusse des Fahrtsplatzes der Fussballklub Näfels gegründet. Seine wech-selvolle Geschichte begann. Die Geschicke dieses Clubs sind nachzulesen in der Chronik zum 50-Jahr-Jubiläum und im 105-seitigen Buch «75 Jahre Fussball Club Näfels» (1996).
Dass eine herausragende Persönlichkeit 60 Jahre im Dienste eines Dorf-Fussballklubs ge-standen hat, ist wohl ein triftiger Grund, dies über die Dorfgrenzen hinaus zu beachten. Ein Pionier aus der zweiten Reihe, ein sportliches Vorbild und ein Paradefall eines Fussballers vor und hinter dem Netz ist Franz Hauser. Geboren am 24. September 1926 im Rautidorf im «süssen Winkel» im alten Letzhaus oder Haus «Zur Dreifaltigkeit», dort, wo 1675 die ersten beiden Kapuziner logiert hatten, ehe sie ins neue Kapuzinerkloster einziehen konn-ten. Heute steht da ein moderner Doppelkindergarten.(3)
Als Fünfjähriger verlor Franz seinen gleichnamigen Vater Landwirt Franz Hauser (1857-1931), «Mäinradäfranzi» genannt, weil er ein Sohn des Zimmermanns Josef Heinrich Hauser (1826-1879) war. Dieser Grossvater hatte mit seiner ersten Frau Maria Magdalena in nur fünfjähriger Ehe zwei Kinder; einen Sohn, der nach Amerika auswanderte und ein Töchterlein, das nur 46 Tage alt wurde. Zwei Jahre danach verlor er auch seine erst 33-jährige Frau. Der zweiten Ehe mit Maria Barbara entsprossen elf Kinder, von denen aber sieben im Kindesalter verstarben. Zwei Mädchen und zwei Knaben, darunter der Vater unseres Fussballers Franz, überlebten und gingen Ehen ein. «Unser Franz» blieb nach dem frühen Tod seines Vaters Einzelkind und war seiner Mutter Anna Magdalena, geb. Jakober, Zigarrenarbeiterin (1888-1973), zeitlebens ein rücksichtsvoller Sohn. Er schrieb in seinen Lebensaufzeichnungen: «Ich glaube mit gewissem Stolz sagen zu dürfen, dass ich mit meiner lieben Mutter stets ein ausgezeichnetes Verhältnis bis zu ihrem Ableben mit Ge-nugtuung vermelden kann.» Dieser gute Sohn Franz war gelernter Pinselmacher und blieb seinem Beruf und seiner Firma bis zu seiner Pensionierung treu. Seine ganze Freizeit wid-mete er dem Fussball.
Seit 1944 gehört er seinem Heimklub an. «Von ersten Minuten an Mithilfe am Platzherrich-ten für Spiele..», schreibt der Jubilar, der die Platzwarte eifrig unterstützte. Fünf Jahre lang spielte er in der vierten Liga. Ab 1949 gehörte er zur ersten Garnitur des FC Näfels, der da-mals in die zweite Liga aufstieg. Von 1953 bis 1962 war Franz offizieller Schiedsrichter beim Ostschweizerischen Fussballverband. Nach dem Ableben der damaligen Platzwarte wurde «unser Franz» praktisch «Mädchen für alles» und schuftete bis in die Gegenwart in den verschiedensten Funktionen: als aktiver Fussballer, als Platzwart, als Platzkassier, als Juniorenbetreuer, als Teeschlepper und -ausschenker u.a.m. Diese Funktionen führte er immer vorbildlich und unentgeltlich aus. Darüber hinaus gab er der Vereinskasse immer wieder mal einen Zustupf aus dem eigenen Sack. Strahlend erinnert er sich an all die vielen Jahre und begeistert die Zuhörer mit heiteren und ernsten Geschichten aus seinen Zeiten beim FC Näfels. Hoch verdient wurde er 1962 Ehrenmitglied.
Zu seinen Highlights gehören seine Teilnahme an der Fussball WM 1994 in Detroit (USA), wo er auch die Fordwerke besichtigte und noch einen Abstecher zu den Niagarafällen machte, und seine Teilnahme am Länderspiel Schweiz-Schottland im Berner Wankdorf-Stadion, an der Seite des Sport-Toto-Präsidenten und Regierungsrates Emil Fischli. Da-mals erhielt er ehrenhalber die wertvolle Sport-Toto-Uhr. Franz Hauser schreibt ferner: «Weitere schöne Erlebnisse mit der Schweizer Fussball-Nationalmannschaft in Gastspielen in vielen Ländern liessen mein angefressenes Fussballerherz höherschlagen.
Als Knirps habe ich «unsern Franz» oft vor dem Spiel, beim Aufhängen der Goalnetze, beim Aufstellen der Corner-Flaggen und beim Nachziehen der Spielfeldlinien mit Sägemehl und vor allem beim Aufräumen und Versorgen beobachtet. Er schleppte Teekessel herbei, Zitronenschnitze und «tränkte» die durstigen Akteure in der Spielpause beim FC-Hüttchen.
Grossgewachsen von Gestalt, war er öfters auch Begleiter und Beschützer von Schieds-richtern, wenn diese von aufgebrachten Zuschauern auf dem Weg vom Fussballfeld bis in die Umkleideräume des «Bahnhöflis» oder des «Schützenhofes» mit Schirmen und Schmährufen belästigt wurden. Vor Jahren schrieb ich einen Aufsatz «Die Helden meiner Jugend. Erinnerungen eines Zehnjährigen» u.a.: «Franz Hauser, der meistens auf der lin-ken Seite im Half oder als Flügelstümer fightete, ist mir in unvergesslicher Erinnerung als Kopfballkünstler. In einem Match übernahm er ein Zuspiel mit dem Kopf und köpfelte zur Begeisterung der Zuschauer und zur Verblüffung der Gegner den Ball immer wieder einige Meter voraus und trug so den Ball bis auf die Höhe des gegnerischen Strafraumes, wo er mit einer eleganten Direktabnahme seines eigenen Kopfballs in die Mitte flankte und den Stürmern das «Abdrücken» überliess…»
Dieser «unser Franz», der wegen seiner gelassenen, kameradschaftlichen und heiteren Art sehr beliebt ist und sein Herz dem Fussball verschrieben hat, erreicht 2004 sechzig Jahre seines Dienens und Förderns des einheimischen Fussballs. Mit Kopf und Herz dabei ist er gewissermassen zum Antistar geworden, der auch heute noch für die Sache des runden Leders weibelt, wirbelt und mitreisst. Freilich kann er auch - fussballerische Ehrensache! - aufbrausen und wettern, wenn er in seinem Gerechtigkeitsempfinden verletzt wird. Er hält nicht hinter dem Berg und tritt für den Fussball und für seinen Heimklub herzhaft ein.
Franz Hauser, «unser Franz», ist in der «schönsten Nebensache der Welt» ein Pionier, ja, unser «Kaiser Franz» geworden, der seinen Brief so eröffnet: «Geschätzer Sportsfreund!» - Fast missionarisch, aber typisch für ihn, ist die Schlussbemerkung in seinen Unterlagen, die er mir zur Verfügung stellt: «N. B.: Danke dir ganz herzlich, dass du, mit meinen Angaben vereint, mit deinem Kommentar für uns alle etwas in Bewegung bringst! Mit sportlichen Grüssen, Franz.»
Na ja, auch Sie, liebe Leserinnen und Leser, haben Anstoss! Hopp Schwiiz!
Bis bald, Ihr Pankraz F..
Erschienene Pressetexte:
«Blick», 5. Juli 1991: «Näfelser Franz: 50 Jahre beim gleichen Klub»
«LPZ», 24. August 1996: «Franz Hauser, ein besonderes Mitglied» (von rr.)
«Südostschweiz», 2. Juli 1998: «Goldene Verdienstnadel»
«Fridolin», 19. Februar 2004: «Unser Franz – Antistar mit Kopf und Herz…» (Von Pankraz)
«Fridolin», 12. Oktober 2006: «Euphorie der Fussball-WM nutzen»
«Südostschweiz», 23. September 2006: «Ein Leben für den Fussball» (Von Irène Hunold Straub)
«Glarner Woche», 11. Juni 2010: «Ein Leben für den Fussball» /von Walter Hauser)
«Südostschweiz» 15. Januar 2018: «Nachruf: Abschied von Franz Hauser 1926-2018» (Von hrst)
«Südostschweiz»,19. Januar 2018: «Die treue Seele des Näfelser Fussballs schaut nun
vom Himmel aus zu» (Von Paul Hösli)
(1) Überarbeitete Kolumne, erschienen im «Fridolin» vom 19. Februar 2004, Frontpage.
(2) mittlerweile ist Fussball im Glarnerland 106-jährig. (1912-2018)
(3) Das Haus wurden auch «Haus unter der Letz» genannt, um es vom «Haus Anderletz» (General
Bachmann-Haus/Idaheim) und dem «Haus Aufderletz» (Landamman Josef Müller-Landolt) zu
unterscheiden. Im Volksmund wurde es auch «Kapuzinerhaus» genannt. Die Kapuiziner zogen 1675
in Glarnerland im Zuge der Gegenreformation. Von 1831-1984 führten sie die Klosterschule als
Knabensekundarschule und progymasiale Schule. Die Kapuziner OFCap) verliessen das Kloster
Näfels im Jahre 1986 nach 311-jährigem Wirken wegen Nachwuchsmangel. Das Kloster wurde für
einen symbolischen Verkaufspreis von einem Franken an die Franziskaner Schweiz (OFM) abge-
treten.
Franz Hauser, links, 1991, Franz Hauser und Walter Ricklin, Ehrung mit der goldenen Ehrennadel des Ostschweizerischen Fussballverbandes, 1998.
(Fotos: Blick, Südostschweiz Glarus)
An Stelle des "Alten Letzhauses"
erbaute die Schulgemeinde Näfels einen modernen Doppel-Kinder-garten.
Das "Alte Letzhaus" befand sich
nördlich des Hauses "Aufderletz"
von Landammann Josef Müller-Landolt. Im Hintergrund die Plattenwand mit dem Platten-kreuz.
Auf dem obigen Bild befindet sich
im Hintergrund links das "Burger-haus" (Foto: Gemeinde Glarus-Nord)
Donnerstag, 18. Januar 2018
Kultur beginnt im eigenen Herzen
oder
Kultur hält uns zusammen (1)
Über den Begriff „Kultur“ lässt sich trefflich streiten. Ungezählte, gescheite Leute rund um den Globus haben „Kultur“ definiert. In guten Lexika breiten sich seitenweise Abhandlungen aus von „Ackerbau“ bis „Zivilisation“. Es gibt eine Kultur der Arbeit, der Freizeit, der schönen Künste, der sittlichen Ordnungen und der Weltanschauung.
Erst bei engerem Fokus bringen wir etwa zusammen, was „Glarnerische Kultur“ sein könnte. Wir unterscheiden uns durch unsere Mundart, pflegen eigenes Brauchtum, haben eine eigene Geschichte, eigene politische Kultur mit der Landsgemeinde, eigene Produkte von der „Anggäzältä“ bis zur „Zigerbruut“. Weiter: „Biräbroot“, „Öpfelbeggäli“, „Glaarner Paschteetä“, „Glaarner Chalberwüürscht“. Das Glarner Wappen selber mit Sankt Fridolin ist der unverwechselbare Code unserer historischen Herkunft.
Je länger man fragt, was denn Kultur sei, desto schwieriger wird es, „Kultur“ unter einen Nenner zu bringen. Ein Sarkast meinte, der Unterschied zwischen seiner Heimatstadt und Joghurt sei nur, dass Joghurt eine aktive, lebendige Kultur habe.
Der Kanton Glarus hat ein „Gesetz über die Förderung des kulturellen Lebens“. Beschlossen am 7. Mai 1972 im „Ring“. Seltsam, ein Jahr nach der Einführung des Frauenstimmrechts im Kanton Glarus! Wie recht da Giosué Carducci, der italienische Lyriker (1835-1907) haben könnte, wenn er sagt: „Die Zivilisation eines Landes erkennt man an den Männern, die Kultur an den Frauen.“ Dennoch ist in der „Kulturkommission“ nur eine einzige Frau. Diese Instanz präsidiert der jeweilige Bildungsdirektor. Mitglieder: der Leiter der Musikschule Glarus, ein Prorektor der Kantonsschule, ein ETH-Professor, ein Arzt, ein Fabrikant und eben eine Kulturschaffende Dame. Aktuar ist der Beauftragte für Kulturförderung. Kulturförderung heisst im Klartext Geld verteilen. Dieses kommt aus Krediten des Landrates, Erträgen der Interkantonalen Landes-Lotterie und einer Stiftung, sowie aus freiwilligen Beiträgen, Schenkungen und Vermächtnissen. (Art. 2)
Neun Verteilungsmöglichkeiten sind gesetzlich mit Art. 4 eingeräumt: 1. Der Glarner Kulturpreis „zur Auszeichnung von Personen oder Institutionen, die sich um das kulturelle Leben des Kantons verdient gemacht haben“, 2. Förderpreise, 3. Anschaffung und Erhaltung von wertvollem Kulturgut, ferner Beiträge an 4. wissenschaftliche Arbeiten, 5. glarnerisches Kunstschaffen, 6. künsterlischen Schmuck öffentlicher Gebäude, 7. kulturelle Institutionen, 8. bedeutende kulturelle Veranstaltungen und 9. Bestrebungen zur Pflege von Mundart und Brauchtum.
Der Regierungsrat entscheidet auf Antrag der Kulturkommission. Was alles unter „Kultur“ zu verstehen ist, ist allerdings nicht definiert und dem Ermessen und der Kompetenz der Kommissionsmitglieder zugetraut.
Kürzlich fand eine Kulturpreisverleihung in einer Glarner Gemeinde statt. Der Gemeinderat bestimmt in eigener Kompetenz, wem er diese Auszeichnung zusprechen will. Allerdings ist diese Vergabe nur ideell und mit keinerlei Geldbeiträgen verbunden. Eine Urkunde, eine kleine Skulptur (Bergkristall) und eine künstlerisch gestaltete Anstecknadel werden in feierlichem Rahmen übergeben.
Dabei meinte der Geehrte: „...Kultur in einem Dorf ist alles, was die Menschen freut und das Zusammenleben schöner macht. Voraussetzung dazu sind der Respekt vor dem Mitmenschen, vor der Kreatur, der Natur und allem, was unser Dorf überhaupt ausmacht. Noch besser, wenn zum Respekt auch die Liebe zu den Mitlandleuten, den Sachen und dem, was wir in unserem Dorfe sind, dazukommt.
Natürlich gilt das überall auf der Welt. Aber wir sind und leben hier an diesem Ort und im schönen Glarnerland. Es ist viel einfacher für die armen Kinder in Afrika zu jammern, zu sammeln und wohltätig zu sein, als den Nachbarn, den politischen Gegner, den geschäftlichen Konkurrenten oder einfach den, der mehr als man selber hat, zu akzeptieren und gern zu haben. Neid und Missgunst sind „Einwohner“, die nicht von sich aus aus dem Dorf wegziehen und sich schneller niederlassen als man meint.
Gewöhnlich versteht man unter „Kultur“ die schönen Künste: Musik, Malerei, Poesie, Architektur etc... Im Dorf gibt es viele „Kulturen“: Der Umgang in der eigenen Familie, wie man lebt, sich kleidet, isst, spricht... Das organisierte Gemeindeleben, das ursprünglich zentral von den Kirchen ausging wie Lesen und Schreiben, Schulen, Armenwesen, Krankenpflege, Vereine, Brauchtum. Sukzessive hat sich der Staat emanzipiert und eine um die andere Aufgabe übernommen: die Schulen, das Krankenwesen, das Brauchtum.
Die kleine Welt des Dorfes ist schon lange globalisiert worden, ehe man von Globalisierung im heutigen Sinn als weltweites Wirtschaften sprach. Die Menschen sind mobiler geworden, die Verkehrsverbindungen schneller, der Aktionsradius grösser. Printmedien und vor allem elektronische Medien haben das Dorf verschwinden lassen.
Deshalb ist die Kultur eines Dorfes schützenswert geworden. Um zu verhindern, dass wir eine tote Schlafgemeinde werden oder eine Menschenansammlung, in der sich keiner mehr etwas angeht und jeder nur für sich selber schaut, aber auf seinem Egotrip dennoch nicht zufrieden wird.
Mit dem Kulturpreis gibt der Gemeinderat Gegensteuer, weist darauf hin, was in einem Dorf wertvoll sein könnte, Freude machen kann und uns vielleicht von anderen unterscheidet. Ich beglückwünsche den Gemeinderat, der über seinen Finanzhaushalt, das Strassenwesen, die Wasser-, Strom- und Gasversorgung hinaus aufzeigt, was noch gepflegt werden müsste.
Meine Sehnsucht ist gross, dass wir erkennen könnten, dass alles was wir denken, die Gesamtheit des Dorfes beeinflusst. Was wir tun und denken ist letztlich für alle von Gutem oder von Schlechtem. Würde dieses Bewusstsein unsere Dorfgemeinschaft erfassen, verspürten wir mehr gemeinsame Verantwortung. Was einer schlecht macht, ist für alle schlecht, was einer gut macht, für alle gut. Wir haben das Bewusstsein für das Kollektiv allmählich vergessen. Kultur, in was für einer Form auch immer, bringt etwas davon zurück. Deshalb ist die Stossrichtung des Gemeinderates richtig, weil er Einzelpersonen für das ehrt, was nach seiner Meinung für die Gemeinschaft förderlich ist. Deshalb ist es auch richtig, dass es bei der Ehre bleibt und nicht mit Geld verbunden ist. Ehre ist Ausdruck der Achtung und Anerkennung. Man bringt sie jemandem entgegen, dem man persönlichen und sittlichen Wert beimisst. Der Kulturpreis ist Ausdruck einer Wertung. Er ist aber nur soviel wert, als er die Akzeptanz der Einwohnermehrheit hat. Wenn dem so ist, freuen sich die Leute, freut sich nicht nur der, der ihn bekommt.
Und wenn es – wie eben gesagt – zutrifft, dass das, was einer macht, für alle eine Auswirkung hat, so löst der Gemeinderat mit dem Kulturpreis eine Wirkung für alle aus.
Kultur in einem Dorf ist wie frische Luft, klares Wasser und Sonnenschein. Kultur macht gesünder...“
So gesehen haben beide recht: Johann Nepomuk Nestroy (1801-1862) „Kultur beginnt im Herzen jedes einzelnen.“ und der französische Moralist Joseph Joubert (1754-1824): „Kultur ist das unsichtbare Band, das die Dinge zusammenhält.“
Bis bald! Ihr Pankraz F..
(1) Die obige Kolumne ist im "Fridolin", Schwanden, im Jahr 2004 erschienen im Zusammenhang mit der Verleihung des Näfelser Kulturpreises noch durch den Gemeinderat der Gemeinde Näfels. Die politischen Verhältnisse haben sich durch die von der Landsgemeinde beschlossene Gemeindefusion verändert. Das Anliegen nach Kultur ist aber gleich geblie-ben. Die Gemeinde Glarus Nord hat eine eigene Kulturkommission gegründet und jährlich einen Kulturpreis sowie einen Kulturförderungspreis eingeführt, die demnächst wieder überreicht werden.
Dreikönigen 2018
Eine Dreikönigsgalerie aus aller Welt
Bildnachweis, soweit möglich:;
Wouter Crabeth II um 1600 / Magi Capella degli Scorvegni Padua 1305/ Gobelin Alleri 1583 / Tempera 1475/ 4. Jahrhundert/ Betet Info (2 Bilder)/ Briefmarke/ Altabasel/ Badische Zeitung/ Schrein in Köln/ Historisches Museum Uri/ Wirthausschild Andermatt/ El Greco 1568/ Evang. Bildungsserver/ Kapitelsaal Saint Lazare d'Autun/ Karl Schmidt-Rottluff 1917/ Kefermarkt Oberösterreich/ Paroisse Leblanc-Toulon/ Peter Paul Rubens 1534/ Postkarte/ Ravenna Mosaik/ Shop Weltstadt Museum/ Stiftsbibliothek Engelberg...u.a.m.
1. Januar 2018
O, kommet , ihr Hirten vom Estrich
oder
Als wir Weiihnachtskrippen bauten (1)
Haben Sie in Ihrer Stube noch eine Weihnachtskrippe? So fragte ich im Bekanntenkreis kürzlich herum. Und siehe da – die meisten sprudelten los und redeten sich in ein ganzes Feuer der Begeisterung und der Erinnerungen.
Der erste Angefragte reagierte wie eine abgefeuerte Erstaugustrakete. Herbert Leiser, der kulturpreisgekrönte Mime und Wahlfilzbacher, rief aus, als ich ihn danach fragte, ob er sich der Krippenkurse in unserer Jugend noch erinnere: „Hou ja, natüürli! Bim Koni Fischli…im Josefshäim z Näfels! Di allergrüüsigscht Chrippä uff dr ganzä Wält han-iich gmachet!!!“ Und er fuhr fort, er wisse nicht genau warum, nur dass er sich hinterher fürchterlich aufgeregt habe. Es sei überzeugt gewesen, die hässlichste, einfallsloseste und scheusslichste Weih-nachtskrippe gebastelt zu haben. Sein Vater hingegen habe eine Generation zuvor eine wunderschöne Krippe gebaut und mit technischen Details und grosser Lieblichkeit aus-gestattet. Sie sei in der grossen Familie zu Weihnachten ein erlebnisreiches Zentrum des Staunens und der Freude gewesen.
Gegenteilig antwortete mein Schulkamerad Toni G., der seit Jahrzehnten seine selbstge-bastelte Krippe an Weihnachten vom Estrich holt und in der Stube aufstellt. Auf der Rück-seite der Krippe habe er sogar noch vermerkt: „Krippenkurs 1954 in Näfels Koni Fischli Kursleiter, Teilnehmer 30 Knaben“.
Hintergrund: Im Advent wurde von der „Jünglingssodalität“, der ein Kapuziner vorstand, ein Krippenkurs ausgeschrieben. Als Krippenbau-Kursleiter wirkte Koni Fischli, Maler, Kunst-maler, später erster Kulturpreisträger der Gemeinde Näfels. Er schlug sich mit 30 halb-wüchsigen Knaben herum und ermunterte sie zu kreativen, handwerklichem Gestalten.
Lassen Sie mich an den erwähnten Krippenkurs erinnern.
Meine Krippe, ich bin der Sohn eines Zimmermanns, entsprach einem „aufgetrölten Gaden“ im Oberseetal. Geblieben ist mir das Kompliment von Koni Fischli „Ähä, ä Zimmermaas-Suh!... ä-n-uuftrööltä Gadä!". Er fand an meiner kleinen Krippe, die ganz genau in die Nische unseres Stubenbüffets passen musste, ein Wohlgefallen, weil sie wirklich einer Balkenkonstruktion entsprach, die einem Heugaden im Sulzboden abgeschaut war. Dach und Seitenwände, Rück- und Vorderwand waren aus echten verwitterten Originalschindeln. Auf dem Tryl lag richtiges Heu, auf dem Gadenboden echtes Stroh. Der kleine Gaden war in der Ansicht geöffnet und mit einem hölzernen Staketenzaun zu Hälfte geschlossen.
Der Kurs fand im Kellergeschoss des Freulerpalastes (wo heute eine Sennhütte dargestellt ist) statt. Genügend Arbeitsplätze waren bereit, da mehrere Tische in den Raum gestellt worden waren. Wie es Koni F. schaffte, uns das Gefühl zu geben, jede einzelne Krippe sei etwas Besonderes, ist mir nach wie vor ein Rätsel. Ich erinnere mich, nach einem Klapps auf die Schulter, mit Feuereifer daran gegangen zu sein, meine zu Hause mit dem grossen Hegel des Vaters geschnitzten Trämmel aufzutrölen, mit einem Balkengerüst zu verbinden. Bald war der Dachstuhl fertiggestellt, die Trämmel aufgetrölt.
Es folgte das Schindeln der Rückwand, der Seitenwände und die Gestaltung der Front. Der Gaden war offen gestaltet, nur die obere Front wurde zugeschindelt und ein Gadentor senk-recht unter dem Giebel ausgespart. In der Mitte des Gadens war ein tragender Pfosten, der als Y den Querbalken trug. Die linke Gadenöffnung friedete ich mit einem geschnitzten Staketenzaun bis zum Mittelpfosten ein. (In der verbleibenden Öffnung sollte die Heilige Familie mit dem Jesuskind in der Krippe Platz finden. Daneben noch Ochs und Rind, die mit ihrem Atem dem Kindlein warm geben sollten. Vor dem Gaden näherten sich Hirten, Engel und die Drei Könige mit ihren Kamelen.)
Als das Heugädeli Form angenommen hatte, kreuzte Koni Fischli noch mit dunkler Beize auf und hiess mich die Aussenfassade, den Zaun, Mittelpfosten und das Dach streichen. So entstand eine realistische Patina, die nach Verwitterung und echten Ställen im Ober-seetal aussah.
Als Unterlage wurde ein Boden von etwa 60 cm x 50 cm gebastelt. Dazu wurden auf zwei Leisten Brettchen auf die gewünschten Fläche aufgenagelt. Darauf kreuz und quer weitere Leisten befestigt, die späteren Bodenunebenheiten. Koni F. hatte kurz zuvor hatte einen Leimsieder aufgestellt, der bestialisch stank und brodelte. Wir sperrten Maul und Augen auf, als er ein Tuch hineintunkte, mit einem Schwung über das vorbereitete Brett stülpte und über die Leistenlandschaft so stüpfelte, dass sich das Tuch zu einer unebenen Land-schaft anpasste. Dann warf er feinen Sand auf das leimtrieffende Tuch, der sofort festklebte und erstarrte. Schliesslich sah der Unterbau aus wie eine Wüstenlandschaft. Flugs drückte er noch feine, trockene Moosresten da und dort fest, warf noch ein grünes Pulver drüber. Das Ergebnis war schöner als die schönste lebensnahe Theaterlandschaft. Nun musste nur noch der Gaden festgenagelt werden… die Krippe war fertig. Den Kick gab noch ein dürres Apfelbaum-Ästchen, dass festgenagelt aussah wie ein richtiger Baum. Nachträglich baute ich eine auf dem Heuboden versteckte Batterie und ein Taschenlampenbirnchen als stim-mungsvolle Innenbeleuchtung ein.
Der Triumph obendrauf war die öffentliche „Krippenausstellung“ im Saal der „Walhalla“, am letzten Adventssonntag. Koni Fischli hatte in uneigennütziger Arbeit und mit grosser Freude ein wahres Wunderland gestaltet, in dem sich jede Krippe vorteilhaft präsentierte und hohes Lob der Besucher bekam. Abends durften wir die Krippe stolz nach Hause tragen. Am Heili-gen Abend wurde sie, mit Krippenfiguren versehen, zum unvergesslichen Erlebnis für die ganze Familie.
Die kleinste, kolorierte Weihnachtskrippe aus Ton in weitem Umkreis hat mein Schulkollege
Bertram H. in einem Dörflein in Süditalien gekauft. Muttergottes und Kind sind 12 mm, Josef samt Stab 13 mm, Esel und Ochs je 10 mm, die ganze Gruppe ist kleiner als eine Zündholzschachtel.
Die „grösste Weihnachtskrippe der Welt“ mit „450 handgeschnitzten, orientalisch geklei-deten Figuren in der naturgetreu nachgebildeten Gegend von Bethlehem“ ist das Diorama in Einsiedeln. Kleinste Krippen der Erde wollen viele sein, eine in einer halben Nussschale und eine sogar in einem Kirschkern in Thüringen.
Nicht in Worte zu fassen ist der Zauber, der von Weihnachtskrippen ausgeht.
Bis bald! Ihr Pankraz F.
(1) überarbeitete Fassung meine Kolumne im "Fridolin" Schwanden, 2012.
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"Agätäbroot und Füürälihäiss"
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Ziischtig, 5. Novämber 2024
Wesoo häisst’s Chranggäkassä
und nüd Gsundhäitslassä?
Novämber oder Winter-Munet
Wänn dä d Novämbertääg da sind, gitt's nuch gag-gäärä schtürmisch Wind.